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INI6 INI 6: Kein ruhiges Hinterland für autoritäre und faschistoide Strukturen in Bayern! Weder auf der Straße noch im Parlament!

14.04.2018

2017 endete mit dem für viele scheinbar überraschenden Ereignis, dass menschenfeindliche Einstellungen in Deutschland noch immer Mehrheiten finden können und sogar Parteien davon so sehr profitieren können, dass die AfD nun die drittstärkste Fraktion im Bundestag stellt. Uns überraschte dies nicht, im Gegenteil, die „Mitte in der Krise“, sowie „Deutsche Zustände“- Studien der letzten Jahre belegten ein autoritäres und menschenverachtendes Potential in der deutschen Mehrheitsgesellschaft schon deutlich länger, als es die AfD gibt. Allein vor dem Hintergrund dieser Studien muss sich niemand mehr Illusionen darüber machen, dass die Personen, die die AfD wählen nur „missverstanden“ und „abgehängt“ sind oder das lediglich aus dem Grund maximaler Provokation tun.
Selbstverständlich ist für uns als Sozialist*innen die Tatsache, dass diese menschenverachtende Einstellung und autoritäre Tendenz schon lange vorhanden ist, kein ausschließlich ausreichender Erklärungsansatz. Die soziale und ökonomische Realität der Menschen sollte, wenn es darum geht, wie Ideologien und entstehen, selbstverständlich nicht ignoriert werden – aber, dass Menschen ausschließlich aufgrund ihrer ökonomisch schwierigen Lage dazu determiniert sind, rechte Parteien zu wählen oder rechten Ideologien anzuhängen, ist schlichtweg falsch. Menschen auf Grund ihrer ökonomischen Position innerhalb des Produktionsprozesses jegliche Handlungsspielräume in Bezug auf ihre politische Orientierung abzusprechen ist für uns nicht alles andere als emanzipatorisch. Der Grund für eine erfolgreiche AfD ist Deutschland und seine Bevölkerung, sind deutsche Zustände. Genau diese Zustände aber führen nicht nur zu einer erfolgreichen AfD. Die AfD benötigte es nicht, um das Asylrecht zu verschärfen und repressive Funktionen des Staates auszubauen. Die AfD benötigte es nicht, in menschenverachtenden Asylpaketen die Grundrechte von Geflüchteten massiv zu beschneiden, das haben Sozialdemokrat*innen und vermeintlich konservative Politiker*innen auch alleine geschafft.
Eben diese Zustände also sind auch das Ziel unserer Forderungen und unseres Kampfes, den wir auf verschiedene Art und Weise führen.

Ablehung des Extremismusbegriffs:

Wir, als antifaschistischer Richtungsverband, sind der Überzeugung, dass es eine entschlossene und kämpferische Praxis braucht, die nur auf einer klaren Analyse der bestehenden Verhältnisse resultiert.
Das Gerede von einer vermeintlichen demokratischen Mitte, die pragmatisch und unideologisch sei, ist ein bürgerlicher Mythos. Die Konsequenz daraus, dass die Probleme mit auftauchenden „Extremen“ außerhalb dieser Mitte beginnen, ist viel mehr als lediglich ein Irrtum, der aus einer fehlerhaften Analyse heraus entsteht.
Es ist auch klares Kalkül, denn diese Analyse gibt all jenen, die sich auf eben diese vermeintliche Mitte berufen, einen Freifahrtschein zu rassistischer Hetze. Wir wissen, dass Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Nationalismus keine Probleme vermeintlicher „Extreme“ sind, sondern quer durch die politische Landschaft, wie einige Äußerungen gewisser Teile der Linkspartei und das sozialdemokratische Regierungshandeln selbst beweisen, auch ein Problem der politischen Linken.
Und wenn wir über eben jene rassistische, menschenverachtende Hetze reden, brauchen wir keine Gegenfrage, was eigentlich mit anderen „Extremen“ sei. Es gibt Themen, die menschenverachtend sind, es gibt Aussagen, die zutiefst rassistisch, antisemitisch, sexistisch sind, aber die machen vor keiner politischen „Richtung“ oder keiner politischen „Extreme“ halt. Sie sind in der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft.
Wenn es auch in der hier stehenden Analyse sehr theoretisch und wenig konkret erscheint, so hat es auch für den bayerischen Landesverband der Sozialdemokratie direkte Auswirkungen.

-Die Extremismustheorie ist nicht nur wissenschaftliche Theorie, sondern auch reaktionäre Praxis im Freistaat Bayern, die dafür sorgt, dass linke Akademiker*innen oder Lehrer*innen wegen politischen Engagement nicht in den bayerischen Staatsdienst übernommen werden. Wenn uns auch eine solche Praxis mehr an die antikommunistische Hetze aus der Zeit des kalten Krieges erinnert, so sind sie wie zuletzt veröffentlichte Fälle belegen immer Gang und Gäbe. Das muss sofort aufhören, für eine Ende reaktionärer Gesinnungsschnüffelei gegen linke Genoss*innen!

-Das Ziel der Extremismustheorie ist das Verdecken menschenverachtender Einstellung in der vermeintlichen Mitte. Diese Einstellung genau in dieser Mitte, in der sie auftreten zu benennen bedeutet auch Konsequenzen in der politischen Zusammenarbeit zu ziehen. Eine CSU aus der zu hören ist sie wolle Einwanderung in die Sozialsysteme bis zur letzten Patrone verhindern darf keine Option für eine sozialdemokratische Regierungsbeteiligung sein! Neben vielen anderen ist auch dies ein entscheidender Punkt der Ablehnung jeglicher parlamentarischen Zusammenarbeit mit der CSU

-Der Kampf gegen menschenverachtende Einstellungen in der Mitte aber entlädt sich aber nicht nur an der CSU. Die AfD gerade in Bayern keine marginalisierte Partei, sie ist vielerorts in Bayern vor der SPD im Ergebnis der letzten Bundestagswahl gewesen. Die AfD wurde auch deswegen stark, weil die von ihnen vertretenden Positionen als welche erkannt wurden, die nicht nur an konstruierten Rändern vorkommen. Statt daraus in der gesellschaftlichen Mehrheit die Konsequenz zu ziehen Ressentiments und Positionen zu hinterfragen wurde mit einem beinahe voyeuristischen Vergnügen die AfD auf jedes Podium gestellt, um mit dem Bruch angeblicher Tabus klickzahlen zu schaffen. Das, was geschah war die Legitimation menschenverachtender Einstellungen. Die Sozialdemokratie muss dem etwas entgegensetzen, im schmutzigen und reaktionären Wahlkampf, der in Bayern vmtl. passieren wird muss sich die Sozialdemokratie als die fortschrittliche Kraft positionieren, die klar Kante zeigt. Auch deshalb betonen wir nochmals den Beschluss: Wir gehen auf kein Podium mit der AfD! Sie in einem Diskurs „zu stellen“, wie es so oft formuliert wurde hat nicht nur nicht funktioniert, das Gegenteil wurde erreicht, ihre Positionen wurden durch den Diskurs mit uns legitimiert.

-Wir erwarten von der BayernSPD im Wahlkampf auch selber sich solidarisch zu zeigen. Antifaschistische Arbeit findet nicht alleine in Parlamenten statt. Nur gemeinsam mit den verschiedenen Bündnispartner*innen wird es uns gelingen auf der Straße dem rechten Rollback etwas entgegen zu setzen.

Asylpolitik:

Die aktuellen Zustände sind nicht ertragbar. Sie sind nicht nur durch den Erfolg der AfD nicht ertragbar, nein sie sind auch deswegen nicht ertragbar, weil menschenverachtende Ideologien nicht nur sagbar, sondern auch machbar gemacht wurden in den vergangenen Jahren. Wir erlebten durch verschiedene, von der Bundesregierung und somit auch von der SPD durchgedrückte Asylpakete regelmäßige Eingriffe in die Freiheiten von Geflüchteten. Auch deswegen konnten sich diejenigen, die durch Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte versuchten, Menschen zu ermorden gewiss darin sein, einen politischen Auftrag zu erfüllen. Der Angriff muss also all jenen Strukturen gelten, die dies ermöglichen. Das heißt für uns zunächst praktische Solidarität. Wir sind solidarisch mit all jenen, die von verschiedenen rassistischen Gesetzesverschärfungen der letzten Jahren betroffen waren. Solidarität heißt, politische Arbeit auf der Straße und in Bündnissen, von der Demo bis zur durch aktiven Widerstand erfolgreich verhinderten Abschiebung.
Es heißt aber gemäß der Doppelstrategie unseres sozialistischen Richtungsverband politische Arbeit in den Parteien. Wir müssen endlich wieder zurück zu einem Asylrecht vor dem Asylkompromiss mit einem menschenwürdigen Anrecht auf Asyl!
Hierfür können die folgenden Forderungen nur eine Basis sein, wir fordern:

-Das System bayerischer Abschiebelager unverzüglich abzuschaffen. Einem der größten rassistischen Coups der CSU damit endlich den Gar ausmachen!

-Ablehnung des Dublin 4-Abkommens sowie aller bisheriger Dublin-Abkommen und stattdessen eine gesamteuropäische Lösung, die nicht v.a. auf Kosten südeuropäischer Staaten und Geflüchteter geht.

-Abschaffung der sicheren Herkunftsstaatenregelung. Per se Menschen ohne Anhörung ihres Falles das Grundrecht auf Asyl abzusprechen, weil sie aus einer bestimmten Region kommen ist eine Staaten und Gesellschaften im 21. Jahrhundert unwürdige Regelung.

-Abschaffung des momentanen separaten Asylbewerberleistungsgesetzes. Sonderregelungen bei Sozialleistungen für Geflüchtete sollte ihre besondere Situation aufgreifen. Es sollte nicht eine gezielte Benachteiligung schaffen, wie es momentan der Fall ist.

-Keine Obergrenze, denn es gibt kein Maximum an Grundrechten.

Sicherheitsbehörden:

Die letzten Jahre zeigen aber nicht nur eine rassistische Eskalation der Asyl- und Flüchtlingspolitik. Im Zeitraum der jüngsten großen Koalition, kam es auch zu verschiedenen Vorfällen autoritärer Übergriffe durch Staatsorgane und zu einem massiven Ausbau repressiver Möglichkeiten. Einen Höhepunkt bildeten die Repressionen und die massive Polizeigewalt anlässlich des G20-Gipfels. Es sind auch diese autoritären Strukturen durch Gesetze, aber auch innerhalb einer Cop culture, der wir den Kampf ansagen. Es ist nicht so, dass Polizeibehörden ausschließlich ein „Spiegel der Gesellschaft“ seien. Wer den Polizeiberuf ausübt, entscheidet sich bewusst für einen Beruf, dessen Mittel und Prinzipien Hierarchien, starke Gruppenidentifikation und auch Gewalt sind. Denn die Polizei nimmt die Rolle der Ausführung des staatlichen Gewaltmonopols ein. Menschen, die sich für einen solchen Beruf entscheiden, entscheiden sich also auch dafür und sind damit nicht x-beliebige Personen, die die Gesellschaft 1 zu 1 abbilden. Die zu oft vorkommenden Übergriffe durch Polizist*innen im Zusammenhang mit Demonstrationen, etc. bei denen gleichzeitig ein massiver Corpsgeist eine wirkliche Aufarbeitung verhindert, belegen dies. Auch ist die Polizei nicht gefeit davor, auch von menschenverachtenden Ideologien geprägt zu sein. Racial Profiling Begriffe wie „Soko Bospurus“ oder auch der Fall Oury Jalloh belegen das. Aus diesem Grund braucht es endlich eine wirkliche Kontrolle der Polizei durch verschiedene Akteur*innen, sowohl innerhalb staatlicher Institutionen, als auch durch die Zivilgesellschaft. Der Wille dazu ist hier auch da, wir als antifaschistischer Verband fordern hierzu auch die Mittel zur Verfügung zu stellen.
Im Zusammenhang mit dem NSU, aber auch durch viele andere Beispiele sehen wir nicht nur das Versagen von Polizei, sondern auch das Versagen des Verfassungsschutzes. Das Scheitern des Verfassungsschutzes liegt in seinen historischen und ideologischen Wurzeln. Die Extremismustheorie versagt als theoretisches Analyseinstrument, aber auch in geheimdienstlichen Praxis. Eine Institution, die auf Grundlage eines politischen Kalküls ein solches Instrument nutzt ist nicht nur ineffizient, sie ist sogar gefährlich, wie das Versagen im Zusammenhang des NSUs, das seine Gründe auch hierin hat, beweist. Die Gefahr, die durch Inlandsgeheimdienste in ihrer realen Arbeit ausging und Ausgeht zeigt aber auch der Versuch einer politischen Aufarbeitung des gesamten NSU-Komplexes. Akten, die der demokratisch legitimierten Kontrollinstanz hätten zukommen sollen, wurden vernichtet oder nicht, bzw. erst nach langen Verzögerungen zur Verfügung gestellt, selbst von den höchsten Stellen wurden entweder Aussagen verweigert oder die Ausschüsse wurden mit teilweise absurden Geschichten belogen. Alles in allem lässt sich festhalten, dass der Auftrag eine Verfassung zu schützen, durch die meisten Initiativen aus der Zivilgesellschaft oder wissenschaftliche Institutionen besser in den letzten Jahren stattgefunden hat, als es durch den Verfassungsschutz getan wurde.

-Kennzeichnungspflicht für Polizist*innen, die es ermöglicht nach im Amt begangenen Straftaten die Schuldigen zu identifizieren und Opfern von Polizeigewalt ermöglicht, die Täter*innen zu identifizieren.

-Eine Parlamentarische Kontrollkommission für die bayerische Polizei, ähnlich wie es beim Inlandsgeheimdienst der Fall ist.

-Interne Ermittlungen bei der Polizei müssen endlich durch unabhängige Stellen und nicht durch Kolleg*innen durchgeführt werden. Der Corpsgeist und der hohe soziale Druck innerhalb von Polizeieinheiten verhindert oft eine Aufklärung von im Dienst begangenen Straftaten.

-Abschaffung des USKs, es handelt sich um eine ausschließlich in Bayern vorkommende Polizeieinheit mit rechtstaatlichen Mindestansprüchen nicht ausreichenden Sonderrechten.

-Abschaffung und Abwicklung des Inlandsgeheimdienstes, Gelder stattdessen investieren in wissenschaftliche Institutionen zur Untersuchung menschenfeindlicher und autoritärer Einstellungen und rechten Strukturen.

-Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung! Die anlasslose Speicherung Millionen von Daten verschiedener Menschen ist nicht mit liberalen Mindeststandarts einer bürgerlichen Demokratie zu vereinen.

INI5 INI-5 Resolution: Weg mit §219a

14.04.2018

Die Streichung des § 219a StGB ist überfällig und dringlich. Wie in allen Lebensbereichen muss insbesondere in diesem Bereich, der Frauen emotional und körperlich betrifft und sie mit einem für die Betroffenen meist unbekannten medizinischen Eingriff konfrontiert, ein barrierefreier und schneller Zugang zu sachlichen und zeitgemäßen Informationen ermöglicht werden. Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen bzw. einen solchen in jedem Fall durchführen wollen, müssen die Möglichkeit haben, sich umfassend darüber informieren zu können. Das Recht auf Informationsfreiheit kann insbesondere für ungewollt schwangerer Frauen in dieser für sie besonderen Situation nicht hoch genug bewertet werden – für dieses ist zu sorgen, weshalb der §219a StGB gestrichen werden muss.

