Die „Prollcrew Schwandorf“
Bei der „Prollcrew Schwandorf“ handelt es sich um eine neonazistische Gruppierung im Raum
Schwandorf, welche sich nach außen als unpolitisch inszeniert. In der Eigendarstellung wird
dabei die Liebe zum Fußball, aber auch die eigene Gewaltaffinität in den Vordergrund gestellt.
Sie existiert seit dem Jahr 2012, der Entstehungszeitraum geht einher mit dem Ende der
Aktivitäten der ebenfalls neonazistischen Kameradschaft „Widerstand Schwandorf“. Die
neonazistische Szene in der Region um Schwandorf muss rückblickend als besonders
gewalttätig und aktiv angesehen werden, erwähnt sei an dieser Stelle der rassistisch motivierte
Brandanschlag vom 17. Dezember 1988 in Schwandorf, bei dem vier Menschen ums Leben
kamen. Die „Prollcrew Schwandorf“ tritt besonders konspirativ auf, legt jedoch gleichzeitig
großen Wert auf Selbstinszenierung auf der Plattform Facebook. Dabei versucht man keinen
typisch neonazistisch-kameradschaftlichen, sondern subkulturellen Eindruck zu vermitteln.
Anleihen bei faschistischen Hooligangruppierungen und dem Stil der sogenannten
„Autonomen Nationalisten“ sind dabei klar zu erkennen. Die Zahl der Mitglieder wuchs in den
letzten Jahren an, und dürfte 20 Personen überschreiten. Einige Mitglieder sind in der
Vergangenheit schon bei neonazistischen Veranstaltungen, etwa in Wunsiedel, aufgefallen.
Ideologisch ist zu der Gruppe bisher wenig bekannt, ihre Aktivitäten deuten jedoch auf eine
sehr gute Vernetzung im neonazistischen Milieu hin.
Aktivitäten und Kontakt zu „Blood and Honour“
Nach eigenen Angaben führt die Gruppierung regelmäßig gemeinsame Fahrten innerhalb
Deutschlands und ins europäische Ausland durch. Am 29. April 2016 war ein Teil der Gruppe
bei einem Konzert anlässlich einer Jubiläumsfeier des slowenischen „Blood and Honour“
Ablegers. Das international aktive „Blood and Honour“ Netzwerk wurde im Jahr 2000 in
Deutschland verboten, ist jedoch mit seinem bewaffneten Arm „Combat 18“, wie Recherchen
belegen, seit einigen Jahren auch wieder in Deutschland aktiv . Auch bei dem vom
Nordoberpfälzer Neonazi Patrick Schröder am 07. Mai 2016 mitorganisierten Rechtsrock-
Festival „Rock für Identität“ und bei dem am 15. Juli 2017 stattgefundenen „Rock gegen
Überfremdung“ in Themar waren Mitglieder der „Prollcrew“ anwesend, teilweise in
einheitlicher Kleidung. Hinweise auf eine Teilnahme einzelner Mitglieder an dem „Tag
der Ehre“ am 13. Februar 2018 in Budapest deutet ebenfalls in die Richtung von „Blood and
Honour“. Der ungarische Ableger war an der Organisation dieser Szeneveranstaltung beteiligt.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass besagte Schwandorfer Neonazigruppe sich nun auch
in der Region um Schwandorf selbst aktiv zeigt, darunter auch die Durchführung von
mindestens zwei Konzerten. Das erste bekannte Konzert fand nach Recherchen des Journalisten
Jan Nowak im Dezember 2017 im Schwandorfer Ortsteil Klardorf statt. Dabei trat der Neonazi
Martin Böhne auf, Teil der Bands „Sleipnir“ und „Oidoxie“. „Oidoxie“ spielt eine zentrale
Rolle für „Blood and Honour“ und „Combat 18“ und stellt in den eigenen Texten einen direkten
Bezug zu diesen Netzwerken her (5). Dies verdeutlicht abermals die Nähe der Schwandorfer
Neonazis zu „Blood and Honour“. Am 14. April 2018 fand in Steinberg am See das zweite
Konzert mit der Band „Germanium“ statt. Bei beiden Konzerten waren etwa 80 Besucher
anwesend.
Jetzt handeln!
