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INI2 Keine Zukunftskoalition ohne umlagefinanzierte Ausbildungsplatzgarantie!

17.10.2021

Mit erschrecken haben wir festgestellt, dass im Sondierungspapier zwischen FDP,
Bündnis90/die Grünen und der SPD, eine der zentralsten, wenn nicht die zentralste
Forderung des jungsozialistischen Wahlkampfes, fehlt: die umlagefinanzierte
Ausbildungsplatzgarnatie! So sieht für uns keine Zukunftskoaliton aus.
Die Ausbildungsplatzgarantie ist heute im Jahr 2021, genauso wichtig wie 1996, als wir
Jusos diese zum ersten Mal gefordert haben. 387.000 Ausbildungsstellen waren von
Oktober 2020 bis Februar 2021 gemeldet. 37.000 weniger als im Jahr zuvor!
Mehr als 80% der Betriebe boten bereits vor der Corona-Krise keine Ausbildungsplätze
mehr an. 250.000 junge Menschen, die eigentlich eine Ausbildung machen wollten, wurden
2019 in Übergangsmaßnahmen geparkt.
Eine Ausbildung ist nicht einfach nur Bildung, sondern für viele junge Menschen auch der
Zugang zu sicherer und gut bezahlter Beschäftigung. Daher fordern wir:

  1.  Dass jungen Menschen eine vollqualifizierende drei- oder dreieinhalbjährige
    Ausbildung garantiert werden muss.
  2. Dass nicht ausbildende Betriebe über eine Umlagefinanzierung ausbildende Betriebe
    unterstützen.
  3. Dass der Fokus auf betrieblichen Ausbildungsmodellen liegt und Lösungen über
    Träger:innenmodelle oder schulische Ausbildungen nur als letzte Resolution dienen
    sollen.

Mit diesem Modell sorgen wir nicht nur dafür, dass die Ausbildung qualitativ besser wird,
sondern dass mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden. Gerade mittelständische
Unternehmen, die ohnehin überproportional ausbilden, würden von einer solchen
solidarischen Finanzierung profitieren. Die Zukunft junger Menschen wird nicht auf dem
Markt verhandelt. Wir sind nicht bereit hier neoliberale Kompromisse mitzutragen.
Wir als Jusos stellen inzwischen ein viertel der SPD-Fraktion im Bundestag. Wir fordern die
verhandelnden Personen dazu auf, ohne diese Forderungen den Verhandlungstisch nicht zu
verlassen

INI1 Was fehlt

17.10.2021

Im Sondierungspapier fehlt uns der Wumms. In den Koalitionsvertrag muss aufgenommen werden:

  1. Mietenmoratorium
  2. Bürger*innenversicherung
  3. Wahlrecht für Menschen ohne deutsche Staatsbürger*innenschaft 
  4. Polizeireform: Diskriminierungskritische Ausbildung, Kennzeichnungspflicht und unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstellen 
  5. Keine Aufweichung der Arbeitszeitregeln
  6. Abschaffung aller klimaschädlichen Subventionen

 

D3 Strafvollzug konsequent resozialisierend reformieren

30.09.2021

Strafvollzug resozialisierender gestalten

Eine konsequente Reform des Strafvollzuges und dessen Neuausrichtung muss die Zwangsarbeit in Gefängnissen abschaffen. Häufig wird diese damit gerechtfertigt, dass die Arbeit eine wichtige Aufgabe zur Resozialisierung beitrage. Nicht nur scheint erzwungene Gefängnisarbeit – wie sie in fast allen Bundesländern immer noch erlaubt ist – anderen Maßnahmen zur Resozialisierung klar nachstehen, die Durchführung dieser ist meist auch nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern lediglich aufgrund von fehlenden Alternativen begründet. Art. 12 Abs. 3 GG erlaubt explizit die “Zwangsarbeit ist […] bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung“. Wir wollen das Grundgesetz dahingehend ändern, dass Zwangsarbeit in Gefängnissen von den Ländern nicht mehr erlaubt werden darf.

Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen zur Zwangsarbeit nach Art.12 Abs. 3 GG im Strafvollzug klargestellt hat, dass Pflichtarbeit im Strafvollzug nur dann möglich ist, wenn sie einen resozialisierenden Charakter hat und die geleistete Arbeit angemessen anerkannt wird, lehnen wir die grundsätzliche Möglichkeit der Zwangsarbeit als solche ab.

Ziel des Strafvollzugs muss eine nachhaltige Resozialisierung der Gefangenen sein. Dafür braucht es passgenaue Maßnahmen für jede*n Gefangene*n. Neben einer umfassenden Betreuung (z. B. Sucht– oder Schuldenberatung) ist auch die freiwillige Gefängnisarbeit eine der resozialisierenden Maßnahmen, die im Strafvollzug zur Verfügung stehen sollten. Dafür ist es jedoch notwendig, dass sich die Bedingungen für die Gefängnisarbeit verbessern.

Wie in Brandenburg und Rheinland–Pfalz fordern wir ein Recht auf Arbeit im Strafvollzug, da wir die resozialisierenden Vorteile der Arbeit anerkennen. Hierzu gehört nicht nur, dass die Arbeit den Gefangenen einen strukturierten Tag gewährleistet. Arbeit im Strafvollzug ermöglicht es zudem sich fortzubilden, ausgebildet zu werden, Geld zu erwirtschaften, die deutsche Sprache zu erlernen und soziale Kompetenzen in der Zusammenarbeit mit anderen Häftlingen zu erlernen. Gerade deshalb werden die Vorgesetzten der Häftlinge in die Entscheidung um Hafterleichterungen und Bewährung mit eingebunden.

Mindestlohn für Gefängnisarbeit

Für Arbeit im Gefängnis gilt das Mindestlohngesetz nicht, da es „allgemein anerkannt [ist], dass die Arbeit im Strafvollzug öffentlich–rechtlicher Natur ist, die Gefangenen nicht Arbeitnehmer sind und zwischen den Gefangenen und der Anstalt kein Arbeitsvertrag geschlossen wird“ (OLG Hamburg, Beschluss vom 18.09.2015 –3 Ws 1979/15 Vollz). Dies ist jedoch nicht mit unserem Verständnis davon ,dass Arbeit angemessen entlohnt werden muss vereinbar. Wir fordern daher auch einen Mindestlohn für Gefangene und darüber hinaus die gesetzliche Ausgestaltung eines eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses zwischen Gefängnissen und ihre Insassen.

Eine Gefängnisstrafe besteht im Freiheitsentzug und nicht in der Herabwürdigung von Leistungen. Der durchschnittliche Monatslohn, den Gefangene für ihre freie Verfügung im Gefängnis erarbeiten, beträgt momentan ca. 180,00 €. Der Rest des Arbeitslohns wird auf ein sogenanntes “Ü–Konto” überwiesen und bei der Entlassung ausgezahlt. Von dem frei zur Verfügung stehenden Geld kann das Leben im Gefängnis gerade so bestritten werden. Häufig sind hier die Lebenshaltungskosten für Essen, Telefonieren und Genussmittel wesentlich höher als draußen. Es kann somit kein wirkliches finanzielles Polster für die Zeit nach der Haft angespart werden.

Mit der Einführung des Mindestlohns könnte daher zum einen eine finanzielle Grundlage für das Leben nach der Haft und zum anderen mehr Flexibilität im Leben vor Ort geschaffen werden, um sich mehr als einmal im Monat einen Anruf nach Hause leisten zu können. Darüber hinaus wird den Arbeitenden das Gefühl vermittelt, dass ihre Arbeit etwas Wert ist. Auch kann in diesem Zuge über eine Unterbringungspauschale nachgedacht werden, die von den Gefangenen monatlich gezahlt wird. Eine solche wird bis jetzt nur dann verlangt, wenn man nicht arbeitet.

Auch die gesetzliche Einführung eines eigenen Arbeitsverhältnisses würde zur Resozialisierung beitragen. Oft sehen sich Menschen, die lange inhaftiert waren oder mehrere kürzere Gefängnisstrafen in ihrem Leben verbüßen mussten einer drohenden Altersarmut ausgesetzt. Dadurch, dass sie in dieser Zeit nicht in die Rentenkassen einzahlen können, bleibt ihnen meist kein bis kein hoher Rentenanspruch. Dies begünstigt einen Rückfall in die Kriminalität. Durch die Schaffung eines eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses würde diesem Szenario vorgebeugt werden und dem Menschen ein würdevolles Leben außerhalb des Gefängnisses – auch im Alter – weiter ermöglicht. Um wieder ein vollwertiger Teil der Gesellschaft zu sein, ist dies für uns zwingende Voraussetzung.

Gefängnisgewerkschaften

Gefängnisgewerkschaften können nach unserer Auffassung einen wichtigen Teil zur Resozialisierung beitragen. Die Schaffung bzw. das Zulassen von demokratischen Strukturen, die in einem gesetzlichen Rahmen eine Möglichkeit zur Petition an öffentliche Stellen haben, schafft bei den Häftlingen Vertrauen in die demokratische Gesellschaft. Die Zerschlagung gewerkschaftlicher Aktivitäten durch bspw. Verlegung von Funktionär*innen sollte daher verboten werden bzw. gewählte Vertreter*innen einer Gewerkschaft in einer JVA eine ähnliche Schutzwirkung eingeräumt werden wie bspw. Betriebsrät*innen in einem Unternehmen.