Ein weiterer wichtiger Grund für die Streichung des §219a liegt in seiner Widersprüchlichkeit zu §218a StGB. Dieser regelt nicht strafbare Schwangerschaftsabbrüche und somit ein straffreies ärztliches Handeln. Dass ein Hinweis auf die Durchführung von rechtlich nicht strafbaren Schwangerschaftsabbrüchen aber strafrechtlich eben durch §219a verboten ist, führt zu einer eklatanten Rechtsunsicherheit. Sog. „Lebensschützer*innen“ und radikale Abtreibungsgegner*innen machen durch diese Rechtsunsicherheit regelrecht „Jagd“ auf Ärtz*innen, die diese medizinische Maßnahme anbieten. Sie erhalten oft Drohbriefe oder werden, wie im Falle der Ärztin Kristina Hänel vom Herbst 2017, wegen der Nennung dieses Eingriffes im Leistungsprofil ihrer Praxis angezeigt. Zunehmend ziehen sich deshalb immer mehr Ärzt*innen aus der medizinischen Versorgung in diesem Bereich zurück oder beschränken sich bei der Durchführung von Abtreibungen auf ihre eigenen Patientinnen und bieten diese nicht generell an oder vernetzen sich hierzu nicht aktiv mit den entsprechenden Beratungsstellen, um dem Vorwurf einer „Bewerbung“ dieses Eingriffes zu entgehen. Dies alles erschwert die Arbeit der Ärzt*innen und eben auch der Beratungsstellung auf Kosten der betroffenen Frauen.

In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass viele Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche Fachverbände die Streichung des sog. „Werbeverbots für einen Schwangerschaftsabbruch“ befürworten, wobei an dieser Stelle auch klar und deutlich zu sagen ist: Information ist keine Werbung – es geht nicht um die anpreisende Darbietung einer Leistung, verbunden mit einem Appell zu deren Bezug, sondern um die wertungsfreie und neutrale Information über eine solche und wer sie durchführt!

Dass der von der SPD-Bundestagsfraktion erarbeitete Gesetzentwurf zur Streichung des § 219a letztlich zurückgezogen wurde, um einen Kompromiss mit der Union zur Wahrung des Koalitionsfriedens zu suchen, ist unserer Meinung nach ein schwerer Fehler. Die SPD wird wegen Rückzieher wie diesem von vielen Bürger*innen als profillose Partei erachtet – das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt dies eindeutig.
Wie in der letzten Legislaturperiode wird hier erneut der Weg über die Hinterzimmer mit der Union gegangen, anstatt eine ehrliche Debatte im Bundestag zu führen, anhand derer die Bürger*innen die Argumente in dieser Sache nachverfolgen und die unterschiedlichen Positionen der Parteien wahrnehmen können.

Wir fordern deshalb die SPD-Bundestagsfraktion dazu auf, den Gesetzentwurf auf Streichung des §219a in den Bundestag einzubringen und alles dafür zu tun, die Informationsfreiheit von Ärzt*innen und Frauen in diesem so persönlichen und emotional-empfindlichen Bereich zu gewährleisten.

INI4 Nein zum neuen PAG!

13.04.2018

Das Polizeiaufgabengesetzt (kurz: PAG) regelt die Aufgaben und Befugnisse der bayerischen Polizei. So bestimmt das Gesetz, wann und wie Polizist*innen in Grundrechte Einzelner eingreifen können, z.B. bei Durchsuchungen, Platzverweisen oder dem Sammeln von Informationen.

„Traditionell sind wir Jahr für Jahr Spitzenreiter bei der Inneren Sicherheit!“, so wird in der aktuellen Kriminalstatistik mit der Polizeiarbeit der letzten Jahre in Bayern geworben. Die vor kurzem veröffentlichte Kriminalstatistik zeigt zum wiederholten Male auf, dass wir sowohl in den Großstädten als auch auf dem Land sehr sicher leben. Auch die Zehnjahresstatistik zeigt deutlich, dass wir sicherer als nie zuvor in Bayern leben und die Straftaten auf einem Tiefstwert sind. Auch die Behauptung, die gerne von Rechten benutzt wird, dass die Ausländerkriminalität gestiegen sei, konnte durch die Statistiken widerlegt werden. Der vielfach zitierte Kriminalitätsanstieg 2015/2016 ist auf Verstöße nach dem Aufenthaltsgesetz, Asylgesetz und Freizügigkeitsgesetz der EU zurückzuführen.

Dennoch fährt die CSU-Landesregierung populistisch eine nicht hinnehmbare Sicherheitspolitik auf und möchte das PAG drastisch verschärfen. Dies ist ein Angriff auf Grundfreiheiten und die freiheitliche Grundordnung unseres Staatswesens! Das wäre laut renommierten Strafrechtler*innen das härteste Polizeigesetz in Deutschland seit 1945.
Die neuen Befugnisse sollen nicht nur dann, wenn es um die Abwehr terroristischer Bedrohungen geht, genutzt werden können, sondern auch in der alltäglichen Polizeiarbeit.
So will die Staatsregierung mit dem neuen Gesetz die Schwelle für polizeiliche Maßnahmen deutlich absenken und Eingriffe bereits bei drohenden Gefahren, also noch bevor sich eine Gefahrensituation konkretisiert hat, ermöglichen. Unter dem Vorwand „Gefahr in Verzug“ darf dies auch ohne richterliche Genehmigung erfolgen. Es erleichtert das Racing-Profiling bei ohnehin schon durch Stigmatisierung benachteiligten Personen, die im Fokus von polizeilichen Ermittlungen stehen könnten.

Bereits im August 2017 ist es mit dem sogenannten „Gefährdergesetz“ ermöglicht worden, statt bisher 14 Tage, nun drei Monate in Präventivhaft genommen zu werden. Nach spätestens drei Monaten muss ein*e Richter*in darüber entscheiden, ob diese um weitere drei Monate verlängert wird, wobei es keine maximale Anzahl an Verlängerungen gibt und somit eine theoretische „Unendlichkeitshaft“ ohne Anklage möglich ist.

Zudem sollen Gesichts- und Verhaltenserkennung generell bei Demonstrationen eingesetzt werden, auch wenn diese offensichtlich friedlich ablaufen. Auch im alltäglichen Leben sollen DNA-Analysen als erkennungsdienstliche Maßnahme zur Feststellung der Augen-, Haar- und Hautfarbe, des biologischen Alters und der biogeographischen Herkunft der*s Spurenverursachers*in ermöglicht werden. Drohnen können nun viel leichter zum Einsatz kommen, um heimlich Menschen abhören und ausspionieren zu können. Die Grenze zu geheimdienstlichen Aufgaben wird bewusst aufgelöst. Dies sieht man auch zur neuen Regelung zur leichteren Einsetzung von V-Personen. Diese können so zum Beispiel ohne richterliche Kontrolle eingeschleust werden.

In der digitalen Welt, die immer mehr zum Mittelpunkt sozialer und beruflicher Kontakte wird, werden die Befugnisse ebenfalls drastisch ausgeweitet, wie zum Beispiel bei der Überwachung der Handys und E-Mails. Clouds können durchsucht und Daten verändert werden. Durch den sogenannten Staatstrojaner sind diese auch befugt, Kommunikationsdaten zu speichern und zu manipulieren.

Statt durch populistische Verschärfungen das subjektive Angstgefühl der Bevölkerung zu schüren und Polizist*innen aus ihren Inspektoren durch nicht Zusatzarbeiten bei Großveranstaltungen und Grenzkontrollen zu überlasten, sollte die Staatsregierung die Aufstockung der Polizeiarbeit vor Ort für präventive Arbeit forcieren.

Wir Jusos Bayern gehen bereits gegen die im August stattgefundenen Änderungen mit einer Popularklage vor. Ferner schmieden wir Bündnisse, um gegen die neuerlichen Änderungen
des PAG auf die Straße zu gehen. Dies zählt zu unserem Selbstverständnis und wir werden auch bei weiteren Versuchen gesellschaftliche Freiheiten einzuschränken nicht ruhen.
Die BayernSPD-Landtagsfraktion wird aufgefordert, jegliche Verschärfungen des PAG, insbesondere die vorliegende Fassung vom 30.01.2018 (Drs. 17/200425) und die Gesetzesänderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 20.02.2018 (Drs. 17/20763), abzulehnen.

Sollten die Gesetze dennoch in Kraft treten, wird sie zusammen mit der BayernSPD Popularklagen beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof oder Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht erheben.

Ferner setzt sich die BayernSPD für einen Personalschlüssel, der sich an dem reellen Bedarf vor Ort orientiert, und an einer langfristigen Strategie zur Einstellung und Ausbildung der Polizist*innen ein.

INI2 Wir brauchen saubere Luft! Wirksame Luftreinhaltepläne jetzt!

12.04.2018

Die bayerische Staatsregierung soll gemeinsam mit der zuständigen Bezirksregierung und der gefährdeten Kommune in der dafür vorgesehenen Strategiegruppe schnellstmöglich wirksame Maßnahmen in der aktuellsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans (LRP) für die jeweilige Kommune und die dazugehörigen Informationen sowie Gutachten veröffentlichen, damit die Maßnahmen im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung diskutiert werden können. Die Maßnahmen müssen anhand der im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) festgeschriebenen Regeln und von der europäischen Ebene festgelegten Grenzwerte erstellt werden. Bisherige Maßnahmen und Beschlüsse (z.B. „Dieselgipfel“, vergangene Konzepte und Luftreinhaltepläne oder Beschlüsse des Bayerischen Ministerrats) sind nicht wirksam genug, um Schadstoffe (besonders NOx) unter der gesundheitsgefährdenden Grenze zu halten. Die Deutsche Umwelthilfe hat in einem Gerichtsurteil erstritten, dass die aktuellste Version des Luftreinhalteplans zu einer bestimmten Frist wirksam werden soll und die Öffentlichkeit anhand einer vorab ausliegenden Version des Plans anhand eines im BImSchG festgelegten Prozedere beteiligt wird. Bisher wurden Strafzahlungen zu Lasten der Gesundheit der Menschen in Kauf genommen, was wir nicht akzeptieren wollen.

Wir fordern deshalb die schnellstmögliche Anpassung der jeweiligen Fortschreibung des Luftreinhalteplans an das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts, das zum Beispiel in München eine Planung von Dieselverboten vorsieht – ohne sie durchzuführen –, und ein faires, transparentes Partizipationsverfahren. Umweltverbände fordern zahlreiche Maßnahmen, die im Rahmen des LRP partizipativ diskutiert werden müssen. Die Fortschreibung des LRP und damit einhergehende Maßnahmen sollten schnellstmöglich wirksam werden!

INI1 Flughafen München zu „Kurt-Eisner-Flughafen“ umbenennen!

12.04.2018

Die SPD fordert zum 100. Jubiläum der Ausrufung des Freistaats Bayern die Umbenennung des Flughafens München. Dieser soll künftig nach dem Gründer des Freistaats benannt sein. Er soll den Namen „Kurt-Eisner-Flughafen“ tragen.

I2 Völkerrecht gilt für alle! Solidarität mit den Menschen in und um Afrin!

9.03.2018

Seit dem Zerfall des Osmanischen Reiches nach dem ersten Weltkrieg wird die Gründung eines kurdischen Staates von der Türkei verhindert. Dies führt zu einer ständigen Konfliktsituation zwischen der türkischen Regierung und kurdischen Milizen.

Eine friedliche Lösung ist dabei weiter nicht in Sicht. Im Gegenteil, durch die aktuelle Offensive der türkischen Streitkräfte in das nordsyrische Gebiet rund um die Stadt Afrin spitzt sich die Lage weiter zu.

Am 20. Januar 2018 begann die Türkei ihre militärischen Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG. Das Ziel der AKP-Regierung Recep Tayyip Erdogans, der die YPG als verlängerten Arm der kurdischen Arbeiterpartei PKK sieht, ist es, die kurdische Bevölkerung aus Nordsyrien bis hinter den Euphrat zu vertreiben. Damit kämpfen die YPG und ihre Verbündeten nun nicht mehr nur gegen den IS, sondern werden von der türkischen Regierung in einen Zwei-Fronten-Konflikt gedrängt. Dadurch wird Nordsyrien weiter destabilisiert. Die Folge ist mehr Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und in der Konsequenz ein weiteres Anhalten der bestehenden humanitären Notlage und all ihrer Folgen.

 

Durch ihre militärische Intervention in Nordsyrien verstößt die türkische Regierung gegen das Völkerrecht!

Der Angriff ist nicht durch das Recht auf Selbstverteidigung gedeckt, denn es liegt keine Verletzung der türkischen Souveränität und Integrität vor, noch ist damit momentan zu rechnen.  Auch hätte die Türkei den UN-Sicherheitsrat über eine militärische Intervention in Kenntnis setzen müssen. Weder der türkische Staat noch die türkische Bevölkerung ist durch ein autonomes Kurdengebiet – oder auch einen souveränen kurdischen Staat – an der Grenze zur Türkei wesentlich bedroht und daher auch in keiner Form eine hinreichende Rechtfertigung für eine militärische Intervention. Das Vorgehen der Türkei ist eine weitere Eskalation des Konfliktes mit erneut schweren Menschenrechtsverletzungen, die für uns nicht hinnehmbar sind.

 

Die Jusos Bayern verurteilen das militärische Vorgehen der türkischen Regierung und fordern die sozialdemokratischen Fachpolitiker*innen und das sozialdemokratisch geführte Außenministerium dazu auf, darauf hinzuwirken, dass die Türkei völkerrechtliche Verträge einhält und das Blutvergießen unverzüglich beendet. Wir zeigen uns solidarisch mit den Angegriffenen.

Des Weiteren fordern wir einen sofortigen Stopp sämtlicher deutscher Waffenlieferungen an die Türkei, insbesondere eine Rücknahme der kürzlich bekanntgewordenen neuen Ausfuhrgenehmigungen. Die deutsche Bundesregierung darf nicht den Eindruck erwecken, die türkische Offensive stillschweigend zu unterstützen.

D8 Direkte Demokratie

9.03.2018

Einleitung und Begriffsdefinitionen
In ihrer extremen Ausführung ist das Prinzip der direkten Demokratie als spezifischer Typus politischer Herrschaft, in dem politische Macht allein und direkt durch die Gesamtheit der abstimmungsberechtigten Bürger*innen und nicht durch einzelne oder wenige Repräsentanten oder Amtsträger verbindlich ausgeübt wird zu sehen, stellt hierbei einen Kontrast zur repräsentativen Demokratie dar. Dagegen steht eine gemäßigteres und realitätsnäheres Konzept, das die direkte Demokratie als politisches Entscheidungsverfahren, bei dem Bürger*innen politisch-inhaltliche Sachfragen auf dem Wege der Volksabstimmung selbstständig und unabhängig von Wahlen entscheiden sieht. Diese wohl vertrautere Ausübung ist nicht das Gegenteil einer repräsentativen Demokratie, sondern integriert konstruierte Entscheidungsverfahren als ergänzende Instrumente politischer Beteiligung in unterschiedlicher Ausgestaltung in eben diese.

