Seit dem 20. Juli 1994 ist Aljaksandr Lukaschenko der belarussische Präsident. Nach seiner Wahl hebelte er die Demokratie aus und regiert das Land de facto als Alleinherrscher.
Und nun, seit dem Sommer 2020, blickt die ganze Welt erneut auf Belarus. Eine Diktatur im Deckmantel der Demokratie. Ein Präsident, der mit Gewalt seine Macht behalten möchte und Bürger*innen, die sich mutig und selbstbewusst für ihre Rechte einsetzen.
Seit den Präsidentschaftswahlen 2020 in Belarus, ist hier nichts mehr wie es war. Bereits vor der Wahl gingen die Menschen auf die Straße, um gegen den Staat und den Herrscher Lukaschenko zu demonstrieren. Doch danach kam es noch schlimmer. Denn es war eine Wahl, die ohnehin nur zum Schein existierte. Es war eine Wahl, die geprägt war von der Verhaftung politischer Gegner des amtierenden Präsidenten Aljaksandr Lukaschenko. Es war eine Wahl, der man kurz darauf Manipulation nachweisen konnte. Und dennoch ließ er sich im Anschluss der Wahl selbst zum Präsidenten vereidigen.
Und dennoch: Lukaschenko ist immer noch der Präsident der Republik Belarus. Genau deshalb gehen dort auch seit dieser Wahl tausende von mutigen Menschen auf die Straße, um der Welt ein Zeichen zu setzen. Sie zeigen uns, dass sie es satt haben unter dem Deckmantel einer Demokratie von einem Diktator regiert zu werden! Sie demonstrieren Tag für Tag mit dem Bewusstsein, dass sie jeden Moment durch die Polizei festgenommen werden könnten. Es wird von vielfachen Festnahmen, massiver Gewalt und Folterungen, insbesondere im Minsker Isolationszentrum
„Okrestino“ gesprochen. Laut dem Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für
Menschenrechte gibt es Berichte von über 450 dokumentierten Fällen von Folter und
Misshandlungen seit dem Tag der Präsidentschaftswahl. Hierzu zählen auch sexueller Missbrauch und Vergewaltigungen.
Auch die Pressefreiheit wurde in Belarus untergraben. Die meisten Printmedien und auch das Fernsehen sind hier in der Hand des Regimes. „Reporter ohne Grenzen“ berichten, dass kritische Informationen über die Lage in Belarus gerade seit August 2020 zu unterdrücken versucht werden. Unabhängige Berichterstatter*innen kommunizieren durch das Internet oder aus dem Exil.
In der Rangliste der Pressefreiheit liegt Belarus auf Platz 158 von 180. Bereits hunderte Journalist*innen wurden festgenommen oder schon zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Und das ist nicht verwunderlich, denn gerade das jüngste Beispiel um die Festnahme vom 26-jährigen
Blogger und Journalist Roman Protasewitsch und seiner Freundin Sofia Sapega zeigt es ganz
deutlich, mit welch eiserner Faust Lukaschenko freie Meinungsäußerung unterdrückt. Die am 23.05.2021 erzwungene Landung des Ryanair-Flugzeuges, in dem sich Pratassewitsch und Sapega befanden, durch belarussische Kampfjets ist eine unverhältnismäßige und vor allem unmenschliche Art des Machtmissbrauches!
Reaktionen der EU und gefasste Beschlüsse
Die EU und auch Deutschland haben zu Beginn der großen Demonstrationen im Anschluss zur
Präsidentschaftswahl 2020 nur zugeschaut. Erste Reaktionen kamen aus Litauen, dessen Außenminister am Tag des Verschwindens der belarussischen Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja als Erster seine Sorge um ihre Sicherheit kundtat.
