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ÄO2-4

15.04.2023

Zeile 230:

Ersetze

“Nichtalkoholische Getränke *sind* stets günstiger als alkoholische Getränke.“

durch

“Nichtalkoholische Getränke *müssen* stets günstiger als alkoholische Getränke *sein*.“

 

Streiche 231-236:

231 Wir
232 verstehen es einerseits als Aufgabe eines Jugendverbands, dass sich alle wohl fühlen, andererseits aber auch,
233 jungen Leuten zu ermöglichen, ihren Umgang mit Alkohol zu lernen. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld.
234 Alkohol ist Teil unserer Gesellschaft und somit ist es notwendig, einen verantwortungsvollen Alkoholkonsum
235 zu entwickeln. Dazu wollen wir als Verband insgesamt beitragen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass durch
236 die Enthemmung die Wahrscheinlichkeit für grenzüberschreitendes Verhalten steigt.

Ersetze durch:

Als Jugendverband ist es unsere Aufgabe, dass sich alle wohl fühlen. Da Alkohol eine bedeutende Rolle in unserer Gesellschaft spielt, ist es daher unsere Pflicht, jungen Menschen einen möglichst bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol nahezubringen. Denn die durch Alkohol verursachte Enthemmung erhöht die Wahrscheinlichkeit für grenzüberschreitendes Verhalten.

Ergänzung nach Zeile 239:

Dazu wollen wir als Verband insgesamt beitragen.

ÄE2-10

15.04.2023

Sowie über die Armutsgefährdungsgrenze

ÄV3-1

15.04.2023

Ergänze: “Ausnahmen hiervon sollen nur für zu kommerziellen Zwecken erforderlichen Sonderfahrzeugen gemacht werden. Die Erforderlichkeit ist von der betroffenen Person nachzuweisen.“

INI2 Der Klimakrise sind eure Bauchschmerzen egal - Vorhaben zu neuen Ölförderprojekten stoppen

14.04.2023

Die US-Regierung hat dem Ölkonzern Conocophillips drei neue Bohrplattformen in Alaska genehmigt. Nach Angaben von Conocophillips können mit dem Willow Project täglich bis zu 180.000 Barrel Öl gefördert werden. Insgesamt könne man über die neu entstehenden Plattformen in den kommenden 30 Jahren etwa 600 Millionen Barrel Öl fördern.
Ähnlich steht es mit dem britischen Rosebank oilfield. Dabei handelt es sich um das größte noch unerschlossene Ölresavour in der Nordsee. Hier könnten über die Lebensspanne des Projekts bis zu 500 Millionen Barrel Öl gefördert werden.
Über die gesamte Laufzeit wird das Willow Project nach Schätzungen der US-Regierung gut 260 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre freisetzen.
Das freigesetzte CO2 beim Rosebank Ölfeld entspricht den Emissionen der 28 Länder mit dem niedrigsten Einkommen in der Welt. Dennoch werden die Projekte von den Regierungen der Länder gepusht und als „notwendig“ betitelt.

 

Der Kapitalismus nimmt in seiner Grundverfasstheit die Natur als Ressource hin, sowohl als Quelle für Inputs in die Produktion, als auch als Senke für die Abfallprodukte. Ihr Wert wird dabei gleichzeitig vorausgesetzt, als auch verleugnet. Damit beschreibt man die neusten Ölexplorationen Großbritanniens und der USA eigentlich auch schon hinreichend.

Hinzu kommt ein gesteigertes Interesse an Energieunabhängigkeit. Formal, um die eigene Freiheit zu sichern und von der Abhängigkeit von autokratischen Regimen los zu kommen.. Wahrscheinlich aber auch, um heimische Kapitalinteressen langfristig abzusichern und vor externen Schocks zu bewahren.

 

Dabei gibt es bereits technische Lösungen, um die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen zu beenden. Durch Investitionen in die Wind- und Solarenergie kann regionaler Strom kostengünstig erzeugt werden. Der Ausbau von erneuerbaren Energien wird jedoch schon seit Jahrzehnten blockiert und strategisch verzögert. Der Ölkonzern Exxon Mobil hat seit den 1970er Jahren eigene Studien zur Klimafolgenforschung betrieben. Laut einer Forschungsgruppe waren die Ergebnisse eindeutig, wurden vom Management aber verschwiegen. Der Konzern steht natürlich seinen eigenen Interessen nicht im Wege. Aber genau dank der Forschung, die an die Gruppen von Exxon Mobil anknüpft, wissen wir, dass sich die Welt weder das Willow Project noch das Rosebank Oilfield leisten kann. Vorausgesetzt, man will weite Teile des Planeten als menschliche Lebensgrundlage erhalten.

 

Der Kapitalismus beruht zudem auf zwei Momenten der Aneignung. Das erste ist das uns meist bekannte Moment der Ausbeutung, bei der sich der Mehrwert angeeignet und geleistete Arbeit mit dem gesellschaftlich durchschnittlich, zur Reproduktion notwendigen Preis entlohnt wird. Das zweite Moment ist das der Enteignung. Diese ist sowohl Ausgangsvoraussetzung für die Ausbeutung, als auch fortwährend im Kapitalismus nötig. Besonders stark von diesen Enteignungen sind diejenigen betroffen, die nicht im Laufe der Industrialisierung ihre Staatsbürgerrechte dem Kapital abringen konnten. Auch wenn der Peak der klassischen kolonialen bzw. postkolonialen Aneignung bereits überschritten ist, so betrifft es ganz besonders immer noch und immer wieder die indigenen Bevölkerung Nordamerikas und Alaskas. Sie sind es, auf deren Kosten bereits seit Beginn der Industrialisierung in Nordamerika expandiert wird. Und sie sind es, auf deren Kosten nun der letzte Sargnagel für jedes humane Klimaziel geschmiedet werden soll.

 

 

Die Ausbeutung zeigt sich im Finanzkapitalismus nicht mehr nur durch stumpfe Landnahme durch Konzerne und die Vertreibung indigener Bevölkerungen. Die meisten Länder des globalen Südens und zumindest ein guter Teil ihrer Wirtschaftsleistung befindet sich in einer, durch Schulden realisierten, Abhängigkeit von den ökonomischen Zentren des globalen Norden. Die Arbeitsleistung der arbeitenden Klasse und die natürlichen Ressourcen in diesen Ländern wurde sich historisch nicht nur von der eigenen Bourgeoisie angeeignet, sondern auch fortwährend durch den Globalen Norden. Diese Abhängigkeit verhindert in ihrer Konsequenz eine ernsthafte nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in den Ländern des Globalen Südens. So bleibt die Konsequenz aus kompliziert zu erschließenden Ölfeldern wie dem Willow Project und dem Rosebank Oilfields, dass der Norden seiner historischen Verantwortung für den Klimawandel weiter ausweicht. Zwar greift er dafür nicht mehr auf die Ressourcenausbeutung des Globalen Südens zurück, wälzt aber die Verantwortung für die Emissionsreduktion hin zu ebendiesen.