Analyse

a) Themensetzung

Bei der Debatte um plebiszitäre Elemente ist die Frage nach der Themensetzung essentiell. Was sind geeignete Themen und welche sind relevant genug, um einen Vorteil aus einem Volksentscheid zu gewinnen? Ein Referendum gilt generell als eine progressive Art der Entscheidungsfindung und viele Menschen erhoffen sich von diesem eine direkte Mitbestimmungsmöglichkeit, die dem schwerfälligen politischen Diskurs moderne Reformen entgegensetzt. Die Erfahrung mit den bisher existierenden direktdemokratischen Systemen, wie etwa in der Schweiz, zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Im Gegenteil wird sogar häufig die Reformfähigkeit gebremst. Die Themensetzung ist oft eher von konservativer Art und unterstützt somit eine Abkehr von progressiver Politik und stellt meist auch einen Rückschritt vom Status Quo dar. In der Schweiz zeigt sich dies besonders am Abbau des Sozialstaates und bei Fragen, die gesellschaftliche Minderheiten betreffen. Die Themensetzung dreht sich dabei stark um die Verringerung von Steuern, Einsparungen bei sozialen Maßnahmen und um populistische Zuspitzungen bei Migrationsfragen. Bei dieser eingeschränkten Themensetzung spielen sozialdemokratische Werte oft keine Rolle. Dies hat zur Folge, dass eher neoliberale oder populistische Themen statt Fragen der sozialen Gerechtigkeit diskutiert werden. Es müssten an dieser Stelle Mechanismen im System eingebaut werden, die eine solche Verengung der Themensetzung verhindern und den Fokus mehr darauf legen, wie eine sozialere und gerechtere Gemeinschaft ermöglicht werden kann. Vor allem Probleme und Anliegen ökonomisch Benachteiligter und Minderheiten finden sich häufig nicht in Volksabstimmungen wieder.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Probleme unserer Zeit durch eine enorm hohe Komplexität gekennzeichnet sind. Viele wichtige Themen lassen sich nicht in dem engen Rahmen einer Volksabstimmung behandeln, da in solchen nur zwischen Ja oder Nein entschieden werden kann. Wichtige Sachverhalte würden vereinfacht oder gar rausgelassen werden.
Zu Volksentscheiden werden oft Themen, die gerade kontrovers und auch emotional diskutiert werden, vorgeschlagen. Eine fundierte Entscheidung setzt allerdings einen längeren Willensbildungsprozess und verfügbare Informationen voraus. Dies steht einer schnellen Abstimmung, wie oft gefordert, entgegen. Bei Entscheidungen mitten in der Debatte besteht die Gefahr einer Überlagerung durch Emotionen. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Gestaltungsmöglichkeit politischer Parteien durch die häufige Anwendung von Volksentscheiden auf Bundesebene stark beeinträchtigt wird. Große Themenkomplexe benötigen langfristig angelegte Lösungsansätze und eine auf verschiedenen Ebenen abgestimmte politische Strategie. Werden Volksentscheide zur Regel, besteht für Parteien die Notwendigkeit, permanent Wähler*innen für die jeweils nächste Abstimmung zu mobilisieren. Dies bindet sowohl Personen als auch finanzielle Mittel, die bei der Bearbeitung wichtiger Themen fehlen. Es ist zu befürchten, dass es für Parteien unattraktiv wird, sich langfristigen gesellschaftlichen Projekten zu widmen, da permanent die Gefahr eines negativen Votums droht. Gesellschaftliche Visionen verlieren damit zunehmend an politischer Bedeutung.

b) Kampagnenfähigkeit

Bei Menschen, die von „der Politik“ frustriert sind, findet sich oft die Meinung, Politiker*innen würden nicht die Probleme „des Volkes“ kennen, sondern nur den eigenen Vorteil suchen. Daraus wird abgeleitet, dass eine direkte Demokratie, beispielsweise in Form von Volksentscheidungen auf Bundesebene, die Bürger*innenmeinung reeller vertreten würde. Doch dem ist nicht so. Nimmt man an, es gäbe einen Volksentscheid und man möchte für die eigene Meinung werben, so bräuchte man einerseits eine funktionierende Lobby, die diese Meinung teilt, großflächig unterstützt und dafür wirbt. Andererseits braucht es auch große finanzielle Mittel, um die eigene Werbung sinnvoll und großflächig zu verbreiten. Die Möglichkeit einer solchen Lobby und großer finanzieller Mitteln sind nicht jedem Menschen, der eine Meinung zu dem entsprechenden Thema hat, gegeben. Hier würde nur eine Meinung wirklich groß verbreitet werden: Die Meinung derer, die das Geld haben, um dafür breit zu werben. Das ist ungerecht und entspricht nicht unserer Auffassung einer Gesellschaft, in der jede*r sich zu politischen Themen äußern darf und soll.  Jede Meinung ist dabei gleichwertig und verdient es, gehört zu werden.

Zudem stellt sich das Problem, dass die verfügbare Auswahlmöglichkeit zu politischen Entscheidungen sehr begrenzt wird. Politik ist nicht unbedingt das Durchsetzen der eigenen Meinung, Politik bedeutet auch das Aushandeln von Kompromissen und dadurch das Finden einer Lösung, mit der sowohl Gegner*innen als auch Befürworter*innen der zu fällenden Entscheidung leben können.

Diese Möglichkeit der Kompromissfindung gibt es in der direkten Demokratie nicht. Hier heißt die Antwort entweder Ja oder Nein – für Kompromisse kann es keinen Spielraum geben. So kann Politik nicht funktionieren.

Ein weiteres Problem des fehlenden Kompromisses ist das Nicht-Wahrnehmen von Minderheitenmeinungen. Bei einer Kompromissfindung ist es möglich, durch einige Umlenkungen auch diese zu berücksichtigen. Das kann in der direkten Demokratie nicht mehr funktionieren, da diesen einfach keine Plattform geboten wird.

Auch die Themen, über die entschieden wird, sind in einer direkten Demokratie nur die großen Mehrheitsthemen. Wichtige Themen, die vielleicht nicht die Mehrzahl der Bevölkerung betreffen, aber für eine Minderheit eine extreme Bedeutung besitzen, werden nicht auf die Agenda kommen.

Allgemein finden nur die Themen einen Platz in der öffentlichen Meinungsbildung, deren Vertreter*innen die oben erwähnte Lobby bzw. die finanziellen Mittel besitzen. Über deren Themen wird abgestimmt. Viele Bürger*innen verfügen nicht über die finanziellen Mittel und eine ausreichende Organisationsstruktur, um über direktdemokratische Verfahren angemessen an der Entscheidungsfindung zu partizipieren.

c) Soziale Selektion

Volksentscheide leben von der Wahl für oder gegen eine Entscheidung. Beide Alternativen werden nicht nur von Interessengruppen unterstützt, sondern meist sogar erst von diesen gebildet.
Aufgrund von Unterschieden in Vernetzung, finanzieller Ausstattung und Hintergrundwissen
verfügen diese oft nicht über die gleichen Möglichkeiten der politischen Einflussnahme. Damit einhergehend fällt es diesen Gruppen relativ leicht, politische Themen im Rahmen von Volksentscheiden ihren Interessen entsprechend zu formulieren und die öffentliche Meinung dahin zu beeinflussen. Diese strukturelle Überlegenheit steht im krassen Widerspruch zu dem grundgesetzlich garantierten Recht auf gleiche demokratische Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung.
Diese Dynamik wird für Gruppen, die über wenig Ressourcen verfügen, zum Problem: Eigene Themen im öffentlichen Diskurs zu setzen, ist damit sehr schwierig. Sich gegen einmal gesetzte Themen bei Volksentscheiden aus dieser Position heraus erfolgreich zur Wehr zu setzen, ist nahezu unmöglich. Gestaltungsmöglichkeiten werden unangemessen stark eingeschränkt. Das Bekenntnis zum Rechtsstaat verpflichtet jedoch zum Minderheitenschutz.

Die zwei Alternativen einer Volksentscheidung stehen sich daher nicht gleichberechtigt gegenüber, vielmehr prädestinieren faktische und soziale Verhältnisse, die lange vor dem Entscheid selbst geschaffen worden sind, ihren Ausgang.

Durch den Einsatz von Finanzen und Lobby verfestigen sich bestehende exklusive Machtstrukturen. Diejenigen, die bereits über Macht verfügen, können diese auf lange Zeit festigen und ausbauen. Wer bislang nicht so großen Einfluss besitzt, hat nur geringe Möglichkeiten, seine*ihre  politische Partizipation zu vergrößern.

d) Legitimationsgrundlage Bürger*innenwillen?

Befürworter*innen der direkten Demokratie führen oft an, dass durch Volksentscheide der Wille der Bürger*innen unverstellt abgebildet werde und einen Gewinn für die demokratische Gesellschaft darstelle. Fraglich ist, ob dies tatsächlich so zutrifft.
Bei der Frage nach der Abbildung des Bürger*innenwillens darf nicht beim Entscheid als solchen stehen geblieben werden, sondern es muss gerade die entscheidende Vorlaufphase genauer betrachtet werden. In dieser Phase der Meinungsbildung versuchen alle Gruppen, Einfluss auf die Bürger*innen im Sinne ihrer Kampagne zu nehmen. Hierbei kommen vor allem die unterschiedlichen strukturellen Ausstattungen zum Tragen: ein Mehr an Finanzen und sozialer Vernetzung ermöglicht eine stärkere Präsenz der entsprechenden Interessengruppe. Im Zeitpunkt der Entscheidung wird der*die Wähler*in im Zweifel zur bekannteren Alternative neigen. Dazu kommt, dass oftmals diejenigen, die der Meinung sind, dass diese Frage sie ohnehin nicht betrifft, sich gar nicht beteiligen. Der Bürger*innenwille wird also bei einem Volksbegehren keineswegs direkt, sondern unter Umständen sogar sehr verzerrt abgebildet.
Auch können Erwägungen außerhalb der Sachfrage eine starke Eigendynamik entfalten. Die Erfahrung zeigt, dass bei Abstimmungen über Projekte im kommunalen Bereich die Bürger*innen grundsätzlich seltener erreicht und mobilisiert werden können. Emotionen, wie Wut und Empörung, motivieren nicht nur zur Teilhabe, sondern beherrschen auch die Diskussion und schließen so sinnvolle Alternativen aus.

Inhaltlich führt die auf Ja oder Nein beschränkte Diskussion in der Sachfrage in der Regel zu weiter gehenden, teils populistisch eingefärbten, Vereinfachungen. Komplexe Zusammenhänge lassen sich, anders als im parlamentarischen Verfahren, nicht in allen Dimensionen darstellen und berücksichtigen. Vor allem, wenn die Stimmung in der Bevölkerung von der Wahrnehmung einer Krisensituation geprägt ist, können sich Positionen durchsetzen, die unter “normalen” Umständen keine Mehrheit finden würden. Dass diese Gefahr real ist, zeigt sich zum Beispiel im Anstieg der Popularität von rechtsextremen und populistischen Positionen ab Sommer 2015, wie es die Mitte-Studie aufzeigt (https://www.boell.de/de/2016/06/15/die-enthemmte-mitte-studie-leipzig).
Neben der gesteigerten Akzeptanz „populistischer“ Ansätze schließt die Sachfrage, die auf nur zwei Lösungen zugeschnitten ist, die Diskussion darüber hinausgehender Lösungsmöglichkeiten aus. In dieser Situation besteht keine Möglichkeit, einen Kompromiss zu erreichen.
Diese Punkte zeigen, dass direktdemokratische Verfahren bei der Abbildung des Wähler*innenwillens besonders zugänglich für sachfremde Gründe (z.B. Emotionen, Populismus oder Verkürzungen) sind. Das Ergebnis vieler Volksentscheide hängt so oftmals von der aktuellen Stimmungslage ab.

e)  Scheinbeteiligung

In der Regel ist der Erfolg von Volksentscheiden von der Aktualität des Themas abhängig. Die Bürger*innen können sich somit aktiv in aktuelle politische Entscheidungen einbringen, auch wenn die nächsten Wahlen erst in mehreren Jahren stattfinden. Dadurch entsteht jedoch eine Scheinbeteiligung der Bürger*innen, da sie zwar über aktuelle Themen abstimmen und so kurzfristige Entscheidungen treffen, nicht aber nachhaltig Politik prägen können. Eine solche Entscheidung kann dann zudem nicht ohne Weiteres nachträglich korrigiert werden, auch wenn dies durch eine  mittel- oder langfristige Veränderung der Situation nötig wäre. Außerdem führt es zu einer Abwertung des Parlaments, wenn aus Volksentscheiden langfristig gültige Gesetze hervorgehen. Könnte hingegen das Parlament Gesetze aus Volksentscheiden jederzeit einschränken, entkräften oder gar rückgängig machen, würde dies endgültig zu einer Scheinbeteiligung führen.

Argumentation

  • “Medien manipulieren die Meinungsbildung der Bürger*innen.” Befürworter*innen von mehr direkter Demokratie argumentieren oft mit einer scheinbaren Manipulation durch Medien. Diese würde angeblich durch mehr direkte Beteiligung an Abstimmungen unterbunden werden. Medien nehmen zwar Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess – das ist sogar auch Teil ihrer Aufgabe – aber dies ist unabhängig von repräsentativen oder direktdemokratischen Partizipationsmöglichkeiten. Selbst wenn dieser Einfluss sich zu Manipulation entwickelt, ist auch ein direktdemokratisches Verfahren nicht davor geschützt. Ein Beispiel ist die Propaganda, die die Initiator*innen des Minarettverbots in der Schweiz betrieben haben. Meinungsfindung sollte immer durch Medien begünstigt, nicht geschädigt werden. Mag eine Meinung den persönlichen Präferenzen nicht, der Meinungsfreiheit aber doch, entsprechen, ist sie nicht abzuwerten.
  • „Wir müssen die Demokratie wieder vom Kopf auf die Füße stellen.“ So lässt sich ein weiteres Argument für Volksabstimmungen auf Bundesebene zusammenfassen. Das impliziert, Abgeordnete würden den Willen der Bürger*innen nicht angemessen repräsentieren und deshalb müsste man, um den tatsächlichen Bürger*innenwillen zu ermitteln, immer alle abstimmen lassen. Füße alleine können aber nicht denken. Aus diesem Grund ist eine funktionierende Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und demokratisch gewählten Vertreter*innen zwingend notwendig. Ein Abstimmungsrecht alleine bietet noch keine volle politische Mitbestimmung. Die Beteiligungsmöglichkeiten in unserer Demokratie sind stark ausgeprägt. Ein Mitarbeit in einer Partei beispielsweise bietet dies in größerem Maße, als ein Kreuz bei einem Referendum. Repräsentative Demokratie ist nicht gleichbedeutend mit einem absoluten Repräsentationsanspruch des Staates. Ein*e Abgeordnete*r arbeitet nach seiner*ihrer Wahl nicht frei von Einflüssen aus der Zivilgesellschaft, sondern steht in ständigem Kontakt zu Personen, Organisationen und Interessengruppen aus seinem*ihren Wahlkreis und aus verschiedenen Fachbereichen und Branchen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur.
  • „Die Macht ist einseitig bei Wirtschaft und Eliten konzentriert. Die Gewaltenteilung funktioniert  nicht mehr. Es braucht die Bürger*innen, um wirkliches Umdenken anzustoßen, neue  Strukturen zu schaffen, alte Institutionen zu reformieren. Es braucht  bei der Gesetzgebung eine Gewaltenteilung zwischen Bürger*innen und Parlamenten.” Auch das hört man oft in konservativen Argumentationen für mehr direkte Demokratie. Doch hier wird zum einen der Begriff der Gewaltenteilung falsch verwendet, denn Gewaltenteilung heißt nicht, dass 82 Millionen Menschen ihren 82-Millionstel-Anteil an Einfluss bekommen. Vielmehr findet in Deutschland eine Gewaltenteilung in Judikative, Legislative und Exekutive statt, die sich gegenseitig kontrollieren. Zum anderen unterstellt dieses Argument den Parlamenten eine fehlende Rückkopplung mit der Bevölkerung. Dagegen wollen wir uns positionieren. Vielmehr halten wir es für sinnvoll, die Zusammenarbeit zwischen Politik und Bürger*innen weiter zu stärken.
  • “Volksentscheide ermöglichen schnelle und einfache Abstimmungen, um viele Meinungen die die Entscheidungsfindung einzubeziehen.” Dies ist ein häufig vorgebrachtes Argument für Volksentscheide. Das Beispiel Stuttgart 21 zeigt jedoch, dass im Gegenteil derartige Entscheide oft langwierig sind und einer großen Vorbereitungszeit bedürfen. Politik muss aber in manchen Situationen schnell und entschlossen reagieren. Die kurzfristige Reaktionsmöglichkeit der Politik, wie sie etwa bei Banken-Rettungspaketen notwendig ist, wird durch Volksabstimmungen in bestimmten Bereichen stark eingeschränkt.
  • “Durch die Formulierung in einem Volksentscheid wird die Thematik so zusammengefasst, dass sie klar und für alle Bürger*innen verständlich ist.” Befürworter*innen sagen, dass durch diese Reduzierung auf eine Ja-oder-Nein-Entscheidung alle aktiv in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden können. Das klingt zunächst einleuchtend und logisch. Dabei bleiben jedoch wichtige Details, wie etwa die Finanzierung oder die genaue Formulierung der Gesetzestexte, ungeklärt. Eine Beteiligung findet daher nur mittelbar statt.
  • “Es ist Zeit, dem eigentlichen Souverän, also dem Volk, mehr Kompetenzen zuzugestehen.” Der  Parlamentarische Rat hat sich allerdings bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes bewusst für eine repräsentative Demokratie entschieden. Auch die Legislative muss in einer Demokratie durch die anderen Gewalten kontrolliert werden. Eine direkte Abstimmung über Gesetze würde diese Kontrollfunktion in Frage stellen. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts könnten mit der Argumentation angegriffen werden, sie würden dem Volkswillen, der in einem Referendum seinen Ausdruck gefunden hat, entgegenstehen.
  • “Regierungen und Abgeordnete sind abgehoben und entscheiden über die Köpfe der Menschen hinweg.” Dem kann man die vielfältigen Möglichkeiten der Beteiligung am politischen System entgegen halten: Politische Gestaltung durch Wahlen auf den verschiedenen Ebenen, Mitarbeit in Parteien oder anderen politischen Organisationen und ein aktiver Umgang mit Politik im Allgemeinen, wie Bürgerdialoge, Kontakt zum jeweiligen Mandatsträger oder Beteiligung an politischer Aufklärung. Aktive Teilnahme am politischen Geschehen kann einen bedeutend größeren Einfluss nehmen, als ein Kreuz auf einem Abstimmungszettel.
  • “Volksentscheide stärken die Demokratie“. Von fehlendem Hintergrundwissen profitieren gerade Populist*innen, indem sie einfache Lösungen anbieten und sich zu Fürsprecher*innen des “Volkes” stilisieren. Genau dadurch besteht die Gefahr, dass sie ihre undifferenzierten Inhalte durchsetzen, denn sie bieten per se einfache Lösungen an und verkürzen sie auf Ja-/Nein-Entscheidungen. Dies geht zum Nachteil einer Vielfalt an Optionen, von denen eine Demokratie lebt. Förderlicher wäre stattdessen der Ausbau bereits bestehender Teilhabemöglichkeiten, z.B. Bürgerdialoge sowie Mitarbeit in der politischen Arbeit und Bildung.
  • “Volks- und Bürgerentscheide funktionieren doch in den Bundesländern auch. Warum also nicht auch auf Bundesebene, wenn auch hiervon Menschen direkt betroffen sind?” Fragen auf Bundesebene zeichnen sich aber im Zweifel durch eine höhere Abstraktheit und Komplexität aus, da eine Vielzahl an Personen, Orten und Sachverhalten davon betroffen ist. Fragen auf Kommunal- und Landesebene sind hingegen meist überschaubar und eignen sich daher besser für die Ja-/Nein-Fragen von Volksentscheiden. Dies ist bei Fragen, die die gesamte Bundesrepublik oder die europäische Politik betreffen nicht der Fall.
  • “Volksentscheide führen dazu, dass sich Bürger*innen wieder stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden fühlen.” Dem ist entgegen zu setzen, dass diese nur ein scheinbares Mehr an Mitbestimmung bieten. Wie oben ausgeführt, besteht die Gefahr einer Scheinbeteiligung sowie Verzerrung des Bürger*innenwillens und einer stark eingeschränkten Themensetzung. Eine Stärkung der demokratischen Kultur und eine Bekämpfung der Politikverdrossenheit ist daher nicht zu erwarten.
  • „Die Bürger*innen sind klüger, als viele Politiker glauben – und sehr wohl in der Lage, Argumente abzuwägen“  Gerade bei komplexen Themen ist eine Einarbeitung von Laien in wenigen Wochen kaum möglich. Eine Abwägung der Argumente und eine Entscheidungsfindung ist so nur erschwert möglich.

Unsere Forderungen

  • Wir lehnen Volksentscheide auf Bundesebene weiterhin ab, auf Landes-/Kommunalebene sind Verbesserungen notwendig.
  • Die Kampagnenfinanzierung bei Volksentscheiden muss transparent gemacht werden. Zudem müssen der Finanzierung Grenzen gesetzt werden, um eine massive Einflussnahme gut finanzierter Interessensgruppen vorzubeugen.
  • Eine gleiche Verteilung der Finanzen muss ein langfristiges Ziel sein, z.B. durch Schaffung eines einheitlichen Finanzierungstopfs oder Festlegung einer maximalen Budgetdifferenz der Gruppen.
  • Politische Bildung, vor allem in Bezug auf Partizipationsmöglichkeiten, muss sowohl in den Lehrplänen als auch in der Erwachsenenbildung verstärkt gefördert werden.
  • Auf Landes- und Kommunalebene fordern wir eine Mindestwahlbeteiligung bei Entscheiden und Auswahlmöglichkeiten, die über Ja und Nein hinausgehen.
  • In Grundrechte und wesentliche Staatsstrukturprinzipien darf durch Volksentscheide nicht eingegriffen werden.
  • Den abstimmungsberechtigten Bürger*innen  müssen vor der Entscheidung ausreichend Informationen zur Verfügung gestellt werden, welche die Breite der Debatte mit den verschiedenen Meinungen wiederspiegeln.

 

P6 Keine Koalition mit der CSU! Schwarz - Rot in Bayern ist keine Alternative!

9.03.2018

Wir fordern, dass die BayernSPD eine mögliche Koalition mit der CSU nach den Landtagswahlen 2018 in Bayern ausschließt!

 

Bei den vergangenen Bundestagswahlen hat die CSU deutlich an Stimmen verloren. Aus Angst, wieder die absolute Mehrheit in Bayern zu verlieren, sprachen Vertreter*innen der CSU von einer offenen, rechten Flanke, die geschlossen werden müsse, um die AfD zu verhindern. Seit diesem Zeitpunkt ist die CSU deutlich weiter nach rechts gerückt und poltert Tag für Tag gegen eine „linke Minderheit“, die die Politik in Deutschland bestimmen würde und übernimmt so 1:1 die Argumentationsstrategie der AfD. So ein Verhalten ist für uns als progressive Kraft in Bayern, die wir für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität stehen, nicht hinnehmbar.

 

Die Bundestagswahlen und einige Umfragen zu den Landtagswahlen zeigen, dass die CSU wohl ihre absolute Mehrheit im Landtag verlieren wird und demzufolge einen Koalitionspartner benötigt. Gerade diese Situation wird die politische Landschaft in Bayern deutlich verändern. Dabei sehen wir es für notwendig, ja geradezu als Pflicht, dass die BayernSPD sich nicht zur Steigbügelhalterin der CSU macht. „Obergrenze“, „Kürzung der Leistungen für Asylsuchende“, „Verhinderung einer gerechten Bildungspolitik“ und „Konservative Revolution“. Dies alles sind Punkte, die die CSU verfolgt. Das dürfen und können wir als BayernSPD nicht mittragen.

 

 

K1 “Der Dritte Weg” muss endlich verboten werden!

9.03.2018

Im April 2012 sprach sich der Bayerische Landtag einstimmig dafür aus, die Organisation “Freies Netz Süd” (FNS) zu verbieten. Bis zum endgültigen Verbot durch das Bayerische Innenministerium gingen allerdings mehr als zwei Jahre ins Land. Durch diese enorme zeitliche Verzögerung hatten die Mitglieder des FNS die Möglichkeit, sich Ausweichstrukturen zu schaffen.

Die Partei “Der Dritte Weg” wurde am 28. September 2013 in Heidelberg gegründet. Sie setzt sich zusammen aus (Ex-)Mitgliedern der NPD und des FNS. Durch die Gründung in Heidelberg und die Beteiligung anderer Akteur:innen aus der rechtsextremen Szene, konnte ein direktes Verbot als Nachfolgeorganisation verhindert werden. Die Gründung einer Partei erfolgte auch, um einen zusätzlichen Schutz durch das von ihnen bekämpfte Grundgesetz in Form des Parteienprivilegs zu gewährleisten.

Die Partei setzt, im Gegensatz zu anderen Parteien, nicht auf personelles Wachstum. Die radikal-völkischen Nationalist:innen sehen sich selbst als eingeschworenen Kreis an Aktivist:innen, deren Ziel es ist, die Bundesrepublik Deutschland zu zerstören. So fordern sie, dass das “Volk den illusionären Unwert 70-jähriger Umerziehung gänzlich abstreift” und stellen sich damit direkt in eine Linie mit der Nazi-Ideologie der NSDAP.

Zudem vernetzt sich „Der Dritte Weg“ mit rechtsextremen Gruppen im Ausland, unter anderem der goldenen Morgenröte in Griechenland und dem “Nordic Resistance Movement”, die immer wieder auch durch Verherrlichung der SS und Adolf Hitler auffallen. In Deutschland besteht Kontakt zur Identitären Bewegung.

Unter anderem fordert „Der Dritte Weg“ die Wiederherstellung der Grenze von 1937. Auch die Aneignung von teils verbotenen nationalsozialistischen Symbolen und Ritualen ist Kernelement der Partei – mitunter zeigen sie diese in der Öffentlichkeit.

Grundsätzlich sieht sich „Der Dritte Weg“ als Verteidiger des „Deutschen Volkes” und der „germanischen Kultur“. So schreiben sie auf ihrer Website, durch „fieberhaften Wahn multikultureller Volksvermischer droht heute ganz Europa zu zerbrechen und unwiederbringlich niederzugehen”. Die hier genutzte Terminologie der “Volksvermischung” steht nicht nur in der Tradition des Nationalsozialismus, sondern entstammt diesem auch.

 

Zusammensetzung und Organisation

Der Gründer der Aussteiger:innenorganisation „Exit“, Bernd Wagner, sieht den „Dritten Weg” als eine Partei, die sich selbst im “Partisanenkrieg gegen die Demokratie” wähnt. Mit Gewalttaten gegen Geflüchtete und Andersdenkende widersprechen die Taten und Ziele der Partei klar der freiheitlich demokratischen Grundordnung.  

Zudem dient “Der Dritte Weg” als ein Auffangbecken für Mitglieder verbotener Kameradschaften. Vielen dieser Neonazis wird nicht nur politisch eine neue Heimat geboten, sie sind auch in Vorstandspositionen wiederzufinden.

An der Organisation und der Art der Aktivitäten ist zu erkennen, dass „Der Dritte Weg“ tatsächlich eine Nachfolgeorganisation des „Freien Netz Süd“ ist. So heißen ihre Vertretungen auf Kreis- oder Bezirksebene “Stützpunkte” und dienen ihren Kadern als Netzwerkbasis zur Missionierung. Man kann nicht sofort Mitglied werden, sondern startet als Fördermitglied, mit der Option als Vollmitglied aufgenommen zu werden. Hierzu muss eine Mitgliederversammlung abgehalten werden. So kontrolliert die Partei, dass keine unliebsamen Menschen Mitglieder werden und die stramme Neonazi-Linie fortgeführt wird.

Die Entstehung neuer Stützpunkte im Bundesgebiet bei nur schwach wachsender Mitgliederzahl zeigt, dass “Der Dritte Weg” nur auf Bundesebene verboten werden kann. Drohungen und Gewaltdelikte sind Teil des Auftretens der Rechtsextremen, die sich auf Veranstaltungen auch mit rechten Terrorist:innen zeigen, wie dem verurteilten Karl-Heinz Statzberger, dessen Anschlagsversuch auf ein jüdisches Gemeindezentrum in München vereitelt wurde.

 

Teilnahme an Wahlen

„Der Dritte Weg“ strebt keine wirkliche Mitarbeit in Parlamenten an, bisher ist sie seit ihrer Gründung lediglich bei einer Landtagswahl in Rheinland-Pfalz angetreten- Stattdessen versucht sie durch ihren Organisation und das aufgebaute Netzwerk gezielt Ängste zu schüren und Menschen zu Hetze und Gewalttaten anzustacheln.

 

Aktionsprofil

“Der Dritte Weg” betreibt Hetzkampagnen im Netz, veröffentlichte unter anderem eine interaktive Karte, in der Geflüchtetenunterkünfte mit detaillierten Beschreibungen vermerkt waren. Auch Flyeraktionen, um gezielt vor Ort Angst zu schüren werden immer wieder durchgeführt. Auf der Wiesn 2015 verteilte “Der Dritte Weg” Flyer, die den Eindruck erweckten, dass massenhaft Frauen durch Asylbewerber:innen vergewaltigt wurden. Auf dem Flyer standen vermeintlich “gutgemeinte” Tipps – Ziel war es aber die von ihnen selbst geschürten Ängste augenscheinlich zu bestätigen.

Im Umfeld geplanter Geflüchtetenunterkünfte waren es auch immer wieder Mitglieder des “Dritten Wegs”, die, scheinbar als Privatpersonen, Protestgruppen in Sozialen Netzwerken wie Facebook gründeten und Angst und Hass vor Ort schürten. Dieses getarnte Vorgehen ermöglicht es ihnen zunächst Kontakt zur örtlichen Bevölkerung aufzubauen und ohne das Wissen von offiziellen oder antifaschistischen Gruppen Menschen vor Ort gegen beispielsweise geplante Unterkünfte aufzustacheln, bevor diese auch nur in der Gemeinde diskutiert werden.

 

Das Bundesverfassungsgericht ist, aus gutem Grund, die einzige Instanz in Deutschland, die Parteien verbieten kann. Trotz der geringen Größe stellt die Partei „Der Dritte Weg“ eine erhebliche Gefahr für unser Zusammenleben dar. Sie versucht die Spaltung der Gesellschaft voran zu treiben und ist damit durch ihre subversive Art erfolgreicher, als es die plumpe NPD jemals war. Auch durch ihr verfassungsfeindliches Profil halten wir ein Verbot dieser Partei für unumgänglich.

Da es allerdings durchaus sein kann, dass die Partei u.a. durch ihre Organisationsart oder den mangelnden Willen an parlamentarischer Mitbestimmung vom Bundesverfassungsgericht nicht als Partei angesehen wird, möchten wir auch diese Möglichkeit abdecken.

 

Deswegen fordern wir:

       Die SPD setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass ein Verbotsverfahren der Partei “Der Dritte Weg” vor dem Bundesverfassungsgericht eingeleitet wird.

       Falls das Verbotsverfahren an der Definition als “Partei” scheitern sollte, ist es die Aufgabe der SPD “Der Dritte Weg” als verfassungsfeindliche Organisation nach dem Vereinsgesetz verbieten zu lassen.

V5 Verbesserung des ÖPNVs

9.03.2018

Tallinn als erste europäische Hauptstadt macht es vor, verschiedene belgische und französische Kommunen ebenso: Der öffentliche Personennahverkehr zum Nulltarif. Währenddessen in Bayern: Tarifwirrwarr – für wenige Kilometer müssen mitunter mehrere überteuerte Tickets gelöst werden. Gerade im ländlichen Raum ist die Kooperation der verschiedenen Verkehrsverbände schlecht, wodurch des Öfteren signifikante Wartezeiten für die einzelnen Passagier:innen an regionalen Zuständigkeitsgrenzen entstehen. Sogar der Rückbau einzelner Verbindungen ist kein Tabu mehr. Gerade in finanzschwachen Kommunen ist die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe für all jene, die sich außerhalb des fahrfähigen Alters befinden oder aus anderen Gründen kein eigenes Kraftfahrzeug unterhalten können oder wollen stark eingeschränkt. Besonders im Schichtdienst ist das eigene Verkehrsmittel heutzutage kaum mehr wegzudenken, denn öffentliche Verkehrsangebote außerhalb der üblichen Stoßzeiten sind Mangelware. Dies schadet vor Allem der Wirtschaft: Arbeitssuchende werden von Vornherein abgeschreckt, sich auf Jobangebote zu bewerben, die etwas entfernter von der eigenen Haustür liegen. Und auch das soziale Miteinander leidet: Junge Menschen müssen viel zu früh den letzten Bus nehmen und auf den restlichen Abend mit (Partei-)Freund:innen verzichten. Ältere Menschen vereinsamen, weil ihre eingeschränkte Mobilität nicht öffentlich kompensiert wird. Viele Gegenden sind ohne ausgiebige Fußmärsche überhaupt nicht mehr angeschlossen. Und oftmals passt die Gehhilfe oder das Fahrrad dann auch nicht ohne Weiteres in den Bus. Doch auch in Metropolregionen wie dem Großraum München plagen überteuerte Ticketpreise die Bürger:innen. Der allgegenwärtige Investitionsstau macht Pendeln mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln zur Glaubensfrage und motiviert stattdessen täglich Millionen Bürger:innen,  lieber den PKW für den Weg zum Arbeitsplatz zu nutzen. Neue Technologien wie das autonome Fahren werden stiefmütterlich behandelt und gegenüber konventionellen Herangehensweisen vernachlässigt.

Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Ein solidarisch finanzierter, moderner, flexibler und zukunftsorientierter öffentlicher Personennahverkehr. Dies entlastet die Umwelt, ist sicherer, zuverlässigerer und ökonomischer als der tägliche motorisierte Individualverkehr. Die positiven Beispiele mit gelungener Umstellung der öffentlichen Verkehrsmittel auf einen Betriebsmodus, der ohne Zahlung der individuellen Nutzung auskommt machen dieses Konzept zu einem förderungswürdigen und vielversprechenden Lösungsansatz.

 

Deswegen fordern wir:

Die SPD setzt sich ein für:

       ein Kooperationsgebot zur engeren Abstimmung der Verkehrsverbände.

       die konsequente Modernisierung bei gleichzeitigem Ausbau bestehender Systeme und Linien.

       die Förderung der Forschung nach neuer Technik (bspw. autonome Fahrsysteme).

       die Förderung und Erprobung von Modellen des kostenlosen ÖPNVs:

       finanziert durch Steuermittel (im Gesamthaushalt)

–       finanziert durch Beiträge (Verkehrsabgabe) von

       o  Arbeitgeber:innen

       o  Tourist:innen

       o  Grundstückseigentümer:innen

       o  Autofahrer:innenund/oder

B6 Mehr politische und kulturelle Bildungseinrichtungen für Jugendliche im ländlichen Raum

9.03.2018

Die Jugend als Reifeprozess stellt den wohl prägendsten Abschnitt für die Identitätsfindung eines Menschen dar. Mag zwar die Ausprägung dieses Prozesses von Individuum zu Individuum differieren, so teilen junge Menschen dennoch gewisse Bedürfnisse;

Der Abnabelungsprozess vom Elternhaus mag ein solches sein, ebenso der Wunsch, eigene Stärken zu entdecken und auszubauen, selbstständig zu sein, neue Erfahrungen zu sammeln und, vor allem, sich mit Gleichaltrigen und / oder -gesinnten zu umgeben. Auch ist es im Jugendalter wichtig, eigene Grenzen und Schwächen zu erkennen, möglichst zu lernen, mit diesen umzugehen. Dies kann Jugendlichen nur gelingen, wenn sie die Chance haben, sich an Neuem auszutesten und dabei Rückmeldung von einem vertrauten, sozialen Gefüge bekommen.

 

Eine bewährte Methode, die nicht nur mit Bildungsprogrammen Veranstaltungen und Events speziell für Jugendliche, sondern auch schlicht einem Treff- und Anlaufpunkt für genannte Zielgruppe aufwartet, sind Institutionen wie Jugendtreffs/-zentren/-häuser etc. Diese Treffs existieren neben partei-, kirchlich oder institutionell geprägten Jugendorganisationen und sind zweckfreie Einrichtungen mit „Wohnzimmer-Charakter“. Neben einem unbeeinflussten Bildungsauftrag erfüllen sie auch den Wunsch Jugendlicher, sich außerhalb von Vereinen und Schule zu vernetzen. Während nicht Jede:r Anschluss zu kostenpflichtigen Freizeitaktivitäten hat, können solche Jugendeinrichtungen eben Jenen die Möglichkeit geben, sich an handwerkerischen und kreativen Aktivitäten zu versuchen oder auch einmal Verantwortung für ein Amt zu übernehmen und sich in Teamarbeit, „learning by doing“, zu schulen. Dies stärkt die Eigenverantwortung, das Selbstbewusstsein und den natürlichen Abnabelungsprozess von den Eltern, da Jugendliche sich in einem von übermächtigen Hierarchien und Leistungsdruck freien Raum austoben können und durch das Wirkungsgefüge einer Institution, die zwar eine Richtung weist, aber dennoch viel Platz für eigene Impulse und Mitarbeit lässt, an ihren Herausforderungen wachsen.

 

Während in Städten eine große Auswahl an solchen Einrichtungen, ob in privater, kirchlicher oder öffentlicher Hand, besteht, sind sie im ländlichen Raum kaum zu finden. Während es in Passau allein acht Jugendtreffs gibt, gibt es im gesamten Landkreis lediglich zwei kirchliche Jugendbüros in Pocking und Hauzenberg, das sich hauptsächlich auf Glaubensaktivitäten beschränkt. Dass es möglich wäre, Strukturen für mehr Jugendarbeit auf dem Land zu schaffen, zeigen Sportvereine und kirchliche Verbände.

 

Dabei wäre es gerade im ländlichen Raum wichtig, solche selbstverwalteten Zufluchtsorte zur Verfügung zu stellen. Da das ÖPNV-Netz auf dem Land nicht allzu flexibel ist und nicht Jede:r über ein eigenes Fahrzeug verfügt, geschweige denn in unmittelbarer Nähe zu einer größeren Stadt lebt, fehlt es an Angebot an und freier Auswahl der Freizeitgestaltung. Zwar zieht es junge Erwachsene immer häufiger in Ballungsräume und Städte, doch besteht auch ein Trend der Wiederkehr junger Familien in die Peripherie, weshalb ein Bedarf an Jugendeinrichtungen bestehen bleiben dürfte.

 

Räumliche wie zeitliche Isolation lassen Jugendlichen umso weniger Raum, sich abzunabeln und zu entfalten. Das enge Aufeinandersitzen mit der Familie und festgefahren sein im Altbekannten in einer krisenschwangeren Zeit wie der Pubertät birgt viel Konfliktpotential. Deshalb ist es besonders wichtig einen Ausgleich zu haben, der nicht an Geld, Interessen oder Hierarchien gebunden ist. Des Weiteren wären solche Jugendtreffs ein Anknüpfungspunkt, junge Menschen früh für den politischen Diskurs zu begeistern. Im ländlichen Raum ist ein solcher außerhalb von Schule und Gasthäusern eher nicht zu finden, in beiden Fällen ist mit einer inhaltlich freien Debatte eher nicht zu rechnen. Würde man diesen durch das Etablieren bestimmter Plattformen anbieten, ließe sich ein gewisser Trend zur Politikverdrossenheit und Unmut auf das „Establishment“, das „unerreichbar in den Großstädten thront“, abbauen. Auch könnten junge Menschen durch gezielte Projekte im voneinander Lernen für Themen wie sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit, Inklusion und Integration sensibilisiert und eingebettet werden.

 

Während der Bayerische Jugendring, die Kirchen und der Landessportverband ihnen untergeordnete Jugendarbeit bezuschussen, bleibt die weitere Unterhaltung in privater Hand. Mögliche Finanzhilfe erfahren Jugendzentren und die dort oft ehrenamtlich Arbeitenden höchstens durch Sponsoren oder die jeweiligen Gemeinden, welche allerdings häufig nicht über die entscheidenden Mittel verfügen. Der Freistaat Bayern muss den Gemeinden also unter die Arme greifen, um angemessene und angemessen flächendeckende Jugendzentren anzubieten.

 

Das Sozialgesetzbuch schreibt eine solche Förderung indirekt vor, siehe § 11 Abs. 1 SGB VIII : „Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“ Dass der Freistaat Bayern im Umsetzen dessen bisher gescheitert ist, scheint offensichtlich. Freie Träger der Jugendarbeit müssen mehr Unterstützung aus öffentlicher Hand erfahren. Während eine Kooperation mit Organisationen wie ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für ländliche Entwicklung), dem Bundesjugendring und dem Bund der deutschen Landjugend wünschenswert ist, müssen die eigenverantwortlichen Institutionen ihnen gerecht werdende Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, um dauerhaft ein interessantes Programm anbieten zu können. Denn hat ein Jugendzentrum erst einmal Zulauf, ist sein Bestehen vorerst gesichert und selbst befeuernd.

 

Konkrete Forderungen

       Flächendeckend eigenverantwortliche und nicht zweckgebundene Bildungseinrichtungen für junge Menschen schaffen, Ausbau solcher insbesondere im ländlichen Raum

       Entlastung der Gemeinden durch Bezuschussung von Jugendzentren durch den Freistaat Bayern

       Kooperation mit Dachverbänden, die in der Jugendarbeit tätig sind, aber nicht an eine höhere Institution (Kirche, Parteien, Sportverbände etc.) gebunden sind, beispielsweise ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für ländliche Entwicklung), Bundesjugendring, Bund der deutschen Landjugend

G3 Affektive Störungen endlich wirksam bekämpfen!

9.03.2018

Fast jeder dritte Mensch leidet im Laufe seines Lebens an einer Behandlungsbedürftigen psychischen Krankheit, dazu gehören unter anderem Depressionen, Alkoholerkrankungen und bipolare Störungen. Durch die Tabuisierung, die wir immer noch in unserer Gesellschaft erleben, ist die Hemmschwelle sehr hoch, sich präventiv bereits in Behandlung zu geben – es wird abgewartet, bis das „normale Leben“ nicht mehr möglich ist. Das Bundesministerium für Gesundheit fördert Aufklärungskampagnen und –vereine, hat allerdings keine eigene Kampagne. In Europa sind 50.000.000 Bürger:innen von Depressionen und Suchterkrankungen betroffen.

Es gibt zwei Arten Psychotherapeut:in zu werden. Für die Ausbildung zur:zum psychologischen Psychotherapeut:in bedarf es eines Bachelor- und Masterstudiums der Psychologie mit Schwerpunkt klinischer Psychologie . An das Masterstudium der Psychologie schließt sich eine Psychotherapeut:innenausbildung an, die sich über einen Zeitraum von 3-5 Jahren erstreckt und im Durchschnitt 20.000€ kostet. Mit abgeschlossener Ausbildung erfolgt die Approbation, die zu einer Kassenzulassung führen kann und somit zur selbstständigen Arbeit. Psychologische Psychotherapeut:innen dürfen lediglich therapieren.

Für die Ausbildung zur:zum medizinischen Psychotherapeut:in benötigt man ein Medizinstudium mit anschließender Fachärzt:innenausbildung. Medizinische Psychotherapeut:innen, auch Psychiater:innen genannt, sind befugt Medikamente zu verschreiben und Diagnosen zu stellen.

Die Verhältniszahlen, die zur Ermittlung des Bedarfes an Psychotherapeut:innen genutzt werden, stammen noch aus dem Jahr 1999. Während die Verhältniszahlen fast flächendeckend eine Überversorgung vermitteln, leiden tatsächlich 5.000.000 Menschen in Deutschland an einer psychischen Krankheit, während allerdings nur 1.500.000 Behandlungsplätze zur Verfügung stehen. Dies führt zu einer durchschnittlichen Wartezeit von 3 Monaten bis zum ersten Beratungstermin. Durch das Versorgungsstrukturgesetz 2012 wurden, dank der alten Verhältniszahlen, Praxen geschlossen und stillgelegt, statt die Versorgung weiter auszubauen. Vor allem jetzt, da viele Geflüchtete mit Traumata zu uns kommen, stehen die Verhältniszahlen von 1999 in keinerlei Relation zum eigentlichen Bedarf.

Während der Ausbildung zum:zur Psychotherapeut:in müssen die Auszubildenden 1.200 Praxisstunden an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung und 600 Stunden bei der psychotherapeutischen oder psychosomatischen Versorgung in einer Praxis ableisten. Hierzu gibt es noch keine gesetzliche Regelung über die Vergütung und das genaue Vertragsverhältnis der Auszubildenden. Es ist also Sache des:der Arbeitgeber:in, ob die Auszubildenden in ihrer Praxiszeit als Praktikant:innen oder anders vergütet werden.

Psychische Krankheiten sind die Ursache von 10% aller Fehltage und häufig Grund für einen frühzeitigen Eintritt in die Rente. Durch häufig einseitige psychische Belastung und körperliche Unterforderung am Arbeitsplatz entstehen häufig körperliche Beschwerden, die zu Ausfällen führen können. Diese führen wiederum zu erhöhtem Zeitdruck und damit einhergehende Überforderung.

