V6 Der Orbit ist für alle da - Installierung staatlicher Kontrollmechanismen zur Verhinderung privatwirtschaftlicher Kontrolle des Orbits durch Unternehmen und/oder Privatpersonen

Status:
angenommen

Der Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper unterliegt keiner nationalen Aneignung durch Beanspruchung der Hoheitsgewalt, durch Benutzung oder Okkupation oder durch andere Mittel“

So steht es in Artikel 2 des Weltraumvertrages geschrieben, welcher im Jahr 1967 verfasst worden ist und bis heute als „Magna Charta des Weltraumrechts“ bezeichnet wird. Weltweit haben 107 Staaten den Vertrag ratifiziert und diesen zu Völkergewohnheitsrecht erklärt, was auch jene

Staaten bindet, welche bislang keine Vertragsparteien des Weltraumvertrages geworden sind. Im Rahmen des Vertrages wurde festgelegt, dass kein Staat über den Weltraum verfügen darf (freedom of exploration and use), sowie das Verbot nationaler Aneignung (non-appropriation).

Die Kriterien für Privatpersonen und Unternehmen sind hingegen sehr unklar. Je nach Rechtseinschätzung unterliegen diese entweder dem Weltraumvertrag selbst

Art 1 Abs.1 Weltraumvertrag: „Die Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper wird zum Vorteil und im Interesse aller Länder ohne Ansehen ihres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstandes durchgeführt und ist Sache der gesamten Menschheit“

oder unterliegen der Aufsicht der jeweiligen Vertragsstaaten bzw. des Vertragsstaates, in welchen die jeweiligen Tätigkeiten von staatlicher oder nicht-staatlicher Seite unternommen werden

Art. VI Weltraumvertrag: „Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich verantwortlich für nationale Tätigkeiten im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, gleichviel ob staatliche Stellen oder nichtstaatliche Rechtsträger dort tätig werden, und sorgen dafür, dass nationale Tätigkeiten nach Maßgabe dieses Vertrags durchgeführt werden. Tätigkeiten nichtstaatlicher Rechtsträger im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper bedürfen der Genehmigung und ständigen Aufsicht durch den zuständigen Vertragsstaat.“

Verschiedene Staaten u.a. Luxemburg und vor allem die USA vertreten letztere Rechtsaufassung und erachten eine private Nutzung der Raumfahrtnutzung für ausdrücklich gegeben. Diese Rechtsauffassung ermöglicht es Privatunternehmen ohne jegliche multilateralen Kontrollen den

Weltraum für privatwirtschaftliche Zwecke zu nutzen, solange sie die Genehmigung des Staates haben, in jenem sie operieren. Diese Lücke macht sich vor allem ein Unternehmen zu Nutze: SpaceX, das Weltraumunternehmen von PayPal und Tesla-Gründer Elon Musk.

Neben einem Raketenprogramm unterhält SpaceX ein weiteres Projekt: Starlink. Starlink stellt ein Programm dar, welches Satelliteninternet mit einer Latenz von bis zu 20 Millisekunden übertragen soll. Analog zu heutigen Routern würde eine Empfangsbox das Internet der Starlink-Satelliten empfangen und dabei Geschwindigkeiten von Glasfasernetzen erreichen. Problematisch dabei ist, dass diese Technologie zahlreiche Satelliten benötigt, die untereinander kommunizieren. SpaceX plant bis zu 42.000 Satelliten in den Orbit zu entsenden. Ein Antrag für 30.000 Satelliten wurde bereits eingereicht. Diese Satelliten kommunizieren untereinander per Laser. Per entsprechenden Terminals soll das Internet wiederum an die Endnutzer*innen gelangen.

Dieses Unternehmensziel bietet neben den Chancen für weltweit schnelles Internet eine extrem große Gefahr der Vereinnahmung des eigentlich allen zugänglich und besitzlosen Orbits durch ein Privatunternehmen und dessen CEO. Bereits 2019 stieß ein ESA-Satellit (European Space Agency) fast mit einem Starlink-Satelliten zusammen. Ein Ausweichmanöver konnte dies verhindern. Mit der steigenden Anzahl von Satelliten steigen die Chancen für Kollisionen und Weltraumschrott, der entweder um den Planeten kreist oder in Teilen zurück auf die Erde fällt und dort ungeahnte Schäden anrichten können, falls diese etwa nicht vollständig auf dem Weg zur Erde verglühen.

Zudem klagen Astronom*innen über verfälschte Sternenbilder und erschwerte

Beobachtungsmöglichkeiten aufgrund der stark reflektierenden Starlink-Satelliten. Auch weitere Weltraumflüge könnten durch die zahlreichen Satelliten oder Weltraumschrottteile erschweren oder gar nur ermöglicht werden, falls SpaceX eine Weltraumschneise bildet, um etwaige Raketen etc. in den Weltraum zu lassen. Erste Berechnungen nehmen an, dass künftig 95% aller Satelliten von Starlink kontrolliert werden könnten, sofern es keine politischen Gegenmaßnahmen gibt.

Die aktuelle Rechtslage und fehlenden Kontrollmaßnahmen rund um den Weltraum ermöglicht Staaten nahezu nach freiem Gusto Weltraumprogramme zu starten und ansässige Unternehmen zur privaten Nutzung zu ermutigen. Die EU hat zwar eine Arbeitsgruppe rund ums Thema „NewSpace“ ins Leben gerufen, allerdings hat diese bislang keine konkreten Forderungen genannt. Die „Haager Arbeitsgruppe Hague International Space Resources Governance“ hat Prioritätsrechte zur Suche und Abbau von im Weltraum vorgeschlagen, die dann erworben werden müssten. Eine World Space Organization wurde zwar angedacht, aber seit deren Scheitern im Jahre 1988 bislang nicht neu initiiert.

Der Orbit gehört allen auf der Erde lebenden Menschen und darf unter keinen Umständen in privatwirtschaftlicher Kontrolle eines oder mehreren Unternehmen stehen. Die Ära des „NewSpace“ darf nicht als Ära des ungezügelten Weltraumkapitalismus enden!

Daher fordern wir:

Die Gründung einer World Space Organization unter dem Dach der Vereinten Nationen, welche die weltweiten und privatwirtschaftlichen Aktivitäten im Weltraum genehmigt und zugleich überwacht

Strikte Genehmigungsverfahren von Satelliten, welche entweder von der World Space Organization oder einem Gremium bestehend aus allen Weltraumorganisationen bestätigt werden müssen.

Eine Neuformulierung des Artikel 6  VI Weltraumvertrag: „Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich verantwortlich für nationale und internationale Tätigkeiten im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, gleichviel ob staatliche Stellen oder nichtstaatliche Rechtsträger dort tätig werden, und sorgen dafür, dass international relevante Tätigkeiten nach Maßgabe dieses Vertrags durchgeführt werden. Tätigkeiten nichtstaatlicher

Rechtsträger im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper bedürfen der

Genehmigung und ständiger Aufsicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Vertragsstaaten.“