B5 Landeszentrale für politische Bildung stärken und ausbauen

Status:
geändert angenommen

Politische Bildung ist Staatsaufgabe! Aufbauend auf das Positionspapier der BayernSPD-Landtagsfraktion zur Winterklausur Irsee 2017 fordern wir deshalb, dass

 

  1. Die Haushaltsmittel der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildung nachhaltig aufgestockt werden, damit konkrete Projektförderung in wesentlich höherem Maße als bislang erfolgen kann.

 

  1. Die Landeszentrale personell so ausgestattet wird, dass sie selbst als überparteiliche Instanz selbst Veranstaltungen in und mit Schulen durchführen kann.

 

  1. Die Landeszentrale vermehrt didaktisch ausgerichtete Publikationen zur Bearbeitung aktueller gesellschaftspolitischer Themen anbietet.

 

4 .  Die Landeszentrale den Kreis der institutionell geförderten Einrichtungen, ohne Kürzungen  für bestehende Zuwendungsempfänger*innen, bei Bedarf erweitern kann.

Ziel einer Landeszentrale für politische Bildung muss es sein, politisches Verständnis zu fördern. Dabei geht es insbesondere darum, Demokratie und Grundwerte zu vermitteln, diese erlebbar zu machen und Menschen für politischen Partizipation zu begeistern. Gesellschaftliche Vielfalt, Toleranz, Geschlechtergerechtigkeit und Teilhabe müssen sich als roter Faden durch die Angebote der Landeszentrale für politische Bildung ziehen. Weiterer Baustein muss der Bereich Sensibilisierung und Aufklärung über identitäre Ausgrenzung, gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, Antiziganismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus sein. Die Landeszentrale für politische Bildung soll als Ort des kritischen Dialoges und der Diskussion fungieren.

Demokratische/politische Organisationen sollen darüber hinaus besser gefördert werden.

Begründung:

In § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit steht zu lesen: „Die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit hat die Aufgabe, auf überparteilicher Grundlage das Gedankengut der freiheitlich-demokratischen Staatsordnung im Bewusstsein der Bevölkerung zu fördern und zu festigen.“

 

Auf ihrer Homepage ist zu lesen, dass ihr vorrangiges Ziel ist, „einen Beitrag zur Toleranz- und Werteerziehung zu leisten, die demokratische Kompetenz zu stärken sowie das politische Bewusstsein zu fördern. Zur Tätigkeit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit zählen überdies die Darstellung und Aufbereitung wesentlicher geschichtlicher, gesellschaftlicher und politischer Zusammenhänge. Dabei stehen die politischen Ordnungen in Bayern, Deutschland und Europa im Fokus.“ Ihr Angebot richtet sich an alle Bürger*innen, besonders aber an junge Menschen.

 

Gerade in Zeiten, in denen die AfD in Bundes- und Landtage einzieht, Fake News und Hass um sich greifen, ist die Demokratiebildung  ein wichtiges Gut. Je mündiger und aufgeklärter die Bürger*innen in einer Gesellschaft sind, desto mehr Demokratie kann auch gelebt werden. Politische Bildung ist das Mittel, um aufgeklärte und mündige Bürger*innen zu erziehen. Prof. Lars Castellucci, Sprecher der AG Demokratie der SPD-Bundestagsfraktion, sagte auf einer Veranstaltung in Augsburg, Demokratie müsse wie Fahrradfahren gelernt und immer wieder durchgeführt werden, um sie nicht zu vergessen.

 

Grundsätzlich nimmt der Freistaat diese Aufgabe der Politischen Bildung nicht ernst genug. In der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg sind rund 95 hauptamtliche MitarbeiterInnen und Mitarbeiter – inkl. Auszubildende und Aushilfen – beschäftigt, was einem Umfang von rund 73 Vollzeitäquivalenten entspricht. In Bayern sind es rund 25 Mitarbeiter*innen.

