Bei der Entwicklung und Nutzung von Algorithmen müssen Unternehmen diese so konzipieren, dass immer auch zufällige Vorschläge und somit auch abweichende und konträre Meinungen und Produkte als weitere Vorschläge angeboten werden, um so dem Entstehen von „Meinungs-Bubbles“ entgegenzuwirken und den Wahrnehmungshorizont geöffnet zu lassen.
Archive
W2 Grunderbe - weil alle erben sollten, was heute wenigen gehört
16.03.2023Deutschland ist ein Ungleichland
In Deutschland ist das Vermögen sehr ungleich verteilt. Wenige besitzen sehr viel und große Teile der Bevölkerung leben an der Armutsgrenze. Wir wollen diese Schere zwischen arm und reich aufbrechen. Dabei muss ganz klar eine Umverteilung von den oberen 10% zu den unteren 90% erfolgen. Wir erkennen auch an, dass ostdeutsche Bundesländer von dieser Ungleichheit noch stärker betroffen sind und auch in dieser Richtung eine Umverteilung von West nach Ost stattfinden muss.
Das Ziel muss es sein, gerechtere Startbedingungen für alle Menschen zu schaffen und nicht nur wenigen die besten Chancen auf Bildung, Teilhabe, Mobilität und Mitbestimmung zu gönnen.
Das Grunderbe sehen wir als eine Maßnahme an, um der Ungleichverteilung entgegenzuwirken. Trotzdem möchten wir langfristig den demokratischen Sozialismus erreichen und kämpfen auch weiter für eine wirklich kostenlose Bildung, gerechtere Löhne, den kostenlosen ÖPNV, eine faire Rente und das Ende des Kapitalismus.
Dieser Antrag adressiert nicht die Frage, welche Rolle Vermögen in einer sozialistischen Gesellschaft spielt. Er bezieht sich aus einer reformistischen Sicht auf die konkrete Situation im Hier und Jetzt, in der gesellschaftliche Teilhabe sehr eng mit Vermögen zusammenhängt. Die Förderung von Vermögen für diejenigen, die aktuell vermögenslos sind, trägt dabei jedoch zu einer Egalisierung von Vermögen bei, dieser Effekt ist explizit erwünscht und beabsichtigt.
Vermögensungleichheit- warum sich etwas ändern muss
Vermögen ist in Deutschland enorm ungleich verteilt. Einige wenige kontrollieren den Großteil des Nettovermögens, sei es monetäres Vermögen, Immobilien oder Unternehmensanteile. Das reichste Prozent der Bevölkerung vereint rund 35% des gesamten gesellschaftlichen Vermögens, lediglich 10% der Bevölkerung kontrollieren über zwei Drittel des Vermögens.
73% der Millionär*innen sind Selbstständige, kaum abhängig Beschäftigte und nur wenige Angestellte, davon fast alle aus leitenden Positionen. Beschäftigte haben kaum eine Möglichkeit, allein durch ihren Lohn Rücklagen aufzubauen oder gar Immobilien zu erwerben.
Wohneigentum ist in Deutschland extrem ungleich verteilt: Unter den 10% der Haushalte mit dem höchsten Nettovermögen verfügen 92% über vermietete Immobilien, die 20% mit dem niedrigsten Nettovermögen besitzen nur 2 %. Dabei sind mehr als 70% der vermieteten Immobilien in der Hand der 10% reichsten Haushalte. Die Wohneigentumsquote ist in keinem anderen EU-Land so niedrig wie in Deutschland. Nur 42% der Personen besitzen die Immobilie, die sie bewohnen, in Ostdeutschland sogar nur 37%. 1,3% der Deutschen besitzen hingegen Mietwohnungen, die sie in den meisten Fällen geerbt oder durch eine Erbschaft finanzieren konnten.
Das Vermögen in Deutschland ist nicht nur ungleich verteilt, sondern auch den patriarchalen, rassistischen und Ostdeutschland benachteiligten Strukturen folgend, die unsere Gesellschaft bis heute prägen. Die meisten Personen, die über ein Nettovermögen mit Wert von durchschnittlich ca. 3 Millionen Euro verfügen, sind männlich, haben keinen Migrationshintergrund und kommen aus Westdeutschland. Nur 6% der Millionär*innen kommen aus Ostdeutschland, 14% haben einen Migrationshintergrund und 31% sind Frauen.
Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft hat mitunter einen entscheidenden Grund: Vererbung ist der einfachste Weg ein Vermögen anzuhäufen. 400 Milliarden Euro werden (nach Berechnungen) jährlich in Deutschland vererbt oder verschenkt. Vererbung ist daher Ursache der Ungleichheit, zementiert diese und verschärft sie immer weiter.
Wer das Glück hatte, in eine reiche Familie geboren worden zu sein, die das Glück hatte, über Dekaden von keiner Krise betroffen gewesen zu sein, muss sich um die eigene wirtschaftliche Zukunft keine Gedanken machen.
Die Ungleichverteilung des Erbe hängt dabei immer mit wiederkehrenden gesellschaftlichen Problemen zusammen. Unsere Gesellschaft ist geprägt von patriarchalen und rassistischen Strukturen, die sich über die vergangenen Jahrzehnten bis heute konstant halten. Männer erben häufiger als Frauen, weil besonders große Vermögen oder Unternehmen oft an Söhne statt Töchter vererbt werden. Nur Familien, die keinen historischen Bruch, durch Flucht oder Vertreibung, und keine systemische und gesellschaftliche Benachteiligung erfahren haben, können vererben. Und auch die Wiedervereinigung und der wirtschaftliche Profit einiger wenige, zumeist Westdeutscher, auf die Kosten vieler Ostdeutscher haben Ungleichheiten verursacht, die bis heute nicht beseitigt werden konnten.
Einige Wenige kommen bereits abgesichert auf die Welt, müssen sich nie um ihren Lebensunterhalt sorgen, sondern können mit einem Erbe über Immobilien, Vermögenswerte oder Unternehmensanteile rechnen. Dabei verdienen sie anschließend vom Grundbedürfnis Wohnen anderer Menschen und von deren Arbeitskraft, um ihr Vermögen weiter auszubauen.
Anderen hingegen bleiben Aufstiegschancen verwehrt. Die soziale Mobilität der Gesellschaft wird durch die Vermögensanhäufung einiger weniger massiv eingeschränkt. Sich durch Erwerbsarbeit über das Verdienst des Lebensunterhalts hinaus Rücklagen aufzubauen wird immer schwieriger, für weite Teile der Gesellschaft unmöglich.
Der Start in das selbstständige Leben ist der Punkt der größten Ungerechtigkeit. Die einen müssen sofort auf eigenen Füßen stehen, die anderen schweben über den Dingen. Vermögensvorteile zu Beginn des Lebens sind für die meisten nicht aufzuholen, erst recht nicht durch Lohnarbeit.
Für Berufsausbildung, Weiterbildung und selbstbestimmtes Leben bedeutet die Frage des Erbes einen großen Unterschied: Die einen können studieren, was sie wollen, Bildungsabschlüsse anhäufen bzw. ausbauen und sich dauerhaft weiterbilden. Die anderen müssen auf den schnellstmöglichen Abschluss setzen, möglichst schnell Geld verdienen und haben dabei weniger Chancen auf gute und gut bezahlte Arbeit.
Auch im Bezug auf den Aufbau von persönlichen Sicherungssystemen ist das Erbe ein enormer Vorsprung: Die einen besitzen seit ihrer Geburt Rücklagen und können problemlos weitere aufbauen, die anderen leben von ihrer Arbeit und können keine Mechanismen schaffen, die sie in schwierigen Zeiten auffangen. Vermögen reproduziert sich: Während die einen noch arbeiten und für die Miete bezahlen müssen, können andere, die eine Wohnung geerbt haben, das Geld zur Seite legen und den Gewinn reinvestieren.
Oft wird großes Vermögen verteidigt mit der Argumentation, dass es ja auch irgendwann erarbeitet wurde und den Menschen daher zusteht. Bei vielen Unternehmen – darunter beispielsweise BMW – ist das Vermögen mitunter auch ein Ergebnis von Ausbeutung. Viele große Industrieunternehmen haben in der NS-Zeit Zwangsarbeiter*innen beschäftigt und damit unrechtmäßige Vermögenswerte angehäuft.
Die Ungleichheit, die Erbschaften in der heutigen Form auslöst, können wir als sozialistischer Verband nicht tolerieren oder gar gutheißen. Eine Gesellschaft durch das Glück der vermögenden Geburt in vermögend und weniger privilegiert zu unterteilen, widerstrebt jedem Gedanken der Chancengerechtigkeit und den Zielen des demokratischen Sozialismus. Es gefährdet den sozialen Frieden und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und führt zu großen Spannungen in der Gesellschaft einerseits und zu großer Unzufriedenheit und Belastung Einzelner andererseits.
Grunderbe – ein guter Start in das selbstbestimmte Leben
Um den Start in das Erwachsenenleben für alle jungen Menschen möglichst chancengerecht zu gestalten, fordern wir die Einführung eines Grunderbes.
Jeder Person, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt oder eine gewisse Mindestzahl an Jahren in Deutschland gelebt hat bekommt zu ihrem 18. Geburtstag den Fixbetrag von 60.000€ ausbezahlt. Der Betrag soll an die Inflation angepasst werden. Das bedeutet: Sinkt der Geldwert, steigt auch der Betrag des Grunderbes an.
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung fordert ein Grunderbe in Höhe von 20.000€ und möchte auch die Auszahlung an bestimmte Zwecke knüpfen. Doch Studien zeigen, dass man nur durch ein höheres Grunderbe merkliche Unterschiede in der Umverteilung wahrnimmt und erst ab diesem Betrag auch langfristige wirtschaftliche Reaktionen erkennbar sind.
Wir fordern ein Grunderbe in Höhe von 60.000€, über das junge Erwachsene selbst entscheiden dürfen, wann und für was sie es ausgeben wollen.
