INI4 Nein zum neuen PAG!

Status:
geändert angenommen

Das Polizeiaufgabengesetzt (kurz: PAG) regelt die Aufgaben und Befugnisse der bayerischen Polizei. So bestimmt das Gesetz, wann und wie Polizist*innen in Grundrechte Einzelner eingreifen können, z.B. bei Durchsuchungen, Platzverweisen oder dem Sammeln von Informationen.

„Traditionell sind wir Jahr für Jahr Spitzenreiter bei der Inneren Sicherheit!“, so wird in der aktuellen Kriminalstatistik mit der Polizeiarbeit der letzten Jahre in Bayern geworben. Die vor kurzem veröffentlichte Kriminalstatistik zeigt zum wiederholten Male auf, dass wir sowohl in den Großstädten als auch auf dem Land sehr sicher leben. Auch die Zehnjahresstatistik zeigt deutlich, dass wir sicherer als nie zuvor in Bayern leben und die Straftaten auf einem Tiefstwert sind. Auch die Behauptung, die gerne von Rechten benutzt wird, dass die Ausländerkriminalität gestiegen sei, konnte durch die Statistiken widerlegt werden. Der vielfach zitierte Kriminalitätsanstieg 2015/2016 ist auf Verstöße nach dem Aufenthaltsgesetz, Asylgesetz und Freizügigkeitsgesetz der EU zurückzuführen.

Dennoch fährt die CSU-Landesregierung populistisch eine nicht hinnehmbare Sicherheitspolitik auf und möchte das PAG drastisch verschärfen. Dies ist ein Angriff auf Grundfreiheiten und die freiheitliche Grundordnung unseres Staatswesens! Das wäre laut renommierten Strafrechtler*innen das härteste Polizeigesetz in Deutschland seit 1945.
Die neuen Befugnisse sollen nicht nur dann, wenn es um die Abwehr terroristischer Bedrohungen geht, genutzt werden können, sondern auch in der alltäglichen Polizeiarbeit.
So will die Staatsregierung mit dem neuen Gesetz die Schwelle für polizeiliche Maßnahmen deutlich absenken und Eingriffe bereits bei drohenden Gefahren, also noch bevor sich eine Gefahrensituation konkretisiert hat, ermöglichen. Unter dem Vorwand „Gefahr in Verzug“ darf dies auch ohne richterliche Genehmigung erfolgen. Es erleichtert das Racing-Profiling bei ohnehin schon durch Stigmatisierung benachteiligten Personen, die im Fokus von polizeilichen Ermittlungen stehen könnten.

Bereits im August 2017 ist es mit dem sogenannten „Gefährdergesetz“ ermöglicht worden, statt bisher 14 Tage, nun drei Monate in Präventivhaft genommen zu werden. Nach spätestens drei Monaten muss ein*e Richter*in darüber entscheiden, ob diese um weitere drei Monate verlängert wird, wobei es keine maximale Anzahl an Verlängerungen gibt und somit eine theoretische „Unendlichkeitshaft“ ohne Anklage möglich ist.

Zudem sollen Gesichts- und Verhaltenserkennung generell bei Demonstrationen eingesetzt werden, auch wenn diese offensichtlich friedlich ablaufen. Auch im alltäglichen Leben sollen DNA-Analysen als erkennungsdienstliche Maßnahme zur Feststellung der Augen-, Haar- und Hautfarbe, des biologischen Alters und der biogeographischen Herkunft der*s Spurenverursachers*in ermöglicht werden. Drohnen können nun viel leichter zum Einsatz kommen, um heimlich Menschen abhören und ausspionieren zu können. Die Grenze zu geheimdienstlichen Aufgaben wird bewusst aufgelöst. Dies sieht man auch zur neuen Regelung zur leichteren Einsetzung von V-Personen. Diese können so zum Beispiel ohne richterliche Kontrolle eingeschleust werden.

In der digitalen Welt, die immer mehr zum Mittelpunkt sozialer und beruflicher Kontakte wird, werden die Befugnisse ebenfalls drastisch ausgeweitet, wie zum Beispiel bei der Überwachung der Handys und E-Mails. Clouds können durchsucht und Daten verändert werden. Durch den sogenannten Staatstrojaner sind diese auch befugt, Kommunikationsdaten zu speichern und zu manipulieren.