Mittlerweile kamen nun auch seitens des Europäischen Rates Beschlüsse und Sanktionen gegen
Lukaschenko und seine Regierung.Bereits einen Tag nach der Zwangslandung des
Passagierflugzeugs von Ryanair, am 24. Mai 2021, einigten sich die 27 Staats- und
Regierungschef*innen der EU-Mitgliedsländer auf die sofortige Freilassung des Journalisten und
Bloggers Raman Pratassewitsch, sowie seiner Begleitung Sofia Sapega. Europäische Fluggesellschaften sind dazu angehalten, den belarussischen Flugraum zu vermeiden und belarussischen Fluggesellschaften ist es nicht gestattet, den EU-Luftraum zu passieren und auf EU-Flughäfen zu landen. Sanktionen gegen belarussische Personen und Organisationen wurden ausgeweitet und die internationale Zivilluftfahrt-Organisation dazu aufgefordert, diesen beispiellosen und inakzeptablen Vorfall dringend zu untersuchen. Weitere gezielte wirtschaftliche Sanktionen sollen ebenfalls eingeleitet werden. Außerdem bekundet die EU ihre Solidarität mit
Lettland, dessen Diplomat*innen aus Belarus ausgewiesen wurden, nachdem ein Streit über das Hissen der belarussischen Oppositionsflagge in der lettischen Hauptstadt Riga entstanden war.
Auch die NATO verurteilte am 26. May 2021 mit einem offiziellen Statement die Zwangslandung und nannte diese einen “inakzeptablen Akt, welcher ernsthaft die geltenden Normen der zivilen
Luftfahrt verletze und das Leben der Passagier*innen und Crewmitglieder in Gefahr gebracht hat”.
Die NATO fordert die umgehende Aufklärung des Vorfalls, sowie die sofortige Freilassung von Pratassewitch und Sapega. Die Inhaftierung Pratassewitch sei ein Angriff auf Pressefreiheit und legitimen politischen Dissens.
Positionierung der Jusos Bayern: Solidarität mit den Menschen in Belarus!
Die Gefahren, die Alexander Lukaschenkos Handeln mit sich bringt, sind verheerend für die belarussische Bevölkerung und schlagen inzwischen hohe Wellen. Seit nunmehr fast drei Jahrzehnten untergräbt Lukaschenko demokratische Grundwerte, wie etwa das Recht auf freie Wahlen, die Meinungs- und die Pressefreiheit und unterdrückt die Bürger*innen seines Landes durch seine autokratische und diktatorische Staatsführung. Mit Taten wie der Zwangslandung des Ryanair-Passagierflugzeugs vom 23. Mai festigt Lukaschenko weiter die Diktatur in Belarus. Die Europäische Union, und allen voran Deutschland, dürfen nicht beinah tatenlos mit ansehen, wie eins ihrer Nachbarländer der autoritären Machtausübung eines Mannes verfällt. Die EU muss weiterhin entschieden und geschlossen Druck auf Belarus’ Machthaber und das Regime ausüben um zu gewährleisten, dass die Stimme aller im Land gehört wird und eine legitime und gerechte Demokratie eingeleitet wird. Die EU definiert sich selbst als eine Werteunion für Freiheit, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit. Diese Werte dürfen nicht an der polnischen, lettischen oder litauischen Grenze erlöschen.
Die Jusos unterstützen die bisher gefassten Beschlüsse der EU, fordern jedoch eine klare und deutliche Solidarisierung mit der Opposition in Belarus und dessen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die seit den manipulierten Wahlen im August 2020 öffentlich protestieren. Die Proteste haben zu einer Welle von Inhaftierungen von Demonstrant*innen und Journalist*innen geführt, wovon eine Vielzahl bis heute noch nicht freigelassen wurden. Fälle von willkürlichen Inhaftierungen von Zivilbürger*innen sind ebenfalls bekannt.
Ein wichtiger Schritt für die Stärkung der Opposition ist, dass Deutschland und anderer europäischer Länder relevante Verhandlungen künftig mit der Oppositionsführung anstelle von Lukaschenko führen, um dessen Regime öffentlich die Legitimität zu entziehen.
Außerdem müssen Wirtschaftssanktionen deutlich ausgeweitet werden auf europäische Unternehmen, die Handel mit Belarus betreiben und damit indirekt Lukaschenkos Regime finanziell unterstützen. Ebenso muss mehr für die Zivilgesellschaft getan werden, die dem Regime ausgeliefert ist. Die politische Bildung im Inland muss auf- und ausgebaut werden, es braucht Auslands-Stipendien für belarussische Student*innen, die aufgrund ihres politischen Protests gegen die Regierung von ihren Universitäten exmatrikuliert wurden, und Soforthilfefonds für belarussische Bürger*innen z. B. im Fall von Arbeitslosigkeit infolge der Proteste oder von Krankheit infolge von Folter und Misshandlung in Haft. Außerdem müssen weitere VisaErleichterungen für Leute, die das Land aufgrund von politischer Verfolgung verlassen wollen, veranlaßt werden.