Über die letzten Jahre hat sich im Raum Schwandorf, von Zivilgesellschaft und Behörden
weitgehend unbemerkt, eine rechtsradikale Gruppe etabliert, die sich durch eine hohe
Gewaltaffinität, beste Kontakte in die deutsche und europäische faschistische Szene bis hin zu
„Blood and Honour“ und durch ein konspiratives Vorgehen auszeichnet. Die Organisation
eigener Konzerte mit überregionalem Publikum durch die „Prollcrew Schwandorf“ stellt einen
ersten Höhepunkt in den Aktivitäten der Gruppe dar.
Die Sicherheitsbehörden scheinen über die Gruppe kaum Erkenntnisse zu haben. So ist diese
im Verfassungschutzbericht Bayerns aus dem Jahr 2017 nicht aufgeführt (6) und die
Staatsregierung antwortet auf eine kleine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian
Ritter lediglich mit wenigen, frei verfügbaren Informationen (7).
Die Gefahr, die von der Gruppe und ihren Aktivitäten ausgeht, scheint bislang klar unterschätzt
zu werden. Schließlich können die propagierte Gewaltverherrlichung und die Durchführung
von Rechtsrockkonzerten als Brandbeschleuniger für rechtsextreme Gewalttaten wirken. Nicht
selten folgen solchen Aufrufen zur Gewalt auch entsprechende Taten. Das subkulturelle
Auftreten der Gruppe könnte insbesondere Jugendliche ansprechen und diese so an die
faschistische Szene heranführen. Nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass sich in der Oberpfalz
ein Treffpunkt für Neonazikonzerte, ähnlich wie in den Städten Ostritz und Themar, etabliert.
Es ist daher dringend notwendig, konsequent und schnell auf verschiedenen Ebenen zu handeln.
1. Wir fordern die bayerische Landesregierung und 64 die ihr nachgeordneten Behörden auf,
mit allen verfügbaren rechtsstaatlichen Mitteln gegen die sogenannte „Prollcrew
Schwandorf“ vorzugehen. Gegenüber gewaltverherrlichenden Faschist*innen darf
es kein inkonsequentes Verhalten und keine Zurückhaltung geben. Dazu gehört, wenn
möglich, Veranstaltungen der Gruppe zu verhindern bzw. Straftaten im Umfeld von
Aktivitäten der Gruppe vorzubeugen.
2. Wir fordern das bayerische Innenministerium auf, ein mögliches Verbot der
Vereinigung zu prüfen, Informationen zu von Mitgliedern der Gruppe begangenen
Straftaten, sowie auch Informationen zu Verbindungen der Gruppierung „Prollcrew
Schwandorf“ zu Akteuren der in Deutschland verbotenen Vereinigung „Blood and
Honour“ zu sammeln.
3. Wir fordern die SPD in der Oberpfalz und in Bayern dazu auf, die von der Gruppe
ausgehende Gefahr auch im bayerischen Landtag zu thematisieren, etwa in Form von
Anfragen an die Staatsregierung. Des Weiteren sollen Parteimitglieder und
insbesondere Lokalpolitiker*innen im Raum Schwandorf auf vergangene und mögliche
zukünftige Aktivitäten der Gruppe hingewiesen werden.
4. Das Landratsamt Schwandorf, die Stadt Schwandorf sowie die Kommunen im
Landkreis Schwandorf müssen über die neonazistische Gruppe sowie ihr gewalttätiges
Potential aufgeklärt werden. Des Weiteren sollen die zuständigen kommunalen
Behörden bereits im Vorfeld weiterer Aktivitäten und etwaiger Konzerte prüfen, welche
Möglichkeiten zur Verhinderung ebensolcher, etwa im Rahmen des
Versammlungsrechts, möglich sind.
5. Die Staatsregierung soll offenlegen, welche Informationen ihr zu der Gruppierung
„Prollcrew Schwandorf“ vorliegen. Dabei sollen insbesondere Informationen zu
Straftaten, zu dem Personenpotential, zu der Vernetzung in die neonazistische Szene in
Deutschland und Europa und zu vergangenen Aktivitäten der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden. Sollten den bayerischen Behörden Informationen zu geplanten
faschistischen Veranstaltungen, unter anderen Konzerte und Festivals, vorliegen, so ist
die Bevölkerung darüber zu informieren. Ist eine Verhinderung dieser Veranstaltungen
aus rechtlichen Gründen nicht möglich, so ist es an der Bevölkerung mit
zivilgesellschaftlichem Protest zu reagieren.