 

Der Haushalt der Landeszentrale für Politische Bildung in Bayern beträgt 5,3 Millionen €, wobei 4,2 Millionen € für institutionelle Förderung den größten Anteil einehment. Die restlichen 1,1 Millionen € verteilen sich auf Publikationen, Medienarbeit, Förderung für Schüler*innen-Fahrten zu KZ-Gedenkstätten und Veranstaltungen.[1] In Baden-Württemberg sind es 10,1 Millionen Euro, davon werden 4,2 Millionen € für Personal und 4,0 Millionen € für die politische Bildung ausgegeben.[2]

 

Es ist allerdings festzuhalten, dass die Bayerische Landeszentrale – anders als ihre Pendants in anderen Bundesländern – kein Antragswesen für Projektförderung durch externe Träger der politischen Erwachsenenbildung vorsieht. Dies erklärt aber lediglich einen Teil der Diskrepanz zwischen der finanziellen Ausstattung der Bayerischen Landeszentrale (ca. 2,4 Mio. € im HH-Jahr 2016) etwa im Vergleich zur Landeszentrale Nordrhein-Westfalens (8,8 Mio. €).Selbst im Vergleich mit dem Freistaat Sachsen hinkt Bayern hinterher: So wurden dort 360.000 Euro für Veranstaltungen der Landeszentrale ausgegeben, in Bayern waren es 2016 lediglich 280.110 EUR.

 

Darüber hinaus erstellen andere Landeszentralen für politische Bildung bereits in langjähriger Tradition regelmäßig anspruchsvolle Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte, sowie didaktisch-methodisch aufbereitete Publikationsreihen für Politiklehrer*innen auf allerhöchstem Niveau. Diese werden in hoher Auflage meist kostenlos zur Verfügung gestellt Demgegenüber bietet die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit in Bayern mit ihrer immer noch einseitigen Ausrichtung auf historisch-politische Bildung und Gedenkstättenpädagogik bislang nur wenige didaktisch ausgerichtete Publikationen zur Bearbeitung aktueller gesellschaftspolitischer Themen an, was sich wiederum ungünstig auf den Politikunterricht in Bayern auswirkt.

 

Wie aus einer schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD) vom 14.09.2017 hervorgeht sieht die Landeszentrale eine Erweiterung der institutionellen Zuwendungsempfänger grundsätzlich nicht vor.[3] Sie begründet dies damit, dass sich der Kreis der institutionell geförderten Einrichtungen sich historisch entwickelt hat. Diese Einrichtungen, darunter etwa das Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben oder Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten, tragen seit langem zur politischen Bildungsarbeit und Demokratieerziehung bei und sollen in jedem Fall weiter in bestehendem Maße gefördert werden. Eine mögliche Erweiterung der Förderung auf andere Institutionen auszuschließen lehnen wir, angesichts der Herausforderungen unserer Zeit jedoch ab.

 

Besonders dramatisch wird der Unterschied zwischen Bayern und Baden-Württemberg bei den Veranstaltungen im Bereich politischer Bildung deutlich:

 

Mit ihren 1.199 Veranstaltungen (davon 76 % Eigenveranstaltungen) erreichte die Landeszentrale Baden-Württemberg in 2016 laut ihrem Geschäftsbericht 45.842 Menschen.

Darunter waren  580 Politische Tage[4] allein mit diesem Veranstaltungsformat 27.437 Schüler. Insgesamt fanden dort beispielsweise 314 Veranstaltungen an Gymnasien und 105 an Grundschulen statt.

 

In Bayern erreichten die Schülerseminare der Landeszentrale für Politische Bildung, wie „Lernort Staatsregierung“ (2015/16: 205 VA mit insg. 5.023 Schülerinnen und Schülern) oder Projekt „Flüchtlinge in Europa“ (bis November 2016: 1.300 Schülerinnen und Schüler) nur einen Bruchteil dessen. Dies kann nicht der Anspruch des Freistaates an politische Bildung sein.