Auf lange Sicht werden Sanktionen allerdings nicht das Allheilmittel sein. Die Einschränkung des
Flugbetriebs innerhalb des belarussischen Luftraums, sowie die Hinderung von Überflügen des EU-Luftraums seitens belarussischer Fluglinien (wovon momentan nur Belavia betroffen ist) werden Lukaschenko und seine Anhänger*innen kaum abschrecken. Diese haben wahrscheinlich in naher Zukunft nicht vor, EU-Staaten zu bereisen, da ihr Blick deutlich Richtung Russland gerichtet ist. Durch das Einfrieren von Vermögenswerten und der wirtschaftlichen Sanktionen etwa gegen die Kalisalz-Industrie, petrochemische Betriebe und dem Finanzsektor in Belarus positioniert sich die EU zwar deutlich, jedoch werden diese Maßnahmen nicht ausreichend sein, um das Regime zum Einlenken zu bringen.
Zu befürchten ist eine Abwärtsspirale, in der sich Belarus immer weiter von Europa entfernt und immer mehr in die Arme von Russland und anderen Ländern läuft, die weniger hohe Standards an die Einhaltung von Menschenrechten setzen. Zum Schutz der belarussischen Bevölkerung muss um jeden Preis versucht werden, Belarus in die europäische Wirtschafts- und Wertestruktur fester einzubinden, um somit den Übergang zur Demokratie zu begleiten. Die EU muss bessere Anreize schaffen, um für Belarus als Partner die beste Option zu werden, etwa durch das Versprechen größerer Investitionen in die belarussische Wirtschaft und besserer Bedingungen für den Personen- und Güterverkehr im Eintausch gegen die Einhaltung demokratischer Grundsätze im politischen System. Dies ist eine bessere Option, als das Land von Europa abzuschotten und, in den Worten der Oppositionsführerin Svetlana Tichanowskaja, “dem Regime [zu] erlauben, 9 Millionen Einwohner zu Gefangenen im eigenen Land zu machen“.
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|
angenommen | ÄI1-1 | 40 | Simon Grajer (Oberpfalz, Landesvorstand) | Ersetze in Z. 40: “ Pratasewitsch“ durch “Protasewitsch“ |
Seit dem 20. Juli 1994 ist Aljaksandr Lukaschenko der belarussische Präsident. Nach seiner Wahl hebelte er die Demokratie aus und regiert das Land de facto als Alleinherrscher.
Und nun, seit dem Sommer 2020, blickt die ganze Welt erneut auf Belarus. Eine Diktatur im Deckmantel der Demokratie. Ein Präsident, der mit Gewalt seine Macht behalten möchte und Bürger*innen, die sich mutig und selbstbewusst für ihre Rechte einsetzen.
Seit den Präsidentschaftswahlen 2020 in Belarus, ist hier nichts mehr wie es war. Bereits vor der Wahl gingen die Menschen auf die Straße, um gegen den Staat und den Herrscher Lukaschenko zu demonstrieren. Doch danach kam es noch schlimmer. Denn es war eine Wahl, die ohnehin nur zum Schein existierte. Es war eine Wahl, die geprägt war von der Verhaftung politischer Gegner des amtierenden Präsidenten Aljaksandr Lukaschenko. Es war eine Wahl, der man kurz darauf Manipulation nachweisen konnte. Und dennoch ließ er sich im Anschluss der Wahl selbst zum Präsidenten vereidigen.
Und dennoch: Lukaschenko ist immer noch der Präsident der Republik Belarus. Genau deshalb gehen dort auch seit dieser Wahl tausende von mutigen Menschen auf die Straße, um der Welt ein Zeichen zu setzen. Sie zeigen uns, dass sie es satt haben unter dem Deckmantel einer Demokratie von einem Diktator regiert zu werden! Sie demonstrieren Tag für Tag mit dem Bewusstsein, dass sie jeden Moment durch die Polizei festgenommen werden könnten. Es wird von vielfachen Festnahmen, massiver Gewalt und Folterungen, insbesondere im Minsker Isolationszentrum
„Okrestino“ gesprochen. Laut dem Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für
Menschenrechte gibt es Berichte von über 450 dokumentierten Fällen von Folter und
Misshandlungen seit dem Tag der Präsidentschaftswahl. Hierzu zählen auch sexueller Missbrauch und Vergewaltigungen.