Auch an Universitäten ist die psychische Versorgung der Studierenden stark standortabhängig. So wartet man beispielsweise an der Universität Passau mitunter länger als einen Monat, bis überhaupt eine Reaktion des:der Seelsorger:in erfolgt. Diese besteht in manchen Fällen aus dem schlichten Hinweis, sich anderweitig Hilfe zu suchen. Das psychologische Beratungsangebot wird dem augenscheinlich großen Bedarf an psychischer Unterstützung im Studium daher nicht gerecht. Der Druck, dem Studierende mittlerweile während des Studiums ausgesetzt sind ist immens. Neben einer Regelstudienzeit haben viele Universitäten eine Maximalsemesteranzahl eingeführt. Das führt dazu, dass ein ehrenamtliches Engagement außerhalb der Universität immer schwieriger wird. Auch Studierende, die auf einen Nebenjob angewiesen sind, sind mehr belastet. Das Studium entwickelt sich immer mehr zu einer scheinbar für alle offenen Institution, die allerdings am einfachsten für Menschen mit genug Geld zu bestreiten ist. Symptomatisch hierfür ist die Tatsache, dass kommerzielle juristische Repetitorien in ihrem Programm zusätzlich kostenpflichtige psychologische Unterstützung an. Selbst wenn sich Jurastudent:innen mit geringerem Einkommen das private Repetitorium leisten können, müssen sie hier erneut in die Tasche greifen.

 

Deswegen fordern wir:

Es muss eine breit ausgebaute Aufklärungskampagne des Bundesministeriums für Gesundheit geben. Affektive Störungen müssen endlich in ihrer Schwere auch öffentlich als Krankheit wahrgenommen werden! Es darf kein Tabu mehr sein in der Öffentlichkeit über affektive Störungen genauso zu reden, wie über ein gebrochenes Bein oder einen amputierten Arm.

Um die Menge an Patient:innen wirksam und zeitnah behandeln zu können, brauchen wir genug Psychotherapeut:innen im Land. Hierfür muss die Ausbildung gebührenfrei werden. Auch bei anderen Ausbildungen wurde die Branche nicht durch Gebührenfreiheit zerstört.

Psychotherapeut:innen in Ausbildung müssen fair entlohnt werden. Hierzu muss in Kooperation mit den Gewerkschaften eine Vergütung wie bei Mediziner:innen in der Fachärzt:innenausbildung erfolgen.

Die Verhältniszahlen für den Bedarf an Psychotherapeut:innen müssen endlich an die Realität angepasst und regelmäßig aktualisiert werden! Neben dem Ausbau müssen aber auch in der Ausbildung der Psychotherapeut:innen Traumata durch Kriege und Folter verstärkt behandelt werden, um allen Menschen effektiv helfen zu können.

Auch an Universitäten muss die Versorgung mit Psychotherapeut:innen ausgebessert werden. Hier gilt es genug Kräfte anzustellen, dass Studierenden über kurzfristige Tiefs hinweggeholfen werden kann und diese – sollten die Probleme grundlegender und schwerwiegender sein – zeitnah an eine:n geeignete:n Psychotherapeut:in überwiesen werden. Es kann nicht sein, dass Studierende mitunter vier Wochen auf eine Absage per Mail warten müssen.

 

G2 Psychische Störungen machen keinen Halt vor Kindern - Für mehr Fachpersonal in schulischen Einrichtungen

9.03.2018

Die Burden of Disease-Studie der WHO aus dem Jahr 2001 zeigt, dass Depressionen die häufigste Ursache für mit Beeinträchtigung gelebte Lebensjahre in den Industrieländern sind. Betroffen sind auch Kinder und Jugendliche. So gibt das statistische Bundesamt an, dass sich die Zahl der behandelten Fälle seit 2010 verzehnfacht hat. Die Dunkelziffer an unbehandelten Fällen liegt mit Sicherheit noch viel höher. Die Folgen, die sich aus dieser Krankheit für die Betroffenen ergeben, sind als fatal einzustufen.

Im schlimmsten Fall kann eine Depression zum Tod führen. In Deutschland ist der Suizid die zweithäufigste Todesursache bei Menschen unter 25. Um das zu verhindern, benötigen alle Betroffenen professionelle Hilfe, um den Weg zurück in ein glückliches Leben zu finden. Doch um diese professionelle Hilfe zu erhalten, muss erst einmal das Umfeld der Betroffenen darauf aufmerksam werden. Bei Kindern und Jugendlichen betrifft das natürlich zuerst die Eltern und die gesamte Familie.  In zweiter Linie sollte auch die Schule, die Lern- und Lebensraum für die Schüler*innen ist und wo sie viel Zeit verbringen, bei der Prävention tätig werden. Und hier beginnt das Problem.

Eine Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus aus dem Jahr 2011 zeigt, dass Suizid in den Aufgabenbereich des KIBBS fällt. KIBBS steht für „Kriseninterventions- und -bewältigungsteam bayerischer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen“. Dieses Team kommt erst nach der sogenannten Krise zum Einsatz. Als Beispiele werden hier der (Unfall)Tod eines Schülers, einer Schülerin oder einer Lehrkraft, Gewaltdrohungen, ein Amoklauf oder auch ein Suizid angeführt. Die pädagogische Prävention und ein Sicherheitskonzept, welches mit der Polizei vor Ort zu erstellen ist, fallen in den Zuständigkeitsbereich der Schule.

Weitere Akteur*innen sind Schulpsycholog*innen, welche für einzelne Schulen zuständig sind und innerhalb ihrer Sprechzeiten vor Ort erreichbar sind. Diese sind jedoch stark überfordert, da sie oft in Teilzeitverhältnissen arbeiten und zudem noch für mehrere Schulen gleichzeitig zuständig sind. Das lässt sich an einem Beispiel anhand der Seite der staatlichen Schulberatung in Bayern festmachen. Laut Kultusministerium besuchten beispielsweise das Gabelsberger-Gymnasium in Mainburg im Landkreis Kelheim in Niederbayern im Schuljahr 2015/2016 1216 Schüler*innen. Auf diese Anzahl von Kindern und Jugendlichen kommt ein Schulpsychologe, welcher einmal in der Woche für 45 Minuten an der Schule ist. Weiterhin sind in Bayern fast alle Schulpsycholog*innen gleichzeitig (Fach)Lehrkräfte. Die Schulpsychologie nimmt dabei nur einen geringen Anteil ihrer Arbeitszeit ein. Am Gymnasium haben die meisten Schulpsycholog*innen, die in Vollzeit arbeiten, an ihrer eigenen Schule bei insgesamt 23 Anrechnungsstunden vier Unterrichtsstunden für schulpsychologische Tätigkeiten zur Verfügung. Das entspricht etwa 400 Minuten, also etwas mehr als 6,5 Zeitstunden. Betreut ein*e Schulpsycholog*in mehrere Schulen, so beträgt die Zeit für schulpsychologische Tätigkeiten acht Unterrichtsstunden (dreizehn Zeitstunden), unabhängig davon, wie viele Schulen betreut werden. Zu schulpsychologischen Tätigkeiten zählen neben der Beratung von Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften auch die Planung und Durchführung von Gruppenmaßnahmen (z.B. Mobbingprävention) und Methodentrainings (z.B. Lernen lernen). Eine kontinuierliche Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit Beratungsbedarf ist so nicht möglich.

Eine weitere Möglichkeit, um suizidgefährdete Schüler*innen zu erkennen, wäre die Jugendsozialarbeit an Schulen. Laut der Homepage des JaS stellen die Jugendämter vor Ort im Rahmen der Jugendhilfeplanung fest, bei welchen Schulen ein jugendrechtlicher Handlungsbedarf besteht. Explizit werden Schulen mit gravierenden sozialen und erzieherischen Problemen genannt. Gymnasien erfüllen diese Kriterien nicht, und auch an Realschulen kommt das JaS nur sehr selten zum Einsatz.

Letztlich sind auch die Lehrer*innen, welche tagtäglich mit den Schüler*innen zu tun haben, nicht ausreichend ausgebildet, um Anzeichen einer Depression und Suizidgefährdung zuverlässig zu erkennen.

Insgesamt muss ein umfangreiches Netz zur Früherkennung geschaffen werden, damit weitere Schritte von der Diagnose bis zur Therapie in die Wege geleitet werden können. Daher fordern wird:

       Eine regelmäßige Fortbildung für alle Lehrer*innen aller Schularten zu psychischer Gesundheit und Depressionen bei Schüler*innen.

       Mindestens ein*e Schulpsycholog*in pro Schule welche*r an mindestens zwei Schultagen vor Ort ist. Für die ausreichende psychologische Versorgung fordern wir eine Mindestanrechnungsstundenzahl von vier Stunden pro Woche und Schule, die ein*e Schulpsycholog*in betreut. Bei Schulen mit mehr als 400 Schüler*innen fordern wir mindestens ein*e Anrechnungsstunde pro 100 Schüler*innen.

       Zwei Sozialarbeiter*innen pro Schule, welche den*die Schulpsycholog*in bei der Beratung unterstützt und zusätzlich mit jeder Klasse ein Programm zur Aufklärung über Depressionen durchführt. Diese sollen täglich an der Schule im Einsatz sein.

       Zur Verhinderung von Stigmatisierung psychisch Erkrankter müssen psychischen Störungsbilder in verschiedenen Fächern, insbesondere in Biologie und Ethik (Religion), behandelt werden. Dabei sollten Lehrkräfte explizit auf schulische und außerschulische Beratungsstellen für Betroffene und Angehörige hinweisen

V1 Progressiv in die Zukunft starten: Neue Wege in der Verkehrs-, Infrastruktur- und Digitalisierungspolitik gehen

9.03.2018

Die Politik der letzten Jahre versäumte, geprägt vom Dogma der schwarzen Null, zentrale Schritte in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur und Digitalisierung. Entsprechend sind eine Vielzahl an Maßnahmen notwendig, um zu einer zeitgemäßen Politik aufzuschließen. Nachfolgender Maßnahmenkatalog soll als Richtschnur für künftige Verkehrs-, Infrastruktur- und Digitalisierungspolitik der BayernSPD dienen.

 

Verkehr:

 

  •      Studierenden-, Schüler*innen- und Auszubildendenticket

 

Im Laufe der Zeit und vor allem aufgrund der Zentralisation wird von Jugendlichen immer mehr Mobilität erwartet. Für viele ist es schlicht aus Kostengründen nicht möglich, die in den letzten Jahren enorm gestiegenen Mieten in den Ballungsräumen zu bezahlen. Das tägliche Pendeln mit dem öffentlichen Nahverkehr zur Ausbildungsstätte von daher keine Seltenheit mehr. Ein zusätzliches Problem stellt mittlerweile der Weg zur Berufsschule dar. Personen, die eine Ausbildung machen, bei der beispielsweise aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung immer weniger Plätze angeboten werden, müssen zudem einen deutlich weiteren und dadurch auch kostenintensiveren Weg zur Schule ablegen. Die zum Teil immens hohen Ticketpreise müssen für ein gesamtes Jahr ausgelegt werden, bevor ein kleiner Teil der entstandenen Kosten rückerstattet wird. Das Hauptproblem hierbei ist, dass auch nur lediglich ein Bruchteil zurückgezahlt wird. Vor allem Auszubildende, deren Arbeit nur sehr gering vergütet wird, erfahren hier eine zusätzliche finanzielle Last und Einschränkung.

Nicht wirklich besser ist die Lage bei den Schüler*innen. Diese müssen nämlich ab der 11. Jahrgangsstufe die Fahrtkosten zur Schule selbst tragen. Familien mit geringem Einkommen geraten daher oft in die Lage, dass sie ihren Kindern nicht den Besuch der gewünschten schulischen Einrichtung ermöglichen können.

Bei Studierenden hingegen konnten in den letzten Jahren zumindest kleine Erfolge erzielt werden. An einigen Universitäten gibt es Tickets nach dem Solidarmodell, die den Studierenden regional begrenztes Reisen zu niedrigen Preise in Form eines Studierendentickets möglich machen.

Wir fordern daher die Einführung eines kostenlosen Landestickets für alle Auszubildenden, Schüler*innen, Studierenden sowie Teilnehmende an den Freiwilligendiensten (Bufdi, FSJ, FSJ Kultur, FÖJ, FSJ für Geflüchtete) im Freistaat Bayern. Die Kosten hierfür übernimmt der Freistaat Bayern. Die Kommunen müssen im Gegenzug einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr zur Verfügung stellen. Bei einem stark defizitären Nahverkehr kann das zuständige Amt selbstredend Unterstützung beim Freistaat Bayern beantragen. Die genauen Regelungen, ab wann und inwieweit kommunale Träger*innen unterstützt werden müssen, sollten allerdings zuständige Expert*innen festlegen.

Ein kostenloses Landesticket würde zum einen die Mobilität vor allem junger Menschen extrem steigern und dadurch auch soziale Teilhabe erleichtern, insbesondere wenn lediglich ein geringes Haushaltseinkommen vorliegt. Zum anderen würde zweifellos die Umwelt geschützt werden, da die Nutzung von Kraftfahrzeugen zumindest in dieser Personengruppe rapide abnehmen würde. Durch das kostenlose Landesticket würde der Nahverkehr häufiger genutzt werden und somit an Bedeutung gewinnen. Die höhere Auslastung würde in der Konsequenz auch zu einer höheren Taktung führen.

 

 

  •      Taxi 50:50

 

Ein weiterer Punkt, der für jene Regionen, die eher strukturschwach sind, von Bedeutung ist, ist das Taxi 50/50. Vor allem in der Nacht muss es jungen Menschen ermöglicht werden, sowohl kostengünstig, schnell als auch sicher nach Hause zu gelangen. Wenn der öffentliche Nahverkehr, sofern denn überhaupt vorhanden, bereits eingestellt ist, keine*r mehr in der Lage ist, sicher mit dem Auto zu fahren und auch sonst keine Möglichkeit besteht privat abgeholt zu werden, stellt dies in ländlichen Regionen ein Problem dar. Abhilfe soll hier das Taxi 50/50 schaffen. Alle Auszubildenden, Schüler*innen und Studierenden sollen online beim Landratsamt, welches die zuständige Behörde für den Nahverkehr ist, einen kleinen Ausweis erhalten, dass sie Azubi, Schüler*in beziehungsweise Student*in im jeweiligen Landkreis sind. Dieser kann bei einem Taxi vorgezeigt werden und führt dazu, dass lediglich die Hälfte der entstandenen Kosten durch die Personen übernommen werden muss. Der andere Teil wird durch das Landratsamt übernommen. Die Abwicklung zwischen Taxifahrer*in und der Behörde soll möglichst unbürokratisch sein, sodass für Taxiunternehmen kein Nachteil entsteht, wenn sie an diesem Programm teilnehmen. Das Ziel muss allerdings sein, dass in wenigen Jahren mithilfe der Funktionen des neuen Personalausweises die Übermittlung sofort an das zuständige Amt erfolgt, dem somit auch einfach nachgewiesen werden kann, dass das Taxiunternehmen eine Person transportiert hat, die Anspruch darauf hat, dass die Hälfte der Kosten durch das Landratsamt übernommen werden. Einige Landkreise in Bayern zeigen bereits, dass dies gut funktioniert und auch in Sachsen-Anhalt gibt es bereits seit vielen Jahren ein ähnliches Programm, das seitdem problemlos funktioniert. Wir fordern, dass ein solches Programm in allen Landkreisen und kreisfreien Städten eingeführt wird und der Freistaat Bayern einen Großteil der Kosten übernimmt. Die Missbrauchsprävention ist durch eine geeignete Regelung zu gewährleisten.

