I3 Ansätze einer geopolitischen und internationalistischen Chinastrategie

Status:
unbehandelt

Grundsätzlich gilt: Hinter den außenpolitischen Anstrengungen Chinas stehen die Interessen der kommunistischen Partei. Diese sind auf das Erlangen von Macht und Einfluss ausgelegt. Beispielhaft sind dafür die milliardenschweren Investitionen in afrikanische Staaten und das Voranbringen des Projektes der „Neuen Seidenstraße“, ein umfangreiches Infrastrukturprojekt, dass – nach Chinas Willen – Asien und Europa auf dem Land- und Wasserweg zu verbinden. Doch auch in Europa baut China seinen Einfluss rapide aus. Ein Beispiel: der griechische Hafen Piräus, den vor Kurzem eine chinesische Reederei kaufte.

  1. Menschenrechte und die CCP

Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat die Volksrepublik zwar unterzeichnet, doch seit ihres Inkrafttretens werden diese Menschenrechte der Bevölkerung vorenthalten Die Inkompatibilität des Wertesystems der CCP mit diesen grundsätzlichen Rechten, lässt sich an Zitaten Maos illustrieren. Z.B. schreibt er: “Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die Gefahr der Ultra-Demokratie in der Tatsache liegt, dass sie die Parteiorganisation beschädigt oder sogar vollständig zerstört […]. Als nächstes sollte darauf hingewiesen werden, dass die Quelle der UltraDemokratie in der individualistischen Abneigung des Kleinbürgertums gegen Disziplin besteht. […] Diese Ideen sind mit den Kampfaufgaben des Proletariats völlig unvereinbar.”

Das System Chinas besteht heute auf der Alleinregierung der Kommunistischen Partei, die nicht nur alle Bereiche des politischen Systems, sondern auch in das Gesellschaftsleben eindringt und eingreift.

Die Menschenrechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und auf Freiheit der Berufswahl sind nicht gewährleistet, werden systematisch verletzt und eingeschränkt.

Mit der CCP ist keine Demokratie machbar, sie ist deshalb mit unseren Vorstellungen einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft unvereinbar.

Gleichzeitig heißt das aber, dass sich unser Misstrauen auf die Politik der chinesischen Führung und keinesfalls auf Chines*innen bezieht.

Wir fordern daher die Bundesrepublik und die EU in diesem Beschluss zu einer Liste an Maßnahmen auf, um gegenüber der China und der chinesischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte für alle in China lebenden Menschen zu erreichen und auf eine demokratische Entwicklung in China hinzuwirken.

Die Lage in Xinjiang

Die chinesische Regierung hat mehr als eine Million Uiguren und andere muslimische ethnische und religiöse Minderheiten in Xinjiang in Umerziehungslagern interniert, mit dem Ziel der vollständigen Kontrolle der Bevölkerung. Diese Repressionen steigerten sich 2017 erheblich. Auch wird angenommen, dass dies die größte Internierung religiöser Minderheiten seit dem Zweiten Weltkrieg ist. Inhaftiert ohne Anklage oder Gerichtsverfahren werden Häftlinge festgehalten und können mit ihren Angehörigen nicht  kommunizieren.

Sie unterliegen dem, was die chinesische Regierung „Umerziehung“ und „Berufsausbildung“ nennt. Dazu gehören intensive Mandarin-Kurse, in denen die CCP gelobt wird.

Ziel der Regierung ist es, diese Minderheitengruppen zu säkularisieren, in der Überzeugung, dass dies die Loyalität gegenüber dem Regime stärken und die Stabilität in der Region steigern wird. Aus Chinas Sicht sind „Umerziehung“ und Inhaftierung in dieser Größenordnung durch Bedenken der Regierung hinsichtlich religiösem Extremismus und nationaler Sicherheit gerechtfertigt, insbesondere angesichts der regelmäßigen Unruhen in Xinjiang in der Vergangenheit. Die Einhaltung der Menschenrechte darf aber niemals aufgrund von Souveränitäts-Interessen des chinesischen Staates infrage gestellt werden, ob vorgeschoben oder auf Tatsachen beruhend. Die „Umerziehung“ erfolgt unter Zwang. Inhaftierte werden manchmal gefoltert und gefesselt für Fehler in den “Klassen” oder für die Ausübung ihrer Religion oder Kultur.