Auch die Pressefreiheit wurde in Belarus untergraben. Die meisten Printmedien und auch das Fernsehen sind hier in der Hand des Regimes. „Reporter ohne Grenzen“ berichten, dass kritische Informationen über die Lage in Belarus gerade seit August 2020 zu unterdrücken versucht werden. Unabhängige Berichterstatter*innen kommunizieren durch das Internet oder aus dem Exil.
In der Rangliste der Pressefreiheit liegt Belarus auf Platz 158 von 180. Bereits hunderte Journalist*innen wurden festgenommen oder schon zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Und das ist nicht verwunderlich, denn gerade das jüngste Beispiel um die Festnahme vom 26-jährigen
Blogger und Journalist Roman Protasewitsch und seiner Freundin Sofia Sapega zeigt es ganz deutlich, mit welch eiserner Faust Lukaschenko freie Meinungsäußerung unterdrückt. Die am 23.05.2021 erzwungene Landung des Ryanair-Flugzeuges, in dem sich Pratassewitsch und Sapega befanden, durch belarussische Kampfjets ist eine unverhältnismäßige und vor allem unmenschliche Art des Machtmissbrauches!
Reaktionen der EU und gefasste Beschlüsse
Die EU und auch Deutschland haben zu Beginn der großen Demonstrationen im Anschluss zur
Präsidentschaftswahl 2020 nur zugeschaut. Erste Reaktionen kamen aus Litauen, dessen Außenminister am Tag des Verschwindens der belarussischen Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja als Erster seine Sorge um ihre Sicherheit kundtat.
Mittlerweile kamen nun auch seitens des Europäischen Rates Beschlüsse und Sanktionen gegen
Lukaschenko und seine Regierung.Bereits einen Tag nach der Zwangslandung des
Passagierflugzeugs von Ryanair, am 24. Mai 2021, einigten sich die 27 Staats- und
Regierungschef*innen der EU-Mitgliedsländer auf die sofortige Freilassung des Journalisten und
Bloggers Raman Pratassewitsch, sowie seiner Begleitung Sofia Sapega. Europäische Fluggesellschaften sind dazu angehalten, den belarussischen Flugraum zu vermeiden und belarussischen Fluggesellschaften ist es nicht gestattet, den EU-Luftraum zu passieren und auf EU-Flughäfen zu landen. Sanktionen gegen belarussische Personen und Organisationen wurden ausgeweitet und die internationale Zivilluftfahrt-Organisation dazu aufgefordert, diesen beispiellosen und inakzeptablen Vorfall dringend zu untersuchen. Weitere gezielte wirtschaftliche Sanktionen sollen ebenfalls eingeleitet werden. Außerdem bekundet die EU ihre Solidarität mit
Lettland, dessen Diplomat*innen aus Belarus ausgewiesen wurden, nachdem ein Streit über das Hissen der belarussischen Oppositionsflagge in der lettischen Hauptstadt Riga entstanden war.
Auch die NATO verurteilte am 26. May 2021 mit einem offiziellen Statement die Zwangslandung und nannte diese einen “inakzeptablen Akt, welcher ernsthaft die geltenden Normen der zivilen
Luftfahrt verletze und das Leben der Passagier*innen und Crewmitglieder in Gefahr gebracht hat”.
Die NATO fordert die umgehende Aufklärung des Vorfalls, sowie die sofortige Freilassung von Pratassewitch und Sapega. Die Inhaftierung Pratassewitch sei ein Angriff auf Pressefreiheit und legitimen politischen Dissens.
Positionierung der Jusos Bayern: Solidarität mit den Menschen in Belarus!
Die Gefahren, die Alexander Lukaschenkos Handeln mit sich bringt, sind verheerend für die belarussische Bevölkerung und schlagen inzwischen hohe Wellen. Seit nunmehr fast drei Jahrzehnten untergräbt Lukaschenko demokratische Grundwerte, wie etwa das Recht auf freie Wahlen, die Meinungs- und die Pressefreiheit und unterdrückt die Bürger*innen seines Landes durch seine autokratische und diktatorische Staatsführung. Mit Taten wie der Zwangslandung des Ryanair-Passagierflugzeugs vom 23. Mai festigt Lukaschenko weiter die Diktatur in Belarus. Die Europäische Union, und allen voran Deutschland, dürfen nicht beinah tatenlos mit ansehen, wie eins ihrer Nachbarländer der autoritären Machtausübung eines Mannes verfällt. Die EU muss weiterhin entschieden und geschlossen Druck auf Belarus’ Machthaber und das Regime ausüben um zu gewährleisten, dass die Stimme aller im Land gehört wird und eine legitime und gerechte Demokratie eingeleitet wird. Die EU definiert sich selbst als eine Werteunion für Freiheit, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit. Diese Werte dürfen nicht an der polnischen, lettischen oder litauischen Grenze erlöschen.