Wir müssen jungen Menschen zutrauen, ihre eigenen Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen und dürfen ihnen nicht ihre Entscheidungsfähigkeit absprechen. Der Umgang mit Geld sollte in der Schule und in der weiteren Ausbildung thematisiert werden, sodass schon Kinder und Jugendliche sich dessen bewusst sind.
Mit dem Grunderbe sollen junge Menschen die Möglichkeit haben, mit gleicheren Chancen in das Leben zu starten und selbstbestimmt entscheiden zu können, welchen Weg sie in ihrem Leben gehen möchten. Viele junge Menschen müssen sich heute zwischen ihren Interessen in der Weiterbildung und einem Job, der ihnen die Lebensgrundlage sichert, entscheiden. Aber auch Bedürfnisse nach Mobilität, Flexibilität und Freiheit werden durch finanzielle Zwänge eingeschränkt. Mit einem Grunderbe können junge Menschen ihren Bildungsweg freier gestalten und ihr Potenzial bestmöglich gestalten. So kommen wir einem gerecht verteilten Zugang zu Bildung und Qualifikation näher.
Egal ob das gewünschte Studium mit höheren Beiträgen einhergeht oder man beispielsweise ein Auslandssemester zur Stärkung der eigenen Persönlichkeit und zum Ausbau von interkultureller Kompetenz wahrnehmen möchte, all das wird dank einem Grunderbe möglich genauso wie die Finanzierung einer Ausbildung oder des Meisters.
Neben Bildung und Weiterbildung kann das Grunderbe auch zur Bildung von Rücklagen und damit für die Schaffung von privater Absicherung genutzt werden. Wir lehnen eine Vermögenanhäufung durch Privatpersonen ab, sehen aber die Bildung von Rücklagen als legitimes Ziel an, um Abhängigkeiten von staatlichen Sozialstrukturen zu verhindern, um mehr Selbstbestimmung zu bewahren. Für Lebensphasen, in denen Personen weniger arbeiten wollen oder können, bieten Rücklagen Flexibilität und Planbarkeit. Zudem können Investitionen besser geplant und getätigt werden, wenn Rücklagen absichern können. Soziale Mobilität, selbstbestimmtes Leben und Abfedern von unplanbaren Umständen können so erleichtert werden.
Außerdem hilft das Grunderbe dabei, das Vermögen innerhalb unserer Gesellschaft umzuverteilen. Wie im ersten Teil gezeigt, besitzen wenige Menschen viel und viele besitzen wenig. Diese Kluft kann durch das Grunderbe verkleinert werden.
Hebt man die Erbschaftssteuer auf die größten Erbsummen an und besteuert auch den Übertrag von Immobilien und Unternehmen konsequent, so kann diese Umverteilung konsequent beschritten werden und die benötigte Summe für die Auszahlung eines Grunderbes von 60.000€ problemlos abgebildet werden.
Reform der Erbschaftssteuer – Wie wir das finanzieren wollen
Eine konsequente Erbschaftssteuer ist ein gutes Mittel um Umverteilung zu erreichen. Vermögen, die von einer Generation in die nächste übergehen, müssen progressiv versteuert werden. Durch das Geld, das durch eine reformierte Erbschaftsteuer eingenommen werden kann, wollen wir das Grunderbe finanzieren.
Gegen (hohe) Erbschaftssteuern werden immer wieder Argumente von verschiedenen Seiten ins Feld geführt. Die Erbschaftssteuer ist aber tatsächlich ein faires Instrument und die Besteuerung von Erbmasse aus Motiven der Gerechtigkeit und Solidarität unabdingbar.
Mittel der Umverteilung
Niemand, der Nettovermögen erbt, hat etwas dafür getan, außer Kind bzw. Enkelkind zu sein. Erbe basiert nur auf dem Glück der wohlhabenden Geburt, wovon man schon in seiner Kindheit durch (häufig) bessere Unterstützung im Bildungsweg, mehr Möglichkeiten in der Freizeitgestaltung und höheren Lebensstil profitiert hat.
Es sollte nicht einigen wenigen Person ein Vermögen in den Schoß fallen, das sie für den Rest ihres Lebens absichert und Lohnarbeit zur Nebensache macht, wohingegen diese für andere, die das Glück des Erbens nicht hatten, existentiell ist und eine Selbstabsicherung in den meisten Fällen trotz Anstrengungen nicht ermöglicht.
Erbe ist erwirtschaftet durch die Eltern, Großeltern, andere Verwandte oder Bekannte. Auch wenn sie dieses erwirtschaftete Nettovermögen bereits versteuert haben, die Empfänger*in hat für diese Zuwendung nichts getan, profitiert aber ebenso von den infrastrukturellen und staatlichen/gesellschaftlichen Voraussetzungen, die den Aufbau und die Weitergabe des Vermögens ermöglicht haben. Es ist deshalb nur gerecht, dass sie dem Staat und damit der Gesellschaft etwas zurückgibt und damit die Schaffung und den Erhalt von Infrastruktur und staatlichen Systemen unterstützt.
Dabei stehen nicht die Familien im besonderen Blickpunkt, die seit Generationen eine Immobilie vererben oder die, bei denen die Erblasser eine Immobilie erworben haben, auch im Gedanken daran, die eigenen Nachkommen zu unterstützen. Vielmehr sollen die Erbschaften in den Fokus genommen werden, die sich über massive Vermögenswerte, Immobilien und Unternehmensanteile erstrecken und die Erbenden für ihr gesamtes Leben versorgen. Besonders solche Erben werden aktuell kaum bzw. viel zu wenig von der Erbschaftssteuer tangiert. Denn gerade die, die ansonsten den radikalen Leistungsgedanken predigen, haben das System, das für mehr Chancengerechtigkeit und weniger Zufallsvermögen steht, korrumpiert und bremsen Maßnahmen aus.
Erbschaftssteuer ein zahnloser Tiger
Die aktuelle Erbschaftssteuer ist ein zahnloser Tiger, d.h. sie erzielt nicht die notwendigen Umverteilungsmaßnahmen und ist stattdessen höchst ungerecht, denn gerade die, die viel erben, zahlen wenig Steuern.
Die Erbschaftssteuer ist im Schnitt weitaus geringer als die auf geleistete Lohnarbeit. Berechnet man aus der Erbmasse an Nettovermögen aus 2021 (400 Milliarden Euro) und der tatsächlich eingenommenen Summe an Erbschaftssteuer (11 Milliarden Euro), so ergibt das, dass 2021 im Schnitt nur 2,7% Erbschaftssteuer gezahlt wurde. Das liegt zum einen daran, dass nur ein Bruchteil des tatsächlich vererbten Nettovermögens auch vom Finanzamt veranlagt wurde (118 Milliarden) und zum anderen daran, dass auch hier nur 9,4% Steuer im Schnitt bezahlt wurden.
Die Steuer ist also insgesamt zu niedrig und zu viele Freibeträge werden erst gar nicht besteuert. Dabei sind es Betriebsvermögen und großer Immobilienbesitz, die nicht adäquat besteuert werden. Das Szenario, dass Betriebe vererbt werden und im Anschluss die halbe Belegschaft entlassen müssen, ist nicht realistisch, stattdessen werden große Vermögen an der Steuer vorbei vererbt. Durch die Steuer auf Immobilien-Erbe ist aktuell mehr das Familienhaus als der Großgrundbesitz oder der vermietete Wohnblock betroffen.
neu denken – konsequent und gerecht
Die Erbschaftssteuer muss neu gedacht werden, um die höchsten Erbschaften, sowie die Erbschaften auf Unternehmensvermögen und Immobilien endlich konsequent zu besteuern.
Wir fordern als Hauptziel, die vererbten Betriebsvermögen endlich in den Blick zu nehmen.
Besonders Anteilseigner*innen bei Holdings oder an Aktiengesellschaften müssen im Falle eines Erbes deutlich stärker zur Kasse gebeten werden.
Aber auch mittelständische Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten. Die Erbschaftssteuer muss erhöht werden. Freibeträge sollen auch weiterhin gewährt werden, allerdings gemessen an der Größe der Unternehmen, insgesamt geringer als bisher und nur an Betriebe, die im Gegenzug ihre Betriebsstrukturen demokratisieren. So erhalten die Mitarbeiter*innen mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Teilhabe.
Erbschaftssteuer muss nicht auf einmal gezahlt werden. Wir fordern, dass die Erbschaftssteuer auf Betriebe über mindestens 10 Jahre bezahlt werden muss und dabei der Erfolg/Misserfolg der Unternehmen zu einer Erhöhung/Reduzierung der Steuersumme führt.
Als weitere wichtige Maßnahme fordern wir konsequente Besteuerung von Immobilieneigentum.
Die Besteuerung soll dabei an die Anzahl der Immobilien gekoppelt werden, sodass eine Immobilie, die selbst bewohnt wird, bis zu einer gewissen Größe zu verminderter Erbschaftssteuer und großzügigen Freibeträgen vererbt werden kann.
In besonderen Fällen wollen wir nachhaltige und langfristige Kreditmöglichkeiten (z. B. KfW-Kredite) ermöglichen. Im Gegenzug sollen diese günstigen staatlichen Kredite im Grundbuch gesichert werden. So soll der Staat oder die Kommune eine Möglichkeit zum preisgünstigen Erwerb erhalten, sollte der Kredit nicht zurückgezahlt werden können. Zusätzlich soll ein kommunales oder staatliches, preislimitiertes Vorkaufsrecht eingetragen werden, um Freibeträge und öffentliche Mittel abzusichern und auszugleichen, die zugunsten von Privateigentum gewährt werden.