 

Das exkraktivisch-kapitalistische System wird durch die Kooperation der staatlichen Institutionen, vor allem der Polizei, aufrechterhalten. Seit Jahren zeigt sich, wie die Staatsmacht die Kapitalinteressen der Großkonzerne über die Rechte der Protestierenden stellt und so brutale Polizeigewalt anwendet, um legitime Proteste und Besetzungen zu durchbrechen. Auch hier zeigt sich, dass diese Repressionen System haben und nicht nur ein lokales Phänomen sind. Von der Räumung des Protestcamps in Lützerath über Festnahmen bei Protesten in Schottland bis hin zu unaufgeklärte Morde an Klimaaktivist*innen in ölreichen Ländern wie Kolumbien oder Ecuador. Demokratische Staaten werden zum Spielball globaler Kapitalinteressen und unterstützen die Umsetzung von Großprojekten durch die zunehmende Erhöhung der Repressionen sowohl gegen Klimaaktivist*innen als auch durch die angewendete Rhetorik. Wir stellen uns entschlossen gegen Polizeigewalt und zeigen uns solidarisch mit allen Betroffenen. Die Kriminalisierung von Klimaprotesten lehnen wir vehement ab.

 

Ölkonzerne stehen mit im Zentrum eines auf Aneignung natürlicher Ressourcen aufbauenden fossilen Kapitalismus, sie sind das tiefschwarze Herz des fossilen Kapitals. Ihr politischer Einfluss zeigt sich nicht nur im immensen Lobbyismus dieser Branche, sondern vor allem auch in der Abhängigkeit ganzer Produktionszweige von ihnen. Dadurch erscheinen sie unvermeidbar und die Demokratie als zunehmend erpressbare Hülle ihrer selbst. Aus dieser systemischen Abhängigkeit entstehen globale Repressionen gegen das Ausbrechen aus diesem selbstzerstörerischen Kreislauf. Auch deshalb muss unsere Antwort darauf ebenso international lauten: Wir stehen gemeinsam an der Seite derer, die sich gegen den Extraktivismus einsetzen und fordern den sofortigen Stopp der Förderprojekte Willow und Rosebank.

 

Es bringt uns zudem nichts, wenn Regierungsvertreter*innen von Bauchschmerzen klagen, wenn sie klimaschädlichen Projekte beschließen oder das Mittel der „offenen Kommunikation“ suchen, um ihre Vorhaben zu legitimieren. Es ist davon auszugehen, dass der Klimakrise und damit der fortschreitenden Zerstörung unserer Lebensgrundlage ein paar Bauchschmerzen herzlich wenig interessieren und diese somit nichts mehr als eine Farce sind, die zur Befriedung der Gesellschaft dienen sollen.

 

Unsere Forderungen sind daher:

  • Solidarität mit den Protestbewegungen #stoprosebank und #stopwillow und “just stop oil”
  • Sofortiger Stopp von Räumungen von Besetzungen
  • Sofortiger Stopp von neuen Ölförderprojekten
  • Eine Hand in Hand gehende Kollektivierung und Demokratisierung der Energieressourcen, global wie national
  • Eine globale Entwicklungsstrategie hin zu nachhaltiger Energieversorgung

INI1 Ini Antrag – Volker W. tut versagen nicht weh

13.04.2023

Forderungen:

  • Jährliche sektorale Ziele und Sofortmaßnahmen sollen im Bereich Klimaschutz bestehen bleiben
  • Sofortiger Stopp der Ausweitung und langfristige Abkehr vom Emissionshandel
  • Beibehaltung der Realkompensation
  • Keine Förderung von E-Fuels

Die selbsternannte Fortschrittskoalition vollzieht mit der im Koalitionsausschuss geplanten Aufweichung des Klimaschutzgesetzes einen gewaltigen Rückschritt und gefährdet somit das ohnehin schon wackelige Ziel der Klimaneutralität bis 2045. Mit dem Wegfall der jährlichen sektoralen Zielbetrachtung hin zu einer mehrjährigen Gesamtrechnung wird nicht nur Verantwortung zur Umsetzung klimafreundlicher Maßnahmen aus den einzelnen Ministerien gezogen, es fördert unsolidarische Denkweisen innerhalb der Regierung und den Ressorts. So muss der Rückgang der CO2-Emissionen in der Industrie deren Anstieg im Bereich Verkehr kompensieren. Die klimafeindliche Politik eine*r Verkehrsminister*in wird somit in Zukunft nicht geahndet und das Versagen in diesem Bereich intransparent. Bisher mussten die Ministerien bei nicht-Erreichung der Klimaziele innerhalb von drei Monaten Sofortmaßnahmen zur Korrektur vorlegen und einleiten. Mit Wegfall der sektoralen jährlichen Ziele entfällt auch die Pflicht zur Festsetzung der Sofortmaßnahmen, wodurch sich die verantwortlichen Ministerien nicht mehr für das Versagen beim Einhalten ihrer Ziele rechtfertigen müssen. Für einen zielgerichteten und effektiven Klimaschutz müssen die Zieldefinitionen auf sektoraler Ebene und die Sofortmaßnahmen bei nicht-Erreichung erhalten bleiben!

Regierungen und Unternehmen wird durch den Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten ein marktorientiertes Instrument an die Hand gegeben, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu präsentieren, ohne große strukturelle Veränderung in den Bereichen Energieerzeugung und -nutzung vorzunehmen. Somit stellt der den Regeln des Marktes unterworfene Emissionshandel einen Teil des Problems dar, anstatt zu dessen Überwindung beizutragen. Daher fordern wir die Ausweitung des Emissionshandels auf weitere Sektoren zu verhindern!

Nach dem Naturschutzrecht müssen für die Realisierung von naturzerstörenden Infrastrukturprojekten Ausgleichsflächen geschaffen werden. Die Aufweichung dieser Realkompensation zur Möglichkeit der Kompensation mit monetären Leistungen befeuert den neoliberalen Gedanken alles mit Geld regeln zu können und die Verantwortung für Natur- und Klimaschutz somit abzugeben. Dies kann nicht das Ziel einer sozialökologischen Klimaschutzpolitik sein!

E-Fuels werden als klimaneutrale Alternative zur E-Mobilität angepriesen. Ihre Herstellungsprozesse sind jedoch sehr energieintensiv, womit ihre Energiebilanz bedeutend schlechter gegenüber der E-Mobilität ausfällt. Die Förderung von E-Fuels dient lediglich der Aufrechterhaltung der veralteten und nicht mehr tragbaren Technologie der Verbrennungsmotoren im privaten Mobilitätssektor. Die Subventionierung dieser ineffizienten und teuren Technologie soll daher vermieden werden!

ÄA1-1

11.04.2023

Ersetzte in Zeile 5: 5 Stunden durch 6,25 Stunden

 

O2 Awarenesskonzept Jusos Bayern - Stand 2023

21.03.2023

Einleitung

Als Jungsozialist*innen ist der emanzipative Anspruch nicht nur in der politischen Arbeit, sondern auch im persönlichen Handeln und im Zusammenspiel der Gruppe unsere Aufgabe. Eine befreite Gesellschaft oder im kleineren Rahmen, einen möglichst diskriminierungsfreien Raum zu schaffen, ist dabei für jedes Mitglied unserer Gruppe ein konstantes und dauerhaftes Ziel.

Dabei ist unsere kapitalistische und patriarchale Gesellschaft eben keine befreite Gesellschaft, sondern von vorherrschenden Diskriminierungs- und Herrschaftsverhältnissen geprägt und durchdrungen. Diese unterdrückenden Verhältnisse setzen sich dabei auch in unseren Strukturen fort. Aus diesem Widerspruch zwischen emanzipativem Anspruch und diskriminierendem Denken und Handeln erwächst die Notwendigkeit, sich in unserer politischen Arbeit, in unseren Strukturen und in unserem persönlichen Handeln damit auseinander zu setzten und die Diskriminierungs- und Herrschaftsverhältnisse durch respektvollen und aufmerksamen Umgang auf- und abzufangen. Durch den bewussten Umgang mit den eigenen Privilegien und bestehenden Machtstrukturen und das konstante Reflektieren über die eigenen Stereotypen und Vorurteile soll ein Safer Space für alle Mitglieder und Interessierte geschaffen werden.