Statt durch populistische Verschärfungen das subjektive Angstgefühl der Bevölkerung zu schüren und Polizist*innen aus ihren Inspektoren durch nicht Zusatzarbeiten bei Großveranstaltungen und Grenzkontrollen zu überlasten, sollte die Staatsregierung die Aufstockung der Polizeiarbeit vor Ort für präventive Arbeit forcieren.

Wir Jusos Bayern gehen bereits gegen die im August stattgefundenen Änderungen mit einer Popularklage vor. Ferner schmieden wir Bündnisse, um gegen die neuerlichen Änderungen
des PAG auf die Straße zu gehen. Dies zählt zu unserem Selbstverständnis und wir werden auch bei weiteren Versuchen gesellschaftliche Freiheiten einzuschränken nicht ruhen.
Die BayernSPD-Landtagsfraktion wird aufgefordert, jegliche Verschärfungen des PAG, insbesondere die vorliegende Fassung vom 30.01.2018 (Drs. 17/200425) und die Gesetzesänderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 20.02.2018 (Drs. 17/20763), abzulehnen.

Sollten die Gesetze dennoch in Kraft treten, wird sie zusammen mit der BayernSPD Popularklagen beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof oder Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht erheben.

Ferner setzt sich die BayernSPD für einen Personalschlüssel, der sich an dem reellen Bedarf vor Ort orientiert, und an einer langfristigen Strategie zur Einstellung und Ausbildung der Polizist*innen ein.

Text des Beschlusses:

Das Polizeiaufgabengesetzt (kurz: PAG) regelt die Aufgaben und Befugnisse der bayerischen Polizei. So bestimmt das Gesetz, wann und wie Polizist*innen in Grundrechte Einzelner eingreifen können, z.B. bei Durchsuchungen, Platzverweisen oder dem Sammeln von Informationen.

„Traditionell sind wir Jahr für Jahr Spitzenreiter bei der Inneren Sicherheit!“, so wird in der aktuellen Kriminalstatistik mit der Polizeiarbeit der letzten Jahre in Bayern geworben. Die vor kurzem veröffentlichte Kriminalstatistik zeigt zum wiederholten Male auf, dass wir sowohl in den Großstädten als auch auf dem Land sehr sicher leben. Auch die Zehnjahresstatistik zeigt deutlich, dass wir sicherer als nie zuvor in Bayern leben und die Straftaten auf einem Tiefstwert sind. Auch die Behauptung, die gerne von Rechten benutzt wird, dass die Ausländerkriminalität gestiegen sei, konnte durch die Statistiken widerlegt werden. Der vielfach zitierte Kriminalitätsanstieg 2015/2016 ist auf Verstöße nach dem Aufenthaltsgesetz, Asylgesetz und Freizügigkeitsgesetz der EU zurückzuführen.

Dennoch will die CSU am 15.Mai 2018 im Bayerischen Landtag das in Deutschland härteste Polizeiaufgabengesetz (PAG) seit 1945 in zweiter Lesung verabschieden. Noch vor der Landtagswahl soll das Gesetz in Kraft treten.

Bereits die Art und Weise, wie die CSU das geplante Gesetz durch den Landtag bringen möchte ist äußerst intransparent und bedenklich. Obwohl eine Mehrheit für das Gesetz durch die CSU-Fraktion praktisch sicher ist, wird konsequent versucht eine öffentliche Debatte über das Gesetz zu behindern. Gerade die CSU, die sich bei innenpolitischen Themen sonst für keine Inszenierung zu schade ist, veröffentlichte bisher zu dem Thema lediglich eine Pressemitteilung. In einem der entsprechenden Ausschüsse im bayerischen Landtag wurden zu dem komplexen, 200 Seitigen Antrag lediglich zweieinhalb Stunden Expert*innen angehört.

Die CSU scheut Debatte, doch gerade mit Blick auf den Inhalt des Gesetzes wird deutlich, dass die politische Opposition aber auch die Zivilgesellschaft diesen Gesetzesentwurf verhindern muss. In vielerlei Hinsicht bedrohen die geplanten Befugnisse nicht nur unsere Bürger*innenrechte, sondern unterhöhlen auch fundamentale Prinzipien unseres Rechtsstaats.