 

  •      Rufbus

 

 

Des Weiteren soll auch noch ein sogenannter Rufbus eingeführt werden. Dieser hat wie jeder andere Bus auch reguläre Fahrpläne mit Abfahrtszeiten. Allerdings erscheint dieser nur bei Bedarf. Sollte man also mit dem Bus fahren wollen, muss kurz vor Abfahrt die Fahrt angemeldet werden. Dies kann per Telefon oder App geschehen. Der Rufbus bietet für ländliche Regionen, in denen der öffentliche Nahverkehr noch nicht von der breiten Masse genutzt wird, Mobilität, steht allerdings trotzdem im Gedanken des Umweltschutzes, da lediglich bei Bedarf gefahren wird. In den Urlaubsregionen Niederbayerns wird dieses Projekt bereits seit geraumer Zeit mit großem Erfolg durchgeführt. Aufgrund der Tatsache, dass dadurch Leerfahrten vermieden werden, ist er auch ökonomischer, was sich auf die Ticketpreise auswirkt. Das Landesticket für Auszubildende, Schüler*innen und Studierende, welches wir auch fordern, ist selbstredend auch für die Rufbusse gültig, andere Personen zahlen den üblichen Tarif des Nahverkehrs ohne Aufschlag. Wir fordern die Einführung dieses Projekts bayernweit. Fahrpläne mit hoher Taktung setzen wir für einen reibungslosen Verlauf allerdings voraus.

 

 

  •      Bahnhofshuttle

 

Generell sollte es unser Ziel sein, umweltfreundlich zu denken und daher auch dementsprechend zu reisen. Dieser Aspekt führt dazu, dass wir vorrangig die Bahn, sofern sie elektrisch betrieben wird, nutzen sollten. Dies stellt vor allem für Jugendliche, die in Orten leben, die aufgrund der Größe an keinen Bahnhof angebunden sind, ein Problem dar. Doch auch größere Städte, wie die niederbayerische Kreisstadt Kelheim, die mehr als 15.000 Einwohner zählt, ist nicht an einen Bahnhof angebunden. Daher fordern wir, dass ein Shuttle, der in höherer Frequentierung als der übliche Nahverkehr fährt, die Nachbarorte oder Stadtteile zum Bahnhof fährt. Die Nutzung ist durch das oben geforderte Landesticket für Auszubildende, Schüler*innen und Studierende natürlich kostenlos. Personen, die nicht über ein solches Ticket verfügen, können durch das Vorzeigen des Bahntickets den Shuttleservice trotzdem kostenlos in Anspruch nehmen. Ein solcher Shuttle sollte bayernweit überall eingeführt werden, es sei denn, es besteht ein funktionierender und öffentlicher Nahverkehr, der alle Orts- und Stadtteile in regelmäßigen Abständen mit dem Bahnhof verbindet, wie es in Großstädten wie beispielsweise München aber auch Nürnberg der Fall ist.

 

 

  •    Elektrifizierung

 

Zunehmende Rolle muss in den kommenden Jahren auch die Elektrifizierung spielen. In Bayern wurde in den letzten 30 Jahren keine Bahnstrecke mehr elektrifiziert, außer dies sei durch einen Neubau für eine ICE-Strecke notwendig gewesen. Auch aktuell wird nur am Streckenabschnitt München-Lindau gearbeitet, der bis 2020 elektrifiziert werden soll. Die Tatsache, dass circa 40% der Zugstrecken in Bayern mit Dieselloks befahrbar sind, zeigt die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte und den akuten Nachholbedarf im Freistaat. Daher soll schleunigst ein Programm auf den Tag gerufen werden, bei dem alle Bahnstrecken analysiert werden und der Priorität nach alle Bahnstrecken nacheinander ausnahmslos elektrifiziert werden. Doch nicht nur den Bahnverkehr muss elektrifiziert werden, sondern auch der restliche öffentliche Nahverkehr. Bei Neuanschaffungen der Kommunen bei Fahrzeugen für den öffentlichen Nahverkehr soll auch auf den Umweltaspekt geachtet werden, so sollen künftig nur noch Elektrobusse erworben werden. Für die höheren Kosten soll der Freistaat den Kommunen ein Sondermittelbudget zur Verfügung stellen.

 

 

  •      Arzttaxis

 

Nicht nur der Weg zum Feiern stellt für die Menschen in ländlichen Regionen vor große Probleme, sondern auch der Weg zum Hausarzt. Zum einen liegt es daran, dass aufgrund der niedrigen Anzahl der Personen pro km2 (in Niederbayern spricht man von 118 Personen pro km2, in Oberbayern sind es immerhin doppelt so viele) Ärzte weiter entfernt sind, zum anderen aber auch einfach daran, dass sich der öffentliche Nahverkehr in einem schlicht desolaten Zustand befindet. Personen ohne Führerschein und ohne Auto, was vor allem Rentner*innen und Jugendliche betrifft, wird ein Besuch beim Hausarzt daher nahezu unmöglich gemacht. Doch auch für Personen, die ansonsten mobil sind, können Probleme auftauchen, wenn sie wegen Übelkeit, Migräne etc. den Arzt aufsuchen müssen, allerdings das Auto nicht mehr fachgerecht bedienen können. In ländlichen Regionen soll es daher ein sogenanntes Arzttaxi geben. Dieses unterscheidet sich von normalen Taxis darin, dass die Fahrer*innen regelmäßig einen Ersten Hilfe Kurs belegen müssen und somit kurzfristig bei Notfallsituationen helfen können. Eine Alternative zu Krankenwagen soll dieses Arzttaxi aber in keinem Fall darstellen. Das Arzttaxi fährt Personen bei Bedarf zum Arzt, aber auch Krebspatient*innen, Dialysepatienten*innen etc. regelmäßig in das Krankenhaus. Die Kosten hierfür soll zum einen Teil der Freistaat Bayern tragen, der andere Teil sollte allerdings durch die Kranken- beziehungsweise Gesundheitskassen selbst übernommen werden.

 

 

Dass eine höhere Frequenz beziehungsweise eine engere Taktung der Fahrpläne sowie eine Abstimmung der verschiedenen Verkehrsgesellschaften, auch landkreisübergreifend, unerlässlich ist, versteht sich von selbst.
Dies alles kann nur der Anfang einer Revolution immer Bereich des öffentlichen Nahverkehrs werden. Unsere Vision und unser Ansporn muss es sein, einen öffentlichen Nahverkehr zu entwickeln, der für alle kostenlose zugänglich ist. Finanziert werden sollte dies aus Steuern, die von der gesamten Bevölkerung sozial gestaffelt gezahlt werden.

 

 

Zusammenfassend fordern wir:

–          kostenloses bayernweites Ticket für Schüler*innen, Auszubildende und Studierende

–          Taxi 50/50

–          Rufbus

–          Bahnhofshuttle

–          Elektrifizierung des gesamten öffentlichen Nahverkehrs

–          Arzttaxis

–          Höhere Taktung und Frequenz, sodass der öffentliche Nahverkehr auch attraktiv ist

–          Bessere Abstimmung der verschiedenen Verkehrsgesellschaften

Infrastruktur:

 

  •      Ausbau Bundesstraßen und Autobahnen

 

Ein anstehender Punkt für die nächsten Jahre wird der Ausbau von bayerischen Bundesstraßen und Autobahnen sein. Diese dienen häufig auch als Entlastung der örtlichen Landstraßen und sorgen für eine gute Verbindung zwischen den Städten. Viele der Straßen sind allerdings stark sanierungsbedürftig oder schlichtweg überlastet. Daher müssen die Mittel im bayerischen Staatshaushalt für den Ausbau dieser Straßen massiv erhöht werden. Entscheidend für uns ist allerdings auch, dass mit diesen Geldern in erster Linie bestehende Bundesstraßen beziehungsweise Autobahnen gebaut werden sollen. Gegen den Neubau von Straßen stellen wir uns aufgrund des Umweltaspekts allerdings klar, sofern dieser nicht vermeidbar ist, weil er für eine Anbindung an wichtige Knotenpunkte dringend notwendig ist. Außerdem sollen diese Straßen nicht sogenannten Gigalinern, welche wir klar ablehnen, zur Verfügung stehen. Diese widersprechen unserem Grundsatz, dass Güterverkehr auf der Schiene und nicht auf der Straße seinen Platz hat. Nicht zuletzt auch hier aufgrund des Umweltaspekts.

 

  •      Dezentrale Energieversorgung

 

Der Freistaat Bayern ist dezentral organisiert und muss sich aus diesem Grund auch in den kommenden Jahren mit der Energieversorgung darauf einstellen. Die Möglichkeit, die Energieversorgung dezentral zu gestalten, sollte als Chance gesehen werden. Nahe beieinanderliegende Kommunen sollten sich daher zusammenschließen, um selbst Energie zu erzeugen und sich damit auch selbst zu versorgen. Selbstverständlich soll dabei auf umweltfreundliche Methoden gesetzt werden, wie auf Wasser, und Biomassekraftwerke sowie Wind,- Sonnenenergie. Nicht zuletzt auch hier aufgrund des Umweltaspekts. Die dadurch erzeugte Energie soll vor Ort kurzfristig in großen Batterien oder bei großen Mengen in Pumpspeicherkraftwerken gespeichert werden. Durch die wohnortnahe Versorgung wäre der Bau von Stromtrassen nicht mehr notwendig und auch der Energieverlust bei Transformatoren, die für den Transport bei weiten Strecken notwendig sind, wäre nicht mehr vorhanden. In der Konsequenz würden sich die Transportkosten enorm verringern und auch die Natur würde geschützt werden. Natürlich steigen die Kosten für die Stromspeicherung an, allerdings würden die Verbraucher*innen insgesamt von einer dezentralen Energieversorgung profitieren, da die Preise durch die deutlich geringeren Transportkosten sinken würden. Wir fordern daher, dass der Freistaat Bayern und die Kommunen schnellstmöglich ein Konzept vorlegen, sodass bis zum Jahr 2030 eine dezentrale Energieversorgung in Bayern stattfindet. Dieses Projekt sollte vom Freistaat Bayern finanziell gefördert werden. Eine Investition von Privatunternehmen oder eine Übernahme der Energieversorgung durch Konzerne kommt für uns nicht in Frage, da diese staatlich organisiert und finanziert werden sollte.

 

  •      Öffentliche Daseinsvorsorge

 

Ein wichtiger Punkt ist die öffentliche Daseinsversorge in Bayern. Seit der Widervereinigung hat sich die Anzahl der aufgestellten Krankenhausbetten um ziemlich genau 15% verringert, die Anzahl der Patient*innen hingegen um 170.000 vergrößert. Dies macht sich vor allem in der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer bemerkbar, die von rund zwölf auf sieben Tage gesunken ist. Die Berechnungstage der Krankenkasse sind hierbei nicht das Problem. Entgegen der Erwartung hat sich zuerst die Anzahl der Verweildauer im Krankenhaus verringert, die Berechnungstage sind lediglich nachgezogen. Der defizitäre Haushalt vieler Krankenhäuser wurde versucht damit zu deckeln, dass die Verweildauer reduziert wird. Dieser Plan ging allerdings nicht auf, da die Berechnungstage ebenso gesunken sind und somit auf Dauer kein wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist. Nichtsdestotrotz haben allerdings die Krankassen ein Verschulden daran, da bereits im Voraus die Zahlung für Untersuchungen oder Ähnliches auf ein Minimum reduziert wurde. Generell sollte die Frage gestellt werden, ob ein Krankenhaus für die Kommunen ein ökonomischer Gewinn sein sollte oder die Daseinsvorsorge der Bürger*innen sichern sollte. Für uns jedenfalls ist klar, dass die Gesundheit der Patient*innen sowie eine wohnortnahe Versorgung über dem ökonomischen Erfolg eines Krankenhauses steht. Um auf Dauer dieses Defizit ausgleichen zu können, braucht es eine finanzielle Unterstützung des Freistaats. Wichtig ist auch, dass für die Zukunft Investitionen getätigt werden, um die Krankenhäuser erhalten zu können. Dabei müssen vor allem auch die Versäumnisse der Digitalisierung, die sich auch auf Krankenhäuser auswirkt, zügig nachgeholt werden. Ein weiterer Punkt, der die Krankenhäuser attraktiver macht ist eine Spezialisierung auf einen bestimmten oder verschiedene Fachbereiche. Dies soll in Absprache mit naheliegenden Krankenhäusern erfolgen. Außerdem ist uns bewusst, dass kommunale Krankenhäuser im Gegensatz zu privaten auch wichtige Dinge übernehmen, die allerdings finanziell „schlecht“ sind, so zum Beispiel die Hilfestellung bei Problemlagen wie zum Beispiel erste Hilfe für vergewaltigte Frauen und nötige Feststellungsverfahren in Vergewaltigungsfällen. Da diese Punkte für uns von großer Bedeutung sind, setzen wir uns für den Erhalt kommunaler Krankenhäuser ein und stellen uns vehement gegen die zunehmende Privatisierung im Gesundheitssektor.

Zu dem Punkt der öffentlichen Daseinsvorsorge zählt für uns auch der Ausbau von Kitas und Kindergärten. Vor allem in diesem Bereich ist der Freistaat extrem rückständig. Statt weiterhin ein Betreuungsgeld auszuzahlen, das veraltete Geschlechterstereotypen bedient, sollte Bayern den Bau von Kitas und Kindergärten fördern. Die Kosten für die Kita und den Kindergarten sind derzeit viel zu hoch und stellen für viele eine große finanzielle Belastung dar. Wir fordern daher eine Gebührensenkung sowie eine Bezahlung, die sozial gestaffelt nach dem Einkommen der Familie erfolgt. Wollen Familien ihr Einkommen nicht offenlegen, müssen sie den höchsten Beitragssatz zahlen. Geringverdiener*innen hingegen werden völlig von den Kosten befreit. Auf Dauer sollten wir allerdings den Anspruch haben, auch Kita und Kindergarten komplett kostenlos zu gestalten.

Doch auch die Schulen stellen vor allem in ländlichen Regionen ein Problem dar. So müssen Schüler*innen täglich mehrere Stunden nur damit verbringen, mit dem Bus an die Schule zu gelangen. Insbesondere bei weiterführenden Schulen, insbesondere Gymnasien nimmt dies extreme Ausmaße an. Um den Schüler*innen schulische Möglichkeiten vor Ort gewähren zu können, müssen auch kleinere und somit auf Dauer kostenintensivere Schulen gebaut werden.  Durch unserer Forderung nach einer Gesamtschule würde sich das Problem durch höhere Schüler*innenzahlen vor Ort allerdings sowieso automatisch weitestgehend eindämmen.