Unsere Gesellschaft ist vielfältig. Dabei bleibt kein Platz für Diskriminierung und Ausgrenzung! Wir setzen uns dafür ein, dass auch BIPOC (Black & Indigenous People of Colour) frei von Ausgrenzung, Bevormundung und Verfolgung leben können. Wir möchten diese Menschen empowern und ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst zu entfalten und selbstbestimmt nach vorne zu gehen und Verantwortung zu übernehmen.

Die Awarenessarbeit soll dieses Ziel unterstützen und umfasst Prävention – die Schaffung von Bedingungen, die die Möglichkeit von Diskriminierung und Gewalt minimieren – und konkrete Unterstützungsangebote für Personen, denen Diskriminierung oder Gewalt widerfahren ist bzw. widerfährt.

In diesem Awarenesskonzept sollen dabei sowohl die Organisation, die Arbeitsweise und das zentrale Aufgabenspektrum des Awarenessteams umrissen werden, als auch ein grundlegender Konsens aller Mitglieder im Umgang miteinander festgehalten werden.  Trotzdem befreit die Existenz eines Awarenessteams andere Teilnehmende nicht von rücksichtsvollem Verhalten, Awareness bleibt Aufgabe und Ziel für alle innerhalb und außerhalb unseres Verbands.

Das Awarenesskonzept zeigt eine Momentaufnahme in einem andauernden Prozess, im Verband ein reflektiertes und möglichst sicheres Umfeld für alle Menschen, die sich unseren Werten und Zielen verpflichtet fühlen, zu schaffen.

Unsere Verbandsstrukturen sind auf verschiedenen Ebenen sehr unterschiedlich. DieUntergliederungen der Jusos Bayern können dieses Awarenesskonzept als Anregung verstehen, eigene Konzepte zu entwickeln, die jeweils vor Ort funktionieren.

Das Awarenessteam

Organisation

Das mit mindestens 50% FLINTA*s besetzte Awarenessteam besteht aus mindestens drei Personen, je nach Größe der Struktur sollte auch das Awarenessteam entsprechend vergrößert werden. Ein Platz ist dabei vorrangig an tin*-Personen zu vergeben. Langfristig ist das Ziel, dass, nach Möglichkeit, gewählte Mitglieder einer Ebene nicht auf dieser Ebene auch im Awarenessteam Mitglied sind.

Das Awarenessteam wird auf einer Konferenz der jeweiligen Ebene mit Neuwahlen für ein Jahr gewählt, nach Bedarf auch früher. Das Awarenessteam stellt einen festen Tagesordnungspunkt einer jeden Vorstandssitzung dar, bei dem dann auch Nicht-Vorstandsmitglieder aus dem Awarenessteam anwesend sein dürfen, allerdings ausschließlich bei diesem Tagesordnungspunkt.

Alle Mitglieder des Vorstands sind verpflichtet, bei Fragen des Awarenessteams, welche die Arbeit des Vorstands betreffen, welche Awarenessthemen betreffen, Auskunft zu geben.

Arbeitsweise

Erreichbarkeit

Das Awarenessteam kann jederzeit über direktes Ansprechen oder Anschreiben erreicht werden. Die Wahl, welches Mitglied des Awarenessteams mit einem Fall betraut oder kontaktiert wird, obliegt alleine den Betroffenen. Zu Beginn einer Veranstaltung werden die Kontaktdaten der Mitglieder des Awarenessteams zugänglich gemacht, ausgehängt werden und im Idealfall das Team selbst kurz vorgestellt. Pro Jahr führt das Awarenessteam eine anonyme Umfrage durch, bei der das allgemeine Wohlbefinden der Mitglieder abgefragt wird und im Rahmen eines Rechenschaftsberichts des Awarenessteams auf der Wahlkonferenz der entsprechenden Ebene vorgestellt werden. Die Umfrage soll vor dem Ende der Amtszeit des jeweiligen Teams stattfinden.

Vertraulichkeitsprinzip

Das Arbeit des Awarenessteam hat zwei Ebenen: Solange sich die betroffene Person nur eine individuelle Betreuung und Empowerment bzw. Beistand wünscht, ist die Vertraulichkeit absolut zu gewährleisten.

Sofern die Person möchte, dass eine konkrete Intervention stattfindet, wird sie darauf hingewiesen, dass eine absolute Vertraulichkeit dann nicht mehr gewährleistet werden kann. Sanktionierung durch die verschiedenen Akteur*innen erfordert eine mindestens teilweise Kenntnis der Fälle, um eine Bewertung vornehmen zu können und über die Konsequenzen zu entscheiden. Dabei kann es sein, dass aus einer Situationsbeschreibung Rückschlüsse auf konkrete Personen möglich sind. Außerdem kann es bei der Verhängung von Sanktionen passieren, dass die Täter*innen (öffentlich) über die Situation sprechen. Dies setzt die jeweiligen Gremien, die eine Sanktion verhängen unter Druck, es kann also notwendig sein, durch eine Gegendarstellung die Entscheidung zu rechtfertigen.

Diese Hintergründe und Gegebenheiten werden der betroffenen Person durch das Awarenessteam dargestellt. Nur mit der expliziten Einverständnis der betroffenen Person werden Schritte in Richtung einer Intervention unternommen.

Definitionsmachtprinzip

Die Definitionsmacht der betroffenen Person wird respektiert, das bedeutet, dass die erlebte Grenzüberschreitung nicht in Frage gestellt wird. Dazu gehört auch, dass die geteilten Informationen vertraulich behandelt und nicht gewertet werden.

Konsensprinzip

Das Awarenessteam arbeitet nach dem Konsensprinzip, also es handelt nur auf Wunsch und nach Absprache mit der betroffenen Person, denn die betroffene Person weiß am besten, was ihr hilft und sollte dabei keinesfalls durch das Team bevormundet werden.

Gleichzeitig gibt es die Problematik, dass auch das Konsensprinzip Grenzen hat. Hierbei kann das Awarenessteam auch ohne Konsens aktiv werden, falls durch Nichthandeln die Sicherheit der Gruppe und einzelner Menschen in der Gruppe gefährdet ist. Die betroffene Person wird auch unterstützt, wenn sie sich entscheidet, strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen. In unklaren Situationen hält das Awarenessteam mit dem Juso-Landesbüro und dem Geschäftsführenden Vorstand Rücksprache über das weitere Vorgehen und greift gegebenenfalls auf parteiinternen juristischen Rat zurück. Es muss auch klar sein, dass bei unserem Handeln das Wohl der Betroffenen immer oberste Priorität hat. Gerade bei Minderjährigen sind wir in der Aufsichtspflicht und haben deshalb besondere Verantwortung.

Parteilichkeitsprinzip

Parteilich zu sein, ist eine politische und bewusst getroffene Entscheidung mit dem Ziel, Betroffene in einer Gesellschaft, die von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, also u.a. rassistischen, ableistischen, patriarchalen, hetero- und cis-normativen, altersbasierenden und sexistischen Machtverhältnissen, geprägt ist, solidarisch zu unterstützen. In seiner Arbeit ist das Awarenessteam immer auf der Seite der betroffenen Person. Es ist keine Form der Mediation, sondern es geht lediglich darum solidarisch nach Lösungen zu suchen, wie es der betroffenen Person wieder besser gehen kann. Dabei geht es zentral darum, das Empowerment der betroffenen Person zu unterstützen und Machtverhältnisse zu Gunsten der betroffenen Person zu verschieben.