Wir erkennen die bestehende Möglichkeit der Wahl eines*einer Gefangenensprechers*in an, der*die im Rahmen der Gefangenenmitverantwortung anliegen an den Anstaltsleiter weitergeben kann an. Auch wenn der Gestaltungsrahmen der Gefangenenmitverantwortung gesetzlich nicht definiert ist und daher der Interpretation jeder einzelnen Anstalt unterliegt, kann dies ist ein sinnvolles Instrument sein, wenn es um das soziale Miteinander im Gefängnis geht. Bei einer echten resozialisierenden Arbeitsstruktur sehen wir aber klar die Notwendigkeit von Gefangenengewerkschaften, die sich ausschließlich auf die Arbeitsbedingungen konzentrieren können.

Umfassendere Begleitung und Betreuung in Haft

Wir fordern verstärkte finanzielle und psychologische Betreuung von Strafgefangenen während der Haft. Hierzu zählt Suchtberatung, Suchttherapie, Zugang zu Psycholog*innen und eine Schuldenberatung. Diese müssen als feste Vollzeiteinrichtungen in den Gefängnissen vorhanden sein. Viele Straftäter*innen sind verschuldet. Dies hat zum Beispiel damit zu tun, dass vor der Inhaftierung Kosten anfallen, die sie in Haft nicht mehr bedienen können oder durch Unterhaltsansprüche, die nach der Haft fällig werden. Daher bedarf es einer finanziellen Beratung und Begleitung durch etwaige Privatinsolvenzen, damit nach der Haft ein unverschuldeter Start möglich ist.

Auch Menschen mit Suchtproblematiken müssen in Haft engmaschiger betreut werden. Der Mythos eines “guttuhenden, kalten Entzugs” ist weder gesundheitlich förderlich, noch entspricht er der Realität in der JVA. Menschen mit Suchtproblematiken müssen automatisch in ein entsprechendes Programm vor Ort aufgenommen werden und betreuten Zugang zu Substituten bekommen, um angeleitet die Sucht zu heilen. Gleiches gilt für Menschen mit psychischen Einschränkungen, bei denen die Betreuung ebenfalls eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Bei einer Teilnahme an einem längeren Programm muss zudem die Lohnfortzahlung gewährleistet sein.

Auch die Möglichkeit am familiären Leben teilzunehmen muss gewährleistet sein. Für uns besteht ein Recht darauf, seine Kinder oder Partner*innen regelmäßig zu sehen. Hierfür muss eine Zusammenarbeit zwischen Jugendamt, Schule und JVA bestehen. Besteht die Möglichkeit nicht – wie es jetzt häufig der Fall ist – belastet dies nicht nur Kinder und Partner*innen psychisch, sondern hat auch negative Auswirkungen auf die Psyche des*der Inhaftierten. Um an ein Familienleben nach der Haft anknüpfen zu können, muss ein solches auch in Haft zumindest eingeschränkt möglich sein.

Bessere Vorbereitung für das Leben nach der Haft

Wir fordern eine Institutionalisierung des Austausches zwischen den Gefängnissen und der Agentur für Arbeit. Aktuell besteht ein solcher nicht. Dies hat zur Folge, dass Freigelassene oftmals noch nicht im Sozialsystem gemeldet sind und erst Wochen später in der Lage sind, ALG II zu beantragen und zu beziehen. Ziel muss es sein, dass die finanzielle Versorgung der Freigelassenen vom ersten Tag an gewährleistet ist. Hierzu gehört auch, dass die Arbeitsplatzvermittlung bereits zeitnah vor der Entlassung eingeleitet werden muss. Ist die finanzielle Versorgung nicht gewährleistet, fördert dies einen Rückfall in die Kriminalität und Begünstigt Obdachlosigkeit. Bereits vor der Freilassung sollte zudem ebenfalls verpflichtend zusammen mit dem*der Bewährungshelfer*in nach einer geeigneten Unterbringung gesucht werden. Zudem sollte die Kommune, in der die Inhaftierung erfolgt ist, für die Erstunterbringung zuständig sein.

Strafvollzug neu denken

Da die viel zu hohen Rückfallquoten sehr anschaulich zeigen, dass der Strafvollzug in Deutschland seine abschreckende und resozialisierende Wirkung verfehlt, wollen wir die Gefängnisstrafe in Zukunft als solche kritischer in den Blick nehmen und andere Möglichkeiten des Strafvollzugs in Erwägung ziehen, die ein wirkliches Resozialisieren möglich machen können.

G6 Änderung des Bestattungsgesetzes BayRS 2127-1-G - Abschnitt 1 Leichenwesen und Bestattung Art.1 Bestattung

30.09.2021

Die wenigsten Menschen wollen sich mit dem Tod sowie dem, was danach passiert, auseinandersetzen. Allerdings ist es dennoch wichtig diesen Bereich einmal näher zu beleuchten.

In Bayern ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Mensch nach dessen ableben entweder verbrannt, in einer Urne oder in einem Sarg beerdigt wird. Die Alternative, wie beispielsweise in der Schweiz die Urne mit nachhause zu nehmen, gibt es hier nicht.

Dies ist aus zweierlei Gründen fraglich. Zum einen aus sozialer Sicht: Wenn ein geliebter Mensch stirbt, dann ist es oft ein großer Einschnitt im Leben der Verbliebenen. Ihnen zu verwehren auf ihre eigene Weise zu trauern ist dissozial, da viele Menschen nicht die Möglichkeit haben regelmäßig zum Friedhof zu gehen, um dort zu trauern, sei es aufgrund von fehlender Mobilität, eingeschränkten terminlichen Möglichkeiten oder fehlenden finanziellen Möglichkeiten.

Zum anderen ist es ein zutiefst unfaires System für Menschen mit wenig Vermögen. Eine

Bestattung ist eine sehr teure Angelegenheit, selbst die günstigste und zugleich schwierigste Variante für die Angehörigen kostet etwas mehr als 2000€ [1]. Hier haben Angehörige allerdings keinerlei Möglichkeit bei der:dem Verstorbenen zu sein und zu trauern, da die Bestattung absolut anonym erfolgt. Die günstigste Variante der Bestattung, bei denen das Grab nicht anonym ist, kostet ca. 5800€. Dies ist eine Summe die Familien und auch alleinstehende Hinterbliebene mit wenig Vermögen nur schwierig aufbringen können.

Die Option die Urne mit nach Hause zu nehmen ist also eine Möglichkeit auch ärmeren oder immobilen Menschen eine Trauer nach ihrem Willen zu ermöglichen.

Daher fordern wir Jusos, dass das Bestattungsgesetz „BayRS 2127-1-G – Abschnitt 1 Leichenwesen und Bestattung, Art. 1 Bestattung“ dahingehend angepasst wird, dass es wie in der Schweiz möglich ist, die Urne einer:eines Verstorbenen auch Zuhause aufzubewahren.

[1]https://november.de/ratgeber/bestattungskosten/feuerbestattung/

H1 Kinder sind ein Vollzeitjob –Dauerhafte Anpassung der Entschädigungsregelung für Eltern im Infektionsschutzgesetz

30.09.2021

Als während der ersten Welle der Corona–Pandemie bundesweit Schulen und Kitas geschlossen wurden, wurde das Infektionsschutzgesetz um eine bis zum Jahresende 2020 befristete

Entschädigungsregelung für Eltern erweitert. Eltern von Kindern unter 12 Jahren, die diese in Folge einer Kita– oder Schulschließung betreuen müssen, haben Anspruch auf den Ersatz von 67% des Verdienstausfalls bzw. 2016 € im Monat bis zu 10 Wochen pro Elternteil bzw. 20 Wochen bei Alleinerziehenden. Diese kann auch tageweise in Anspruch genommen werden. Die Zahlung wird von den Arbeitgeber*innen geleistet, die sich wiederum eine staatliche Entschädigung auszahlen lassen können. Entsprechend können auch Selbständige die Entschädigung beantragen. Seit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes im November gibt es die gleiche Entschädigung auch für Eltern, deren Kinder in häuslicher Quarantäne sind.

Dieses Entschädigungsprogramm ist sehr zu begrüßen, allerdings sind 67% des Verdienstausfalls besonders für Geringverdiener*innen schnell zu wenig. Auch eine Begrenzung auf 20 Wochen ist nicht sinnvoll, da im Extremfall auch diese überschritten werden können. Gleichzeitig ist die

Entschädigung an Bedingungen geknüpft. So müssen Eltern selbst gegenüber den

Arbeitgeber*innen nachweisen, dass sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen können und, dass die Arbeit im Homeoffice nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Dies führte oft zu zusätzlichen Konflikten mit den Arbeitgeber*innen, da die Vorstellungen darüber, was zumutbar ist, bei vielen auseinandergingen. Während des Lockdowns gab es kaum zumutbare Betreuungsmöglichkeiten außer der Notbetreuung, die auf Arbeitnehmer*innen in sogenannten systemrelevanten Bereichen beschränkt war. Im Homeoffice zu arbeiten und gleichzeitig Kinder zu betreuen, sollte grundsätzlich als nicht zumutbar angesehen werden. Aus unserer Sicht ist es außerdem notwendig, dass das Recht auf Entschädigung für Eltern im Fall von Kita– und Schulschließungen nicht nur eine Corona–Sonderregelung bleibt, sondern dauerhaft im Infektionsschutzgesetz verankert wird. Erstens ist die Pandemie lange nicht vorbei, zweitens sieht das Infektionsschutzgesetz auch außerhalb einer Pandemie die Möglichkeit der Schließung einzelner Schulen und Kitas im Fall des Ausbruchs von Infektionskrankheiten vor. Drittens sollte gerade das Infektionsschutzgesetz auf Notfälle vorbereiten. Sollte es jemals wieder zu einer vergleichbaren Pandemie kommen sollte nicht von vorne angefangen werden müssen.