Die Jusos unterstützen die bisher gefassten Beschlüsse der EU, fordern jedoch eine klare und deutliche Solidarisierung mit der Opposition in Belarus und dessen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die seit den manipulierten Wahlen im August 2020 öffentlich protestieren. Die Proteste haben zu einer Welle von Inhaftierungen von Demonstrant*innen und Journalist*innen geführt, wovon eine Vielzahl bis heute noch nicht freigelassen wurden. Fälle von willkürlichen Inhaftierungen von Zivilbürger*innen sind ebenfalls bekannt.
Ein wichtiger Schritt für die Stärkung der Opposition ist, dass Deutschland und anderer europäischer Länder relevante Verhandlungen künftig mit der Oppositionsführung anstelle von Lukaschenko führen, um dessen Regime öffentlich die Legitimität zu entziehen.
Außerdem müssen Wirtschaftssanktionen deutlich ausgeweitet werden auf europäische Unternehmen, die Handel mit Belarus betreiben und damit indirekt Lukaschenkos Regime finanziell unterstützen. Ebenso muss mehr für die Zivilgesellschaft getan werden, die dem Regime ausgeliefert ist. Die politische Bildung im Inland muss auf- und ausgebaut werden, es braucht Auslands-Stipendien für belarussische Student*innen, die aufgrund ihres politischen Protests gegen die Regierung von ihren Universitäten exmatrikuliert wurden, und Soforthilfefonds für belarussische Bürger*innen z. B. im Fall von Arbeitslosigkeit infolge der Proteste oder von Krankheit infolge von Folter und Misshandlung in Haft. Außerdem müssen weitere VisaErleichterungen für Leute, die das Land aufgrund von politischer Verfolgung verlassen wollen, veranlaßt werden.
Auf lange Sicht werden Sanktionen allerdings nicht das Allheilmittel sein. Die Einschränkung des
Flugbetriebs innerhalb des belarussischen Luftraums, sowie die Hinderung von Überflügen des EU-Luftraums seitens belarussischer Fluglinien (wovon momentan nur Belavia betroffen ist) werden Lukaschenko und seine Anhänger*innen kaum abschrecken. Diese haben wahrscheinlich in naher Zukunft nicht vor, EU-Staaten zu bereisen, da ihr Blick deutlich Richtung Russland gerichtet ist. Durch das Einfrieren von Vermögenswerten und der wirtschaftlichen Sanktionen etwa gegen die Kalisalz-Industrie, petrochemische Betriebe und dem Finanzsektor in Belarus positioniert sich die EU zwar deutlich, jedoch werden diese Maßnahmen nicht ausreichend sein, um das Regime zum Einlenken zu bringen.
Zu befürchten ist eine Abwärtsspirale, in der sich Belarus immer weiter von Europa entfernt und immer mehr in die Arme von Russland und anderen Ländern läuft, die weniger hohe Standards an die Einhaltung von Menschenrechten setzen. Zum Schutz der belarussischen Bevölkerung muss um jeden Preis versucht werden, Belarus in die europäische Wirtschafts- und Wertestruktur fester einzubinden, um somit den Übergang zur Demokratie zu begleiten. Die EU muss bessere Anreize schaffen, um für Belarus als Partner die beste Option zu werden, etwa durch das Versprechen größerer Investitionen in die belarussische Wirtschaft und besserer Bedingungen für den Personen- und Güterverkehr im Eintausch gegen die Einhaltung demokratischer Grundsätze im politischen System. Dies ist eine bessere Option, als das Land von Europa abzuschotten und, in den Worten der Oppositionsführerin Svetlana Tichanowskaja, “dem Regime [zu] erlauben, 9 Millionen Einwohner zu Gefangenen im eigenen Land zu machen“.