Durch ausreichende Freibeträge beim selbstgenutzten Immobilieneigentum und einem Fokus auf die Gesamtanzahl der vererbten Wohneinheiten kann sichergestellt werden, dass nicht die Familien, die eine Immobilie weitergeben möchten, diese verkaufen müssen, sondern tatsächlich große Immobilienerbschaften vermehrt in den Blick genommen werden. Wir wollen mit diesen Regelungen eben nicht den Erhalt von Omas Einfamilienhäuschen erschweren, das einfach nur in der Familie bleiben soll. Dieses Argument wird in der aktuellen Debatte lediglich vorgeschoben um Reformen zu verhindern, die auf Multimillionär*innen abzielen.
Freibeträge bei der Erbschaftssteuer sollen künftig im Gegenzug an bezahlbare Mieten gekoppelt sein. Allerdings sollen Begünstigungen wie Freibeträge nur für den Erstwohnsitz gelten, wodurch die Erbschaftssteuer bei allen weiteren, nicht als Erstwohnsitz selbstgenutzten Immobilien-Erbschaften erhöht wird. Bei vermieteten Wohnungen ist ein Freibetrag nur dann denkbar, wenn im Gegenzug die Miete bezahlbar ist und bleibt und dies grundbuchlich gesichert wird.
Eine Regionalisierung der Freibeträge und Steuersätze widerspricht dem im Grundgesetz enthaltenen Grundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Wir erteilen diesen Vorschlag daher eine klare Absage. Eine Regionalisierung der Freibeträge und Steuersätze wie von der CSU gefordert würde dazu führen, dass in reichen Ländern wie Bayern ein niedrigerer Steuersatz gilt. Dies widerspricht jedoch dem Ansatz eines progressiven Steuermodells und dem Ziel, Reiche stärker in Anspruch zu nehmen.
Außerdem würde eine Regionalisierung Tür und Tor für weitere Steuervergünstigungen auch in den “ärmeren“ Bundesländern öffnen und die geforderte bundesweite Regelung aushöhlen.
Wir fordern, dass die monetären Vermögen stärker von der Erbschaftssteuer erfasst werden und diese Besteuerung progressiv erfolgen muss.
Zudem müssen Freibeträge auf die insgesamte Höhe des geerbten Nettovermögens im Leben der Person beschränkt werden. Dadurch sind Freibeträge bei Mehrfach-Erbschaften nur bis zu einer gewissen kumulierten Gesamtsumme möglich.
Vermögensumverteilung – weil der Start nicht der ganze Lauf ist
Im Laufe des Lebens kommt jede*r immer wieder in Situationen, in denen die Ungleichheit die Person direkt betrifft und einschränkt. Gegen viele Probleme, die das Grunderbe wirken kann, gibt es auch andere Lösungsansätze, die in Teilen schon bestehen und ausgebaut werden müssen oder die wir seit Jahren fordern. Das Grunderbe ersetzt weder BAFöG noch Rente, weder staatlichen Wohnungsbau, noch Kindergeld. Es dient nicht als Ausrede, um andere Forderungen fallen zu lassen, sondern muss eingepflegt werden in einen Katalog an Maßnahmen, mit Hilfe derer die massive Ungleichheit in Deutschland beendet werden kann. Nur mit einem engmaschigen Netz an Maßnahmen, die in vielen verschiedenen Lebensbereichen wirken, können wir Umverteilung erreichen und verhindern, dass die erwünschten Effekte des Grunderbes verpuffen.
Das Grunderbe allein ist nicht genug und reicht nicht aus, kann aber ein wichtiger Baustein sein. Wir bekräftigen deshalb bestehende Forderungen und Positionen der Jusos zu kostenloser Bildung, einer armutsfesten Grundsicherung insbesondere für junge Menschen und gute, existenzsichernde Löhne, die sozialen Aufstieg ermöglichen. Außerdem braucht es eine Sicherung von Einkommen im Alter durch gute Rente und einen respektvollen Staat, der bei Verlust der Arbeitsstelle fördert und respektvoll mit Erwerbslosen umgeht.
Bevor das Grunderbe zum 18. Geburtstag ausbezahlt wird, braucht es während der Kindheit Maßnahmen zur Chancengerechtigkeit. Bildung muss kostenlos sein, egal ob die Busfahrt zur Schule, das digitale Endgerät oder die Nachhilfestunde. Bildungschancen dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Es braucht zudem grundsichernde Maßnahmen, um zu Verhindern, dass Kinder in Armut aufwachsen. Dazu benötigt es eine echte Reform von Hartz 4 und mehr Unterstützung für Kinder aus Haushalten, die sie weniger unterstützen können.
Das Grunderbe ist eine Erleichterung zum Studien- oder Ausbildungsstart und kann auch zur finanziellen Begleitung genutzt werden. Es darf allerdings nicht zum Ersatz für BAFöG oder Mindestauszubildendenvergütung werden. Das BAföG muss angehoben und elternunabhängig ausbezahlt werden. Auszubildende müssen fair bezahlt werden und durch die Mindestauszubildenvergütung einen guten Lebensstandard während der Berufsausbildung, während der sie bereits wertvolle Arbeit leisten, erreichen können.
Im Arbeitsleben müssen für viele Arbeitnehmer*innen aus verschiedenen Branchen die Löhne erhöht werden. Es braucht einen Mindestlohn, der wirklich zum Leben ausreicht und mit der Inflation auch anwächst. Branchenmindestlöhne müssen angehoben werden, Grundversorgung muss in öffentliche Hand und der Staat als Arbeitgeber für z. B. Pflegekräfte bessere Löhne auszahlen.
Menschen, die ihren Job verlieren, müssen gefördert und nicht bestraft werden. Sie müssen bei der Bewältigung von Problemen und bei der Suche nach einer neuen Anstellung unterstützt und die Unterdrucksetzung beendet werden. Dazu braucht es ein echtes Bürger*innengeld, keine Umbenennung von Hartz IV.
Mit einer Vermögens- und Grundsteuerreform müssen diejenigen einen Anteil an die Allgemeinheit abgeben, die mehr als genug besitzen. In den meisten Fällen begründet sich ihr Vermögen aus Erbmassen oder der Ausnutzung der Arbeitskraft anderer Personen. Das Vermögen in Deutschland muss umverteilt werden, bzw. diejenigen, die unverhältnismäßiges Vermögen besitzen, müssen Teile davon abgeben, um öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge aufrechtzuerhalten. Die Verteilung von Grund und Boden muss grundlegend verändert werden. Große Immobilienkonzerne und Besitzer*innen zahlreicher Mietobjekte müssen enteignet werden, der Vermieter der allermeisten Wohnungen sollte der Staat sein. Grundstücke in kommunalem oder staatlichem Besitz werden nicht mehr veräußert. Die Nutzung kommunaler oder staatlicher Grundstücke z. B. für eigengenutzten Wohnraum soll nur noch im Rahmen von Erbbaurechtsverträgen erfolgen. Als Zukunftsvision sollte niemand mehr Wohneigentum besitzen.
Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, sich in seinem Arbeitsleben für die Rente abzusichern. Dafür braucht es ein stabiles Rentensystem, eine Grundrente, die zum Leben ausreicht und keine Anhebung des Renteneintrittsalters.
Es braucht in Deutschland eine massive Umverteilung und dafür weitreichende und umfangreiche Maßnahmen. Das Grunderbe muss eine davon sein, auf dem Weg zu einem gerechten Start in das Leben für alle Menschen, egal wer sie sind und aus welchen Verhältnissen sie kommen.
I2 Klare Kante gegen den Angriffskrieg – Eindeutige Position in der Türkeipolitik - Jetzt
14.03.2023Deutschland und die Türkei verbindet eine gemeinsame Historie und noch heute zeigen die vielen Menschen, die sowohl die Türkei als auch Deutschland als ihre Heimat ansehen, die Verbindung der beiden Länder. Wir bekennen uns zur Verantwortung die Kinder und Enkel der ehemaligen Gastarbeiter*innen, die integrierter Bestandteil unseres Landes sind, in ihrem Kampf gegen Diskriminierung zu unterstützen und zudem für eine aktive Völkerverständigung zwischen der türkischen und der deutschen Nation einzustehen. Eine Verbindung zum türkischen Volk muss aber auch eine klare Ablehnung des aktuellen türkischen Regimes bedeuten, denn Millionen Menschen, die auf dem Staatsgebiet der Türkei oder in direkter Nachbarschaft leben, leiden am meisten unter den Praktiken des türkischen Präsidenten Erdogan und seines Regimes. Die Erpressung der Nato-Staaten seitens der Türkei, die einem Beitritt Schwedens und Finnlands nur deshalb zustimmte, weil umfassende Zugeständnisse an die Türkei und ihre autoritären und völkerrechtswidrigen Praktiken gemacht wurden, zeigt einmal mehr, dass es eine neue und klare Türkeipolitik braucht, die sich klar für Menschenrechte und gegen kriegerische und autoritäre Handlungen einsetzt. Während die beiden skandinavischen Länder aus berechtigten Sorgen um ihre Sicherheit, wegen des russischen Angriffskrieges, den Schutz der Nato suchen, opfert eben jenes Verteidigungsbündnis, das sich als Behüter von liberalen Werten und Demokratie sieht, die Sicherheit der Kurd*innen und billigten den türkischen Angriffskrieg gegen ein unschuldiges Volk.
Die Türkei, die 2005 zum EU-Beitrittskandidaten erklärt wurde, hatte seit 2002, dem Beginn der Regierung der islamisch konservativen AKP zuerst eine Verbesserung der Menschenrechte gezeigt. Im Freedom House Index, der von 1 (gut) bis 7 (schlecht) die Menschenrechtslage einschätzt, machte sei einen Schritt von 4,5 (2002) bis auf 3 (2005), was den Beginn der Beitrittsprozesse ermöglichte. Nachdem dieser allerdings schleppend verlief, verschlechterte sich die Lage und die Türkei fiel nach den brutal niedergeschlagenen Gezi-Protesten auf 3,5 (2013) und den radikalen Konsequenzen aus dem gescheiterten Putsch 2016 sogar auf 5,5 (2017).