Daher fordern wir:

  • Die Erhöhung der Entschädigungszahlung auf 100% des Verdienstausfalls für kleine und mittlere

Einkommen. Es soll ein Höchstwert der Entschädigung festgelegt werden, der ab hohen Einkommen greift.

  • Die Entschädigung muss für die gesamte Dauer der Schließung gezahlt werden. Dabei muss trotzdem darauf geachtet werden, dass die Auszahlung in voller Höhe an die paritätische Beteiligung beider Elternteile an der Betreuung geknüpft ist.
  • Die Verankerung eines Rechts auf Freistellung zum Zweck der Kinderbetreuung. Ausnahmen müssen klar geregelt sein und die Beweislast bei den Arbeitgeber*innen liegen. In keinem Fall zumutbar ist die Betreuung außer Haus außerhalb einer offiziellen Notbetreuung oder gar das Kind mit in die Arbeit zu nehmen.
  • Wer Homeoffice macht, kann nicht gleichzeitig für ein oder mehrere Kinder da sein. Inwieweit betroffene Eltern Homeoffice für zumutbar halten, sollte ihnen selbst überlassen sein. Dabei sollte es auch möglich sein, die Arbeitszeit bei teilweiser Inanspruchnahme der Entschädigung zu reduzieren.
  • Die Verstetigung der Änderungen zur Entschädigung von Eltern im Infektionsschutzschutzgesetz.

•Wenn ein Regelbetrieb in Kitas aufgrund hoher Infektionszahlen als nicht mehr sicher eingestuft wird, sollte es nicht den Eltern überlassen bleiben, ob sie ihre Kinder Zuhause lassen. Die Maßnahme muss so getroffen werden, dass die Entschädigungsregelung wirksam wird.

N2 Cuii Buuh - weg mit dem Schreckgespenst!

30.09.2021

Die Clearingstelle Urheberrecht im Internet (kurz: CUII) bezeichnet sich selbst, als „eine unabhängige Stelle. Sie wurde von Internetzugangsanbietern und Rechteinhabern gegründet, um nach objektiven Kriterien prüfen zu lassen, ob die Sperrung des Zugangs einer strukturell urheberrechtsverletzenden Webseite rechtmäßig ist.“ Diese Prüfung wird dann wiederum von einem Prüfausschuss geprüft, welcher wiederum eine Sperre für diese Webseite veranlasst.

Die CUII arbeitet hierbei mithilfe eines 24-seitigen Verhaltenskodex, einem Prüfausschuss mit drei Personen mit Befähigung zum Richteramt, welche laut CUII „jeweils renommierte pensoinierte Richter des Bundesgerichtshofes [seien], die mit der Materie rechtlich und technisch vertraut [seien]“. Teil der CUII sind die fünf großen Internetprovider in Deutschland: Telekom, Vodafone, 1&1, Telefonica und Mobilcom-Debitel beteiligt. Zu den Rechteinhaber*innen zählen etwa die Deutsche Fußball-Liga, der Pay-TV-Anbieter Sky oder auch der Verband der Filmverleiher (sic!). Die DNS-Sperrungen der Seiten erfolgen dann wiederum mit Hilfe der Bundesnetzagentur. Positiv zu diesem Vorgehen hat sich ebenfalls das Bundeskartellamt positioniert. Das Vorgehen der CUII wird von der Bundesnetzagentur ausdrücklich gelobt: „Das neue Verfahren hilft, langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden, auf die Rechteinhaber (sic!) bislang angewiesen sind. Die Bundesnetzagentur leistet ihren Beitrag, um die Vorgaben zur Netzneutralität zu sichern“. Die Bundesnetzagentur hat bereits in der Vergangenheit DNS-Sperren nicht als potentielle Verletzungen der Netzneutralität eingestuft. Netzpolitik.org beschreibt solche DNS-Sperren als „[…] eines der beliebtesten Mittel beim Aufbau einer Zensurinfrastruktur und genau das ist die Gefahr.“

Ob die CUII wirklich zu Einhaltung der Netzneutralität sorgt, ist dabei als äußerst zweifelhaft anzusehen und in unseren Augen überhaupt nicht gegeben. Im Gegenteil: der CUII ist ein undemokratisch zusammengesetzter Lobbyverband mit Privilegien, welche ihm fernab von demokratischen und legislativen Kontrollen Sperrungen von Webseiten ermöglichen. Nutzer*innenverbände oder andere demokratische Teilhabe abseits der Mitwirkung der Bundesnetzagentur ist im Verband nicht vorgesehen. Während in früheren Verfahren die Judikative jeden Anspruch der Rechteinhaber*innen mit jenem der Netzneutralität abwägte, ist dies nun ohne jegliche demokratische Kontrolle möglich. Rechteinhaber*innen können nahezu ungehemmt Sperren von Webseiten erlassen, deren Inhalte sie als illegal erachten. Dabei sollen Kosten reduziert und die richterliche Kontrolle möglichst keine Rolle spielen. Die Bundesnetzagentur lässt sich dabei von einem Lobbyverband zur Legitimatisierung deren eigenen Handelns instrumentalisieren und suggeriert eine vermeintliche staatliche Kontrolle, welche kaum vorhanden ist. Im Rahmen dieser Sperrungen können auch Webseiten gesperrt werden, welche keine Inhalte der im CUII organisierten Rechteinhaber*innen aufweisen können. In Großbritannien fielen etwa Webseiten unter den Bannhammer, welche Tools anboten, mit welchen man Video- und Audioaufnahmen von Streamingplattformen wie YouTube angeboten werden können. Diese könnten zwar theoretisch für Aufzeichnungen von urheberrechtlich geschützten Aufnahmen verwendet werden, aber auch für Archivarbeiten von legalen sowie frei verfügbaren Inhalten.

Zwar sind die aktuellen DNS-Sperren leicht überwindbar, aber das legitimiert nicht deren Sperrung durch einen Lobbyverband, der fern von judikativen und ernsthaften staatlichen Kontrollen die eigene Agenda verfolgen kann. Davon ist nicht nur die Freiheit des Internets bedroht, sondern auch die demokratische Kontrolle des Internets insgesamt. Es ebnet zudem den Weg weiterer Möglichkeiten gerichtliche Kontrollen und Abwägungen für die Durchsetzung eigener Interessen durchzusetzen. Dem muss jetzt Einheit geboten werden, damit das Internet frei bleibt und jede Sperrung einer gründlichen Kontrolle mitsamt der zahlreichen Abwägungen unterliegt.

Wir fordern:

  • Den Rückzug der Bundesnetzagentur aus diesem Lobbyverband. Sie sollen zu ihrer Kernkompetenz der Sicherstellung der Netzneutralität sorgen
  • DNS-Sperren dürfen nur auf Basis richterlicher Entscheidungen angeordnet werden. Hierfür ist eine entsprechende Gesetzesgrundlage zu schaffen. Hierzu zählt die Einführung entsprechender Richter*innenvorbehalte für die Anordnung von Netzsperren.

P3 Antrag über nachhaltige Werbung

30.09.2021

Wir fordern daher eine Prüfung jedes Werbeartikels innerhalb der SPD auf Nachhaltigkeit.

Außerdem verlangen wir, dass ein bewussterer Umgang mit Give-aways, Flyern und anderen Werbematerialien stattfindet. Auch bei der Auswahl des Vertragspartners muss auf umweltfreundliche und ethische Firmenphilosophie geachtet werden. Dies beinhaltet auch Werbeanzeigen anderer Unternehmen in unseren Medien, wie zum Beispiel dem „Vorwärts“.

Hierbei kann auch ein höherer Preis für Werbematerialien in Kauf genommen werden, da die Menge der gekauften und verteilten Artikel verringert werden muss. Auch im SPD- und Juso-Shop muss eine Veränderung stattfinden

S2 E-Sport ist Sport

30.09.2021

Auch wenn viele denken würden, dass E-Sport ein Produkt der Neuzeit ist, so kann dieser doch auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückschauen. Bereits im Oktober 1972 fand das erste ESport Turnier statt, bei dem sich 24 Spieler*innen in der Stanford University trafen, um sich im Spiel “Spacewar” miteinander zu messen. Durch den dann schnell wachsenden technologischen Fortschritt wurden Computer- und Konsolenspiele in den 90er Jahren zum Massenphänomen. Auch Clans, also Zusammenschlüsse von interessierten Gamer*innen, begannen sich zu der Zeit zu bilden und die ersten großen internationalen Turniere fanden statt. Immer bessere Hardware, Grafik und der Ausbau des Internets auf der gesamten Welt haben dazu beigetragen, dass der Cybersport sich zu einer bedeutenden Sportart entwickelt hat.

In der Anfangszeit wurden E-Sport-Turniere durch Interessengemeinschaften/Clans veranstaltet. Spätestens in den 90er-Jahren witterten allerdings die Herausgeber*innen der Spiele auch das gewinnbringende Potenzial der Wettbewerbe. Bis heute werden deswegen die großen E-Sport Events von den erfolgreichen Spieleschmieden wie zum Beispiel RiotGames, Activision Blizzard, Electronic Arts, EpicGames und Co. veranstaltet.

Auf der anderen Seite gründeten sich auch einige Interessengemeinschaften der Spieler*innen, die sich für die Gemeinnützigkeit des E-Sports einsetzen. So vereinen sich viele deutsche E-Sport Vereine unter dem Dach des eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD). Ein großer Streitpunkt ist hier die Anerkennung des Cybersports als „Sport“.