Übergriffiges Verhalten

Übergriffiges Verhalten ist jedes Verhalten, das Grenzen nicht respektiert und/oder bewusst überschreitet. Das kann von einer Körperhaltung, einem Spruch oder einem Kommentar bis hin zu Berührungen und gezielter Einschüchterung alles sein.

Grenzüberschreitungen

Grenzüberschreitungen sind individuell und nicht verhandelbar. Jede Grenzüberschreitung ist als solche anzuerkennen und zu reflektieren.

Grenzüberschreitungen können sein:

  • Körperliche, sexualisierte und verbale Gewalt
  • Rassistisches und diskriminierendes Verhalten
  • Ableismus
  • Bevormundungen
  • Missachtung der besprochenen Grenzen
  • Misgendern, Verwendung falscher Pronomen, Deadnaming
  • Heteronormativität und LGBTIAQ-feindliche Aussagen sowie Verhalten
  • Handlung ohne Rückversicherung
  • Gutgemeinte Komplimente und benevolenter Sexismus
  • Aufgenötigte Interaktion / Dominantes Verhalten
  • Stereotypisches Verhalten (FLINTA*s sind für Feminismus zuständig)
  • Lookism
  • Männlich dominantes Redeverhalten
  • Mann als Norm (FLINTA*s sind außerhalb der Norm)
  • vermeintliche Witze
  • Altersdiskriminierenden Verhaltens, beispielsweise die unbegründete Benachteiligung, Diffamierung oder Exklusion jüngerer oder minderjähriger Menschen

Unser Ziel ist es, Grenzüberschreitungen zu vermeiden. Es soll ein respektvoller und sensibler Umgang im Miteinander herrschen.

Grenzen des Awarenessteams

Das Awarenessteam fungiert ausdrücklich nicht als Security, Türsteher*innen, Therapeut*innen oder Psycholog*innen. Das Awarenessteam muss die Grenzen der eigenen Arbeit kennen und auch diese anerkennen, insbesondere in Bedrohungsszenarien. Diese Grenzen können dabei auf der Ebene des Teams gerade auch sein, dass es zu einem schwerwiegenden Fall an Gewalt kam, welcher die Fähigkeiten, Möglichkeiten oder Grenzen eines Awarenessteams überschreitet und erfordert Hilfe von anderen Organisationsebenen oder außenstehenden Expert*innen zu suchen.

Das Awarenessteam fungiert gegenüber den jeweiligen Vorständen und Organisationsgruppen als Beratungsgremium. Das Awarenessteam hat im Zweifel keine Entscheidungsbefugnisse für organisatorische, politische oder verfahrenstechnische Belange.

Auf der individuellen Ebene ist zudem wichtig, dass die Mitglieder des Awarenessteams ihre eigenen Grenzen kennen und anerkennen müssen, insbesondere in Bedrohungsszenarien und im Rahmen eines Rechenschaftsberichts des Awarenessteams auf der Wahlkonferenz der entsprechenden Ebene vorgestellt werden. Die gemeinsame Absprache und Koordination sind daher im Vorfeld wichtig, um gerade für eskalierende, unübersichtliche oder verwirrende Konflikte gewappnet zu sein.

Grenzen von Personen des Awarenessteam können dabei speziell bei Szenarien in denen körperlicher Gewalt, Bedrohung (physische Gewalt, Waffen, etc.), Verletzungen, sowie medizinische Notfälle oder auch die eigene Überforderung (z.B. durch Überschreitung der eigenen körperlichen und psychischen Grenzen) vorkommen.

Sollte eine Person aus dem Awarenessteam in einem Awarenessfall betroffen sein, ist es Aufgabe des restlichen Teams die Person zu unterstützen, die betroffene Person kann dabei nicht als Mitglied des Awarenessteams fungieren. Sofern besondere persönliche Verhältnisse zwischen dem Awareness-Team und einer betroffenen Person bestehen, sollte das Awareness-Team dies bei der Auswahl der Person, die den Vorfall bearbeitet, berücksichtigen. Sollte ein Mitglied des Awarenessteams einen Fall auslösen, oder beteiligt sein, wenden sich die anderen Mitglieder des Teams, wenn möglich, an das Awarenessteam der nächsthöheren Ebene. Es ist zu prüfen, ob das Mitglied weiterhin Teil des Awarenessteams sein darf. Das Amt erlischt, wenn die Person gegen Gesetze, Grundsätze unserer Arbeit oder das Awarenesskonzept verstößt, die nicht mit dem Amt vereinbar sind. Vor der endgültigen Entscheidung durch das Awarenessteam hat die Person in diesem Kreis auch das Anhörungsrecht. Während der Aufarbeitung des Awarenessfalls soll die Person keine neuen Fälle annehmen, das Amt ruht solange. Ist der Fall entlastend abgeschlossen, kann das Amt wieder aufgenommen werden.

Aufgaben

Die jeweiligen Vorstände stellen im Rahmen der Möglichkeiten sicher, dass das Awarenessteam die finanziellen Mittel, den Raum und die Ressourcen bekommt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Die Aufgaben des Awarenessteams umfassen dabei:

  • Die Prävention und Sensibilisierung im Vorfeld von Veranstaltungen und innerhalb der Gruppe durch Workshops, Schulungen oder Weiterbildungsangebote, um das Thema “Awareness” fest zu verankern. Das bedeutet, dass sich das Team bei Seminaren weiterbilden lässt, aber auch Seminare vom Team für die Gruppe gegeben werden. Gewünscht wird auch der Austausch mit anderen Awarenessteams für bessere Arbeit. Schulungen sollen in einem Maximalintervall von sechs Monaten stattfinden. Hierbei fordern wir vor allem den Bundesverband auf, entsprechende Schulungen und Vernetzungsangebote zu schaffen. Bei Neuwahlen muss eine Schulung innerhalb von zwei Monaten stattfinden.
  • Awarenessteams haben bei Bedarf im Rahmen der Möglichkeiten ein Recht auf Supervision.
  • Die Institutionalisierung der Awarenessarbeit bei Klausurtagungen, Seminaren und weiteren Veranstaltungen, durch Reflektion und Aufarbeitung in der Gruppe.
  • Das Awarenessteam trifft und berät sich vor und während einer Veranstaltung regelmäßig. Am Ende eines jeden Veranstaltungstages sollte es einen Bericht des Awarenessteams an die Gruppe geben. Feedback ist wichtig. Jedoch dürfen in diesem Bericht keine Namen oder Anspielungen fallen.
  • Die Präsenz und Aktivität des Teams bei Sitzungen und Veranstaltungen, um bei Grenzüberschreitungen für betroffene Personen als Ansprech- und Vertrauenspersonen unterstützend da zu sein und einen geschützten Rückzugsraum von Konflikten zu stellen.
  • Das Awarenessteam kann auch selbst aktiv werden, wenn es merkt, dass Menschen sich vielleicht nicht wohlfühlen. Das kann beinhalten, die betroffene Person anzusprechen und nach Zustimmung einzugreifen, aber auch Rücksprache mit dem Rest des Teams zu halten.
  • Die anonymisierte Dokumentation von Fällen grenzüberschreitenden Verhaltens.
  • Die Koordination von Reflektion und Auswertung nach Veranstaltungen und Sitzungen, um sich gemeinsam mit den Verantwortlichen über Probleme, Schwierigkeiten, Konflikte und Erfolge auszutauschen und Verbesserungsvorschläge zu sammeln. Bereits vergangene Awarenessfälle sollen zudem aufgearbeitet werden.
  • Das Erstellen und Auswerten der allgemeinen Umfrage erfolgt durch die Jusos Bayern. Die Umfrage soll anonymisiert die Möglichkeit bieten, zurückzumelden, wie das Wohlbefinden einzelner Personen im Kreis der Jusos ist und bildet dabei das Gegenstück zu den persönlichen Gesprächen mit einem Mitglied des Awarenessteams.
  • Auf Neumitgliederseminaren stellt sich das jeweilige Awarenessteam persönlich vor und der Awarenessleitfaden wird an die Mitglieder und Interessent*innen verteilt.