Neben der Unterdrückung von Pressefreiheit, Oppositionsrechten, der LGBTIQ-Community und
Frauenrechten, der Behördenwillkür nebst Foltervorwürfen und der inhumanen Behandlung von
Geflüchteten, ist diese Verschlechterung der Menschenrechte an der Behandlung der kurdischen
Minderheit deutlich zu erkennen. Das kurdische Volk erhielt nach dem ersten Weltkrieg und der Auflösung des osmanischen Reiches kein eigenes Staatsgebiet, sein Siedlungsgebiet wurde stattdessen auf die Türkei, Syrien, den Irak, den Iran und Armenien aufgeteilt. In allen Ländern, besonders in der Türkei, kämpften Kurd*innen seitdem für mehr Autonomierechte – teilweise auch für Unabhängigkeit. Die Türkei bekämpfte die Bestrebungen seit ihrer Gründung radikale, unabhängig davon, ob westorientiert säkulare, islamisch konservative oder militärische Kräfte das
Land regierten. Kurd*innen wurde über Jahrzehnte unterdrückt, erfuhren jedoch unter Recep Tayyip Erdo an anfänglich tatsächlich Liberalisierungen in Sprache, Bildung, Religion und politischer Beteiligung und es wurden sogar Friedensverhandlungen aufgenommen. Ab 2013 wurden Kurd*inne jedoch wieder mit harten Repressionen belegt, wodurch die zuvor gewährten Rechte mehr als revidiert wurden und es zu Parteiverboten, Verhaftungen von Abgeordneten der kurdischen HDP, Absetzung demokratisch gewählter Bürgermeister und Verboten von Medien, Zeitungen und Einrichtungen kam. Die Friedensgespräche wurden einseitig aufgekündigt und die Regierung Erdogan ging militärisch gegen die kurdischen Gebiete vor, flog sogar Luftangriffe und stellte ganze Dörfer wochenlang unter Hausarrest. Die Versorgungslage in den kurdischen Gebieten ist deutlich schlechter als die in der übrigen Türkei, Behördenwillkür ist an der Tagesordnung, demokratische Teilhabe unmöglich.
Doch nicht nur innerhalb der Türkei gehen Sicherheitskräfte radikal und gewalttätig gegen
Kurd*innen vor: Seit der Gründung der Türkei unter Mustafa Kemal “Atatürk” gilt als erklärtes Staatsziel, ein unabhängiges Kurdistan zu verhindern, um eigene territoriale Interessen zu bewahren. Der Türkische Staat bekämpft deshalb auch heute, autonome kurdische Bestrebungen in Nordsyrien und Nordirak und greift deshalb das kurdische Autonomiegebiet Rojava an. Zudem unterstützte die Türkei seit Beginn des Syrischen Bürgerkriegs mehr oder weniger offen radikalislamistische Kräfte und arbeitet bis heute mit der Syrische Nationale Armee zusammen, die nach Informationen von Amnesty International für Folter, Verschleppung und Mord verantwortlich ist. Zudem sind Türkische Streitkräfte seit 2015 selbst in kurdische Gebiete, auf dem Staatsterritorium Syriens einmarschiert, was qua Definition einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bedeutet.
Bodentruppen und Luftangriffe auf die Kurd*innen richtet sich nach Aussagen der türkischen Seite nur als Antiterror-Maßnahmen gegen die PKK, die in der Türkei tatsächlich Angriffe auf staatliche und zivile Ziele ausgeübt hatte, aber eben auch gegen die YPG, die im Kampf gegen den selbsternannten IS auf Seiten der USA und der Nato gekämpft hatte und entscheidend an der Zurückdrängung der radikalislamistischen Terrortruppen beteiligt war. Zudem berichten
Menschenrechtsorganisationen immer wieder von zivilen Opfern der Drohnen- und Luftangriffe. Aktuelle Berichte zeigen, dass die Türkei versucht, die Kurd*innen aus dem Grenzgebiet zu vertreiben, um ihr zusammenhängendes Autonomiegebiet zu zerstören und eine Sicherheitszone zu errichten, innerhalb derer sie syrische Geflüchtete zwangsansiedeln wollen.
Nachdem die kurdischen Verbündete im Kampf gegen den IS als wichtigste Unterstützung gesehen wurden, wurden sie angesichts der türkischen Bedrohung fallen gelassen und dem Angriff eines, ihnen übermächtigen, Militärs schutzlos ausgeliefert. Tatsächlich verringerten einige Nato- und EU-Länder, u.a. Schweden und Finnland, jedoch ihre Waffenexporte und gewährten geflohenen Kurd*innen Schutz und Asyl. Dass Nato-Staaten und damit Partner der Türkei in einem Bündnis für liberale Werte und Demokratie politische Geflüchtete aus der Türkei aufnehmen müssen zeigt, dass die Türkei schon lange nicht mehr in dieses angebliche Wertekonstrukt Nato passt. Die Türkei, die sich in den Vergangenen Jahren immer weiter zu einer stabilen Autokratie gewandelt hat, die völkerrechtswidrige Kriege führt, die die Sicherheit von Armenien und der EU-Partner Griechenland und Zypern und die fragile Stabilität in Libyen bedroht, ist nur aus strategischen Interessen weiterhin ein Nato-Partner, gemeinsame Werte sind nicht zu erkennen.
Dass sich die Nato nun bei der Aufnahme der beiden liberalen Demokratien Schweden und Finnland, die zweifelsohne jede Berechtigung zu diesem Beitrittsgesuch und auch zum Beitritt haben, von der autoritären und menschenrechtsfeindlichen Türkei erpressen lässt, ist nicht akzeptabel. Durch ein Abkommen zwischen Schweden, Finnland und der Türkei, zeigen die beiden skandinavischen Länder nun Bereitschaft, angebliche Terrorverdächtige an die Türkei auszuliefern, was sie zuvor abgelehnt hatten. Dabei hatte die Türkei Schweden sogar eine
Namensliste übergeben, was ein krudes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit seitens der Türkischen Regierung offenlegt. Zusätzlich werden Schweden und Finnland ihre Waffenembargos aufheben, mehr Zusammenarbeit mit der Türkei in Außen- und Sicherheitsfragen anstreben und zudem die Unterstützung kurdischer Einrichtungen beenden. Die kurdische Exilgemeinde verliert dadurch finanzielle Mittel, Räumlichkeiten und Einfluss und muss zudem fürchten, künftig leichter von türkischen Behörden überwacht zu werden, was in Deutschland längst geschehen ist. Die USA kündigten wenige Stunden nach dem Aufnahmebeschluss der beiden skandinavischen Staaten an,
eine Modernisierung der türkischen Luftwaffe zu unterstützen und dabei wohl auch Kampfflugzeuge zu liefern, was sie bisher abgelehnt hatten.
Mit diesen Abkommen legitimieren die aktuellen Nato-Staaten und die beiden zukünftigen die türkische Diktatur und ihren Kampf gegen die Kurd*innen. Die Nato sieht nicht länger nur passiv weg, wenn die Türkei Kurd*innen verfolgt, vertreibt und ermordet, sondern sie unterstützt diese
Taten mehr und mehr aktiv. In einer Zeit, in der sich Deutschland und Europa an die Seite der
Ukraine gegen einen verbrecherischen russischen Angriffskrieg stellen und zu Recht ihren Zusammenhalt mit der Ukraine zeigen, sollten wir nicht gleichzeitig die Türkei dabei unterstützen, wenn sie einen brutalen verbrecherischen Krieg gegen Rojava führt, sondern ebenso demonstrativ einen Schulterschluss mit den Kurd*innen zeigen und die türkische Aggression, ebenso wie die russische, klar benennen und sanktionieren, nicht noch unterstützen.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Türkei bereit war, Menschenrechte für einen möglichen EU-Beitritt umzusetzen. Die islamisch konservative AKP hatte zugunsten eines möglichen Beitritts sogar die größten Zugeständnisse an Menschenrechte und Autonomierechte für die Kurd*innen umgesetzt. Die konservativen Kräfte in Deutschland und Frankreich verhinderten den EU-Beitritt der Türkei jedoch, weshalb die türkische Regierung den Ansporn für die Umsetzung der Menschenrechte verlor, besonders, da sie über den unsäglichen EU-Türkei Migrations-Deal zusätzliches Erpressungspotential gegenüber der EU erhielt. Aus dieser Erfahrung zeigt sich, dass auf die Türkei Druck aufgebaut werden kann und muss, um sie zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Beendigung ihres völkerrechtswidrigen Krieges gegen die Kurd*innen zu bewegen.
Wir fordern deshalb:
Die Bundesregierung muss öffentlich ihre Solidarität mit den Kurd*innen aussprechen und die türkische Aggression auch innerhalb der Nato klar benennen. Deutschland muss die Autonomiebestrebungen des kurdischen Volkes unterstützen, die Autonome Region Rojava anerkennen und das kurdische Vereinswesen in Deutschland unterstützen und schützen.
Türkische und kurdische Oppositionelle, auch Angehörige der PKK, dürfen nicht an die Türkei ausgeliefert werden, sondern müssen innerhalb Deutschlands und der EU Schutz erhalten und in Einzelfällen gerichtlichen Verfahren die Beurteilung von angeblichen Terrorist*innen überlassen werden und keine politischen Auslieferungen gestattet werden.
Die Bundesregierung muss ein Waffenembargo gegen die Türkei aussprechen und sich innerhalb der EU und Nato dafür einsetzen, dass die übrigen Partner sich diesem Embargo anschließen. Für den Fall, dass die Türkei ihre verbrecherischen militärischen Aktionen auf syrischem Territorium nicht beendet, müssen wirtschaftliche Sanktionen und solche gegen die handelnden Personen vorbereitet und im Ernstfall vollzogen werden.