Was Sport ausmacht, findet sich auch im E-Sport wieder

In der Sportwissenschaft und im Sportrecht herrscht Einigkeit darüber, dass es keine anerkannte Definition vom Begriff des Sports gibt. Trotzdem haben die verschiedenen Definitionen eine Gemeinsamkeit: sie knüpfen den Sport an eine körperliche Ertüchtigung. Diese kann zum Beispiel auch durch die erhöhte Erfordernis an Konzentration und Koordination gegeben sein. Dass Konzentration und Koordination bei jeder Form von Konsolenspielen vorhanden ist, kann nicht in Abrede gestellt werden.

Einer der größten Gegner*innen einer Anerkennung von E-Sport als Sport ist der DOSB (Deutsch Olympischer Sportbund). Dieser hat im Dezember 2018 eine Positionierung zum sogenannten „eSport“ verabschiedet. Kernfrage für die Positionierung war, ob und wie der „eSport“ zum organisierten, gemeinnützigen Sport passt, den der DOSB als Dachverband vertritt. Der DOSB formuliert in seiner Aufnahmeordnung drei sportliche und verschiedene organisatorische Voraussetzungen, um beim DOSB aufgenommen zu werden. Als sportliche Voraussetzung wird gefordert, dass die Ausübung der Sportart eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität eines*r jeden zum Ziel haben muss, der sie betreibt. Die Ausübung der eigenmotorischen Aktivitäten muss zudem Selbstzweck der Betätigung sein. Letztlich muss die Sportart die Einhaltung ethischer Werte wie z. B. Fairplay, Chancengleichheit, Unverletzlichkeit der Person und Partnerschaft durch Regeln und/oder ein System von Wettkampf- und Klasseneinteilungen gewährleisten. Organisatorisch nimmt der DOSB nur gemeinnützige Dachverbände der einzelnen Sportarten auf.

Um sich zu Positionieren hatte der DOSB ein Gutachten zum E-Sport in Auftrag gegeben. Auf Grundlage des Gutachtens kam der DOSB zu dem Ergebnis, dass nicht alle E-Sport Arten von Seiten des DOSB als Sport angesehen werden können. Als Argumente wurde unter anderem angeführt, dass hinter dem E-Sport ein Geschäftsmodell steht, die Entscheidungen über Regeln, Spiel – und Wettkampfsysteme daher nicht demokratisch durch Verbände, sondern von gewinnorientierten global agierenden Unternehmen getroffen werden und daher insgesamt nicht von einem gemeinwohlorientierten Sport gesprochen werden kann. Auch das Töten der Spielcharaktere der Gegenspieler*innen entspreche nicht dem ethischen Verständnis des Sports. Anders sieht der DOSB dies nur bei virtuellen Sportarten, die sowohl in der Realität, als auch auf dem Bildschirm stattfinden können.

Insgesamt lehnt der DOSB daher den Begriff des E-Sports ab und unterscheidet zwischen virtuellen Sportartsimulationen und Gaming. Dabei geht der DOSB davon aus, dass zumindest die virtuellen Sportartsimulationen in die bereits bestehenden jeweiligen Breitensportvereine integriert werden können.

Die hier vom DOSB vertretene Meinung ist jedoch als antiquiert zurückzuweisen und verliert sich in Romantisierungen des Sports, die schon lange nicht mehr der Realität entsprechen.

Insbesondere dann, wenn man sich vor Augen führt, dass es in der Diskussion darüber, ob E-Sport als Sport anerkannt werden kann, vor allem um steuerrechtliche und finanzielle Vorteile geht.

Würde man E-Sport als Sport anerkennen, dann würden E-Sport Vereine und Verbände die Möglichkeit besitzen, sich nach § 52 I Nr. 21 AO als gemeinnützig anerkennen zu lassen. Damit hätten die Vereine steuerrechtliche Vorteile und es stünde ein Zugang zu staatlicher Förderung offen. Gleiches gilt für den Dachverband ESBD, der hierdurch den DOSB nachdrücklicher auffordern könnte, ihn aufzunehmen.

Ob es sich bei E-Sport auch um Sport handelt, sollte aber unabhängig von den Aufnahmekriterien des DOSB beurteilt und zuallererst auf einer abstrakten Ebene betrachtet werden. Uns Jusos ist aber bewusst, dass die Meinung des DOSBs allein aufgrund seiner Größe und Bedeutung in weiteren Überlegungen Beachtung finden muss.

Zuallererst sind aber die Voraussetzungen, die man erfüllen muss, um von einer sportlichen Aktivität auszugehen, zur Beurteilung heranzuziehen. Hierzu gehört nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Komponente. In der Abgabenordnung gilt zum Beispiel Schach als Sport – welcher im Nachhinein vom DOSB sogar als Sport anerkannt wurde. Bei Schach steht zum Beispiel die geistige Komponente im Vordergrund. Auch beim E-Sport steht die geistige und nicht die körperliche Komponente im Vordergrund. Angewendet auf den E-Sport muss insbesondere in den Bereichen Konzentration, Kognition und Feinmotorik Herausragendes geleistet werden, um zu den Besten zu gehören. Zudem gibt es im E-Sport einen klaren Wettbewerbscharakter – man kann viele Spiele in Turnierform, also als Wettbewerb, spielen. Dies ist eine weitere wichtige Eigenschaft, wenn es um die Einordnung als Sport geht. Als Beispiel hierfür ist Bridge anzuführen. Bridge wurde als solches nicht als Sport anerkannt, Turnier-Bridge aber aufgrund des Wettbewerbcharakters schon. Dieses Vorgehen zeigt, dass verschiedene Sportarten verschiedene Schwerpunkte in ihren Anforderungen haben können und dass der E-Sport mit seinen Schwerpunkten auf geistige Anforderungen und den Wettbewerbscharakter gewichtige Punkte in Bezug auf Sport erfüllt. Eine körperliche Komponente – die Feinmotorik – ist zudem auch gegeben. Auf einer abstrakten Ebene können daher keine überzeugenden Argumente vorgebracht werden, warum E-Sport nicht als Sport anerkannt werden sollte. Insbesondere sind die vom DOSB angeführten Werte nicht Teil einer abstrakten Sportdefinition.

Wir Jusos erkennen daher E-Sport in seiner Gesamtheit als Sport an und folgen der Meinung des DOSB nicht.

E-Sport muss in jedem Fall gemeinnützig werden

Erkennt man E-Sport als Sport an, dann ergibt sich für die Vereine automatisch die Möglichkeit, sich als gemeinnützig anerkennen zu lassen und die sich daraus ergebenden Vorteile zu nutzen. Bislang gelang es nur einem E-Sportverein in Deutschland sich eine Gemeinnützigkeit vom Finanzamt anerkennen zu lassen. Das gelang dadurch, da sie fast ausschließlich als Vereine zur Jugendförderung gesehen wurden und nicht als Sportvereine.

Der Einwand, dass “Ballerspiele” wie Counter Strike nicht mit den Werten des Sports vereinbar ist, kann nicht einfach weggewischt werden.

Dass Sport mit gewissen Werten verknüpft ist, kann ebenso nicht bestritten werden. Welche Werte dies sind, unterscheidet sich jedoch von Sportart zu Sportart. Der DOSB zählt darunter Fairplay und Chancengleichheit, wobei die Aufzählung nicht abschließend ist. Dies scheint sich mit Konsolenspielen, bei denen man Spielcharaktere der Gegner*innen tötet, nicht vereinen zu lassen. Doch auch bei Spielen wie Counter Strike werden Werte wie Teamgeist und Fairplay vertreten. Letzteres äußert sich zum Beispiel in einem Verbot des „cheatens“. Dem entgegenzusetzen ist zudem, dass auch bei anerkannten Sportarten wie dem Schießen, die Sportart nur ausgeübt werden kann, in dem man eine Waffe verwendet. Es mag zwar ein Unterschied darin bestehen, dass man beim Schießen auf Zielscheiben zielt und nicht auf von den Gegner*innen gesteuerte Charaktere, es bleibt jedoch die Frage, inwieweit man diese Tatsache gewichten soll in Relation zur Gesamtheit des E-Sports. Auch gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass das Spielen solcher Konsolenspiele dazu führt, dass man im realen Leben zu Gewalttätigkeit neigt.

Auch das Positionspapier „Ehrenamtsgesetz 2021“ der Unionsfraktion im Bundestag vom 16.06.2020 versucht den Ausschluss dieser Konsolenspiele, in dem es verlangt – ähnlich wie der DOSB – „Ballerspiele“ aus der Definition des E-Sports auszuschließen. Diesem Vorschlag hat die ESport-Community aber bereits eine Absage erteilt.

Da aufgrund dieser Gemengelage nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Finanzämter die Gemeinnützigkeit von E-Sport Vereinen und Verbänden eigenständig feststellen – also E-Sport als Sport einordnen – braucht es ein politisches Signal.

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von E-Sport Vereinen und Verbänden wäre für uns Jusos insbesondere deshalb wünschenswert, da dadurch eine breitere Aufstellung der Community möglich ist und damit eine Stärkung des Dachverbands ESBD einhergehen würde. Gemeinnützige Vereine haben in Deutschland einige Vorteile: Steuererleichterungen auf Mitgliedsbeiträge, das Recht, Spenden zu sammeln, Vergünstigung bei der Anmietung von Räumen und die Möglichkeit, Fördergelder zu beantragen. Auf einer Stufe mit traditionellen Sportvereinen zu stehen, sorgt für eine erhebliche Imageverbesserung des E-Sports und führt so zu einem Wachstum der Vereine. Mit dieser Stärkung haben es E-Sport Vereine leichter, den Lizenzgeber*innen, die momentan weitestgehend eine Monopolstellung bei der Ausrichtung von Turnieren haben, etwas entgegenzusetzen. So würde auch für eine langsame Demokratisierung des E-Sports gesorgt. Die Stärkung der Spieler*innen und ihrer Vereine hätte daher eine positive Wirkung auf die vorherrschenden kapitalistischen Strukturen.

Durch die Anerkennung als gemeinnütziger Verein wird es den E-Sport-Vereinen leichter fallen, ihr eigenes Vereinsleben zu gestalten. Hier geht es darum, Begegnungsräume im realen Leben zu schaffen, die sich nicht nur auf die Jugendförderung beschränkt, sondern auch eine effektive gegenseitige Kontrolle von Off-Time, die man verbringen sollte, Suchtprävention und ein breiteres Angebot von Workshops beinhaltet. Schon jetzt bieten E-Sport-Vereine Workshops unter anderem in dem Bereich der sozialen Kommunikation an.

Um die Diskussion zu befrieden fordern wir daher, dass im Anwendungserlass der Abgabenordnung unter § 52 aufgenommen wird, dass E-Sport als Sport zu betrachten ist. Gleiches ist hier bereits bzgl. dem Motorsport klargestellt worden.

Darüber hinaus befürworten wir auch die Möglichkeit, den E-Sport ergänzend in § 52 II Nr. 21 AO aufzunehmen mit der Formulierung “E-Sport gilt als Sport” und damit diesen – ähnlich wie Schach – dem traditionellen Sport gleichzustellen. Im Ergebnis überwiegen für uns die gesamtgesellschaftlichen Vorteile einer Anerkennung des E-Sports als Sport.

U6 Biodiversität in der Agrarlandschaft schützen

30.09.2021

Wir fordern, dass der Erhalt der Biodiversität in Deutschland einen größeren Stellenwert erhält
und bei allen politischen Entscheidungen – insbesondere Agrarpolitik und Infrastruktur –
berücksichtigt wird.
Die Vorgaben der EU–Biodiversitätsstrategie müssen möglichst schnell umgesetzt werden und 30
Prozent der marinen und terrestrischen Fläche unter Schutz gestellt werden. Bei diesen
Schutzgebieten muss besonderes Augenmerk auf ihre Wirksamkeit gelegt werden.
Dementsprechend soll darüber hinaus in Zusammenarbeit mit Nachbarländern eine Kartierung
der Schutzgebiete erfolgen, um bessere Kohärenz und Konnektivität der Natura2000–Gebiete
sicherzustellen. Innerhalb dieser Schutzgebiete muss regelmäßiges Monitoring – gerade auch der
Pfanzenwelt – stattfnden, um ihre Wirksamkeit zu kontrollieren. Diese Zahlen sollen innerhalb
der Kartierung der Gebiete vermerkt und einsehbar sein. Ein solches Monitoring legt auch die
Basis für rechtliche Vorgaben für den Erhalt der Biodiversität und Sanktionen bei Nicht–
Einhaltung und kann bei der Bauplanung helfen, damit besonders wertvolle Flächen nicht
versiegelt werden. Zudem muss Deutschland sich innerhalb eines klaren Zeitrahmens mit
Zwischenzielen zu der Renaturierung von 15 Prozent der Landesfäche verpfichten – hier mit
Fokus auf Gebiete wie Moore, die für Klimaschutz und Biodiversität besonders wichtig sind.
Ökobetriebe haben eine deutlich bessere Biodiversitätsbilanz, deshalb fordern wir den Ausbau
von regionalen Programmen zur Förderung des Ökolandbaus wie dem bayerischen BioRegio 2030.
Ein Fokus muss hier darauf liegen einen Markt mit fairen Preisen für ökologische und regionale
Produkte zu schaffen, denn einen vielfältigen und nachhaltigen Anbau gibt es nur, wenn dieser
sich lohnt. Ein Marktzugang und Zugang zu Förderungsmitteln sollen auch für konventionelle Betriebe, die biodiversitätsfördernde Maßnahmen ergreifen, bestehen, um ihnen die Transformation zu erleichtern. Besondere Förderung sollen Mischkulturen mit großer genetischer Variabilität, Weidenutztierhaltung, sowie Agroforstsysteme erhalten.

Durch die Überdüngung in Deutschland wird nicht nur das Grundwasser verunreinigt, sie sorgt auch dafür, dass neben den Kulturpflanzen Beikräuter schneller wachsen und damit die Kulturen durch die hohe Pflanzdichte anfälliger werden für Schädlinge. Der folgliche Einsatz von Pestiziden und Herbiziden hat erhebliche Auswirkung auf die Artenvielfalt. Zusätzlich werden auf nährstoffarme Bedingungen angepasste Pflanzenarten verdrängt. Wir fordern eine Reduktion der erlaubten Stickstoffüberschüsse von 50 Kilogramm pro Hektar auf 30 kg pro Hektar und entsprechende Kontrollen. Dies gelingt nur mit einer drastischen Reduktion der Massentierhaltung und in Kooperation mit den Landwirt*innen. In einer Übergangsphase soll es Bonuszahlungen pro reduziertes Kilogramm geben, um einen Anreiz zur Umstellung zu schaffen.

Wir lehnen den übermäßigen Anbau von Mais und Raps als Energiepflanzen in Monokultur ab, da sie dem Boden und damit seiner Artenvielfalt und Kohlenstoffspeicherkapazitäten schaden. Wir fordern eine Begrenzung der erlaubten Menge von diesen Pflanzen aus Monokultur bei den Einsatzstoffen im Betrieb von Biogasanlagen auf 40 Prozent – aktuell stammen 80 Prozent der Einsatzstoffe aus Energiepflanzen. Um Alternativen zu finden, fordern wir eine Subvention des Anbaus alternativer Energiepflanzen in Mischkultur sowie Gelder für die Forschung in dem Bereich. Möglich ist auch die Förderung des Anbaus von nachhaltiger Biomasse in Gebieten, in denen es Auflagen von Gebiets– oder Gewässerschutz gibt und die dadurch nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmittelproduktion stehen.

Landwirt*innen, die Interesse an Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität haben, brauchen leicht zugängliche Möglichkeiten zur Aus– und Weiterbildung. Wir fordern staatliche Beratungsstellen, die Expertise im Bereich ökologische Landwirtschaft und Biodiversität besitzen und Landwirt*innen weiterbilden. Die vorhandenen Programme müssen außerdem besser beworben werden.

Fehlende Einhaltung von Regelungen zur Biodiversität muss Konsequenzen haben, dafür brauchen wir eine engere Kopplung von Agrar– und Umweltpolitik, um einen Rechtsrahmen mit einer umweltschutzbezogenen Betreiber*innenpflicht zu schaffen.

Langfristig fordern wir eine Abwendung von dem aktuellen Modell der Direktzahlungen der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP), denn diese fördern Fläche vor Gemeinwohl und sind damit eine Bremse auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Biodiversität. Stattdessen fordern wir erhöhte Direktzahlungen für Umweltschutzprogramme und Ausweitung beispielsweise der Kulturlandschaftsprogramme und Landesnaturschutzprogramme.

U3 Positionspapier der Jusos zum progressiven Tierschutz

30.09.2021

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines funktionierenden Tierschutzes ist in der Gesellschaft immer präsenter. Daher ist es auch für uns Jusos wichtig, sich in der Frage zu positionieren und Antworten für eine Gesellschaft zu formulieren, in der der Tierschutz, wie wir ihn uns vorstellen, gewährleistet ist.

Grundsätzlich unterscheidet man im Tierschutz zwischen verschiedenen moralischen und dogmatischen Ansätzen. Angefangen beim gemäßigten Tierschutz bis hin zum aggressiv-radikalen Tierschutz, bei dem auch Gewalt angewendet wird, ist der Tierschutz in vielen Abstufungen definiert.

Der gemäßigte Tierschutz oder auch der “traditionelle Tierschutz” wird insbesondere in Mitteleuropa vertreten und erfolgt aus einer anthropozentrischen Haltung heraus, da er zum Ziel hat, die Gefühle der Bürger*innen, die an der Nichteinhaltung des Tierwohls Anstoß nehmen, zu schützen.

Der progressive Tierschutz

In den letzten Jahren und Jahrzehnten sorgte der „traditionelle Tierschutz“ für minimal größere

Käfige oder für das Verbot von bestimmten Haltungsformen. Aber auch mit kürzeren Wegen zur Schlachtfabrik, Betäubung bei der Kastration und Spielzeugen in den Käfigen ist es nicht getan.

Die Produktion von Tieren war gewaltvoll, ist gewaltvoll und wird mit dem traditionellen

Tierschutz weiterhin gewaltvoll sein. Dabei betrachten wir nicht nur die Fleischproduktion und die Massentierhaltung sondern auch die Tierhaltungen als Haustiere, im Zirkus oder in Tierparks sowie die Jagd von Tieren

Nur der progressive Tierschutz kann das ändern.

Wir sind davon überzeugt, dass bestehende Regelungen oder im Rahmen des traditionellen Tierschutzes diskutierte Änderungen nicht ausreichend sind, da sie das Leben und das körperliche und psychische Wohl der einzelnen Individuen nicht in den Mittelpunkt stellen.

Deswegen: Tierschutz muss sich am Wohl der Tiere orientieren!

Wir müssen uns fragen, was wir bewusst erlebenden Individuen grundsätzlich zumuten dürfen und mit was wir es rechtfertigen. Ist es grundsätzlich legitim, Tiere in Käfigen zu halten? Sind Tierversuche prinzipiell zumutbar oder müssen wir nicht zumindest bei denen, die für uns

Menschen nicht absolut nötig sind, auf alternative Methoden zurückgreifen? Darf man Tiere überhaupt töten – und spielt es dabei eine Rolle, ob sie davor ein glückliches Leben hatten?

Die Tatsache, dass andere Tiere ein komplexes Innenleben besitzen – sie die Welt bewusst wahrnehmen, leidensfähig und intelligent sind – ist für uns Grund weiterzugehen als der traditionelle Tierschutz es macht und für einen progressiven Tierschutz zu kämpfen.

Für uns bedeutet ein progressiver Tierschutz die Produktion, Nutzung und in letzter Konsequenz auch die Tötung von Tieren zu hinterfragen und Alternativen zu fördern.

Der progressive Tierschutz hinterfragt das Konzept der Tiere als Ware. Der progressive Tierschutz will nicht nur durch Maßnahmen die Akzeptanz der “Nutztierhaltung” verbessern. Der progressive Tierschutz fördert Alternativen zum Konsum von Tieren um die Vision einer Gesellschaft ohne Gewalt an Tieren zu realisieren.

Der progressive Tierschutz beginnt mit der SPD und uns Jusos: Für einen Systemwandel, eine Welt ohne Tierfabriken und eine Welt ohne Ausbeutung von Tieren!

Systemfrage stellen – mit dem Kapitalismus gibt es keine humane Tierhaltung

Die Ausbeutung von Mensch, Umwelt und Tier bestimmt das Wesen des Kapitalismus. Das herrschende Wirtschaftssystem erzeugt Tierleid, das wir bekämpfen wollen. Deswegen reicht es nicht, allein die Auswirkungen zu bekämpfen, sondern wir müssen an der Wurzel des Problems ansetzen.

Im Rahmen des kapitalistischen Profitstrebens werden Tiere als Produkte betrachtet, die lebendiger Teil des Produktionsprozesses sind. Schlechtere Lebensbedingungen (z. B. durch Massentierhaltung) für Tiere sind in diesem in der Regel mit niedrigeren Produktionskosten gleichzusetzen und erhöhen somit den Profit. Höhere quantitative Ausbeute (z. B. durch Züchtung) können ebenso den Profit erhöhen. Dies führt bis hin zur unmittelbaren Tötung, wenn ein Tier nicht zum Profit beitragen kann (z. B. Schreddern männlicher Küken).

Für uns ist klar, dass es eine humane Tierhaltung im Kapitalismus nicht geben kann und wir darauf hinarbeiten, diesen zu überwinden. Nur eine Gesellschaft, in der das Profitstreben nicht die oberste Maxime ist, wird es schaffen können, einen humanen Umgang mit Tieren zu schaffen. Wir entwickeln dabei auch unser Verständnis des demokratischen Sozialismus weiter und setzen uns kritisch mit der Definition des Menschen in Abgrenzung zum Tier auseinander, wie sie bedeutende Köpfe in der Bewegung des demokratischen Sozialismus einst festgelegt haben..

Als Jungsozialist*innen kritisieren wir das kapitalistische System, nicht jedoch die Ausgebeuteten dieses Systems. Die Beschäftigten in der Fleischindustrie und in anderen Branchen, in denen Tierleid erzeugt wird, sehen wir nicht als Feind*innen, sondern als Verbündete. Wer durch ein falsches Wirtschaftssystem dazu gezwungen ist, seine Arbeitskraft zu verkaufen, hat unsere Solidarität verdient. Der Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen geht Hand in Hand mit der

Schaffung von Tierrechten und einem humanen Umgang mit Tieren. Die Transformation dieser Wirtschaftsbereiche hin zu zukunftsfähigen und nicht Tierleid erzeugender Branchen ist unser Ziel.

Tiere sind mehr als Gegenstände

Wir setzen uns mit der Einführung von Tierrechten kritisch auseinander. Klar ist, dass unsere am Konsum von Tierfleisch orientierte Gesellschaft dem Konsumbedürfnis nur gerecht werden kann, in dem sie Tiere ausnutzt und ausbeutet. Damit geht zwangsläufig ein Verlust an Tierschutz einher, der seine Konsequenz in der Einführung von Tierrechten oder einer Reform des Tierschutzes finden muss.

Wir sind der Meinung, dass Tiere und Menschen zwar nicht gleich behandelt werden müssen, aber die Tatsache, dass beide leiden können, gleiche Berücksichtigung finden soll.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Tierschutzgesetz und die damit einhergehenden Verordnungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft keine Tierrechte postulieren, sondern lediglich Grenzen im Umgang mit Tieren setzen. Tierrechte liegen erst dann vor, wenn das Tier als eigenes Rechtssubjekt begriffen wird, welches Inhaber*in von Rechten ist, die er*sie auch einklagen kann. Dies ist momentan nicht der Fall.

Auf dem Weg hin zu einer Gesellschaft, in der man über Tiere als eigenes Rechtssubjekt diskutieren kann, ist es wichtig, in einem ersten Schritt das Tierschutzgesetz zu überarbeiten und anders zu denken.

Momentan bestimmt § 1 TierSchG, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. In § 2 TierSchG wird bestimmt, dass jemand, der*die ein Tier hält, es nach seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend ernähren, pflegen und es verhaltensgerecht unterbringen muss.

Diesen Vorschriften kommt jedoch praktisch keine Bedeutung zu, da bereits § 2a TierSchG diese

Vorschriften dahingehend einschränkt, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dazu ermächtigt wird, Verordnungen zu erlassen, die diese Zwecke des Gesetzes näher definieren. Dabei versteht es sich von selbst, dass es ein vernünftiger Grund ist, Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen, wenn man es zur Nutzung – also auch als späteres

Konsumgut – hält. Insbesondere Nutztiere sind daher von den niedergeschriebenen Zwecken des Gesetzes faktisch ausgeschlossen. Ähnliches gilt für Tiere, an denen Tierversuche durchgeführt werden.

Problematisch ist darüber hinaus, dass solche Verordnungen niederschwellig und schnell erlassen werden können. Um eine möglichst beständige Tierschutzpraxis zu erreichen, sollte daher im Tierschutzgesetz definiert werden, wie z. B. eine artgerechte Haltung von verschiedenen Nutztieren aussieht.

Tierschutz endet nicht an nationalen Grenzen

Dass Tierschutz nicht an nationalen Grenzen aufhört, merkt man spätestens dann, wenn man im Supermarkt tierische Produkte aus anderen Ländern findet, bei denen man noch schwieriger nachvollziehen kann, wie das Tier gelebt und was es gegessen hat. Ein Beispiel dafür, welches uns deutlich macht, dass das nationale Problem auch international mehr Betrachtung finden sollte. Auf der europäischen Ebene hat das Europäische Parlament das Mitbestimmungsrecht bei vielen

Regelungen, wie beispielsweise der Tierversuchsrichtlinie, Kosmetikrichtlinien und

Chemikalienpolitik. Bei Tierschutzbestimmungen, welche die Agrarpolitik betreffen, können

Empfehlungen abgegeben werden. Ebenso bestehen fünf Tierschutz-Konventionen des

Europarats. Hierbei handelt es sich um die Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren, die in der EU transportiert werden, landwirtschaftlichen Nutztieren, Schlachttieren, Versuchstieren und Heimtieren. Ausschlaggebend ist aber, dass verschiedene Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts der EU keine direkte Anwendung finden.

Der EU-Beitritt Schwedens kann hier als Beispiel herangezogen werden. So zeichnete sich

Schweden bereits in den Achtzigern durch hohe Tierschutzstandards aus. Als das Land jedoch 1995 der EU beitrat, musste ein Großteil der Erzeuger*innen tierischer Produkte ihre Produktion stark an die sehr niedrigen Standards der EU anpassen. Das führte dazu, dass viele bäuerliche und kleine Unternehmen, welche durch ihre höheren Tierschutzmaßnahmen nicht mehr konkurrenzfähig waren, vom Markt verdrängt wurden.

Nach unseren Vorstellungen sollten deswegen in der EU Tierschutzbestimmungen gelten, die einheitlich wirken, von allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden und sich nicht an den niedrigsten, sondern an den bestmöglichen Standards orientieren!

Global existieren ebenso stark unterschiedliche Rechtsverordnungen, welche auf unterschiedliche Weise den Schutz der Tiere gewährleisten oder dazu beitragen sollen. So spiegelt sich oftmals der gesellschaftliche Stellenwert oder die religiöse Überzeugung, welche die jeweilige Nation den Tieren zuschreibt, wider. Wie zwischen den europäischen Staaten existieren auch internationale Abkommen wie beispielsweise das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES), welches aber nur den internationalen Handel mit wild lebenden Tier- und Pflanzenarten sowie mit Produkten aus diesen Arten regelt. Das aktuelle Mercosur-Abkommen, ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay, enthält nur ein kurzes Bekenntnis zu mehr Tierschutz bei Nutztieren aber keine konkreten Regelungen.

Grundsätzlich kann man sagen, dass wirtschaftliche Interessen bei diesen internationalen Abkommen bisher immer im Vordergrund standen und Aspekte des Tierwohls und des Tierschutzes grob vernachlässigt wurden. Auch hier muss sich der Status quo um 180 Grad drehen. Bevor über Marktliberalisierung verhandelt wird, müssen vergleichbare Standards beim Tierschutz vorherrschen und überprüfbar sein. Denn was bringen uns hohe Standards in Europa, wenn unser Markt mit tierischen Produkten versehen ist, die diese nicht einhalten?

Wir als internationalistischer Verband sind der Überzeugung, dass Tierschutz nicht an nationalen Grenzen aufhört. Wir setzen uns für einen Tierschutz ein, der durch internationale Abkommen und Standards, sowohl innerhalb der EU als auch auf globaler Ebene, einheitlich geregelt wird, um den Tierschutz und das Wohl der Tiere nachhaltig und grenzübergreifend zu verbessern.