Die neuen Befugnisse sollen nicht nur dann, wenn es um die Abwehr terroristischer Bedrohungen geht, genutzt werden können, sondern auch in der alltäglichen Polizeiarbeit.
So will die Staatsregierung mit dem neuen Gesetz die Schwelle für weitere polizeiliche Maßnahmen deutlich absenken und Eingriffe bereits bei drohenden Gefahren, also noch bevor sich eine Gefahrensituation konkretisiert hat, ermöglichen. Unter dem Vorwand „Gefahr in Verzug“ darf dies auch ohne richterliche Genehmigung erfolgen. Es erleichtert das Racing-Profiling bei ohnehin schon durch Stigmatisierung benachteiligten Personen, die im Fokus von polizeilichen Ermittlungen stehen könnten.

Bereits im August 2017 ist es mit dem sogenannten „Gefährdergesetz“ ermöglicht worden, statt bisher 14 Tage, nun drei Monate in Präventivhaft genommen zu werden. Nach spätestens drei Monaten muss ein*e Richter*in darüber entscheiden, ob diese um weitere drei Monate verlängert wird, wobei es keine maximale Anzahl an Verlängerungen gibt und somit eine theoretische „Unendlichkeitshaft“ ohne Anklage möglich ist.

Zudem sollen Gesichts- und Verhaltenserkennung generell bei Demonstrationen eingesetzt werden, auch wenn diese offensichtlich friedlich ablaufen. Auch im alltäglichen Leben sollen DNA-Analysen als erkennungsdienstliche Maßnahme zur Feststellung der Augen-, Haar- und Hautfarbe, des biologischen Alters und der biogeographischen Herkunft der*s Spurenverursachers*in ermöglicht werden. Drohnen können nun viel leichter zum Einsatz kommen, um heimlich Menschen abhören und ausspionieren zu können. Die Grenze zu geheimdienstlichen Aufgaben wird bewusst aufgelöst. Dies sieht man auch zur neuen Regelung zur leichteren Einsetzung von V-Personen. Diese können so zum Beispiel ohne richterliche Kontrolle eingeschleust werden.

In der digitalen Welt, die immer mehr zum Mittelpunkt sozialer und beruflicher Kontakte wird, werden die Befugnisse ebenfalls drastisch ausgeweitet, wie zum Beispiel bei der Überwachung der Handys und E-Mails. Clouds können durchsucht und Daten verändert werden. Durch den sogenannten Staatstrojaner sind diese auch befugt, Kommunikationsdaten zu speichern und zu manipulieren.

Nach Befassung mit dem Gesetzesentwurf wird klar: Der CSU geht es hierbei keineswegs um die Erhöhung der Sicherheit im Freistaat. Viel mehr ist es der Versuch, auf schnelle und unauffällige Weise massive Eingriffe in das Privatleben und die Rechte der Bürger* innen zu ermöglichen. Angesichts der Vorstellung, was derartige Befugnisse erst in den falschen Händen ermöglichen würden wirkt die Stellungnahme der CSU, Ziel des Gesetzesentwurfs sei die „Stärkung der Bürgerrechte“, wie ein zynischer Witz. Es ist zu befürchten, dass Bundesinnenminister Seehofer in Zukunft ähnliche Gesetzesvorhaben auch auf Bundesebene planen wird.

Statt durch populistische Verschärfungen das subjektive Angstgefühl der Bevölkerung zu schüren und Polizist*innen aus ihren Inspektoren durch nicht Zusatzarbeiten bei Großveranstaltungen und Grenzkontrollen zu überlasten, sollte die Staatsregierung die Aufstockung der Polizeiarbeit vor Ort für präventive Arbeit forcieren.

Wir Jusos Bayern gehen bereits gegen die im August stattgefundenen Änderungen mit einer Popularklage vor. Ferner schmieden wir Bündnisse, um gegen die neuerlichen Änderungen
des PAG auf die Straße zu gehen. Dies zählt zu unserem Selbstverständnis und wir werden auch bei weiteren Versuchen gesellschaftliche Freiheiten einzuschränken nicht ruhen.
Die BayernSPD-Landtagsfraktion wird aufgefordert, jegliche Verschärfungen des PAG, insbesondere die vorliegende Fassung vom 30.01.2018 (Drs. 17/200425) und die Gesetzesänderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 20.02.2018 (Drs. 17/20763), abzulehnen.

Sollten die Gesetze dennoch in Kraft treten, wird sie zusammen mit der BayernSPD Popularklagen beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof oder Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht erheben.

Ferner setzt sich die BayernSPD für einen Personalschlüssel, der sich an dem reellen Bedarf vor Ort orientiert, und an einer langfristigen Strategie zur Einstellung und Ausbildung der Polizist*innen ein.

Beschluss-PDF: