Deutschland ist ein Ungleichland
In Deutschland ist das Vermögen sehr ungleich verteilt. Wenige besitzen sehr viel und große Teile der Bevölkerung leben an der Armutsgrenze. Wir wollen diese Schere zwischen arm und reich aufbrechen. Dabei muss ganz klar eine Umverteilung von den oberen 10% zu den unteren 90% erfolgen. Wir erkennen auch an, dass ostdeutsche Bundesländer von dieser Ungleichheit noch stärker betroffen sind und auch in dieser Richtung eine Umverteilung von West nach Ost stattfinden muss.
Das Ziel muss es sein, gerechtere Startbedingungen für alle Menschen zu schaffen und nicht nur wenigen die besten Chancen auf Bildung, Teilhabe, Mobilität und Mitbestimmung zu gönnen.
Das Grunderbe sehen wir als eine Maßnahme an, um der Ungleichverteilung entgegenzuwirken. Trotzdem möchten wir langfristig den demokratischen Sozialismus erreichen und kämpfen auch weiter für eine wirklich kostenlose Bildung, gerechtere Löhne, den kostenlosen ÖPNV, eine faire Rente und das Ende des Kapitalismus.
Dieser Antrag adressiert nicht die Frage, welche Rolle Vermögen in einer sozialistischen Gesellschaft spielt. Er bezieht sich aus einer reformistischen Sicht auf die konkrete Situation im Hier und Jetzt, in der gesellschaftliche Teilhabe sehr eng mit Vermögen zusammenhängt. Die Förderung von Vermögen für diejenigen, die aktuell vermögenslos sind, trägt dabei jedoch zu einer Egalisierung von Vermögen bei, dieser Effekt ist explizit erwünscht und beabsichtigt.
Vermögensungleichheit- warum sich etwas ändern muss
Vermögen ist in Deutschland enorm ungleich verteilt. Einige wenige kontrollieren den Großteil des Nettovermögens, sei es monetäres Vermögen, Immobilien oder Unternehmensanteile. Das reichste Prozent der Bevölkerung vereint rund 35% des gesamten gesellschaftlichen Vermögens, lediglich 10% der Bevölkerung kontrollieren über zwei Drittel des Vermögens.
73% der Millionär*innen sind Selbstständige, kaum abhängig Beschäftigte und nur wenige Angestellte, davon fast alle aus leitenden Positionen. Beschäftigte haben kaum eine Möglichkeit, allein durch ihren Lohn Rücklagen aufzubauen oder gar Immobilien zu erwerben.
Wohneigentum ist in Deutschland extrem ungleich verteilt: Unter den 10% der Haushalte mit dem höchsten Nettovermögen verfügen 92% über vermietete Immobilien, die 20% mit dem niedrigsten Nettovermögen besitzen nur 2 %. Dabei sind mehr als 70% der vermieteten Immobilien in der Hand der 10% reichsten Haushalte. Die Wohneigentumsquote ist in keinem anderen EU-Land so niedrig wie in Deutschland. Nur 42% der Personen besitzen die Immobilie, die sie bewohnen, in Ostdeutschland sogar nur 37%. 1,3% der Deutschen besitzen hingegen Mietwohnungen, die sie in den meisten Fällen geerbt oder durch eine Erbschaft finanzieren konnten.
Das Vermögen in Deutschland ist nicht nur ungleich verteilt, sondern auch den patriarchalen, rassistischen und Ostdeutschland benachteiligten Strukturen folgend, die unsere Gesellschaft bis heute prägen. Die meisten Personen, die über ein Nettovermögen mit Wert von durchschnittlich ca. 3 Millionen Euro verfügen, sind männlich, haben keinen Migrationshintergrund und kommen aus Westdeutschland. Nur 6% der Millionär*innen kommen aus Ostdeutschland, 14% haben einen Migrationshintergrund und 31% sind Frauen.
Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft hat mitunter einen entscheidenden Grund: Vererbung ist der einfachste Weg ein Vermögen anzuhäufen. 400 Milliarden Euro werden (nach Berechnungen) jährlich in Deutschland vererbt oder verschenkt. Vererbung ist daher Ursache der Ungleichheit, zementiert diese und verschärft sie immer weiter.
Wer das Glück hatte, in eine reiche Familie geboren worden zu sein, die das Glück hatte, über Dekaden von keiner Krise betroffen gewesen zu sein, muss sich um die eigene wirtschaftliche Zukunft keine Gedanken machen.
Die Ungleichverteilung des Erbe hängt dabei immer mit wiederkehrenden gesellschaftlichen Problemen zusammen. Unsere Gesellschaft ist geprägt von patriarchalen und rassistischen Strukturen, die sich über die vergangenen Jahrzehnten bis heute konstant halten. Männer erben häufiger als Frauen, weil besonders große Vermögen oder Unternehmen oft an Söhne statt Töchter vererbt werden. Nur Familien, die keinen historischen Bruch, durch Flucht oder Vertreibung, und keine systemische und gesellschaftliche Benachteiligung erfahren haben, können vererben. Und auch die Wiedervereinigung und der wirtschaftliche Profit einiger wenige, zumeist Westdeutscher, auf die Kosten vieler Ostdeutscher haben Ungleichheiten verursacht, die bis heute nicht beseitigt werden konnten.
Einige Wenige kommen bereits abgesichert auf die Welt, müssen sich nie um ihren Lebensunterhalt sorgen, sondern können mit einem Erbe über Immobilien, Vermögenswerte oder Unternehmensanteile rechnen. Dabei verdienen sie anschließend vom Grundbedürfnis Wohnen anderer Menschen und von deren Arbeitskraft, um ihr Vermögen weiter auszubauen.
Anderen hingegen bleiben Aufstiegschancen verwehrt. Die soziale Mobilität der Gesellschaft wird durch die Vermögensanhäufung einiger weniger massiv eingeschränkt. Sich durch Erwerbsarbeit über das Verdienst des Lebensunterhalts hinaus Rücklagen aufzubauen wird immer schwieriger, für weite Teile der Gesellschaft unmöglich.
Der Start in das selbstständige Leben ist der Punkt der größten Ungerechtigkeit. Die einen müssen sofort auf eigenen Füßen stehen, die anderen schweben über den Dingen. Vermögensvorteile zu Beginn des Lebens sind für die meisten nicht aufzuholen, erst recht nicht durch Lohnarbeit.
Für Berufsausbildung, Weiterbildung und selbstbestimmtes Leben bedeutet die Frage des Erbes einen großen Unterschied: Die einen können studieren, was sie wollen, Bildungsabschlüsse anhäufen bzw. ausbauen und sich dauerhaft weiterbilden. Die anderen müssen auf den schnellstmöglichen Abschluss setzen, möglichst schnell Geld verdienen und haben dabei weniger Chancen auf gute und gut bezahlte Arbeit.
Auch im Bezug auf den Aufbau von persönlichen Sicherungssystemen ist das Erbe ein enormer Vorsprung: Die einen besitzen seit ihrer Geburt Rücklagen und können problemlos weitere aufbauen, die anderen leben von ihrer Arbeit und können keine Mechanismen schaffen, die sie in schwierigen Zeiten auffangen. Vermögen reproduziert sich: Während die einen noch arbeiten und für die Miete bezahlen müssen, können andere, die eine Wohnung geerbt haben, das Geld zur Seite legen und den Gewinn reinvestieren.
Oft wird großes Vermögen verteidigt mit der Argumentation, dass es ja auch irgendwann erarbeitet wurde und den Menschen daher zusteht. Bei vielen Unternehmen – darunter beispielsweise BMW – ist das Vermögen mitunter auch ein Ergebnis von Ausbeutung. Viele große Industrieunternehmen haben in der NS-Zeit Zwangsarbeiter*innen beschäftigt und damit unrechtmäßige Vermögenswerte angehäuft.