 

  •      Dezentralisation von Hochschulbildung

 

Der Trend geht zur Zentralisation, was eine Abwanderung aus ländlichen Regionen bedeutet. Dies stellt dezentral organisierte Flächenländer wie Bayern vor große Herausforderungen. Ein Grund, wieso viele Menschen in die Städte ziehen ist der, dass sie dort einen Arbeits- oder Studienplatz gefunden haben. Nach Beendigung der Ausbildung, des Studiums oder Ähnlichem ziehen sie meist nicht mehr auf das Land zurück, zumal in Städten meist eine wohnortnahe Versorgung zur Verfügung steht. Diesem Trend kann allerdings entgegengesetzt werden, indem Universitäten oder Fachhochschulen ihre Standorte für bestimmten Fachbereichen auslagern und in ländlichen Regionen ansiedeln. Viele junge Menschen würden für das Studium in diese Orte ziehen und eventuell diesen sogar als Wohnsitz beibehalten. Ein deutlicher Zuzug würde also bemerkbar werden. Dies würde zwangsläufig die Versorgung in ländlichen Regionen (öffentlicher Nahverkehr, Ärzte etc.) stärken, dem Demographiegefälle zwischen Stadt und Land entgegenwirken sowie auch zu einer Entspannung der Mietpreise in den Ballungsräumen führen, da Wohnungen in diesen eben nicht mehr so stark gefragt wären. Wir fordern den Freistaat Bayern daher auf, Fachhochschulen und einzelne Teilbereiche als sogenannte Innovationszentren dauerhaft in ländlichen Regionen anzusiedeln. Dabei muss zur Gewährleistung der Studierbarkeit gesichert werden, dass das Studium kein Pendeln zwischen zwei Standorten erforderlich macht, außer dies geht mit expliziten Vorteilen für das Studium einher.

 

Zusammenfassend fordern wir im Bereich der Infrastruktur:

 

  •      konsequenten Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen in Bayern
  •      Verbot von Gigalinern auf bayerischen Straßen
  •      Förderung von dezentraler Energieversorgung
  •      Ausbau von dezentraler Energieversorgung bis 2030
  •      Energieversorgung in staatlicher Hand
  •      Erhalt kommunaler Krankenhäuser
  •      Ausbau von Kindertagesstätten und Kindergärten sowie deren Preissenkung
  •      Schulen vor Ort schaffen
  •      Innovationszentren in ländlichen Regionen

 

 

Digitalisierung:

 

Bayern steht, insbesondere als dezentraler Flächenstaat, vor großen Aufgaben im Zeitalter der Digitalisierung. Dabei sind die Herausforderungen, vor die ländliche Kreise und urbane Zentren gestellt werden, in vielen Punkten unterschiedlich und bedürfen daher auch verschiedener Lösungskonzepte. Gleichzeitig hat die Digitalisierung auch das Potential, Stadt und Land wieder näher zusammen zu rücken, und die Divergenz der letzten beiden Jahrzehnte zumindest in Teilen zu vermindern. Die Forderungen aus dem Bereich Digitalisierung sind in folgenden Punkten kurz zusammengefasst.

  • In strukturschwachen Regionen stellt die Versorgung mit zeitgemäßen Netzen bislang die größte Problematik dar. Zwar befinden sich mittlerweile nahezu alle Kommunen jedenfalls in einem Breitbandförderprogramm, dennoch werden davon nicht alle Teilgebiete der Kommunen erfasst. Aufgabe der Landesregierung ist es daher, sicherzustellen, dass jeder Haushalt in den kommenden beiden Jahren den Zugang zu schnellem Internet erhält. Gleichzeitig müssen Mobilfunknetze ausgebaut und aufgewertet, sowie Versorgungslücken geschlossen werden.
  • Städte müssen Innovationszentren für das datenintensive Gewerbe schaffen und damit die Infrastruktur zur Ansiedlung von datenintensiven Unternehmen bereitstellen. Durch Technologiecluster, welche im Idealfall mit den lokalen Hochschulen kooperieren, können Perspektiven für junge Arbeitnehmer*innen innerhalb, aber auch außerhalb der beiden Zentren München und Nürnberg geschaffen werden. Bezahlbare Büroflächen für Start-ups komplettieren ein Innovationsumfeld, welches einerseits einer aufstrebenden Branche die Chance gibt, in Bayern Fuß zu fassen, und andererseits den Markt auch für Personen ohne entsprechendes Kapital öffnet.
  • Der Privatisierung der Netze, insbesondere im Bereich des Breitbandausbaus, muss entschieden entgegengewirkt werden. Gegenwärtig bauen Breitbandanbieter lokale, natürliche Monopole durch das Anschließen von Kommunen an das Breitbandnetz aus. Die Konsequenz aus der Marktmacht lokaler Monopole ist das Setzen von horrenden Preisen für die Anbindung an das Hochgeschwindigkeitsnetz bei gleichzeitig hoher Störanfälligkeit und schlechtem Kundenservice. Da private Konzerne ausnahmslos bei positiver Renditeerwartung Kommunen an das Netz anschließen, trägt der öffentliche Haushalt schlussendlich die Kosten des Anschlusses von kleineren Dörfern und Weilern. Das Überlassen der Filetstücke an private Konzerne bei gleichzeitiger Übernahme des Anschlusses für unrentable Dörfer und Weiler führt nicht nur zu monopolistischer Preissetzung, sondern ist auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für den Staat nicht nachvollziehbar.
  • Das bayerische Schul- und Universitätssystem muss auf die Digitalisierung angepasst werden. Damit einher geht die Schaffung eines umfassenden Angebots an digitalen Medien in Schulen, das Arbeiten mit Computern und Tablets, der Vermittlung relevanter Kenntnisse aus den Bereichen Programmierung, Datenschutz und Datenverarbeitung sowie einer Einbindung von Smartphones in den Unterricht anstelle eines strikten Verbots. Universitäten muss Zugang zu aktuellen Rechenzentren gewährt werden. Auch sollen Hochleistungsrechner aufgestockt und mit breiteren Zugangsmöglichkeiten versehen werden.

 

 

 

 

Gerade in ländlich geprägten Gebieten, an denen es Bayern nicht mangelt, ist vom Zeitalter der Digitalisierung bisher nicht viel zu spüren. Zwar vermeldet die Landesregierung, dass immerhin 97% aller Kommunen zum Jahreswechsel im Förderverfahren zum schnellen Netzausbau seien, jedoch ist hierfür nicht der Komplettausbau einer Kommune notwendig. Stattdessen genügt es, netzausbauend in einem Teilgebiet einer Kommune tätig zu sein. Würde man stattdessen die Gesamtheit der Haushalte in Bayern betrachten, so wäre der Anteil, welcher sich in naher Zukunft an einem schnellen Internet erfreuen könnte, ein deutlich geringerer. Gerade aus dieser Strategie des Freistaats, Anreize für den Breitbandausbau für private Unternehmen zu schaffen, erwächst ein Problem ähnlich dem großer Privatisierungsprojekte öffentlicher Infrastruktur: Durch die Schaffung natürlicher Monopole, in diesem Fall privater Breitbandnetze für Kommunen oder Teilstücke davon, erlangt das Privatunternehmen die Preissetzungshoheit und kann den Haushalten Wucherpreise für das Anschließen an zeitgemäßes Internet abverlangen. Durch die steigende Datenintensität von Websites werden Haushalte zum Zahlen dieser Prämien nahezu gezwungen, sofern sie weiterhin zumutbar im Internet unterwegs sein wollen. Entsprechend schafft der Freistaat mit seiner Netzpolitik Raum für die schonungslose Ausbeutung privater Haushalte durch private Netzanbieter. Gleichzeitig werden sich die Ausbaumaßnahmen der privaten Unternehmen ausnahmslos auf jene Gebiete beschränken, in denen sie eine positive Rendite erwarten. Kleinere Dörfer, Weiler und Einöden erhalten entsprechend keinen Zugang zum Breitbandnetz und müssen durch öffentliche Gelder, falls überhaupt, angeschlossen werden. In der Konsequenz privatisiert der Freistaat mit seiner Ausbaustrategie Gewinne aus dem Betrieb der Breitbandnetze und bürdet sich selbst die Verluste aus dem Anschluss von Einöden, Weilern und kleinen Dörfern auf.

Die Umstellung auf IP-Telefonie in der nahen Zukunft tut ihr Übriges: Durch Wegfall konventioneller Telefonie wird denjenigen, die bis dahin keinen Zugang zu schnellem Internet haben, die Möglichkeit der Telefonie via Festnetz geraubt. Da allerdings der Telefonanschluss von der Grundversorgung abgedeckt ist, muss die Umstellung auf IP-Telefonie entweder weiter hinausgezögert werden, oder man erklärt den Zugang zu Datennetzen mit Übertragungsraten größer 6000 KBps, welche für das reibungslose Stattfinden von IP-Telefonie notwendig sind, zur Grundversorgung. Dies würde ein Tätigwerden der Telekom hinsichtlich des Netzanschlusses von Einöden, Weilern und Dörfern nach sich ziehen und ginge mit Kosten einher, die durch die entgangenen Gewinne aus dem staatlichen Netzausbau hätten gegenfinanziert werden können. Um diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten, bedarf es strikten Regeln für private Netzanbieter in Bayern: So muss ein an die Netzgeschwindigkeit gekoppelter Preiskatalog für die Versorgung mit Internet ausgearbeitet und für verbindlich erklärt werden. Zudem sind die Kosten für den Anschluss ländlicher Gebiete auf die Profiteure umzulegen: Durch gezielte Abgaben von Netzanbieter*innen werden Kosten des Netzausbaus gerechter verteilt. Schlussendlich ist der Breitbandanschluss zur Grundversorgung zu erklären. In der Konsequenz sind alle Haushalte an das Breitbandnetz anzuschließen. Um natürliche Monopole zu verhindern, sind die privaten Netze in staatliche Hand rückzuführen.

Neben dem Breitbandausbau kommt dem Ausbau des Mobilfunknetzes in Bayern eine große Bedeutung zu. In einer Zeit, in der mittels Notrufknöpfen Menschenleben über das Mobilfunknetz abgesichert werden, sind nicht vom Netz abgedeckte Bereiche nicht zu verantworten. Folglich muss eine umfassende Versorgung mit Mobilfunknetz sichergestellt werden. Zudem müssen alte 1G und 2G Netze dringend modernisiert werden. Ein baldiger Ausbau der Metropolregionen mit 5G-Netz ist zudem anzustreben.

 

In Städten ergeben sich aus der Digitalisierung eine Vielzahl an Chancen. Mittels Innovationszentren, welche Platz für die Ansiedlung von datenintensivem Gewerbe sowie die dafür notwendige Infrastruktur, insbesondere schnelle Netzanbindung, Rechenzentren sowie Hochschulanschluss, bereitstellen, können IT-Cluster angesiedelt werden, welche zur Diversifikation der städtischen Gewerbe beitragen und damit die lokale Wirtschaft krisenrobuster machen. Ferner locken Innovationszentren nicht nur junge Start-Ups und expandierende IT-Unternehmen, sondern bieten Zukunftsperspektiven für Arbeitnehmer*innen. Gerade in Städten jenseits der Metropolen, wo derartige Zentren noch nicht präsent sind, bieten Innovationszentren großes Potential, qualifizierte Fachkräfte und eine neue Branche in die Region zu holen und damit die Existenz der Region nachhaltig zu garantieren.

 

Auch im Bereich Bildung und Ausbildung muss Bayern im 21. Jahrhundert ankommen: Der technologische Fortschritt bietet mittlerweile, dank Tablets, Cloudspeicher und portablen Notebooks, die Möglichkeit, gänzlich ohne Schulbücher auszukommen. Dies reduziert nicht nur das Gewicht des Schulranzens deutlich, sondern führt auch zur Schulung im Umgang mit mobilen Endgeräten. Gleichzeitig ergeben sich aus der Ausstattung mit Notebooks und Tablets neue Möglichkeiten für den Unterricht: Recherchen können in Gruppenarbeiten unter Zuhilfenahme des Internets passieren, Hausaufgaben können digital eingereicht und korrigiert werden und per Mail abgegebene Aufsätze reduzieren den Papierbedarf und schonen damit die Umwelt. Gleichzeitig können durch Anpassung des Lehrplans Kompetenzen wie Programmieren, Datenverarbeitung sowie Datenschutz und Verschlüsselung vermittelt werden. Um dies zu gewährleisten, müssen Schulen mit WLAN ausgestattet werden. Zudem sind den Schüler*innen Notebooks sowie ggf. Tablets zur Verfügung zu stellen. Dass das veraltete Smartphone-Verbot im Unterricht aufgehoben wird, um die Endgeräte mit in den Unterricht einzubeziehen, versteht sich von selbst.

An Universitäten muss veraltete Hardware, die Teilweise noch aus dem Computerinfrastrukturprogramm (CIP) unter Helmut Kohl stammt, endlich ersetzt werden. WLAN-Netze müssen mit ausreichend Datenkapazität ausgestattet werden. Da der Bedarf an Rechenleistung für die Forschung stetig ansteigt, sind zusätzliche Rechenkapazitäten anzuschaffen. Insbesondere ist den Studierenden zur Anfertigung ihrer Master- und Bachelorarbeit Zugriff auf die Computerinfrastruktur, insbesondere auch auf Großrechner und Server, zu gewähren, um rechenintensive Simulationen durchführen zu können.

 

U3 Wir sind Teil der Wolf-gang

9.03.2018

Wir fordern ein klares Signal der Politik für die Rückkehr des Wolfes nach Bayern und dessen verbleib.

Dem Wolf kommt eine relevante Bedeutung für das Ökosystem Wald zu und nicht nur deshalb steht er unter besonderem Schutz. Die „Wolfspassage“ im Koalitionsvertrag, steht im Gegensatz zu den Forderungen von Umweltverbänden und uns. Deshalb wünschen wir deren „Entnahme“. Die Überprüfung – vielmehr die Aufweichung- dieses Schutzstatus ist nicht nur unnötig, sondern zeichnet in der Öffentlichkeit ein falsches Bild dieser von Natur aus seltenen und sich selbst regulierenden Tierart.

Wir schließen uns der Forderung des BN, nach einem Förderprogramm zur strukturellen Anpassung der bisherigen Beweidungsformen an. Mögliche Herdenschutzmaßnahmen (Zäune, Herdenschutzhunde usw.), wie sie bereits in anderen Bundesländern existieren, würde die Tötung von Wölfen gänzlich hinfällig machen. Jedoch ist bereits heute die „Entnahme“ von „Problemwölfen“ rechtlich möglich. Die Möglichkeit eines Förderprogramms für Nutztierhalter_innen in Form eines „Biodiversitäts-Bonus“ erscheint uns sinnvoll.

Außerdem ist der Stat/die jeweilige Landesregierung in der Pflicht eine bessere Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und nicht das Märchen vom „bösen“ Wolf und das „Rotkäppchensyndrom“ zu nähren. Eine klare  Aufklärungsarbeit und Kommunikation in der Politik ist hierbei erforderlich.

 

„Rechtlicher Status des Wolfes – Auszug:

Der Wolf (Canis lupus) wie auch ein Wolfshybride (Wolfs/Hundmischling) gehört nicht zu den jagdbaren Tieren.

Er unterliegt u.a. auch:

-dem Tierschutzrecht

Gemäß §1 und § 17 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Der Tierschutz ist im Grundgesetz in der Staatszielbestimmung des Art. 20a verankert.

-dem Artenschutzrecht

Der Wolf ist in Anhang A der EG-VO Nr. 338/97, sowie im Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgeführt. Er ist deshalb nach § 10 Abs. 2, Nr. 10 und Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders und streng geschützt.“