Das Awarenessteam auf Freizeit- und Abendveranstaltungen, insbesondere auf Partys:

  • Die Mitglieder des Awarenessteams, die sich für den entsprechenden Teil der Veranstaltung als zuständig gemeldet haben, müssen währenddessen nüchtern sein, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
  • Wir haben auf unseren Veranstaltungen das Hausrecht und dürfen im Ernstfall jemanden der Veranstaltung verweisen. Wird vom Hausrecht Gebrauch gemacht, muss dies umgehend an den*die Juso-Landesgeschäftsführer*in und den entsprechenden Vorstand weitergegeben werden.
  • Sollte sich die Gruppe (beispielsweise während der Abendgestaltung) aufteilen, versucht das Awarenessteam an allen Orten präsent zu sein.
  • Stark alkoholisierte bzw. unter Drogeneinfluss stehende Personen sollten, sofern sie selbst das Bedürfnis geäußert haben, oder sich durch awarenessspezifisches Falschverhalten als Teil der Abendgestaltung disqualifiziert haben, nach Hause begleitet werden.
  • Im Eingangsbereich auf Awarenessteam aufmerksam machen.
  • Zu Beginn einer jeden Party wird jeder Person ein gesonderter Awarenessleitfaden für Partys in ausgedruckter Form gegeben (Din A5-Format). Insbesondere für cis-Männer ist es essentiell, dass das Konzept gelesen, verinnerlicht und gelebt wird. Das Awarenessteam fragt eine Zustimmung zum Konzept zu Beginn der entsprechenden Veranstaltung ab.
  • Rückzugs-Beratungsraum bieten!
  • Ähnlich wie bei “Luisa ist hier” wird auf Präsenzveranstaltungen in der FLINTA*-Vernetzung ein entsprechendes Kennwort ausgegeben. Zusätzlich wird ein weiteres, allen bekanntes Kennwort ausgegeben.

Prävention

Zuallererst muss klar sein, dass Prävention nicht nur Aufgaben des Awarenessteams ist, sondern Aufgaben des gesamten Verbands. Das Awarenesskonzept muss allen Mitgliedern zugänglich sein (Ausdruck, per Mail verschicken, …) und auf Präsenzveranstaltung in gedruckter Form vorliegen.

FLINTA*-Vernetzung und Männerreflexion

FLINTA*-Vernetzungen und Männerreflexionen werden auf allen partizipativen Veranstaltungen durch die Tagesordnung fest verankert und festgelegt. Bei mehrtägigen Veranstaltungen ist an jedem Tag ein solcher Tagesordnungspunkt dafür einzuräumen. Für beide Gruppen muss im Voraus ein Konzept vorliegen und zuständige Personen benannt werden, die Verantwortlichkeit hierfür liegt nicht automatisch in der Zuständigkeit des Awarenessteams, sondern bei der veranstaltenden Ebene. Die Männerreflexion findet in Kleingruppen statt und wird durch ein Tandem aus einem Mann und einer FLINTA*-Person moderiert.

Rhetorikseminar

Um sich in Debatten und auf Veranstaltungen sicher fühlen zu können, wollen wir weiterhin

Rhetorikseminare, wie beispielsweise das jährliche FLINTA*-Rhetorikseminar, aber auch in

Zukunft Workshops zu „FLINTA*s in Debatten und welche Rhetorik wende ich an“, anbieten.

BIPOC-Empowerment:

Wir setzen uns dafür ein, dass sich intensiv mit dem Thema „Critical Whiteness“ auseinandergesetzt wird und vermeintlich weiße Machtstrukturen aufgebrochen werden. Gerade weiße cis-Männer sind diejenigen, die privilegiert durchs Leben gehen und sich gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter, aber auch bevormundend vor BIPOC stellen.

Die Jusos stehen als Allys allen marginalisierten Gruppen zur Seite und unterstützen den anti-rassistischen & anti-sexistischen Kampf in unserer Gesellschaft. Deshalb wollen wir auch bei uns BIPOC-Vernetzungen und Workshops und Veranstaltungen zur Aufklärung und Sensibilisierung unserer eigenen Mitglieder implementieren.

Alkoholkonsumverhalten

Nichtalkoholische Getränke sind stets günstiger als alkoholische Getränke. Der Alkoholkonsum und seine Normalisierung in unserer Gesellschaft können aus unterschiedlicher Perspektive kritisch gesehen werden. Wir verstehen es einerseits als Aufgabe eines Jugendverbands, dass sich alle wohl fühlen, andererseits aber auch, jungen Leuten zu ermöglichen, ihren Umgang mit Alkohol zu lernen. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld. Alkohol ist Teil unserer Gesellschaft und somit ist es notwendig, einen verantwortungsvollen Alkoholkonsum zu entwickeln. Dazu wollen wir als Verband insgesamt beitragen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass durch die Enthemmung die Wahrscheinlichkeit für grenzüberschreitendes Verhalten steigt. Grenzüberschreitendes Verhalten kann durch Alkoholkonsum erklärt werden, das löst aber nicht die Frage der Verantwortung. Deshalb wollen wir gerade vor Party-Situationen verstärkt für einen rücksichtsvollen Umgang auch unter Einfluss von Alkohol sensibilisieren.

Als Abendveranstaltung soll eine Option in der Nähe der Übernachtungsmöglichkeit angeboten, bei der keine Rauschmittel konsumiert werden und zu der bereits betrunkenen Menschen keinen Zugang haben.

Mitgliederbildung

Der Vorstand prüft Möglichkeiten zur Bildung der eigenen Mitglieder, um feministische Ziele und Handlungsgrundsätze zu etablieren. Vordergründig gehören hierzu Seminare und Empowerment-Möglichkeiten.

Beispiele hierfür sind:

  • Grundlagenseminare Feminismus
  • Feministisches Viertel (thematischer Input zu feministischen Themen) zu Beginn jeder Sitzung
  • Mentor*innenprogramme

Umgang mit wiederholten Grenzüberschreitungen oder schwerwiegendem übergriffigen Verhalten

Unsere Partei ist eine wehrhafte Partei, wenn unsere Grundwerte von einzelnen Mitgliedern nicht respektiert werden. Die unterschiedlichen Gliederungen der Partei haben unterschiedliche Rechte und Instrumente, um bei wiederholtem grenzüberschreitenden Verhalten aktiv zu werden.

Grundsätzlich wollen wir im Sinne einer fehlertoleranten Verbandskultur erstmal das Gespräch mit denjenigen suchen, die Grenzen überschreiten. Dabei wird klar und unmissverständlich deutlich gemacht, dass wir mit Respekt und frei von Diskriminierung zusammenarbeiten wollen. Wenn keine Reflektion oder keine Einsicht und keine Verhaltensänderung sichtbar wird, kommen verschiedene Instrumente in Frage.