Die Ungleichheit, die Erbschaften in der heutigen Form auslöst, können wir als sozialistischer Verband nicht tolerieren oder gar gutheißen. Eine Gesellschaft durch das Glück der vermögenden Geburt in vermögend und weniger privilegiert zu unterteilen, widerstrebt jedem Gedanken der Chancengerechtigkeit und den Zielen des demokratischen Sozialismus. Es gefährdet den sozialen Frieden und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und führt zu großen Spannungen in der Gesellschaft einerseits und zu großer Unzufriedenheit und Belastung Einzelner andererseits.
Grunderbe – ein guter Start in das selbstbestimmte Leben
Um den Start in das Erwachsenenleben für alle jungen Menschen möglichst chancengerecht zu gestalten, fordern wir die Einführung eines Grunderbes.
Jeder Person, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt oder eine gewisse Mindestzahl an Jahren in Deutschland gelebt hat bekommt zu ihrem 18. Geburtstag den Fixbetrag von 60.000€ ausbezahlt. Der Betrag soll an die Inflation angepasst werden. Das bedeutet: Sinkt der Geldwert, steigt auch der Betrag des Grunderbes an.
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung fordert ein Grunderbe in Höhe von 20.000€ und möchte auch die Auszahlung an bestimmte Zwecke knüpfen. Doch Studien zeigen, dass man nur durch ein höheres Grunderbe merkliche Unterschiede in der Umverteilung wahrnimmt und erst ab diesem Betrag auch langfristige wirtschaftliche Reaktionen erkennbar sind.
Wir fordern ein Grunderbe in Höhe von 60.000€, über das junge Erwachsene selbst entscheiden dürfen, wann und für was sie es ausgeben wollen.
Wir müssen jungen Menschen zutrauen, ihre eigenen Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen und dürfen ihnen nicht ihre Entscheidungsfähigkeit absprechen. Der Umgang mit Geld sollte in der Schule und in der weiteren Ausbildung thematisiert werden, sodass schon Kinder und Jugendliche sich dessen bewusst sind.
Mit dem Grunderbe sollen junge Menschen die Möglichkeit haben, mit gleicheren Chancen in das Leben zu starten und selbstbestimmt entscheiden zu können, welchen Weg sie in ihrem Leben gehen möchten. Viele junge Menschen müssen sich heute zwischen ihren Interessen in der Weiterbildung und einem Job, der ihnen die Lebensgrundlage sichert, entscheiden. Aber auch Bedürfnisse nach Mobilität, Flexibilität und Freiheit werden durch finanzielle Zwänge eingeschränkt. Mit einem Grunderbe können junge Menschen ihren Bildungsweg freier gestalten und ihr Potenzial bestmöglich gestalten. So kommen wir einem gerecht verteilten Zugang zu Bildung und Qualifikation näher.
Egal ob das gewünschte Studium mit höheren Beiträgen einhergeht oder man beispielsweise ein Auslandssemester zur Stärkung der eigenen Persönlichkeit und zum Ausbau von interkultureller Kompetenz wahrnehmen möchte, all das wird dank einem Grunderbe möglich genauso wie die Finanzierung einer Ausbildung oder des Meisters.
Neben Bildung und Weiterbildung kann das Grunderbe auch zur Bildung von Rücklagen und damit für die Schaffung von privater Absicherung genutzt werden. Wir lehnen eine Vermögenanhäufung durch Privatpersonen ab, sehen aber die Bildung von Rücklagen als legitimes Ziel an, um Abhängigkeiten von staatlichen Sozialstrukturen zu verhindern, um mehr Selbstbestimmung zu bewahren. Für Lebensphasen, in denen Personen weniger arbeiten wollen oder können, bieten Rücklagen Flexibilität und Planbarkeit. Zudem können Investitionen besser geplant und getätigt werden, wenn Rücklagen absichern können. Soziale Mobilität, selbstbestimmtes Leben und Abfedern von unplanbaren Umständen können so erleichtert werden.