Die Türkei kann unter ihrer aktuellen politischen Führung und deren Maßnahmen kein “normaler” Nato-Partner mehr sein. Die Türkei sollte innerhalb der Nato in einen Schwebezustand versetzt werden, der sie von der Einstimmigkeit ausnimmt und nicht die Rechte einer vollwertigen Mitgliedschaft ermöglicht. Die Bundesregierung muss sich dahingehend innerhalb der Nato einzusetzen.
Nur mit diesen Maßnahmen kann Frieden für die Kurd*innen und die türkische Opposition erreicht werden und die völkerrechtswidrigen Angriffe beendet werden. Wir brauchen eine klare Linie für Menschenrechte und Demokratie in unserer Türkeipolitik.
D3 Resolution: All refugees welcome!
14.03.2023Der Krieg in der Ukraine ist eine Zeitenwende in Europa. Zerstörung, Leid und Tod sind nach Europa zurückgekehrt. Mehr als 700.000 Menschen sind (stand 16.05.22) alleine aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet – und es werden täglich mehr.
Der 24.02.2022 war eine Zeitenwende in unserer Geschichte. Noch nie war die Solidarität mit einem anderen Land größer als in diesen Tagen. Dank der EU-Massenzustroms Richtlinien wurde eine unbürokratische Aufnahme von Schutzsuchenden ermöglicht.
Der Krieg hat uns und ganz Europa verändert. Doch auch in dieser Zeit dürfen wir die Menschen nicht vergessen, die aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder ganz anderen Ländern zu uns nach Deutschland gekommen sind.
Situation für Menschen, welche nicht Ukrainer*innen sind, aber dort leben
Den ukrainischen Geflüchteten wurde in Deutschland eine Perspektive gegeben, leider gilt dies aber schon nicht mehr für alle Menschen, die aus der Ukraine kommen. Menschen, welche in der Ukraine einen befristeten Aufenthaltstitel haben, müssen Asyl beantragen, oder belegen, warum Sie nicht in ihr Heimat Land zurückkehren können. Dadurch profitieren Drittstaatsangehörige nicht von den Regeln ukrainischer Schutzsuchender.
Situation für Geflüchtete in Deutschland
Auch für Geflüchtete, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, gelten andere Gesetze.
Heute leben ca. 1.8 Millionen Schutzsuchende in der Bundesrepublik (stand 2020). Davon 215.841 Menschen mit offenen Schutzstatus, 186.640 Personen mit abgelehntem Asylantrag und 1.4 Millionen Menschen die einen Aufenthaltsstatus für 3 Jahre haben.
Trotz anerkanntem Asylantrag wird alle 3 Jahre das Bleiberecht überprüft und gegebenenfalls verlängert. Dabei leben die Schutzsuchenden größtenteils seit 2015 in Deutschland.
Durch das Asylrecht müssen davon betroffene Asylbewerber*innen Arbeitserlaubnis beantragen, statt wie ukrainische Staatsbürger*innen einfach arbeiten zu können. Schutzsuchende warten bis zu einem Jahr auf eine Entscheidung über ihr Verfahren, statt eine Aufenthaltsgenehmigung von 3 Jahren zu erhalten.
Was bedeutet Duldung für die Menschen
Für Menschen, welche nur geduldet werden, sind noch weitere Einschränkungen möglich, wenn Sie sich laut Behörde nicht um ihre Abschiebung bemühen.
So kann ihnen die Sozialleistungen gekürzt werden, die ihnen das Überleben sichert. Es gibt keine Leistungen für den persönlichen Bedarf. Sie können ein Arbeitsverbot erhalten, wobei Menschen aus sicheren Herkunftsländern pauschal mit einem Arbeitsverbot „bestraft“ werden und ihr Bewegungskreis kann bis auf den Landkreis beschränkt werden.
Bleiberecht
Hinzu kommt das die Chance auf eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung gering ist. Zwar gibt es die Möglichkeit durch einen deutschen Abschluss oder eine Berufsausbildung eine Chance auf eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Aber dafür müssen Jugendliche 4 Jahre in Deutschland leben, Familien und Erwachsene wiederrum 6 beziehungsweise 8 Jahre. Bis dahin können Sie mit einer Frist von 1 Monat jederzeit abgeschoben werden.
Dies zeigt die prekäre Situation vieler Geflüchteten in Deutschland. Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten ist wichtig, wir dürfen aber nicht die Menschen vergessen die tagtäglich über das Mittelmeer nach Deutschland flüchten, in Camps in der Türkei oder Griechenland leben oder bei uns in Deutschland sind.
Die Situation für Schutzsuchende in der Bundesrepublik ist katastrophal. Nicht nur kategorisiert der deutsche Staat Menschen in „schlechten“ und „guten“ Geflüchteten, sondern wird durch lebenseinschränkende Sanktionen von einer Integration gezielt abgehalten. Wir aber wollen einen sicheren Hafen für Geflüchtete und ernsthafte Perspektiven, hier anzukommen.
Daher fordern wir:
Die Gleichstellung aller in Deutschland lebenden Flüchtlingen mit ukrainischen Schutzsuchenden durch ein,
Dauerhaftes Bleiberecht für Menschen mit anerkanntem Asylantrag
Anrechnung von ausländischen Abschlüssen, falls nicht möglich Schaffung von Aufbauseminaren
Schnelle Ausarbeitung des Gesetzes im Koalitionsvertrag „Chancen Aufenthaltsrecht“
Gleiche Finanzielle Unterstützung aller schutzsuchender Menschen
Entbürokratisierung der Asylanträge
Ausschluss der Sanktionsmöglichkeiten
Abschiebestopp von Schutzsuchenden
D2 Wo ist Frank-Walter im Alter? - Gegen die Dienstpflicht
14.03.2023Adressat*innen: Landeskonferenz der Jusos Bayern
Immer wieder kommt ein*e Politiker*in daher und meint, die Forderung nach einer Dienstpflicht für junge Menschen sei eine gute Sache. Zuletzt hatte diesen Einfall Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und auch wenn er wohl der ranghöchste Politiker mit dieser Idee ist, wird sie dadurch immer noch nicht richtiger. Argumente, die für eine Dienstpflicht ins Feld geführt werden, sind beispielsweise, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt immer schlechter werde, dass junge Menschen lernen müssten, dass es nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten gebe, dass eine Tätigkeit für die Gesellschaft einen Mehrwert für alle brächte. Die noch schlechteren Argumente geben sogar noch offen zu, dass mit einer Dienstpflicht zum Beispiel der Personalmangel in der Pflege behoben werden soll. Gesamtgesellschaftliche Probleme werden also auf junge Menschen abgeladen, Missstände, für die die Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte verantwortlich ist, sollen durch den Zwang zum Dienst an der Gesellschaft kosmetisch überdeckt werden. Für uns ist klar: Das wird es mit uns nicht geben! Diese Idee ist völlig aus der Zeit gefallen und passt in keiner Weise zur Lebensrealität junger Menschen. „Grundschulabitur“, Leistungs- und Notendruck, immer mehr Hausaufgaben und vieles mehr, was für Schüler*innen Alltag ist, baut einen unglaublichen Druck auf und beansprucht einen Großteil ihrer Zeit.
Trotzdem engagieren sich viele junge Menschen ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen, Parteien und Jugendorganisationen. Der Vorwurf, junge Menschen interessieren sich nur für sich selbst und wenden sich von der Gesellschaft ab, ist also faktisch falsch. Noch deutlicher wird das beim Blick auf die hohe Zahl an die Freiwilligendienstleistenden, wie z. B. im FSJ. Die Möglichkeiten, freiwillig einen solchen Dienst an der Gesellschaft zu tun, bestehen also und sie werden auch genutzt. Hier gibt es auch viele Probleme, die gelöst werden müssten – beispielsweise die Frage danach, wie sich Jugendliche aus finanziell schlechter gestellten Familien einen solchen Freiwilligendienst leisten können. Genau dieses Problem würde mit einer Dienstpflicht noch größer. Sie würde eine
enorme finanzielle Belastung für viele Familien bedeuten und zugleich die finanzielle Unabhängigkeit von jungen Menschen noch weiter verschlechtern.
Genauso könnte man die Einführung einer Dienstpflicht für alte cis Männer diskutieren, da diese im Bezug auf ihre Lebenszeit weniger Care-Arbeit geleistet haben als FLINTA*. Wann übernehmen Männer, die über Jahrzehnte von der kostenlosen Care-Arbeit von FLINTA*-Personen profitiert haben endlich gesellschaftliche Verantwortung und leisten ihren Teil an reproduktiver Arbeit? Bisher hat niemand dieses Konzept ernsthaft vorgetragen – berechtigterweise. Als Jusos lehnen wir Dienstpflicht-Ideen für alle Menschen ab, weil sie keine sozialen Probleme lösen. Stattdessen wird einzelnen Gruppen die Verantwortung zugeschoben und ihnen die Selbstbestimmung genommen. Auch alte cis Männer sollten daher nicht zur Care-Arbeit gezwungen werden, ihnen soll aber stattdessen durch spezielle Angebote eines BFD oder FSJ die Möglichkeit gegeben werden, sich vor oder nach ihrem Renteneintritt, gesellschaftlich in bestimmten, geeigneten Bereichen zu engagieren
D1 Supermärkte vergesellschaften
14.03.2023Supermärkte vergesellschaften!
Die Versorgung mit Lebensmittel ist existentiell. Deshalb muss die Lebensmittelversorgung Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge werden und als solche unabhängig von privaten Profitinteressen und Marktlogiken organisiert sein. Um uns mit Lebensmittel zu versorgen ist der Besuch des
Supermarktes unverzichtbar. Die Durchsicht der Werbeprospekte nach günstigen Angeboten sind Beleg dafür, dass Supermärkte nicht nur auf die Preise, sondern auch auf die Art unserer Ernährung großen Einfluss haben.
Diese wichtige Aufgabe darf nicht dem Profitinteresse privater Supermarktkonzerne unterworfen sein. Deshalb fordern wir die konsequente Vergesellschaftung und Demokratisierung der Supermarktkonzerne, damit wir gemeinsam darüber entscheiden können, was und zu welchen Preisen Nahrungsmittel verkauft werden und wie sie produziert werden sollen.