Inhaftiert werden kann man wegen Bartwuchses, internationaler Reisen, WhatsApp-Nutzung oder ohne bekannten Grund. Diese Inhaftierungen verbinden sich mit einem beispiellosen und ein allgegenwärtigen Überwachungssystem, das auch das Leben der Minderheiten durchdringt, die nicht inhaftiert sind. Aus Regierungsdokumenten und Interviews mit Ex-Häftlingen geht hervor, dass Zwangsarbeit zunehmend ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen der Regierung ist, um muslimische Minderheiten umzuerziehen und ihre Kultur und Religion auszulöschen. Ziel der Regierung ist es, durch die Kombination von Indoktrination und Zwangsarbeit Menschen aus Minderheitsgruppen der Mehrheitsgesellschaft von Han-Chines*innen ähnlicher zu machen.

Während Zwangsarbeit immer abscheulich ist, ist es ihr Einsatz  als Teil einer konzertierten Aktion zur Beseitigung einer Kultur und Religion, was der Situation in Xinjiang besondere Schwere gibt. Die Zwangsarbeit in Xinjiang ähnelt nicht dem gängigen Muster und ist auch nicht vergleichbar mit dem saisonalen Einsatz von Zwangsarbeit für die Baumwollernte durch ehemalige

Sowjetrepubliken wie Usbekistan und Turkmenistan. Chinas Politik in Xinjiang, einschließlich Zwangsarbeit, ist vielmehr auf eine Weise gegen diese Minderheitengruppen gerichtet, die an den Zweiten Weltkrieg oder die Apartheid erinnern, wobei es offensichtliche Unterschiede gibt.

Angeblich versucht China, die Geburtenrate in der unterdrückten Region durch Schwangerschaftskontrollen, erzwungene Verhütung, Zwangssterilisation und sogar Abtreibung für Hunderttausende von Frauen zu senken. Uigurischen Frauen drohen Massenverhaftungen und hohe Geldstrafen, wobei viele Frauen wegen des Verbrechens, mehr als zwei Kinder zu haben, inhaftiert werden.

Mit großer Wahrscheinlichkeit sind die Vorkommnisse in Xinjiang Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Internationale Rechtsprechung definiert mehrere Merkmale von Verbrechen gegen die Menschlichkeit: a) Ein weit verbreiteter oder systematischer Angriff; b) Der Angriff muss gegen die Zivilbevölkerung erfolgen. c) Der Angriff muss aus diskriminierenden Gründen motiviert sein, nämlich: nationale, ethnische, rassische, religiöse und politische Gründe. Zwangsarbeit wird als potenzielles Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgezählt, wenn sie Teil eines solchen Angriffs auf die Menschenrechte ist. Die systematische Regierungspolitik eine große Anzahl von Personen festzuhalten und zu missbrauchen trifft wahrscheinlich beide Kriterien. Sie basiert auf diskriminierenden Gründen, da sie auf ethnische Minderheiten gerichtet ist, die auch religiöse Minderheiten sind. Einige behaupten, der Angriff auf Minderheiten in Xinjiang sei eine Form des Völkermords. Diese Aussage erfordert eine weitere rechtliche Bewertung.

Xinjiang produzierte 2018 84 Prozent von Chinas Baumwolle und die Produktion steigt aufgrund staatlicher Subventionen. Dabei exportiert China weniger als ein Prozent seiner Baumwolle, was darauf hinweist dass die überwiegende Mehrheit intern konsumiert wird, auch für die Herstellung von Textilien und Bekleidung. Derzeit sind 43 Prozent der Xinjiang-Exporte Bekleidung, Schuhe oder Textilien, wobei die meisten fertigen Produkte nach Zentralasien gesandt werden. Diese Wachstumsbranche ist besonders besorgniserregend, weil Baumwoll-, Bekleidungs- und Textilherstellung in Xinjiang zunehmend auf Zwangsarbeit basieren.

Es wird angenommen, dass mehr als die Hälfte der in China hergestellten Baumwolle, Garn, und Textilien von der eigenen Bekleidungsindustrie in fertige Produkte überführt werden. Dies bedeutet, es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Baumwoll Kleidung oder Textilien aus China tatsächlich Baumwollprodukte aus Xinjiang enthalten.

US-Amerikanische und europäische Unternehmen beziehen bedeutende Mengen an Kleidung aus China. Zum Beispiel liefert China 33,7 Prozent der Kleidung, die in die USA gelangt. Damit ist es der größte Exporteur von Bekleidung auf den US-amerikanischen Markt. Nur ein kleiner Prozentsatz dieser Lieferungen kam direkt aus dem Binnenland Xinjiang, aber viel mehr davon kann chinesische Baumwolle und Textilien enthalten haben, die aus Xinjiangs Zwangsarbeit entstanden sind.

Unsere Politik gegenüber Xinjiang sollte auf ein Ende der Massenhaft, Unterdrückung und

Überwachung von Minderheiten abzielen. Zwangsarbeit ist nur ein Aspekt dieses repressiven

Systems. Das Problem in Xinjiang kann nicht rein gelöst werden, indem westlichen Unternehmen Beschaffungsanforderungen auferlegt werden. Dies sollte ein Element einer viel breiteren und robusteren Politik gegen den Missbrauch in Xinjiang sein.

  1. B. einer effektivere Kooperation mit der Organisation für Islamische Zusammenarbeit, damit diese zumindest aufhört öffentlich Unterstützung für Chinas Behandlung seiner muslimische Minderheiten auszusprechen. Dennoch ist die Identifikation und Sanktion beteiligter

chinesischer Unternehmen ein wichtiger Hebel. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn diese Unternehmen später Druck auf die chinesische Regierung aufbauen ihre abscheulichen Praktiken zu beenden.

In den Jahrzehnten seit Aufkommen der sogenannten wirtschaftlichen Sozialverantwortung (corporare social responsibillity), haben Unternehmen ausgeklügeltere Systeme entwickelt, um menschenrechtliche Risiken zu managen. Daher ist ihr Spielraum, um auf schwerwiegende Missbräuche in ihren Lieferketten zu reagieren, nicht unerheblich.

Daher fordern wir:

Ein Einführverbot in die EU für Baumwollprodukte, von denen bekannt ist, dass sie aus Xinjang stammen. Bei der Ausgestaltung der Regelung könnte man sich am bereits bestehenden, privatwirtschaftlichen Industrie-Boykott usbekischer Baumwolle durch etwa 300 Unternehmen orientieren. Falls ein Importverbot auf EU-Ebene nicht durchsetzbar ist, fordern wir in jedem Fall eine nationale Haftung deutscher Unternehmen für Verarbeitung von Baumwollprodukten aus

Xinjiang, die unter Missachtung von Menschenrechten produziert wurden. Eine

Regelungsmöglichkeit hierfür sehen wir Rahmen des aktuell geplanten Lieferkettengesetzes. Bei Baumwolle aus Xinjiang muss die Beweislast bei den deutschen Unternehmen liegen, dass diese unter Einhaltung von Menschenrechten produziert wurden. Können die Unternehmen dies nicht zweifelsfrei belegen, haften sie für die Menschenrechtsverstöße.

Unterstützung der Entwicklung neuer Methoden zur Überprüfung der Lieferketten: Dies könnte neue Technologien wie die Identifizierung von DNA-Merkmalen oder das Einnähen von Mikrochips in das Etikett umfassen, die feststellen lassen, ob ein Baumwollprodukt Xinjiang-Baumwolle enthält, um so die Behauptungen der Lieferanten überprüfen zu können.

EU-Staaten sowie die EU selbst wirken auf eine umfassende Aufklärung der vermuteten Schwangerschaftskontrollen, erzwungenen Verhütungen, Zwangssterilisationen und Abtreibungen hunterttausender chinesischer Frauen mit mehr als zwei Kindern ein.

Die Lage in Hong Kong

Die Entscheidung Pekings, ein nationales Sicherheitsgesetz zu verabschieden, das die Legislative

Hongkongs umgehen würde, um eventuell drakonische Einschränkungen der Freiheiten der

Bürger*innen Hongkongs zu verhängen, stellt die internationale Gemeinschaft vor schwierige Entscheidungen. Der Angriff auf die Autonomie Hongkongs schafft die Voraussetzungen für ein hartes Durchgreifen der chinesischen Regierung, das mit Pekings vertraglichem Versprechen „ein Land, zwei Systeme“ brechen und eine Welle der Unsicherheit in ganz Asien auslösen könnte. Die

Rücknahme des Sonderstatus Hongkongs oder die Verhängung von Sanktionen birgt jedoch die Gefahr, den Menschen in Hongkong zu schaden, ohne notwendigerweise die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Peking seinen Kurs ändert oder hohe politische Kosten davonträgt.