Außerdem hilft das Grunderbe dabei, das Vermögen innerhalb unserer Gesellschaft umzuverteilen. Wie im ersten Teil gezeigt, besitzen wenige Menschen viel und viele besitzen wenig. Diese Kluft kann durch das Grunderbe verkleinert werden.
Hebt man die Erbschaftssteuer auf die größten Erbsummen an und besteuert auch den Übertrag von Immobilien und Unternehmen konsequent, so kann diese Umverteilung konsequent beschritten werden und die benötigte Summe für die Auszahlung eines Grunderbes von 60.000€ problemlos abgebildet werden.
Reform der Erbschaftssteuer – Wie wir das finanzieren wollen
Eine konsequente Erbschaftssteuer ist ein gutes Mittel um Umverteilung zu erreichen. Vermögen, die von einer Generation in die nächste übergehen, müssen progressiv versteuert werden. Durch das Geld, das durch eine reformierte Erbschaftsteuer eingenommen werden kann, wollen wir das Grunderbe finanzieren.
Gegen (hohe) Erbschaftssteuern werden immer wieder Argumente von verschiedenen Seiten ins Feld geführt. Die Erbschaftssteuer ist aber tatsächlich ein faires Instrument und die Besteuerung von Erbmasse aus Motiven der Gerechtigkeit und Solidarität unabdingbar.
Mittel der Umverteilung
Niemand, der Nettovermögen erbt, hat etwas dafür getan, außer Kind bzw. Enkelkind zu sein. Erbe basiert nur auf dem Glück der wohlhabenden Geburt, wovon man schon in seiner Kindheit durch (häufig) bessere Unterstützung im Bildungsweg, mehr Möglichkeiten in der Freizeitgestaltung und höheren Lebensstil profitiert hat.
Es sollte nicht einigen wenigen Person ein Vermögen in den Schoß fallen, das sie für den Rest ihres Lebens absichert und Lohnarbeit zur Nebensache macht, wohingegen diese für andere, die das Glück des Erbens nicht hatten, existentiell ist und eine Selbstabsicherung in den meisten Fällen trotz Anstrengungen nicht ermöglicht.
Erbe ist erwirtschaftet durch die Eltern, Großeltern, andere Verwandte oder Bekannte. Auch wenn sie dieses erwirtschaftete Nettovermögen bereits versteuert haben, die Empfänger*in hat für diese Zuwendung nichts getan, profitiert aber ebenso von den infrastrukturellen und staatlichen/gesellschaftlichen Voraussetzungen, die den Aufbau und die Weitergabe des Vermögens ermöglicht haben. Es ist deshalb nur gerecht, dass sie dem Staat und damit der Gesellschaft etwas zurückgibt und damit die Schaffung und den Erhalt von Infrastruktur und staatlichen Systemen unterstützt.
Dabei stehen nicht die Familien im besonderen Blickpunkt, die seit Generationen eine Immobilie vererben oder die, bei denen die Erblasser eine Immobilie erworben haben, auch im Gedanken daran, die eigenen Nachkommen zu unterstützen. Vielmehr sollen die Erbschaften in den Fokus genommen werden, die sich über massive Vermögenswerte, Immobilien und Unternehmensanteile erstrecken und die Erbenden für ihr gesamtes Leben versorgen. Besonders solche Erben werden aktuell kaum bzw. viel zu wenig von der Erbschaftssteuer tangiert. Denn gerade die, die ansonsten den radikalen Leistungsgedanken predigen, haben das System, das für mehr Chancengerechtigkeit und weniger Zufallsvermögen steht, korrumpiert und bremsen Maßnahmen aus.
Erbschaftssteuer ein zahnloser Tiger
Die aktuelle Erbschaftssteuer ist ein zahnloser Tiger, d.h. sie erzielt nicht die notwendigen Umverteilungsmaßnahmen und ist stattdessen höchst ungerecht, denn gerade die, die viel erben, zahlen wenig Steuern.
