INI3 Ausbildungsgarantie: da geht garantiert noch mehr!

Status:
angenommen

Die Ausbildungsgarantie soll kommen. Damit wird ein langjähriges Juso-Projekt endlich Realität. Es ist richtig und wichtig, dass wir als Jusos uns für die Verbesserung der Arbeitssituation junger Menschen und Menschen in Ausbildung einsetzen. Gute Arbeit und Ausbildung sind das Kernanliegen unserer Politik. Arbeit nimmt einen großen Teil des Lebens der Menschen und ihrer Identität ein, es ist unser Alleinstellungsmerkmal als Teil einer großen politischen Bewegung, dieses Thema ganz oben auf unsere Prioritätenliste zu setzen. Deshalb freuen wir uns auch besonders über alle Erfolge, die wir in diesem Themenfeld erringen können.

 

Die Ausbildungsgarantie, wie sie nun durch die Regierung vorgeschlagen werden soll, ist ein solcher Erfolg. Es ist aber nur ein Zwischenschritt in unserem Kampf für einen Ausbildungsplatz für alle Menschen in unserem Land und ist bei weitem nicht ausreichend!

 

So sollen Personen, welche keinen Ausbildungsplatz in einem Betrieb finden, dennoch ihre Wunschausbildung absolvieren können. Dazu werden außerbetriebliche Institutionen geschaffen, um eine geregelte Ausbildung mit entsprechendem Praxisteil für alle gewährleisten zu können. Dabei ist es möglich, die Ausbildung vollständig in außerbetrieblichen Einrichtungen zu absolvieren, jedoch wird angestrebt, die Azubis schnellstmöglich in eine betriebliche Ausbildung zu vermitteln. Ein Wechsel von der außerbetrieblichen in die betriebliche Ausbildung soll dabei ohne Verluste von Lernerfolgen pragmatisch ermöglicht werden.

Die Garantie in Form eines Rechtsanspruchs hat jedoch Einschränkungen und wird lediglich unter Erfüllung von Konditionen gewährt, weshalb es diese noch auszuweiten gilt.

 

 

Zum einen wird der Rechtsanspruch auf einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz als letztes Mittel auf diejenigen Regionen begrenzt sein, in denen eine Unterversorgung an Ausbildungsplätzen festgestellt wird – es ist jedoch unklar, wie in den Regionen, die nicht dazu zählen, sichergestellt werden kann, dass niemand durch das Auffangnetz fällt – zumal nicht jede*r Jugendliche für jeden Ausbildungsplatz qualifiziert ist und Ausbildungszufriedenheit und -erfolg wesentlich von einer zu den eigenen Interessen passenden Berufswahl abhängen. Auch soll der Rechtsanspruch nur für Personen gelten, die nachweisen können, dass sie sich um eine entsprechende Ausbildung bemüht haben. Diese Kondition zusammen mit der geforderten Berufsberatung für den Anspruch auf die Garantie gilt es pragmatisch und unkompliziert im Interesse der Ausbildungsplatzsuchenden zu gestalten.

 

Zum anderen gibt der Gesetzentwurf keine Antworten zur Stärkung der betrieblichen Ausbildung – in einer Zeit, in der nur noch 20% der Unternehmen überhaupt ausbilden, wäre dies mehr als notwendig. Eine außerbetriebliche Ausbildung kann eine betriebliche Ausbildung nicht ersetzen, sondern darf immer nur letztes Mittel sein. Notwendig wären insbesondere die folgenden Maßnahmen:

 

– Die Stärkung der Verbundausbildung

– Die Förderung tarifvertraglich vereinbarter Ausgleichsfonds

– Ein bundesweiter “Zukunftsfonds”, über den auch nicht ausbildende Unternehmen an der Finanzierung der betrieblichen Ausbildung beteiligt werden

 