V6 Der Orbit ist für alle da - Installierung staatlicher Kontrollmechanismen zur Verhinderung privatwirtschaftlicher Kontrolle des Orbits durch Unternehmen und/oder Privatpersonen

30.09.2021

Der Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper unterliegt keiner nationalen Aneignung durch Beanspruchung der Hoheitsgewalt, durch Benutzung oder Okkupation oder durch andere Mittel“

So steht es in Artikel 2 des Weltraumvertrages geschrieben, welcher im Jahr 1967 verfasst worden ist und bis heute als „Magna Charta des Weltraumrechts“ bezeichnet wird. Weltweit haben 107 Staaten den Vertrag ratifiziert und diesen zu Völkergewohnheitsrecht erklärt, was auch jene

Staaten bindet, welche bislang keine Vertragsparteien des Weltraumvertrages geworden sind. Im Rahmen des Vertrages wurde festgelegt, dass kein Staat über den Weltraum verfügen darf (freedom of exploration and use), sowie das Verbot nationaler Aneignung (non-appropriation).

Die Kriterien für Privatpersonen und Unternehmen sind hingegen sehr unklar. Je nach Rechtseinschätzung unterliegen diese entweder dem Weltraumvertrag selbst

Art 1 Abs.1 Weltraumvertrag: „Die Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper wird zum Vorteil und im Interesse aller Länder ohne Ansehen ihres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstandes durchgeführt und ist Sache der gesamten Menschheit“

oder unterliegen der Aufsicht der jeweiligen Vertragsstaaten bzw. des Vertragsstaates, in welchen die jeweiligen Tätigkeiten von staatlicher oder nicht-staatlicher Seite unternommen werden

Art. VI Weltraumvertrag: „Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich verantwortlich für nationale Tätigkeiten im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, gleichviel ob staatliche Stellen oder nichtstaatliche Rechtsträger dort tätig werden, und sorgen dafür, dass nationale Tätigkeiten nach Maßgabe dieses Vertrags durchgeführt werden. Tätigkeiten nichtstaatlicher Rechtsträger im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper bedürfen der Genehmigung und ständigen Aufsicht durch den zuständigen Vertragsstaat.“

Verschiedene Staaten u.a. Luxemburg und vor allem die USA vertreten letztere Rechtsaufassung und erachten eine private Nutzung der Raumfahrtnutzung für ausdrücklich gegeben. Diese Rechtsauffassung ermöglicht es Privatunternehmen ohne jegliche multilateralen Kontrollen den

Weltraum für privatwirtschaftliche Zwecke zu nutzen, solange sie die Genehmigung des Staates haben, in jenem sie operieren. Diese Lücke macht sich vor allem ein Unternehmen zu Nutze: SpaceX, das Weltraumunternehmen von PayPal und Tesla-Gründer Elon Musk.

Neben einem Raketenprogramm unterhält SpaceX ein weiteres Projekt: Starlink. Starlink stellt ein Programm dar, welches Satelliteninternet mit einer Latenz von bis zu 20 Millisekunden übertragen soll. Analog zu heutigen Routern würde eine Empfangsbox das Internet der Starlink-Satelliten empfangen und dabei Geschwindigkeiten von Glasfasernetzen erreichen. Problematisch dabei ist, dass diese Technologie zahlreiche Satelliten benötigt, die untereinander kommunizieren. SpaceX plant bis zu 42.000 Satelliten in den Orbit zu entsenden. Ein Antrag für 30.000 Satelliten wurde bereits eingereicht. Diese Satelliten kommunizieren untereinander per Laser. Per entsprechenden Terminals soll das Internet wiederum an die Endnutzer*innen gelangen.

Dieses Unternehmensziel bietet neben den Chancen für weltweit schnelles Internet eine extrem große Gefahr der Vereinnahmung des eigentlich allen zugänglich und besitzlosen Orbits durch ein Privatunternehmen und dessen CEO. Bereits 2019 stieß ein ESA-Satellit (European Space Agency) fast mit einem Starlink-Satelliten zusammen. Ein Ausweichmanöver konnte dies verhindern. Mit der steigenden Anzahl von Satelliten steigen die Chancen für Kollisionen und Weltraumschrott, der entweder um den Planeten kreist oder in Teilen zurück auf die Erde fällt und dort ungeahnte Schäden anrichten können, falls diese etwa nicht vollständig auf dem Weg zur Erde verglühen.

Zudem klagen Astronom*innen über verfälschte Sternenbilder und erschwerte

Beobachtungsmöglichkeiten aufgrund der stark reflektierenden Starlink-Satelliten. Auch weitere Weltraumflüge könnten durch die zahlreichen Satelliten oder Weltraumschrottteile erschweren oder gar nur ermöglicht werden, falls SpaceX eine Weltraumschneise bildet, um etwaige Raketen etc. in den Weltraum zu lassen. Erste Berechnungen nehmen an, dass künftig 95% aller Satelliten von Starlink kontrolliert werden könnten, sofern es keine politischen Gegenmaßnahmen gibt.

Die aktuelle Rechtslage und fehlenden Kontrollmaßnahmen rund um den Weltraum ermöglicht Staaten nahezu nach freiem Gusto Weltraumprogramme zu starten und ansässige Unternehmen zur privaten Nutzung zu ermutigen. Die EU hat zwar eine Arbeitsgruppe rund ums Thema „NewSpace“ ins Leben gerufen, allerdings hat diese bislang keine konkreten Forderungen genannt. Die „Haager Arbeitsgruppe Hague International Space Resources Governance“ hat Prioritätsrechte zur Suche und Abbau von im Weltraum vorgeschlagen, die dann erworben werden müssten. Eine World Space Organization wurde zwar angedacht, aber seit deren Scheitern im Jahre 1988 bislang nicht neu initiiert.

Der Orbit gehört allen auf der Erde lebenden Menschen und darf unter keinen Umständen in privatwirtschaftlicher Kontrolle eines oder mehreren Unternehmen stehen. Die Ära des „NewSpace“ darf nicht als Ära des ungezügelten Weltraumkapitalismus enden!

Daher fordern wir:

Die Gründung einer World Space Organization unter dem Dach der Vereinten Nationen, welche die weltweiten und privatwirtschaftlichen Aktivitäten im Weltraum genehmigt und zugleich überwacht

Strikte Genehmigungsverfahren von Satelliten, welche entweder von der World Space Organization oder einem Gremium bestehend aus allen Weltraumorganisationen bestätigt werden müssen.

Eine Neuformulierung des Artikel 6  VI Weltraumvertrag: „Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich verantwortlich für nationale und internationale Tätigkeiten im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, gleichviel ob staatliche Stellen oder nichtstaatliche Rechtsträger dort tätig werden, und sorgen dafür, dass international relevante Tätigkeiten nach Maßgabe dieses Vertrags durchgeführt werden. Tätigkeiten nichtstaatlicher

Rechtsträger im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper bedürfen der

Genehmigung und ständiger Aufsicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Vertragsstaaten.“

V5 ÖPNV zukunftsfest machen und gerecht finanzieren: Nahverkehrsbeitrag und Solidarisches Bürger*innenticket für München!

30.09.2021

Die Sozialdemokratie strebt in München vielfältige Investitionen in den ÖPNV und die

Mobilitätswende an. Wir wollen nichts weniger als Mobilität im gesamten MVV–Gebiet angesichts der Herausforderungen des Bevölkerungswachstums, der neuen Anforderungen an Mobilität und des Klimawandels auf eine neue Stufe heben. Dafür werden wir den ÖPNV stärker und bezahlbarer machen.

In den nächsten Jahren liegen umfangreiche Investitionen vor uns. Es muss sowohl soweit möglich im bestehenden Netz von U–Bahn, Bus und Tram Taktverdichtungen als auch weitere Ausbauoffensiven zur Verbesserung des Netzes geben. So wollen wir in den nächsten Jahren mindestens die Tram–Westtangente, die Tram–Nordtangente und die Tram 23/24 bis Fröttmaning und zur Bayernkaserne bzw. die Tram Y zum Entwicklungsgebiet im MünchnerNorden sowie die Tram 17 zum Entwicklungsgebiet SEM Nordost bauen. Außerdem streben wir die Verwirklichung der Nord–Süd–U–Bahn (U9), die Verlängerung der U5 nach Pasing und Freiham, eine U–Bahn– Ringlinie, die Verlängerung der U4 über Englschalking zurMessestadt Riem und die U26 (Verbindung U2/6 im Münchner Norden) an.

Der ÖPNV ist gerade in Bayern aufgrund des Handelns der Staatsregierung seit Jahren hoffnungslos unterfinanziert, auch die Investitionszuschüsse vom Bund müssen für die skizzierten anstehenden Maßnahmen nicht nur deutlich ausgeweitet, sondern auch hinsichtlich der Fördermechanismen (“Standardisierte Bewertung”) überarbeitet werden. Um zur Verkehrswende aus eigener Kraft einen höheren Beitrag zu leisten, fordern wir die Einführung eines Nahverkehrsbeitrags.

Ziel wäre es, die Bevölkerung an der Finanzierung der Verkehrswende und hier insbesondere am

Ausbau des ÖPNV zu beteiligen – unabhängig davon ob dieser von den einzelnen

Beitragszahler*innen genutzt wird oder nicht. Hierzu wäre eine Änderung des

Kommunalabgabengesetz (KAG) von Seiten des Freistaats notwendig. Diese würde es der Stadt ermöglichen, alle Münchner*innen zu einem zweckgebundenen Beitrag heranzuziehen und ließe ihr den Spielraum den Beitrag sinnvoll und sozial gerecht auszugestalten. Alle rechtlich verpflichteten Beitragszahler*innen würden im Gegenzug ein solidarisches Bürger*innenticket (“beitragsrechtlicher Sondervorteil”), beispielsweise für den Bereich der M–Zone, erhalten. Als

Beitragszahlende kommen (je nach Ausgestaltung) alle in München gemeldeten Personen in Betracht, die ein gewisses Jahreseinkommen erzielen. Erhoben werden könnte der Beitrag von der Münchner Stadtverwaltung.