Die Erbschaftssteuer ist im Schnitt weitaus geringer als die auf geleistete Lohnarbeit. Berechnet man aus der Erbmasse an Nettovermögen aus 2021 (400 Milliarden Euro) und der tatsächlich eingenommenen Summe an Erbschaftssteuer (11 Milliarden Euro), so ergibt das, dass 2021 im Schnitt nur 2,7% Erbschaftssteuer gezahlt wurde. Das liegt zum einen daran, dass nur ein Bruchteil des tatsächlich vererbten Nettovermögens auch vom Finanzamt veranlagt wurde (118 Milliarden) und zum anderen daran, dass auch hier nur 9,4% Steuer im Schnitt bezahlt wurden.
Die Steuer ist also insgesamt zu niedrig und zu viele Freibeträge werden erst gar nicht besteuert. Dabei sind es Betriebsvermögen und großer Immobilienbesitz, die nicht adäquat besteuert werden. Das Szenario, dass Betriebe vererbt werden und im Anschluss die halbe Belegschaft entlassen müssen, ist nicht realistisch, stattdessen werden große Vermögen an der Steuer vorbei vererbt. Durch die Steuer auf Immobilien-Erbe ist aktuell mehr das Familienhaus als der Großgrundbesitz oder der vermietete Wohnblock betroffen.
neu denken – konsequent und gerecht
Die Erbschaftssteuer muss neu gedacht werden, um die höchsten Erbschaften, sowie die Erbschaften auf Unternehmensvermögen und Immobilien endlich konsequent zu besteuern.
Wir fordern als Hauptziel, die vererbten Betriebsvermögen endlich in den Blick zu nehmen.
Besonders Anteilseigner*innen bei Holdings oder an Aktiengesellschaften müssen im Falle eines Erbes deutlich stärker zur Kasse gebeten werden.
Aber auch mittelständische Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten. Die Erbschaftssteuer muss erhöht werden. Freibeträge sollen auch weiterhin gewährt werden, allerdings gemessen an der Größe der Unternehmen, insgesamt geringer als bisher und nur an Betriebe, die im Gegenzug ihre Betriebsstrukturen demokratisieren. So erhalten die Mitarbeiter*innen mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Teilhabe.
Erbschaftssteuer muss nicht auf einmal gezahlt werden. Wir fordern, dass die Erbschaftssteuer auf Betriebe über mindestens 10 Jahre bezahlt werden muss und dabei der Erfolg/Misserfolg der Unternehmen zu einer Erhöhung/Reduzierung der Steuersumme führt.
Als weitere wichtige Maßnahme fordern wir konsequente Besteuerung von Immobilieneigentum.
Die Besteuerung soll dabei an die Anzahl der Immobilien gekoppelt werden, sodass eine Immobilie, die selbst bewohnt wird, bis zu einer gewissen Größe zu verminderter Erbschaftssteuer und großzügigen Freibeträgen vererbt werden kann.
In besonderen Fällen wollen wir nachhaltige und langfristige Kreditmöglichkeiten (z. B. KfW-Kredite) ermöglichen. Im Gegenzug sollen diese günstigen staatlichen Kredite im Grundbuch gesichert werden. So soll der Staat oder die Kommune eine Möglichkeit zum preisgünstigen Erwerb erhalten, sollte der Kredit nicht zurückgezahlt werden können. Zusätzlich soll ein kommunales oder staatliches, preislimitiertes Vorkaufsrecht eingetragen werden, um Freibeträge und öffentliche Mittel abzusichern und auszugleichen, die zugunsten von Privateigentum gewährt werden.