Das Awarenessteam kann dabei Betroffene und die entsprechenden Gremien bei Bedarf unterstützen, um einzelne konkrete Schritte einzuleiten. Eine eigenständige Sanktionsmöglichkeit durch das Awarenessteam schließen wir aus, da dies unserem satzungsgemäßen Grundverständnis widerspricht.

Je nach Ebene unterscheiden sich die Satzungen und Statuten. Folglich müssen die folgenden Maßnahmen jeweils auf die konkrete Ebene runtergebrochen werden. Grundsätzlich können die folgenden Sanktionen je nach Schwere der Vorfälle durch die unterschiedlichen Stellen verhängt werden:

  • Das Awarenessteam führt ein oder mehrere Gespräche mit der auslösenden Person, beim zweiten Gespräch mit Aufzeigen der möglichen weiteren Sanktionen.
  • Das Awarenessteam in Abstimmung mit der jeweils zuständigen Orgagruppe kann eine offene Aussprache auf der Versammlung oder Veranstaltung – auf Wunsch der Betroffenen anonym – ansetzen.
  • Das Tagungspräsidium kann auf Konferenzen einzelnen Teilnehmer*innen das Rederecht entziehen.
  • Die jeweils veranstaltende Ebene kann das Hausrecht durchsetzen. Auf unterschiedlichen Ebenen ist das von unterschiedlichen Stellen möglich. Einmalig ist dies durch die Teamenden oder das Tagungspräsidium möglich. Wir dies mehrfach ausgeführt, ist die Landegeschäftsführung dafür verantwortlich.
  • Der Vorstand der jeweiligen Ebene kann auch auf Vorschlag des Awarenessteams oder anderen Mitgliedern einen befristete Ausladung (Sitzungsausschluss, Ausschluss von allen Juso-Aktivitäten) beschließen. Dabei sind bei Bedarf alle Juso- und SPD-Strukturen der anderen Gliederungen (Vorstände) zu informieren.
  • Der Vorstand bzw. die Landeschäftsführung bzw. die Schiedskommission kann auf der jeweiligen Ebene einen dauerhaften Sitzungsausschluss oder einen Ausschluss von allen Juso-Aktivitäten beschließen. Dabei sind bei Bedarf alle Juso- und SPD-Strukturen der anderen Gliederungen (Vorstände) zu informieren.
  • Die Schiedskommission kann bei schwerwiegenden Taten einzelnen Personen ihre Ämter entziehen.

Da das Awarenessteam parteilich handelt, kann es außer den Gesprächen mit den in einer Situation betroffenen hinaus keine konkreten Sanktionen eigenständig verhängen. Während die Wahrnehmung der Grenzüberschreitung unbestritten ist, ist die Frage, was daraus an Konsequenzen folgt, eine Frage, die nicht nur einseitig betrachtet werden kann. Ausschlüsse von Veranstaltungen oder Aktivitäten greifen in die grundgesetzlich verbrieften Rechte der demokratischen Beteiligung einzelner ein. Für derartige schwerwiegende Eingriffe ist es nicht nur notwendig, beide Seiten anzuhören, sondern auch zwingend, alle Perspektiven in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Weil das Awarenessteam parteilich arbeitet, kann es für diese Entscheidungen nicht in Frage kommen sondern lediglich für eine Seite eintreten.

Gemeinsamer Konsens der Jusos Bayern

Damit sich in unserer Gruppe alle Menschen, welche unsere Grundsätze und Prinzipien umgesetzt sehen wollen, wohl fühlen und sich ohne Diskriminierung oder Angst politisch engagieren können, reicht ein Awarenessteam allein nicht aus. Jedes noch so gute Awarenesskonzept ist unnütz, wenn aggressives, diskriminierendes und übergriffiges Verhalten, Klüngeleien oder Täter*innenschutz die Gruppe dominieren.

Von Feminismus, Solidarität und Emanzipation zu reden, ohne sie sowohl persönlich als auch innerhalb der Gruppe umzusetzen, ist Heuchelei und wird durch noch so viele Konzepte und Teams nicht aufgewogen.

Eine offene, solidarische und feministisch-emanzipative Gruppenkultur ist aber nicht Aufgabe von ein paar gewählten Personen, sondern ständige Aufgabe für jede*n Einzelne*n. Das bedeutet, dass wir grundsätzlich rücksichtsvoll miteinander umgehen und Verständnis füreinander aufbringen, was nicht mit Toleranz von übergriffigen Verhalten zu verwechseln ist. Wir müssen anerkennen, dass viele Mitglieder nicht als glühende Feminist*innen beitreten: Niemand von uns kann sich einer Sozialisation durch patriarchale Strukturen entziehen. Gerade neuere Mitglieder wollen wir vom Feminismus begeistern und überzeugen.

Um eine entsprechende Gruppenkultur zu schaffen und zu erhalten, ist es unerlässlich, dass innerhalb der Gruppe einen Grundkonsens besteht, was Verhalten und Handeln angeht.

Wir erwarten von Mitgliedern der Jusos Bayern, dass sie anerkennen, …

  • dass anti-emanzipatorisches und grenzüberschreitendes Verhalten in einer Runde nicht toleriert, darüber geschwiegen oder verteidigt wird;
  • dass die Solidarität nicht der übergriffigen Person, sondern der betroffenen Person bzw. der Person gilt, welche das Verhalten kritisiert;
  • dass Täter*innen aus Strukturen fern zu halten ist feministische Praxis, wobei die Eskalationsstufen in diesem Papier als Grundlage der Konsequenzen zu sehen sind;
  • dass wir selbstständig auf unser eigenes Handeln und Verhalten achten und dieses reflektieren, gerade im Hinblick auf unser Redeverhalten und Sprachgebrauch sowie unser Verhalten gegenüber anderen Personen;
  • dass wir zum Ziel haben, eine bessere Awareness gegenüber uns selbst und anderen zu haben und wir bestmöglich versuchen feministisch-emanzipatorisches Denken und Handeln bei uns zu erreichen;
  • dass wir versuchen, unsere Veranstaltungen barrierearm zu gestalten;
  • dass wir uns unserer nicht-diversen Gruppenzusammensetzung bewusst sind und diese auflösen möchten;
  • dass unsere Mandatsträger*innen dazu verpflichtet sind, Seminare zu dem Thema Awarenessarbeit zu besuchen;
  • dass wir auf allen Ebenen der Partei die Awarenessarbeit einfordern;
  • dass in unserem gesamten Verbandsleben ein vernünftiger, verhältnismäßiger und rücksichtsvoller Drogenkonsum stattfindet. Falls Drogenkonsum für Teile der Gruppe als unangenehm empfunden wird, handeln wir gemeinsam als Gruppe einen Rahmen aus, der für alle funktioniert.

Über die Einhaltung des Konzepts wird bei Wahl-Landeskonferenzen in einem eigenen Bericht Rechenschaft abgelegt.

Der Vorstand verpflichtet sich durch Unterschrift zur Einhaltung des hier vereinbarten Konsenses.

Neue Erkenntnisse und Erfahrungen wollen wir laufend in das Konzept einbauen.