Private Gewinne an Lebensgrundlage verbieten
Zu den Konsumgüter des täglichen Bedarfs zählen neben Lebensmitteln auch alkoholfreie und alkoholische Getränke, Tabakwaren, Körperpflegemittel und Kosmetik, Wasch-, Putzund
Reinigungsmittel, Papierhygiene und Heimtierbedarf. All das kaufen wir vorrangig bei REWE, Penny, Kaufland, LIDL, ALDI, EDEKA, Netto und Co ein. Die fünf größten Lebensmittelkonzerne, die jeweils unterschiedliche Discounter und Lebensmittelvollsortimenter unter ihrem Dach vereinen, haben so in Deutschland einen Marktanteil von 75%, ihre Nettogewinne stiegen insbesondere während der Pandemie gewaltig und die Besitzer*innen gehören zu den Top-Milliardär*innen in Deutschland.
Gleichzeitig muss davon ausgegangen werden, dass 12,5 Millionen Menschen in diesem Land, die unter der Armutsgefährungsquote leben, zumindest zeitweise von Ernährungsarmut betroffen sind. Menschen, die Armutsrisiko ausgesetzt sind, sind außerdem häufiger Opfer von chronischen
Erkrankungen – wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Diese sind auch auf die Ernährung zurückzuführen. Das ernährungsbedingte Krankheitsrisiko ist eine große soziale Ungerechtigkeit, die wir bekämpfen müssen.
Ernährung ist eine Klassenfrage!
Es ist nicht akzeptabel, dass das Kapital einiger weniger auf Kosten der vielen weiter wächst. Die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Konsumgütern darf nicht der Kapitalvermehrung dienen. Der Zweck muss der bezahlbare Zugang zu gesunden und ausgewogenen Lebensmittel für alle Menschen sein.
Gesunde und bezahlbare Lebensmittel für alle
1,65 Millionen Menschen waren in Deutschland im Jahr 2021 regelmäßig auf Lebensmittel von
Tafeln angewiesen. Gemeinnützige Träger kompensieren so ein Problem, dass durch niedrige Renten, unzureichende Grundsicherung und Erwerbsarmut verursacht werden. Unser Ziel ist es, durch die Bekämpfung von Armut Tafeln überflüssig zu machen und dafür zu sorgen, dass durch Demokratisierung und Vergesellschaftung von Supermärkten gesunde Lebensmittel selbstbestimmt erworben werden können. Der kapitalistische Markt ist dieser Herausforderung nicht gewachsen. Das Profitinteresse der Supermarktkonzerne führt dazu, dass insbesondere nährstoffarme und verarbeitete Lebensmittel mit hohen Gewinnspannen günstig verkauft werden. Das führt mitunter dazu, dass von Armut betroffene Menschen am Ende des Monats häufig auf Obst und Gemüse verzichten und dafür schnell sättigende Lebensmittel kaufen.
Um den Widerspruch zwischen bezahlbarer und gesunder Ernährung einerseits und zwischen nachhaltigen Produktionsbedingungen und gerechter Bezahlung von Erzeuger*innen andererseits auflösen zu können, bedarf es eines staatlichen Eingriffs und ein grundlegende Umstrukturierung von Subventionen. So muss die massive Ungleichheit, beispielsweise die steuerliche Bevorzugung klimaschädlicher Fleischprodukte, zugunsten einer nachhaltigen, klimafreundlichen und Ernährungssicherheit schaffenden Lebensmittelproduktion angepasst werden.
Lebensmittellieferketten, die Ausbeutung überwinden und auf Nachhaltigkeit setzen
Die kapitalistische Bewirtschaftung der Agrarflächen beutet unsere Lebensgrundlage genauso wie die Produzent*innen aus. Die auf Ertragssteigerung ausgelegte Bewirtschaftung hat fatale Folgen für die Arten- und Biotopvielfalt. Die Supermarktkonzerne haben daran einen erheblichen Anteil indem sie Kostendruck auf Erzeuger*innen ausüben. Nur langsam ist in Bezug auf nachhaltige Produktion und Tierwohl ein Umdenken zu erkennen. Die Bemühungen sind aber längst nicht ausreichend und lassen insbesondere die Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen außer acht. Mit der Vergesellschaftung von Supermärkten können wir diese unternehmerischen Entscheidungen – die entscheidend für die Bekämpfung des Klimawandels sind – demokratisieren und dafür sorgen, dass existenzsichernde Löhne und Teilhabe an der Wertschöpfung für alle Menschen, die an der Produktion von Lebensmitteln beteiligt sind, gewährleistet werden.
Da enormer Preisdruck zwischen verschiedenen Supermärkten existiert versuchen die Konzerne ihre Macht gegenüber den Produzent*innen und Lebensmittelherstellern knallhart auszunutzen, um die Preise zu drücken und die Gewinnmargen zu erhöhen. Dies führt zu enorm belastenden Situation für die Erzeuger*innen und zu Qualitätseinschränkungen in der Herstellung.
Lebensmittelverschwendung entgegenwirken
In Deutschland werden jedes Jahr 12 Mio. Tonnen Lebensmittelabfälle vernichtet. Davon rund 34% bei der Primärproduktion, Verarbeitung und im Handel. Supermarktkonzerne planen sorgfältig die Produktion von Lebensmitteln und haben somit großen Einfluss auf Lebensmittelverschwendung. Supermärkte sind hochgradig geplante ökonomische Systeme für deren Funktionieren es notwendig ist, weit im voraus zu planen um saisonale Nachfrage und zuverlässige Lieferketten zu gewährleisten. Für diese Planung werden komplexe Datensätze und Algorithmen angewandt, die viele schwankende Variablen berücksichtigen. Daraus können wir ableiten, dass dezentrale
Planwirtschaft nicht zwangsläufig zu Mangel führt, sondern im Gegenteil enorme
Kapitalanhäufung ermöglichen kann. Wir wollen diese Mechanismen nutzen, um das Gemeinwohl zu steigern, Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen und den Zugang zu Lebensmitteln als Daseinsvorsorge begreifen.
Gute Arbeit im Supermarkt
Die Arbeit der Beschäftigten im Supermarkt ist systemrelevant und elementar für die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Konsumgütern. Mit dem Outsourcing der Beschäftigten in der Reinigung und derjenigen, die vor Ladenöffnung die Regale auffüllen, mit geringfügiger
Beschäftigung und geringen Löhnen ist eine Bezahlung, die die Relevanz der Arbeit abbildet, nicht gegeben. Mit der Vergesellschaftung von Supermärkten können Löhne adäquat zum öffentlichen Dienst und gute Arbeitsbedingungen umgesetzt werden.
Vergesellschaftung und Demokratisierung, was heißt das?
Für die konkrete Organisationsform einer vergesellschafteten und demokratisierten
Lebensmittelbranche gibt es unterschiedliche Ansätze. Schon jetzt gibt es in anderen Ländern große genossenschaftlich organisierte Supermarktketten. Auch in Deutschland ist z. B. EDEKA teilweise als Genossenschaft organisiert, jedoch nicht mit den Konsument*innen als
Genoss*innen, sondern mit den Supermarktbetreiber*innen. Gleichzeitig entstehen z. B. mit dem Kartoffelkombinat in München konkrete genossenschaftlich organisierte Projekte, die ökologische und unter gerechten Bedingungen hergestellte Lebensmittelversorgung anbieten. In derartigen Projekten lässt sich schnell feststellen, dass der Preis für Lebensmittel, die regional, ökologisch und mit guten Arbeitsbedingungen produziert und verkauft werden, eigentlich höher liegen müsste, als er bei preisgedumpten Discounterkonzernen ist. Höhere Kosten für Lebensmittel, die Ausbeutung entlang der Wertschöpfungskette verhindern, begründen die Notwendigkeit höherer Löhne und einer entsprechenden Anpassung der Höhe von Sozialleistungen.
Neben Genossenschaften sind aber auch kommunale Betriebe denkbar, die einer demokratischen Kontrolle unterstehen. Bestimmte Dienstleistungen für diese kommunalen Betriebe sind wiederum durch eine staatliche Organisation möglich, die z. B. durch ein Bundesministerium gesteuert wird.
B4 Weil Bildung jeden Cent wert ist: Investitionsoffensive jetzt!
14.03.2023Trotz diverser Bemühungen wächst die Bildungsungleichheit in Deutschland auf ein demokratiegefährdendes Niveau. Deshalb braucht es eine massive Erhöhung der Bildungsausgaben und damit einhergehend einen radikalen Wandel in der Bildungspolitik.