Es ist auszuschließen, dass wir Peking dazu zwingen können, die Gesetzgebung zurückzunehmen. Die konkrete Umsetzung ist jedoch nach wie vor offen, und es ist wahrscheinlich, dass die internationale Gemeinschaft hier noch Druck ausüben könnte, auch indem sie sich die Option für dramatischere Schritte offen hält.

Auch wenn gerade keine sofortigen drakonischen Maßnahmen in Hongkong erfolgen, können wir sicher sein, dass die Zahl der Auslieferungen und der Druck auf Parlament und Presse stetig zunehmen werden.

Wir müssen die Hongkong-Frage so weit wie möglich internationalisieren, unsere Bemühungen mit denen unserer Verbündeten abstimmen und dabei tonangebend bleiben und unsere Partner zu einer höheren Risikotoleranz ermutigen.

Wir sollten uns für eine EU-Gesetzgebung einsetzen, die die Ernennung eines*einer

Sondergesantden*in für Hongkong vorschreibt, der*die dafür verantwortlich ist, die internationale Aufmerksamkeit für dieses Thema aufrechtzuerhalten und eine Gesetzgebung und Politik zu fördern, die dem Rückgabevertrags Hong Kongs im Bezug auf Menschenrechte und Demokratie entspricht.

Wir sollten uns auf die Durchführung gezielter Sanktionen vorbereiten und dabei mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen EU-Firmen bedenken.

Die Kommision und der Rat sollten sich mit Wirtschaftsvertreter*innen, Landwirtschaftsgruppen und EU-Abgeordneten beraten, um Gegenmaßnahmen vorzubereiten und Peking damit unsere Ernsthaftigkeit zu demonstrieren.

Der EU-Staaten sollten koordiniert Notfallpläne für den Abzug von EU-Bürger*innen aus Hongkong vorzubereiten, für den Fall einer sich verschlechternden Sicherheitslage.

Die EU-Staaten sollte den Bürger*innen Hong Kongs neben Asyl die Möglichkeit der Einbürgerung eröffnen.

3. Die neue Seidenstraße und geopolitische Überlegungen

Die “Transpazifische Partnerschaft” war ein 2016 unterzeichnetes Handelsabkommen der USA,

Kanada, Mexiko, Japan, Malaysia, Vietnam, Peru, Australien, Chile, Neuseeland, Brunei und

Singapur, welches den Binnenmarkt im Pazifikraum stärken sollte. Es wurde von der Obama

Regierung explizit als eine Verhinderung der Einflussnahme Chinas in diesem Gebiet bzw. diesen

Ländern gesehen. Teile des Abkommens wurden von Globalisierungsgegner*innen,

Umweltschützer*innen und Populist*innen kritisch gesehen, weswegen die Beliebtheit des Abkommens abnahm und der Ausstieg daraus im Präsidentschaftswahlkampf 2016 ersichtlich wurde, weil sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump das Abkommen ablehnten. Die “Belt and Road Initiative” war die Reaktion Chinas auf die Verhandlungen zum TPP[6].

Wie von der Obama Regierung vorhergesehen, versuchte China ebenfalls geopolitisch Einfluss auf die Region zu nehmen. Nach dem Ausstieg der Trump Regierung aus der TPP im Januar 2017 blieb die “Belt and Road Initiative” bestehen. China hat für Projekte in Verbindung mit dieser Initiative bereits $200 Milliarden ausgegeben und plant bis 2027 insgesamt $1,2 – $1,3 Billionen zu investieren[7].

Die Gefahr, die vor allem von bei Investitionen Chinas in Infrastrukturprojekte in anderen Ländern gegeben ist, ist dass die Länder zahlungsunfähig werden und China die Kontrolle übernimmt, wie dies zum Beispiel beim Magampura Mahinda Rajapaksa Port in Sri Lanka der Fall war. Dort hat nun China 99 Jahre die Kontrolle im Zuge einer Restrukturierung des Kredits.