Anhang

Weiterführende Informationen

Ansprechstellen/Notrufnummern

Glossar

  • Allies: Eine nicht-queere Person, die sich für die Rechte von LSBTIQ* einsetzt, kann als „Ally“ bezeichnet werden, was sich aus dem Englischen als „Verbündete*r“ übersetzen lässt.
  • „aware sein“: sich bewusst sein, sich informieren und für gewisse Problematiken sensibilisiert sein
  • „Awareness“: gegen jede Form von Grenzverletzung, Gewalt und Diskriminierung; als ein machtkritisches Bewusstsein
  • Betroffene: Betroffene sind in diesem Kontext Menschen, die Gewalt und/oder Diskriminierung erleben oder erlebt haben. Das kann unabhängig von deren Geschlecht oder anderen Merkmalen sein. Wir verzichten absichtlich auf den Begriff des „Opfers“, weil ihn viele als entmündigend und passiv-machend erleben. Und gerade zu handeln und sich als aktiv und Entscheidungen treffend erleben, kann ein wichtiges Gefühl sein, um mit Situationen der Ohnmacht umzugehen.
  • Cis: Der Begriff wird benutzt, um Menschen zu bezeichnen, deren Geschlechtsidentität der Kategorie entspricht, die ihnen bei der Geburt zugeordnet wurde (männlich/weiblich).
  • Deadnaming: Deadname bezeichnet bei einer Person, die einen neuen Vornamen angenommen hat, den alten, von der betreffenden Person nicht mehr verwendeten Vornamen. Dies ist üblicherweise bei trans und nicht-binären Personen der Fall. Deadnaming bezeichnet die Verwendung des Deadnames einer Person.
  • Community Accountability: Community Accountability (kollektive Verantwortungsübernahme) ist eine auf das soziale Umfeld abzielende Strategie, um Formen von Gewalt innerhalb von Communities zu begegnen, die sich bewusst nicht auf die Polizei oder das Justizsystem bezieht.
  • FLINTA*s und warum wir das L drinnen lassen: Das Akronym FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen. Also all jene, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden. Weiterhin zu den einzelnen Buchstaben:
    • Obwohl Lesbischsein gemeinhin als sexuelle Orientierung und nicht als Geschlechtsidentität gilt, wurde der Begriff in die Abkürzung aufgenommen, um feministische Errungenschaften sichtbar zu machen, die zum großen Teil der (Schwarzen) Lesbenbewegung zu verdanken sind. Außerdem soll kritisiert werden, dass in der heteronormativen Gesellschaft häufig davon ausgegangen wird, Sex und Liebesbeziehungen mit cis Männern sei ein fester Bestandteil von Weiblichkeit.
    • Intersexuelle Menschen haben angeborene Geschlechtsmerkmale, die von der herrschenden gesellschaftlichen und medizinischen Norm nicht als eindeutig akzeptiert werden, die also nicht in die Kategorien männlich oder weiblich passen, sei es genetisch, hormonell und oder anatomisch.
    • Als nicht-binär bezeichnen sich Menschen, die sich nicht (nur) mit einem der beiden vermeintlich biologischen Geschlechtern identifizieren. Sie können sich zum Beispiel zwischen diesen beiden Geschlechtern verorten, außerhalb davon, oder fluid in ihrer Geschlechtsidentität sein.
    • Trans-Menschen sind Personen, deren Geschlechtsidentität nicht oder nicht vollständig mit dem bei Geburt anhand der äußeren Merkmale im Geburtenregister eingetragenen Geschlecht übereinstimmt oder die eine binäre Geschlechtszuordnung ablehnen.
    • Agender Personen wiederum, manche nutzen auch die Selbstbezeichnung genderless, fühlen sich keinem Geschlecht zugehörig und lehnen das Konzept von Geschlecht teilweise komplett ab. Agendersein ist eine spezifische Ausprägung von Nicht-Binärität, weshalb manchmal auch die Abkürzung FLINT* verwendet wird, wobei agender Personen sich entweder dem N oder dem Sternchen zuordnen können.
    • Das Gendersternchen soll jene Personen inkludieren, die sich in keinem der Buchstaben wiederfinden, aber ebenfalls aufgrund ihrer Geschlechtsidentität in einer patriarchalen heteronormativen Mehrheitsgesellschaft marginalisiert werden. Sprich alle, die kein cis Mann sind – auch schwule oder bisexuelle cis Männer gehören daher nicht zu dieser Gruppe.
    • Näheres zu unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten findest du hier: https://blogs.scientificamerican.com/sa-visual/visualizing-sex-as-a-spectrum/
  • Misgendern: Im Sprachgebrauch verwenden Menschen in den meisten Fällen geschlechtsspezifische Pronomen, wenn sie über jemanden in der dritten Person sprechen, z.B. „er“ oder „sie“. Dabei weisen sie diese Pronomen meistens unbewusst einer Person zu, so wie sie gelernt haben, wofür „er“ und „sie“ steht. Wenn sich Menschen mit der äußeren Zuordnung durch anderen Menschen als „er“ oder „sie“ wohlfühlen, kann dies unproblematisch sein. Es gibt aber auch Menschen, die sich entweder durch die beiden Wörter nicht repräsentiert fühlen, oder die von anderen als „sie“ bezeichnet werden, obwohl diese Menschen „er“ bevorzugen würden und umgekehrt. Wenn jemand jemand anderes mit einem Pronomen bezeichnet, mit dem sich die betroffene Person nicht identifiziert, wird das „misgendern“ genannt. Das passiert oft nicht absichtlich, kann die betroffenen Personen aber sehr verletzen.

Um das zu verhindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten: mensch kann den Menschen in seinem*ihrem Umfeld sagen, welches Pronomen mensch bevorzugt oder wenn mensch sich unsicher ist, welches Pronomen jemand anderes bevorzugt, kann mensch einfach freundlich nachfragen. Wichtig dabei: Die Präferenz einer Person gilt es zu respektieren, selbst wenn mensch diese Präferenz (noch) nicht versteht. Geschlechterdiversität ist keine Modeerscheinung, sondern ein ganz normaler Aspekt menschlichen Lebens. Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsidentit%C3%A4t