Durch ausreichende Freibeträge beim selbstgenutzten Immobilieneigentum und einem Fokus auf die Gesamtanzahl der vererbten Wohneinheiten kann sichergestellt werden, dass nicht die Familien, die eine Immobilie weitergeben möchten, diese verkaufen müssen, sondern tatsächlich große Immobilienerbschaften vermehrt in den Blick genommen werden. Wir wollen mit diesen Regelungen eben nicht den Erhalt von Omas Einfamilienhäuschen erschweren, das einfach nur in der Familie bleiben soll. Dieses Argument wird in der aktuellen Debatte lediglich vorgeschoben um Reformen zu verhindern, die auf Multimillionär*innen abzielen.
Freibeträge bei der Erbschaftssteuer sollen künftig im Gegenzug an bezahlbare Mieten gekoppelt sein. Allerdings sollen Begünstigungen wie Freibeträge nur für den Erstwohnsitz gelten, wodurch die Erbschaftssteuer bei allen weiteren, nicht als Erstwohnsitz selbstgenutzten Immobilien-Erbschaften erhöht wird. Bei vermieteten Wohnungen ist ein Freibetrag nur dann denkbar, wenn im Gegenzug die Miete bezahlbar ist und bleibt und dies grundbuchlich gesichert wird.
Eine Regionalisierung der Freibeträge und Steuersätze widerspricht dem im Grundgesetz enthaltenen Grundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Wir erteilen diesen Vorschlag daher eine klare Absage. Eine Regionalisierung der Freibeträge und Steuersätze wie von der CSU gefordert würde dazu führen, dass in reichen Ländern wie Bayern ein niedrigerer Steuersatz gilt. Dies widerspricht jedoch dem Ansatz eines progressiven Steuermodells und dem Ziel, Reiche stärker in Anspruch zu nehmen.
Außerdem würde eine Regionalisierung Tür und Tor für weitere Steuervergünstigungen auch in den “ärmeren“ Bundesländern öffnen und die geforderte bundesweite Regelung aushöhlen.
Wir fordern, dass die monetären Vermögen stärker von der Erbschaftssteuer erfasst werden und diese Besteuerung progressiv erfolgen muss.
Zudem müssen Freibeträge auf die insgesamte Höhe des geerbten Nettovermögens im Leben der Person beschränkt werden. Dadurch sind Freibeträge bei Mehrfach-Erbschaften nur bis zu einer gewissen kumulierten Gesamtsumme möglich.
Vermögensumverteilung – weil der Start nicht der ganze Lauf ist
Im Laufe des Lebens kommt jede*r immer wieder in Situationen, in denen die Ungleichheit die Person direkt betrifft und einschränkt. Gegen viele Probleme, die das Grunderbe wirken kann, gibt es auch andere Lösungsansätze, die in Teilen schon bestehen und ausgebaut werden müssen oder die wir seit Jahren fordern. Das Grunderbe ersetzt weder BAFöG noch Rente, weder staatlichen Wohnungsbau, noch Kindergeld. Es dient nicht als Ausrede, um andere Forderungen fallen zu lassen, sondern muss eingepflegt werden in einen Katalog an Maßnahmen, mit Hilfe derer die massive Ungleichheit in Deutschland beendet werden kann. Nur mit einem engmaschigen Netz an Maßnahmen, die in vielen verschiedenen Lebensbereichen wirken, können wir Umverteilung erreichen und verhindern, dass die erwünschten Effekte des Grunderbes verpuffen.
Das Grunderbe allein ist nicht genug und reicht nicht aus, kann aber ein wichtiger Baustein sein. Wir bekräftigen deshalb bestehende Forderungen und Positionen der Jusos zu kostenloser Bildung, einer armutsfesten Grundsicherung insbesondere für junge Menschen und gute, existenzsichernde Löhne, die sozialen Aufstieg ermöglichen. Außerdem braucht es eine Sicherung von Einkommen im Alter durch gute Rente und einen respektvollen Staat, der bei Verlust der Arbeitsstelle fördert und respektvoll mit Erwerbslosen umgeht.