Für eine deutsche bzw. europäische Position muss das ein Warnsignal sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass China mit seinem oft fragwürdigen Verständnis von Handelspolitik und

Entwicklungszusammenarbeit die Region dominiert. Trotz – oder gerade wegen – unserer Ziele im Umweltschutz und bei Arbeits- und Menschenrechten müssen wir eine progressive Handelspolitik entwickeln, die eine echte Alternative zu Chinas wirtschaftspolitischer Machtstrategie darstellt. Dabei müssen wir stets kritisch reflektieren, dass die deutsche und europäische Handelspolitik und Entwicklungszusammenarbeit in der Vergangenheit oft auf ausbeuterischen und kolonialistischen Motiven beruhten. Diese Gefahr ist keineswegs gebannt. Tatsächlich basieren auch die heutigen Verträge zum einen auf wirtschaftlichen Eigeninteressen europäischer Unternehmen und zum anderen auf unhaltbaren Theoriemodellen. Hierzu müssen wir eine nachhaltige und glaubwürdige Abgrenzung vornehmen und eine eigene, progressive Handels- und Entwicklungstheorie erarbeiten. Ansätze hierfür finden sich bereits bei manchen pluralen Ökonom*innen sowie bestimmten ökonomischen Netzwerken. Diese Ansätze müssen wir aufgreifen und mit deren Unterstützung schnell und kraftvoll weiterentwickeln. Denn die EU darf auf der einen Seite der chinesischen Machtexpansion in der Region nicht zuschauen, bietet aber durch Schnellschüsse selbst keine bessere Alternative für den Südpazifikraum.

China übt auch über andere Mittel geopolitischen Druck aus. Besonders jetzt in der COVID-19

Pandemie wird deutlich, wie viel Einfluss China auf die WHO hat. Der Beobachter*innenstatus Taiwans von 2009-2016 endete durch Druck von China, weil die Wahl von Tsai Ing-wen zur Präsidentin Taiwans eine Abkehr vom Konsens von 1992 bedeute.

In den Augen von Xi Jinping stellt der Konsens ein Bekenntnis zur “Ein-China-Politik” dar und das Ziel müsse die Vereinigung Taiwans und Chinas zu einem Land sein.

Der Einfluss Chinas auf die WHO manifestierte sich vor allem in der Generaldirektor*innenwahl 2017. Der damalige Kandidat und jetzige Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus wurde vor allem durch die Unterstützung der AU und Chinas gewählt. In der Rede von Herrmann Gröhe, des damaligen Bundesgesundheitsministers, wurde betont, dass “Deutschland es bedauert, dass es in diesem Jahr nicht möglich war alle Beobachter, welche in den letzten Jahren teilgenommen hatten, wieder einzuladen.” (Eigene Übersetzung). Damit hätte man sich nicht zufrieden geben dürfen.

Deutschland bzw. Europa muss seinen Einfluss auf die WHO nutzen um den Beobachterstatus von Taiwan wiederherzustellen. Gegebenenfalls muss Deutschland bzw. Europa bei der nächsten Wahl

des*der Generaldirektor*in 2022 den Beobachterstatus Taiwans als Bedingung für die Unterstützung eines*einer Kandidat*in haben.

4. Südostasien und internationale Institutionen

Südostasien

Südostasien[13] ist eine dynamische Region mit mehr als 650 Millionen Einwohnern, die sich im strategischen Zentrum des Indopazifikraums befindet. Bis vor kurzem besaß sie auch eine schnell wachsende Wirtschaft im Wert von 3 Billionen Dollar.

In den letzten Jahren haben zahlreiche externe Mächte ihr Engagement in der Region verstärkt, einschließlich der Vereinigten Staaten und China, die nun offen und aggressiv um Einfluss konkurrieren. Unterdessen ist die Region selbst politisch und wirtschaftliche über den Verband der südostasiatischen Nationen

(ASEAN) integriert, der für den asiatisch-pazifischen Regionalismus von zentraler Bedeutung geworden ist. Grob gesagt, Südostasien ist zu einer globalen Austragungsstätte einer Vielzahl von normativen Fragen geworden, darunter die Zukunft der Demokratie in der Region.