Über den “Zukunftsfonds” soll eine leistungsfähige Bildungsinfrastruktur finanziert werden, die den Betrieben Anreize und Hilfestellung bietet, betriebliche Ausbildung anzubieten und zu stärken. Dazu gehören vor allem überbetriebliche Bildungszentren für die Verbundausbildung, die Förderung von Qualifizierung des Ausbildungspersonals und weitere Maßnahmen mit dem Ziel, die Ausbildungsfähigkeit der Betriebe zu erhöhen. Darüber hinaus sollen Betriebe vom Fonds profitieren, indem ihnen ein relevanter Teil der Ausbildungskosten erstattet wird. Einzahlen sollen alle Betriebe ab fünf Beschäftigten. Der Beitragssatz wird auf die Bruttolohnsumme erhoben und wird regelmäßig so angepasst, dass alle Maßnahmen und die notwendige Zahl außerbetrieblicher Ausbildungsplätze finanziert werden können.

 

Nicht ausreichend sind weiterhin die Verbesserungen im Bereich des Übergangs zwischen Schule und Beruf. Wir fordern einen flächendeckenden Ausbau der Jugendberufsagenturen als zentrale Anlauf- und Beratungsstellen für alle Ausbildungsinteressierten. Sie müssen dabei mehr als einen Kontaktkanal anbieten und als physische Anlaufstelle in allen Kreisen und kreisfreien Städten präsent sein. Für eine aufsuchende Berufsberatung sind sie dabei auf einen ausgeweiteten Datenaustausch mit den Schulen angewiesen, damit kein*e Jugendliche*r im Übergang von der Schule in die Ausbildung verloren geht. Alle Maßnahmen müssen darauf gerichtet sein, den Ausbildungsinteressierten einen vollqualifizierenden Berufsabschluss zu ermöglichen. Die Flexibilisierung der Einstiegsqualifizierung sehen wir daher kritisch, stattdessen müssen ausbildungsbegleitende Unterstützungsinstrumente wie die »Assistierte Ausbildung flexibel (AsA flex)« stärker genutzt werden. Praktika sind grundsätzlich ein sinnvolles Instrument der Berufsorientierung, jedoch nur, wenn diese gezielt ausgewählt werden und mit einer qualifizierten pädagogischen Begleitung verbunden sind.

 

Darüber hinaus muss die Ausbildungsgarantie begleitet werden von massiven Investitionen in bezahlbaren Wohnraum für junge Menschen sowie einem gut ausgebauten und perspektivisch kostenlosen ÖPNV.

 

Die Stärkung der betrieblichen Ausbildung ist kein reines Bundesthema – auch der Freistaat Bayern ist hier in der Pflicht, damit die Ausbildungsgarantie auch bei denjenigen ankommt, die einen Ausbildungsplatz brauchen. Es muss gelten, dass die Qualifizierung nicht daran scheitern darf, dass Menschen sich in der Zeit ihren Lebensunterhalt nicht leisten können. Wir fordern unter anderem:

 

– einen bayerischen Ausbildungsunterstützungsfonds nach dem Vorbild des Landes Bremen

– Ein kostenloses Landesticket für alle Schüler*innen, Azubis und Studierende in Bayern

– Die Förderung und finanzielle Unterstützung der Gründung von Azubiwerken nach Münchener Vorbild zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Azubis

 

Wir halten fest, dass politische Projekte nicht einfach durch Beschlüsse entstehen. Die Ausbildungsgarantie war Teil des Regierungsprogramms und daraufhin auf Druck der Jusos Teil des Koalitionsvertrages. Doch selbst das hat nicht ausgereicht: Ohne unsere massive Intervention und ohne unseren Druck, den wir gemeinsam mit Gewerkschaften und mit der Grünen Jugend sowohl innerhalb der Partei als auch auf der Straße erzeugt haben, wäre die Ausbildungsgarantie zur Mogelpackung geworden. Politische Erfolge brauchen mehr als gut formulierte Anträge und die Zustimmung von Delegierten auf Konferenzen oder die Unterschrift von Parteivorsitzenden unter Koalitionsverträgen: Wir erneuern mit diesem Erfolg auch unser Verständnis davon, dass wir als Jusos immer gleichzeitig programmatisch arbeiten und politisch kampagnisieren und lobbyieren müssen, um Verbesserungen für junge Menschen in Arbeit zu erzielen.“