Bevor das Grunderbe zum 18. Geburtstag ausbezahlt wird, braucht es während der Kindheit Maßnahmen zur Chancengerechtigkeit. Bildung muss kostenlos sein, egal ob die Busfahrt zur Schule, das digitale Endgerät oder die Nachhilfestunde. Bildungschancen dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Es braucht zudem grundsichernde Maßnahmen, um zu Verhindern, dass Kinder in Armut aufwachsen. Dazu benötigt es eine echte Reform von Hartz 4 und mehr Unterstützung für Kinder aus Haushalten, die sie weniger unterstützen können.
Das Grunderbe ist eine Erleichterung zum Studien- oder Ausbildungsstart und kann auch zur finanziellen Begleitung genutzt werden. Es darf allerdings nicht zum Ersatz für BAFöG oder Mindestauszubildendenvergütung werden. Das BAföG muss angehoben und elternunabhängig ausbezahlt werden. Auszubildende müssen fair bezahlt werden und durch die Mindestauszubildenvergütung einen guten Lebensstandard während der Berufsausbildung, während der sie bereits wertvolle Arbeit leisten, erreichen können.
Im Arbeitsleben müssen für viele Arbeitnehmer*innen aus verschiedenen Branchen die Löhne erhöht werden. Es braucht einen Mindestlohn, der wirklich zum Leben ausreicht und mit der Inflation auch anwächst. Branchenmindestlöhne müssen angehoben werden, Grundversorgung muss in öffentliche Hand und der Staat als Arbeitgeber für z. B. Pflegekräfte bessere Löhne auszahlen.
Menschen, die ihren Job verlieren, müssen gefördert und nicht bestraft werden. Sie müssen bei der Bewältigung von Problemen und bei der Suche nach einer neuen Anstellung unterstützt und die Unterdrucksetzung beendet werden. Dazu braucht es ein echtes Bürger*innengeld, keine Umbenennung von Hartz IV.
Mit einer Vermögens- und Grundsteuerreform müssen diejenigen einen Anteil an die Allgemeinheit abgeben, die mehr als genug besitzen. In den meisten Fällen begründet sich ihr Vermögen aus Erbmassen oder der Ausnutzung der Arbeitskraft anderer Personen. Das Vermögen in Deutschland muss umverteilt werden, bzw. diejenigen, die unverhältnismäßiges Vermögen besitzen, müssen Teile davon abgeben, um öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge aufrechtzuerhalten. Die Verteilung von Grund und Boden muss grundlegend verändert werden. Große Immobilienkonzerne und Besitzer*innen zahlreicher Mietobjekte müssen enteignet werden, der Vermieter der allermeisten Wohnungen sollte der Staat sein. Grundstücke in kommunalem oder staatlichem Besitz werden nicht mehr veräußert. Die Nutzung kommunaler oder staatlicher Grundstücke z. B. für eigengenutzten Wohnraum soll nur noch im Rahmen von Erbbaurechtsverträgen erfolgen. Als Zukunftsvision sollte niemand mehr Wohneigentum besitzen.
Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, sich in seinem Arbeitsleben für die Rente abzusichern. Dafür braucht es ein stabiles Rentensystem, eine Grundrente, die zum Leben ausreicht und keine Anhebung des Renteneintrittsalters.
Es braucht in Deutschland eine massive Umverteilung und dafür weitreichende und umfangreiche Maßnahmen. Das Grunderbe muss eine davon sein, auf dem Weg zu einem gerechten Start in das Leben für alle Menschen, egal wer sie sind und aus welchen Verhältnissen sie kommen.
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|
abgelehnt | ÄW2-3 | 57 | Jusos Unterfranken | Z.57 Satz zu sozialer Mobilität streichen | |
abgelehnt | ÄW2-2 | 80 | Jusos Unterfranken | Z.80-82: Satz ab “als gefärdet“ streichen | |
abgelehnt | ÄW2-1 | 114 | Unterfranken | Z. 114 “weniger arbeiten wollen oder können” streiche “wollen oder” |