Heute heißt Arbeit im und am Bildungssystem in Bayern vielerorts vor allem eines, nämlich Mangelverwaltung. Von der Kita bis zur Hochschule vom Berufsausbildungszentrum bis zur VHS finden wir zahlreiche Beispiele von Bildungsstätten mit undichten Dächern, fehlender oder veralteter technischer Ausstattung, versifften Toiletten und ausgefransten Lehrbüchern. Damit aber nicht genug, was in einem chronisch unterfinanzierten Bildungssystem zuallererst auf der Strecke bleibt, ist der Mensch. Was das bedeutet, sehen wir beispielsweise an nur zu vielen
Schulen in Bayern, schlechte Bezahlung, nicht mehr zeitgemäße Studiengänge und fehlende
Karriere Perspektiven überzeugen bereits seit langer Zeit zu wenige junge Menschen vom
Lehrer*innen-Beruf. Das Ergebnis sind katastrophale Betreuungsschlüssel, Unterrichtsausfall, Lehrkräfte, die Berge an Überstunden anhäufen oder durch unbezahlte Überstunden, die vielerorts als Selbstverständlichkeit gelten, ausgebeutet werden. Darum steht für uns an allererster Stelle die Forderung – Wer im Bildungssystem arbeitet, soll für jede geleistete Stunde auch angemessen entlohnt werden und am Ende mit einem Gehalt nach Hause gehen, der nicht nur gerade so für den Lebensunterhalt ausreicht, sondern tatsächlich auch der immens hohen Wichtigkeit der Bildungsarbeit einen entsprechenden Stellenwert beimisst. Darum fordern wir auch weiterhin, die Bezahlung nach A13 auf alle Schulzweige auszuweiten, um den Lehrer*innen aber auch den Schüler*innen kurzfristig an allen Schulzweigen den gleichen Wert beizumessen. Langfristig braucht es eine Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem und die Einführung der solidarischen Gemeinschaftsschule. Darüber hinaus müssen pädagogische, (fach-) didaktische wie auch rein fachliche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten geschaffen, ausgebaut und finanziert werden, um zum einen mit der Dynamik einer Zeit des stetigen Wandels Schritt halten zu können, zum anderen aber auch der Erwartungshaltung junger Lehrer*innen gerecht zu werden, auch im Lehrberuf stets auch selbst weiterlernen zu können, um tagesaktuelles Wissen vermitteln zu können. Doch denken wir in unserer Forderung für gute Arbeit im Bildungssystem freilich nicht nur an Lehrer*innen. Genauso soll das weitere Personal an Schulen und die Menschen, die in
Kindergärten und -tagesstätten, wie auch an den Hochschulen und Universitäten, oder eben im
Bereich der dualen Ausbildung mit ihrer Arbeit die Grundlage für alle Bereiche unserer Gesellschaft legen, entsprechend den vielfältigen und anspruchsvollen Herausforderungen, die der jeweilige Beruf mit sich bringt, entlohnt werden.
Neben der Finanzierung ausreichender und gut bezahlter Stellen über die gesamte bayerische Bildungslandschaft hinweg setzen wir uns ebenso für das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich gute und funktionierende Infrastruktur an den Bildungsstätten Bayerns und das auf der Höhe der Zeit. Dazu gehört nicht nur, dass beispielsweise Sanitäranlagen in zumutbarem Zustand gehalten werden müssen und Abdichtungsarbeiten an Dächern auch ohne jahrelange Wartezeiten möglich sein müssen. Auch müssen kostenlos ausgegebene Lehrmittel zur Verfügung stehen, zu denen in einem zeitgemäßen Bildungssystem auch digitale Endgeräte zählen. Wir bestehen auf den Grundsatz der kostenlosen Bildung von der Kita bis zum letzten Abschluss und akzeptieren auch keine Gebühren durch die Hintertür in Form von Kopiergeld, Büchergeld oder Ähnlichem!
Ein weiteres Defizit im bayerischen Schulsystem ist der intentionale Mangel an Solidarität. Die zuvor angeprangerten Missstände treffen selbstverständlich nicht auf jede Bildungseinrichtung in Bayern zu. Es sind aber in vielen Aspekten lediglich vereinzelte “Leuchtturmprojekte” des Freistaats, in die dann zahlreiche Fördergelder fließen, während die breite Masse das Nachsehen hat. Das ist für uns zu wenig, wir wollen gute Bildung und gute Arbeit für alle und nicht nur für einige wenige Privilegierte, die dann als Feigenblatt dienen, um über die vielen Missstände hinwegzutäuschen.
Das jetzige Bildungssystem hinterlässt viele Probleme, die es zu bewältigen gilt. Diese Probleme sind jedoch systemischer Natur, sodass es einen radikalen Wechsel im Bildungssystem braucht, um an die Wurzeln der Probleme zu gehen. Wir fordern daher eine Lehrer*innenoffensive, die das Problem des Lehrkräftemangels bekämpft. In diesem Zusammenhang muss auch die
Lehrkräfteausbildung grundsätzlich verändert werden. Das Staatsexamen muss abschafft werden und eine Bachelor- und Masterausbildung mit freier Fächerwahl geschaffen werden, in die eine über Mindestlohn vergütete Praxisphase an Stelle des Referendariats tritt. Quereinsteiger*innen müssen vom ersten Tag an angemessen vergütet werden und Zugang zu pädagogischer und psychologischer Qualifikation bekommen, um nach abschließen der Fortbildung allen anderen Lehrer*innen gleichstellt werden zu können. Das dreigliedrige Schulsystem muss endlich durch das Modell der solidarischen Gemeinschaftsschule ersetzt werden, was unterschiedliche Bezahlungen und schultypspezifische Lehramtsausbildungen hinfällig machen wird. Mit Hilfe von mehr Personal und einem breiteren Angebot kann ein qualitativ besseres und besser auf das Individuum zugeschnittenes Lehren gewährleistet werden. Dazu braucht es eine bessere Ausstattung der institutionellen Lernumgebungen.
Neben dem Mangel an Geld, gibt es aber auch Probleme beim Beschaffungswesen. Dies hängt auch stark mit der föderalen Struktur des Bildungswesens zusammen. Mit dem Digitalpakt Schule stellte die damalige GroKo ein Budget zusammen für die Digitalisierung der Schulen.
Erstaunlicherweise bedurfte es damals einer Grundgesetzänderung, weil zum damaligen Zeitpunkt das Kooperationsverbot es der Bundesregierung verbot den Ländern für die Schulen Geld bereit zu stellen. Dieses Beispiel verdeutlicht, es braucht eine Abkehr vom föderalen Bildungssystem. Vom bereitgestellten Geld wurde bisher immer noch kaum was abgehoben, weil die Verfahren zu kompliziert und bürokratisch sind.
Lange hieß es in der Politik, es ist für diverse wichtige Vorhaben kein Geld da. Die AmpelRegierung hat gezeigt, dass es durchaus ausreichend Geld gibt, es braucht lediglich den politischen Willen, Projekte umzusetzen und zu finanzieren. Die Tatsache, dass innerhalb von kürzester Zeit ein Sondervermögen für die Bundeswehr auf den Weg gebracht werden konnte, zeigt dass mit genug politischem Willen auch eine ausreichende Finanzierung des Bildungssystems möglich ist.
A2 Reformation des Bundesfreiwilligendienstes (BFD)
14.03.2023Der Bundesfreiwilligendienst, kurz BFD oder Bufdi, ist mittlerweile über zehn Jahre alt. Gegründet als Nachfolgestruktur des Zivildiensts, der gemeinsam mit dem Aussetzen des Wehrdiensts wegfiel. Im Allgemeinen wird der BFD als Erfolg angesehen, zuletzt (Stand 2021) mit bundesweit über 37.000 Freiwilligen. Anders als ein FSJ/ FÖJ usw. richtet sich der BFD nicht nur an junge Menschen, sondern an Menschen aller Altersgruppen. Trotzdem nehmen diese Möglichkeit vor allem Personen in einem Alter von bis zu 26 Jahren war, etwa 80%. Während der BFD seit seiner Einführung von den Freiwilligen gut angenommen wurde, die Zielmarke von 35.000 Freiwilligen wurde schon 2012 erreicht, hält sich Kritik aber dennoch hartnäckig: von der Schaffung von billigen und unqualifizierten Arbeitskräften, als Alternative zu Ein-Euro-Jobber*innen, über die Unterbezahlung, hin zum Ausnutzen von sozialem Engagement.
Problematisch ist auch, dass das Wahrnehmen eines solchen Freiwilligendienstes noch immer ein Privileg darstellt. Gerade junge Menschen mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten, die nicht von ihren Eltern oder sonstigen Verwandten und Bekannten bezuschusst werden können, werden hier ausgeschlossen. Denn der BFD stellt als freiwilliges Engagement einen unentgeltlichen Dienst dar, die Freiwilligen bekommen keinen Lohn, sondern eine
Aufwandsentschädigung. Diese besteht aus einem monatlichen Taschengeld von bis zu 426€ (Stand 2021) bei einem Vollzeiteinsatz. Dazu kommen, je nach Gutdünken der Einsatzstelle, beitragspflichtige Einnahmen in der Sozialversicherung dazu: Geld für Verpflegung (bis zu 236€, Stand 2021) und Unterkunft (höchstens 223€, Stand 2021). Ob neben dem Taschengeld weitere
Leistungen angeboten oder bezahlt werden, entscheidet die Einsatzstelle, genau, wie über die Höhe des Taschengeldes. Leider verzichten viele Einsatzstellen darauf, diese Leistungen anzubieten, die Freiwilligen werden weder direkt mit Verpflegung und Unterkunft versorgt, noch indirekt durch finanzielle Leistungen. Das kann auch kaum verwundern, denn während der Bund einen Teil, oder die Gesamthöhe des Taschengeldes trägt, müssen jegliche Zusatzleistungen von der Einsatzstelle selbst übernommen werden. Wie die Einsatzstellen mit der konkreten Nachfrage nach den Zusatzleistungen umgehen unterscheidet sich stark, während die einen ihren
Freiwilligen ein Engagement ermöglichen wollen und ihnen finanziell entgegenkommen, reagieren andere irritiert, schließlich ist das Ziel des BFDs doch nicht die Bezahlung, sondern die Erfahrung und Unterstützung anderer. Dass der Einsatz aber für viele gerade Junge Menschen, die selbst für ihren Unterhalt aufkommen müssen zum „Draufzahlgeschäft“ wird, wird dabei geflissentlich übersehen.
Auch die Fahrtkosten werden nur in manchen Fällen freiwillig von der Einsatzstelle übernommen, während also beispielsweise Soldat*innen kostenlos den ÖPNV nutzen dürfen, geht bei manchen Freiwilligen ein Viertel ihrer Aufwandsentschädigung für Fahrtkosten drauf.