Die Machtdynamik wird durch das Auftreten Japans,Indiens und Indonesien als eigenständige, mächtige Akteure, noch komplizierter, was ein strategisches Umfeld entstehen lässt, das in Zukunft wahrscheinlich noch fließender und komplexer werden wird.

Da die Region ASEAN als ihr priorisiertes Instrument für kollektives Handeln begreift, sollte die

EU mit dem Verband eine strategische Partnerschaft auf der Basis der Selbstbestimmung, Achtung internationaler Normen und Verwirklichung unveräußerlicher Menschenrechte schließen.

Die EU sollte durch Kooperation mit ASEAN den Austausch von Schüler*innen, Auszubildende und Studierende verstärken und entsprechend fördern.

Internationale Institutionen

Gerade wird die Rolle der Vereinten Nationen im internationalen System debattiert. Die Vereinten

Nationen stehen wegen ihrer wahrgenommenen Ineffizienz und Passivität, undurchsichtigen

Prozesse und mangelnde Rechenschaftspflicht in der Kritik. Wir sollten uns jedoch nicht von  der Organisation distanzieren, sondern auf positive Reformen drängen und die Vereinten Nationen als zur Durchführung der europäischer Außenpolitik nutzen.

China leitet derzeit vier große UN-Organisationen. In der Internationalen

ZivilluftfahrtOrganisation der UN (ICAO), die über globale Flugrouten entscheidet und darüber, wer welchen Luftraum kontrolliert, hat auch China den Spitzenplatz inne. China

führte 2019 eine sehr effektive Kampagne durch, um die Vorsitz bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zu erlangen. China hat auch die Vorsitz in der Internationalen Fernmeldeunion der UN inne, die

die internationale Konnektivität in Kommunikationsnetzen und die industrielle Entwicklung der UN Organisation sowie die industrielle Entwicklung zur Armutsbekämpfung und integrativen

Globalisierung fördert. Im Gegensatz dazu bekleiden die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Frankreich zusammen die gleiche Anzahl von Vorsitzen in UNSonderorganisationen.

Von 2021-2022 wird es 15 Wahlen für die Leiter der UN-Sonderorganisationen und fünf für die Leiter der wichtigsten UN-Organisationen geben. Die EU und ihre demokratischen Verbündeten, sollten nach Möglichkeit gemeinsame Kandidierende nominieren. Denn angesichts des weltweit zunehmenden Autoritarismus und Populismus können die EU-Staaten und ihre demokratischen Verbündeten es nicht riskieren, ein Machtvakuum zu schaffen, das Länder wie China füllen und stärkeren Einfluss auf fragile Länder und Entwicklungsländer ausüben können.

  1. Ausblick

Das nachhaltige Ziel unserer Chinapolitik sollte eine Integration der Volksrepublik in die auf internationalem Recht und unveräußerlichen Menschenrechten fußende globale Ordnung sein. Die letzten beiden Jahrzehnte haben gezeigt, dass dies zumindest für die aktuelle Generation chinesischer Autokrat*innen keine Option ist. Ihr innenpolitisches Ziel ist die Weiterführung und Verschärfung der repressiven Ordnung, was mit einem immer selbstbewusster vertretenem außenpolitischen Hegemonialanspruch verbunden ist.

Wer Menschenrechten universelle Geltung einräumen will, kann vor den Folgen für die chinesische Bevölkerung und der weiterer Regionen nicht die Augen verschließen. Mittelfristig ist daher jeder Verstoß Pekings gegen internationale Normen, wenn möglich, mit empfindlichen Kosten für das Regime zu versehen, um so Anreize für einen menschenrechtskonformen Regierungsstil zu setzen. Die freiwillige Achtung der Menschenrechte kann langfristig nur von einer etwaigen, liberalen zukünftigen Führung erwartet werden, die auch nur wenig denkbar Teil der CCP sein könnte.

Forderungen:

Grundsätzlich gilt: Hinter den außenpolitischen Anstrengungen Chinas stehen die Interessen der kommunistischen Partei. Diese sind auf das Erlangen von Macht und Einfluss ausgelegt. Deshalb muss im Umgang mit China ein gesundes Misstrauen herrschen.