Nach diesem Vorbild sollen auch die umliegendenen Landkreise im MVV–Netz Beiträge erheben, um die Verkehrswende voranzubringen und den Ausbau von S– und U–Bahnnetz sowie den Bussen zu stärken. Beitragszahler*innen können Tickets ab ihrem Wohnort vergünstigt oder kostenfrei erhalten.

Alle in und um München Wohnende könnten damit sogar bemessen an ihrer individuellenLeistungsfähigkeit zur Finanzierung der Mobilitätswende herangezogen werden und alle würden in Bezug auf ihre individuellen Mobilitätsoptionen profitieren. Darüber hinaus wären gesamtstadtgesellschaftlich positive Effekte zu erwarten. Es wären Anreize zur Nutzung des ÖPNV gesetzt, der (motorisierte) Individualverkehr könnte langfristig reduziert, ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet und der öffentliche Raum gerechter verteilt werden.

A1 Volle Transparenz bei Gehältern

30.09.2021

Nach wie vor existiert eine gravierende Genderpaygap. Außerdem vergrößert sich der Niedriglohnsektor in Deutschland rasant. Die immer noch weit verbreitete Etikette, nicht über das eigene Gehalt zu sprechen, ist allgegenwärtig. Dies führt ferner dazu, dass in sogenannten „Frauenberufen“ deutlich geringere Gehälter bezahlt werden. Arbeitgeber*innen lehnen Tarifbindungen zu unserem großen Bedauern immer häufiger ab. Der aktuell geltende gesetzliche Mindestlohn ist aus unserer Sicht einerseits unzureichend für den gegenwärtigen Lebensunterhalt, andererseits reicht dieser nicht zu einer Mindestabsicherung im Rentenalter aus.

Wir Jusos möchten, dass über Löhne und Gehälter in der Öffentlichkeit gesprochen wird und eine Debatte über die Wertigkeit von vor allem Hilfsberufen, Sozialberufen und Berufen während der Ausbildungsphase diskutiert wird. Einen geschlechterspezifischen Lohnunterschied nehmen wir nicht mehr hin. Daher plädieren wir für die sofortige Einführung einer korrekten Mindestgehaltsangabe in Stellenanzeigen. Bei der Veröffentlichung der Löhne und Gehälter sind folgende Varianten zulässig:

  • Bei Vollzeitstellen unter Angabe der Wochenarbeitszeit entweder das Jahresgehalt, das Monatsgehalt oder die Stundenentlohnung in Euro als Bruttoentlohnung.
  • Bei Teilzeitstellen unter Angabe der Wochenarbeitszeit entweder das Jahresgehalt, das Monatsgehalt oder die Stundenentlohnung in Euro als Bruttoentlohnung.
  • Bei sonstigen Beschäftigungsverhältnissen die Stundenvergütung in Euro als Bruttoentlohnung.

F1 Selbstbestimmungsrecht von Schwangeren wiederherstellen – Pflichtberatung abschaffen

30.09.2021

FLINTA*-Personen in unserer Gesellschaft werden noch immer durch veraltete und rückwärtsgewandte Machtkonstellationen unterdrückt. Eine der effektivsten und perfidesten Formen dieser Unterdrückung ist die Fremdbestimmtheit über den gebährfähigen Körper. Allem voran wird schwangeren Personen die Entscheidungsfähigkeit über ihren eigenen Körper und so auch über ihr eigenes Leben abgesprochen.

Wird eine Person ungewollt schwanger und ist sich diese über das weitere Vorgehen nicht im Klaren, bekommt sie im Idealfall von ihrem*ihrer Gynäkolog*in Hinweise zu Beratungsangeboten. Gerade wenn ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden soll, ist ein Umgehen einer Pflichtberatung unmöglich, da erst nach erfolgtem Gespräch ein Beratungsschein ausgestellt wird. Diese Pflichtberatung muss zwar offiziell neutral und ergebnisoffen geführt werden, davon kann aber keine Rede sein, wenn in §219 (StGB) steht, dass die Beratung dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Also nicht etwa der Entscheidungsfindung der schwangeren Person. Die Beratung soll ebenfalls zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen und Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnen. Eine klare moralische Abwertung eines Abbruchs wird schon hier klar. Wie kann also ein Pflichtgespräch, das durch seine bloße Existenz klar macht, dass Schwangeren keine Entscheidungsfindung ohne Beratung zugetraut wird, keine Belastung darstellen? An dieser Stelle möchten wir klarstellen, wie wichtig es ist, eine freiwillige Beratung in angemessener Nähe zur Verfügung zu haben, deshalb sprechen wir uns auch für die weitere kostendeckende Finanzierung von unabhängigen Beratungsstellen und den Ausbau gerade auch im ländlichen Raum aus. Trotzdem verhindert der Pflichtcharakter des Gesprächs und die Gesetzeslage eine ergebnisoffene Beratung und kann die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen belasten. Auch wenn die schwangere Person sich bereits vor dem Gespräch entschieden hat, macht die Pflichtberatung keinen Sinn, sie zeigt nur, dass hier ein Stück Mündigkeit abgesprochen wird. Die folgende Wartezeit von drei Tagen kann ebenfalls von einigen als belastend wahrgenommen werden, denn das Ziel ist klar, nämlich einen Abbruch zu verhindern. Die Beratung selbst sehen wir als Chance an, die Perspektiven eröffnet, ihr Pflichtcharakter aber ist eine Zumutung. Es soll die bestmögliche Beratung zur richtigen Entscheidung möglich sein und diese richtige Entscheidung ist nicht immer das Fortsetzen der Schwangerschaft.

Wir fordern deshalb:

  • Die Abschaffung von Beratungsscheinen und der stigmatisierenden Pflichtberatung durch die Streichung von §219 StGB. Beratungsstellen sollen trotzdem weiterhin als freiwilliges Angebot finanziert werden, die einen wichtigen Teil zur Aufklärung beitragen. Beratungsstellen müssen auch im ländlichen Raum gut zugänglich und unabhängig von konfessionellen Weisungen sein.
  • Die Aufklärung muss auch durch die durchführenden Ärzt*innen möglich sein.
  • Die komplette Übernahme von Schwangerschaftsabbrüchen und gegebenenfalls die psychotherapeutische Begleitung durch die gesetzlichen Krankenkassen.
  • Besserer Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, denn sie sind Teil der Grundversorgung, die Länder müssen hier ihrem Versorgungsauftrag entgegenkommen.
  • Enttabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, dazu gehört die Aufklärung darüber und über Verhütung in der Schule. Öffentliche Informationsportale, die umfassend über die Möglichkeiten aufklären und die Streichung von §219a, denn auch dieser Paragraf stellt eine Bürde für Schwangere und Ärzt*innen dar. Sexuelle Selbstbestimmung ist nur möglich, wenn frühzeitig informiert und aufgeklärt wird und ein Abbruch frei von der Einflussnahme des Staates und konfessionellen Organen ist und vor der Androhung von Strafe.
  • Die Aufnahme von Abbruchsmöglichkeiten in den Lehrplan des Medizinstudiums.

G2 Pflegereform korrigieren, Zukunft sichern.

30.09.2021

Die angestoßene sog. Pflegereform von Gesundheitsminister Jens Spahn erfüllt nicht unsere Erwartungen an die Pflege der Zukunft. Zwar ist die Stoßrichtung – bessere Vergütung für Mitarbeiter*innen in der Pflege und planbare Kosten für Bewohner*innen und deren Familien – zu begrüßen, allerdings bleiben die gewählten Instrumente wenig wirkungsvoll und versprechen keine Lösung für die offenen Fragen.

Statt der Initiative von Bundesarbeitsminister Heil zum Branchentarifvertrag wurden schlussendlich nur „tarifähnliche“ und „ortsübliche“ Konditionen im Gesetz verankert. Hierin sehen wir deutlich zu viel Spielraum, um verlässlich gute Konditionen und beste Bedingungen für die Beschäftigten zu garantieren.

Außerdem wurde versäumt, den Heimkosten eine solide Grenze zu setzen. Mit der schrittweisen Reduzierung der Pflege-Kosten bei stationärer Pflege rechnet der Gesetzgeber bewusst mit den kürzer werdenden Aufenthaltszeiten in den Einrichtungen, den Fiskus zu schonen. Außerdem steigen die Kosten in den Bereichen Unterkunft, Verpflegung und Investition ungebremst weiter. Finanzielle Planungssicherheit für Pflegebedürftige und deren Angehörige kann so nicht erreicht werden. Unser Anspruch bleibt weiterhin die vollständige Deckelung der Eigenanteile bei stationärer Pflege als erster Schritt und perspektivisch die Umgestaltung der Pflegeversicherung zu Vollversicherung.

Wir fordern unsere gewählten Vertreter*innen der SPD in Bund und Ländern in den kommenden Jahren auf, das Thema weiter dezidiert zu verfolgen und den Missständen wirkungsvoll zu begegnen. Gute Pflege braucht klare Regeln. Die guten Löhne für Beschäftigte und die planbaren Kosten für Pflegebedürftige und deren Familien dürfen nicht sich nicht weiter entgegenstehen, sondern gemeinsam das Fundament für eine zukunftsfähige Pflege bilden.