Gerade wenn zeitlicher Aufwand und finanzielle Entschädigung nebeneinander gestellt werden zeigt sich eine große Diskrepanz und es wird klar, warum die Durchführung eines
Freiwilligendienstes vor allem eine Frage der eigenen Finanzkraft ist. Bis zum Alter von 27 müssen die Freiwilligen Vollzeit (40 Stunden pro Woche) arbeiten, ab 27 Jahren besteht die Möglichkeit einen Dienst in Teilzeit mit 20 Stunden durchzuführen. Bei einem maximalen Taschengeld wären das weniger als 2,50€ pro Stunde, weit entfernt vom aktuellen Niveau des Mindestlohns. Da sich der BFD aber eben auch an Menschen über 27 Jahren richtet, kommt das Konzept dem Ein-EuroJob gleich. Hartz-IV-Empfänger*innen dürfen nur einen Bruchteil der Aufwandsentschädigung behalten, während sie zwischen 20 und 40 Stunden in der Woche arbeiten. Was als
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder Dienst an der Gesellschaft dargestellt wird, zeigt für seine Freiwilligen nur wenig Wertschätzung und hat noch weniger Potenzial zu motivieren. Für viele von ihnen ist der BFD also nur eine weitere Form von prekären Beschäftigungsverhältnissen.
Ergänzt wird die Arbeit in der Einsatzstelle durch insgesamt 25 Seminartage, meist mit
Betreuer*innen, die über den Einsatz hinweg als Ansprechpersonen fungieren, sollte es Probleme oder Unklarheiten bei der Einsatzstelle geben. In den meisten Fällen findet das erste Seminar aber nicht unmittelbar vor dem Einsatz statt und es vergehen Wochen bis Monate, was dazu führt, das sich viele Freiwillige nicht über ihre Rechte und Pflichten im klaren sind. Manchen wird klar, dass sie zu wenig bezahlt werden, dass es theoretisch Zusatzleistungen geben könnte, wenn die Einsatzstelle dies nur wollte, oder dass sie wie hauptamtliche Mitarbeiter*innen eingesetzt werden und es ihnen an Supervision und Anleitung mangelt, sie allein gelassen werden. Wer und in welcher Form die Bufdis pädagogisch betreut ist aber gesetzlich nicht vorgegeben, deshalb unterscheidet sich die Qualität dieser Betreuung von Dienstort zu Dienstort. Die pädagogische Qualifikation, der Umfang der Betreuer*innen und ihr Wissen über die Rechte der ihnen Anvertrauten wird also nicht sichergestellt.
Anders als bei anderen Freiwilligendiensten wird nicht klar festgelegt, welche Aufgabenbereiche durch Bufdis abgedeckt werden dürfen. In manchen Kommunen gilt Unkrautjäten deshalb jetzt als Ehrenamt, mitfinanziert vom Bund. Es ist daher kaum verwunderlich, dass 2018 ein Drittel aller Bufdis ihren Dienst abbrachen, viele wegen Unterforderung und scheinbar sinnlosen Aufgaben. Gleichzeitig ist auch der Teil der Bufids, die sich stark überfordert fühlen und die unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen sind sehr groß. Viele Bufdis werden wie Fachkräfte eingesetzt, betreuen ohne weitere Aufsicht Kinder, sind alleine auf Station und werden nur ungenügend angeleitet. Das Recht auf Anleitung wird in vielen Dienststellen nur inkonsequent durchgesetzt. Eine zusätzliche Arbeitskraft lohnt sich nunmal besser, wenn sie auch selbstständig arbeitet und einen Teil des Arbeitsaufwands vollständig übernimmt.
Bleibt noch die Arbeitsmarktneutralität, übernommen vom Zivildienst. Diese Regelung soll eigentlich verhindern, dass Arbeitsplätze verloren gehen und durch billige Freiwillige gestopft werden. Genauso dient sich auch in gewisser Weise dem Schutz der Freiwilligen, denn sie dürfen nur als Zusatz, nicht als Ersatz eingesetzt werden, sowohl in ihrer Stelle, als auch im täglichen Betrieb. Diese Regelung hat sich aber als stumpfes Schwert herausgestellt. Dass über 35.000 Menschen einerseits wertvolle gemeinnützige Arbeit verrichten und gleichzeitig keine Jobs zerstören, oder ihre Schaffung verhindert wird, ist kaum glaubhaft. Es gehen durch die ungenauen Vorgaben bezüglich der Aufgabenfelder also Arbeitsplätze verloren, die mit dem Mindestlohn oder mehr entlohnt werden können und sollten. Stattdessen wird auf die Ausbeutung junger Menschen und von Menschen in prekären Verhältnissen abgezielt.
Vordergründig wird der BFD also gemeinhin als gemeinnützig und sozial sinnvoll angepriesen, die Sinnhaftigkeit eines freiwilligen Dienstes oder Engagements im Allgemeinen soll hier gar nicht kritisiert werden. Aber auch wenn zumindest offiziell keine politische Absicht hinter der Einführung des BFDs steht, ist doch ganz deutlich, dass hier eine neue Form des Prekariats geschaffen wurde, in der Menschen ausgebeutet werden, um den Arbeitsmarkt mit billigen Arbeitskräften zu fluten. Dies können wir nicht dulden.
Deshalb fordern wir: die Erhöhung der Mindest- und Höchsthöhe des Taschengeldes und der Zusatzleistungen die Verpflichtende Auszahlung von Zusatzleistungen auf Wunsch der Freiwilligen die Möglichkeit für Freiwillige, sich während ihrem Einsatz, ähnlich wie Bafög-Empfänger*innen, von den Rundfunkgebühren befreien zu lassen
die Schaffung einer gesetzlichen Regelung, was von einem BFD abgedeckt wird, um die Schaffung von Stellen ohne sozialen/ ehrenamtlichen Charakter zu unterbinden die Vereinfachen des Wechselns der Einsatzstellen die Stärkere Kontrolle der Einsatzstellen, zum Schutz der Freiwilligen eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung, wer und in welcher Form die Bufdis pädagogisch betreut
die Verankerung und Stärkung der Rechte von Bufdis bezüglich Arbeitnehmer*innenrechte, Mitbestimmung und Repräsentation
A1 Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
14.03.2023Adressat*innen: Juso Landeskonferenz, Juso Bundeskongress, SPD-Landesparteitag, SPDBundesparteitag
Wir fordern eine Absenkung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von derzeit, im Regelfall 48 Stunden (mit Samstag) und im Sonderfall 60 Stunden (mit Samstag), auf 25 Stunden im Regelfall und im Sonderfall auf 30 Stunden. Dies soll einer 4 Tage Woche entsprechen, bei einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden im Regelfall, bzw. einer 5 Tage Woche bei einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden im Sonderfall, welche so auch Eingang in ein neues Arbeitszeitgesetz finden soll.
Die Sonderregelung zu 10-stündigen Arbeitstagen soll über betreffende Branchen- und
Tarifbereiche hinweg schrittweise geprüft und abgeschafft werden, mit einem Übergangszeitraum von höchstens 5 Jahren.
Bei der Absenkung der Arbeitszeit fordern wir den vollen Lohnausgleich ein. Das heißt, dass bei einer Arbeitszeitverkürzung von etwa 52,08 %, der im Arbeitsvertrag vereinbarte Stundenlohn mit Gesetzesänderung um den gleichen Teil steigen muss.
Wir fordern des Weiteren eine Sonderregelung, in der Arbeitgeber:innen, welche in
Auftragsspitzen auf Mehrarbeit angewiesen sind, für einen zu beschränkenden Zeitraum und nur mit Zustimmung des Betriebsrates oder der Tarifvertragspartei zu einem 35-Stunden-6-TageModell zurückkehren können. Allerdings muss hier zusätzlich zu den ohnehin um 52,08% gestiegenen Lohn, eine Mehrarbeitspauschale gezahlt werden. Für die Arbeitnehmer:innen muss zu jedem Zeitpunkt Wahlfreiheit zwischen der Mehrarbeitüberkompensation und der 4-Tage Woche gewährleistet werden. Diese Sonderregelung darf maximal für ein halbes Jahr am Stück gelten.
Begründung:
Es ist keine besonders radikale Feststellung, dass wir zu viel arbeiten. Stress, Unzufriedenheit,
Erschöpfung bis hin zum Burn-out, Depressionen. Das sind die Symptome einer ausgereizten Leistungsgesellschaft. Unsere Arbeitszeit hindert uns an Freizeitgestaltung, wie Bildung, politischer Organisation, kultureller Teilhabe, familiärer Teilhabe. Als Sozialist:innen wollen wir eine Utopie schaffen, die man nicht per Gesetz diktieren kann, allerdings kann man sich den Weg dorthin planieren. Eine Reform der Arbeitszeit ist ein entscheidendes Mittel, um zurück auf diesen Weg zu kommen.
Explizit sprechen wir uns mit diesem Antrag für das Isländische-, nicht das Belgische-Modell aus. Der Unterschied besteht darin, dass in Island die gesamte wöchentliche Arbeitszeit gesenkt wurde und arbeitende Menschen einen freien Tag gewonnen haben. In Belgien wiederum haben sich die Arbeiter:innen einen freien Tag mit vier späten Feierabenden erkauft. In diesem Fall findet CareArbeit und Freizeitgestaltung, welche nun an den vier Arbeitstagen keinen Platz mehr hat, einfach an dem freien Tag statt. Es handelt sich also um eine Verlagerung, nicht um eine Entlastung.
Es wird Branchen geben, in denen die Umstellung, dank jetzt schon vorherrschender Sparzwänge, im Personalbereich schwierig wird. Deswegen fordern wir auch eine Umstellungszeit von bis zu 5 Jahren. Das ist genug Zeit, um den neuen Bedarf mit in den Ausbildungsbedarf einzukalkulieren.
Eine Überkompensation bei Mehrarbeit kann gewährleisten, dass es den individuellen
Ansprüchen von bspw. jungen Familien und ledigen Arbeiter:innen gerecht wird. So wird erlaubt, dass der Fokus auf Mehreinnahmen durch Mehrarbeit oder auf mehr Freizeit ohne unmittelbaren Einkommenseinbruch gelegt wird.