Ein Einführverbot in die EU für Baumwollprodukte, von denen bekannt ist, dass sie aus Xinjang stammen. Bei der Ausgestaltung der Regelung könnte man sich am bereits bestehenden, privatwirtschaftlichen Industrie-Boykott usbekischer Baumwolle durch etwa 300 Unternehmen orientieren. Falls ein Importverbot auf EU-Ebene nicht durchsetzbar ist, fordern wir in jedem Fall eine nationale Haftung deutscher Unternehmen für Verarbeitung von Baumwollprodukten aus

Xinjiang, die unter Missachtung von Menschenrechten produziert wurden. Eine

Regelungsmöglichkeit hierfür sehen wir Rahmen des aktuell geplanten Lieferkettengesetzes. Bei Baumwolle aus Xinjiang muss die Beweislast bei den deutschen Unternehmen liegen, dass diese unter Einhaltung von Menschenrechten produziert wurden. Können die Unternehmen dies nicht zweifelsfrei belegen, haften sie für die Menschenrechtsverstöße.

Unterstützung der Entwicklung neuer Methoden zur Überprüfung der Lieferketten: Dies könnte neue Technologien wie die Identifizierung von DNA-Merkmalen oder das Einnähen von Mikrochips in das Etikett umfassen, die feststellen lassen, ob ein Baumwollprodukt Xinjiang-Baumwolle enthält, um so die Behauptungen der Lieferanten überprüfen zu können.

EU-Staaten sowie die EU selbst wirken auf eine umfassende Aufklärung der vermuteten Schwangerschaftskontrollen, erzwungenen Verhütungen, Zwangssterilisationen und Abtreibungen hunterttausender chinesischer Frauen mit mehr als zwei Kindern ein.

Wir müssen die Hongkong-Frage so weit wie möglich internationalisieren, unsere Bemühungen mit denen unserer Verbündeten abstimmen und dabei tonangebend bleiben und unsere Partner zu einer höheren Risikotoleranz ermutigen.

Wir sollten uns für eine EU-Gesetzgebung einsetzen, die die Ernennung eines*einer

Sondergesantden*in für Hongkong vorschreibt, der*die dafür verantwortlich ist, die internationale Aufmerksamkeit für dieses Thema aufrechtzuerhalten und eine Gesetzgebung und Politik zu fördern, die dem Rückgabevertrags Hong Kongs im Bezug auf Menschenrechte und Demokratie entspricht.

Wir sollten uns auf die Durchführung gezielter Sanktionen vorbereiten und dabei mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen EU-Firmen bedenken.

Die Kommision und der Rat sollten sich mit Wirtschaftsvertreter*innen, Landwirtschaftsgruppen und EU-Abgeordneten beraten, um Gegenmaßnahmen vorzubereiten und Peking damit unsere Ernsthaftigkeit zu demonstrieren.

Der EU-Staaten sollten koordiniert Notfallpläne für den Abzug von EU-Bürger*innen aus Hongkong vorzubereiten, für den Fall einer sich verschlechternden Sicherheitslage.

Die EU-Staaten sollte den Bürger*innen Hong Kongs neben Asyl die Möglichkeit der Einbürgerung eröffnen.

Da die Region ASEAN als ihr priorisiertes Instrument für kollektives Handeln begreift, sollte die EU mit dem Verband eine strategische Partnerschaft auf der Basis der Selbstbestimmung, Achtung internationaler Normen und Verwirklichung unveräußerlicher Menschenrechte schließen.

Die EU sollte durch Kooperation mit ASEAN den Austausch von Schüler*innen, Auszubildende und Studierende verstärken und entsprechend fördern.

Von 2021-2022 wird es 15 Wahlen für die Leiter der UN-Sonderorganisationen und fünf für die Leiter der wichtigsten UN-Organisationen geben. Die EU und ihre demokratischen Verbündeten, sollten nach Möglichkeit gemeinsame Kandidierende nominieren. Denn angesichts des weltweit zunehmenden Autoritarismus und Populismus können die EU-Staaten und ihre demokratischen Verbündeten es nicht riskieren, ein Machtvakuum zu schaffen, das Länder wie China füllen und stärkeren Einfluss auf fragile Länder und Entwicklungsländer ausüben können.