  • Rassismus: Einerseits bezeichnet Rassismus die unwissenschaftliche Theorie, dass es angeblich verschiedene menschliche „Rassen“ gibt, die sich durch biologische Merkmale unterscheiden und als biologische Kategorien voneinander abgrenzbar seien. Andererseits bezeichnet Rassismus die Ideologie, dass Menschen aufgrund angeborener Merkmale, wie zum Beispiel ihrer Hautfarbe, verschieden viel Wert seien bzw. unterschiedlich behandelt werden müssten.
  • Sexismus: Sexismus bezeichnet jede Form der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres zugeschriebenen Geschlechts. Da Männer in der patriarchalen Gesellschaftsordnung eine privilegierte Position haben, gelten primär FLINTA*-Personen als von Sexismus betroffen. Die Grundlage für Sexismus sind historisch gewachsene und durch Sozialisierung (d.h. beim Aufwachsen in die Gesellschaft hinein) erlernte Vorstellungen über geschlechtsspezifische Verhaltensmuster (Geschlechterstereotype) und unterschiedliche Rollenzuweisungen für Frauen und Männer.
  • tin*-Personen: Trans-, Inter-, Non-Binäre*Personen
  • Transformative Justice: Transformative Justice (transformative Gerechtigkeit) ist ein emanzipatorischer Ansatz gegenüber Gewalt, der darauf abzielt, Sicherheit und Verantwortungsübernahme zu gewährleisten, ohne dabei auf Entfremdung, Bestrafung und staatlicher oder systemischer Gewalt (u.a. Inhaftierung und Überwachung) zu beruhen.
  • Übergriffige Person: Der Begriff bezeichnet in diesem Kontext Ausübende von Gewalt und/oder Menschen, die die Grenzen anderer verletzen.
  • weiß: weiß bezeichnet keine biologische Eigenschaft und keine reelle Hautfarbe, sondern eine politische und soziale Konstruktion. Mit Weißsein ist die dominante und privilegierte Position innerhalb des Machtverhältnisses Rassismus gemeint, die oft unausgesprochen und ungenannt bleibt.
  • Victim Blaming: Wenn die Verantwortung für eine Straftat beim Opfer gesucht wird, nennt man das „Victim Blaming“ oder „Täter*innen-Opfer-Umkehr“
  • Objektifizierung: Wörtlich bedeutet objektivieren: zum unbelebten Objekt machen, „vergegenständlichen“. Bsp. Ein Sexualobjekt ist die Summe der attraktiven Teile eines Körpers und nicht der vollwertige Mensch mit eigenem Charakter, Interessen und Träumen
  • Safer Space: Der Begriff Safe Space bezieht sich auf Orte, an denen marginalisierte Personen zusammenkommen, um über ihre Erfahrungen mit Marginalisierung zu kommunizieren. Diese Räume versuchen sicherer zu sein. Sicherer, weil Diskriminierungen so tief in unserer Gesellschaft und systemisch angelegt sind, dass nichts absolut sicher sein kann. Diese Räume garantieren aber Bemühungen, Diskriminierungen bewusst abzubauen. Dies geschieht vor allem durch diese Räume von und für Personen, welche von Diskriminierungen betroffen sind, es gibt z.B. Safer Spaces für FLINTA*s, queere Personen, Schwarze Menschen oder Menschen mit Behinderung(en).
  • Geschlechtergerechte Sprache: Geschlechtergerechte Sprache bezeichnet einen Sprachgebrauch, der in Bezug auf Personenbezeichnungen die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und darüber hinaus aller Geschlechter zum Ziel hat und die Gleichstellung der Geschlechter in gesprochener und geschriebener Sprache zum Ausdruck bringen will.
  • Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um ein konstruiertes Zuordnungsmuster handelt und keine reelle‘ Eigenschaft‘, die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist. So bedeutet Schwarz-Sein in diesem Kontext nicht, einer tatsächlichen oder angenommenen ‚ethnischen Gruppe‘ zugeordnet zu werden, sondern ist auch mit der gemeinsamen Rassismuserfahrung verbunden, auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen zu werden.“
  • Lookism meint die Stereotypisierung bzw. Diskriminierung auf Grund des Aussehens

I5 Für Frieden, Abrüstung und das Ende von Russlands Angriffskrieg

21.03.2023

Friedenspolitischer Grundsatzbeschluss zu unserem Internationalismusverständnis in den 2020er Jahren

Ergebnis des Solidaritätsprojekts Ukraine gemäß des Antrags “Gegen das Sondervermögen” von der Landeskonferenz im Mai 2022

Vorwort – Das Projekt

Auf der Landeskonferenz im Mai 2022 wurde ein Initiativantrag beschlossen, der den Landesvorstand beauftragt hat, ein Projekt einzurichten, um eine fundierte Antwort auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finden. Im Licht der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen “Zeitenwende” nehmen wir wahr, dass gerade in der politischen Linken eine kontroverse Diskussion über die Zukunft unserer Friedenspolitik entbrannt ist. Gerade die Frage nach Waffenlieferungen an die Ukraine, um sich gegen russische Angriffe verteidigen zu können, hat Gräben zwischen Organisationen aufgerissen oder gar noch vertieft. Heute, ein Jahr nach Kriegsausbruch, sehen wir zudem noch eine Friedensbewegung auf den Straßen, die immer häufiger von Russlands Propaganda und einseitigen Aufforderungen an Ukrainer*innen, die Waffen niederzulegen, geprägt ist.

Unser Platz ist an der Seite derer, die sich gegen Gewalt, Verfolgung und Unterdrückung auflehnen. In einer Welt, in der sich nicht mehr zwei Großmächte und ihre Ideologien gegenüberstehen, sondern sich mehr und mehr autoritäre und imperialistische Machtzentren bilden, ist es nicht leicht, eine sozialistische Friedenspolitik für das 21. Jahrhundert zu formulieren. Dieser Antrag hat daher nicht das Ziel, eine endgültige Antwort zu finden. Vielmehr soll er uns helfen, durch diese unsicheren und bedrohlichen Zeiten navigieren zu können. Unseren Prinzipien treu bleiben zu können, indem wir sie in die Zukunft tragen und die uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um wieder für mehr Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit zu sorgen.

Unser Verständnis von internationaler Solidarität ist geprägt vom Zuhören und von der Wahrnehmung unserer Genoss*innen, die vor Ort unter den unmittelbaren Folgen und Bedingungen des Kriegs leiden müssen. In diesem Geist wurde dieses Projekt durchgeführt, das alle unsere Haltungen in der internationalen Politik auf den Prüfstand gestellt hat. Dieser Antrag ist das schriftliche Ergebnis des Projekts.

I. Unsere Antwort an Putins Angriffskrieg

Deutschlands fehlgeschlagene Russlandpolitik

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion entwickelte sich ein Europäisch-Russisches Verhältnis, das zunächst hoffnungsvoll begann. Ein demokratisches Russland, das eng mit den europäischen Ländern zusammenarbeitet, schien in greifbarer Nähe. Es kam anders. Insbesondere Deutschland nahm eine unrühmliche Rolle ein, in dem es autokratische Tendenzen hingenommen und aus unternehmerischen Abwägungen unterstützt hat, das Prinzip “Handel durch Wandel” als Vorwand genommen hat, um ein entstehendes autokratisches Regime zu stabilisieren.

Nicht einmal der Angriff auf Georgien, die Annektion der Krim 2014, die zunehmende Verfolgung von Menschenrechtler*innen, der LGBTIQA+ community oder von Journalist*innen haben gereicht, um einen Kurswechsel der deutschen Russlandspolitik herbeizuführen. Die Interessen von Kapital und Geschäft sowie ein Desinteresse in der Zivilgesellschaft an der demokratischen und sozialistischen Opposition in Russland haben gefehlt. Es blieb ein Land weit weg von Europa.

Zusätzlich belastet wird die Beziehung durch bestimmte Geschäftskontakte. Zum einen haben wir hier SPD-Altkanzler Gerhard Schröder. Nach seiner Amtszeit ist er in Russland u.a. bei Rosneft, Gazprom und dem Aufbau der Nord Stream Pipelines tätig geworden. Schröder ist seither Lobbyist für den Energiehandel zwischen Russland und Deutschland, trotz klar hörbarer Warnungen aus Mittel- und Osteuropa. Er gilt als Schlüsselfigur im unkritischen Kurs gegenüber dem Putin-Regime, er hat vieles erst möglich gemacht. Wir verurteilen dies aufs Schärfste und fordern unter anderem deswegen den Ausschluss von Gerhard Schröder aus der SPD.

Ebenfalls zu kritisieren ist Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Diese traf sich 2021 mit Oleg Eremenko. Nach Recherchen wurde bekannt, dass dieser früher für den Geheimdienst GRU tätig war. Allgemein ist davon auszugehen, dass sie sich aufgrund von Nord Stream 2 mit russischen Gas-Unternehmen häufiger getroffen hat als ursprünglich angenommen wurde. Auch ist ihr mangelnde Transparenz bei der von ihrem Bundesland eingerichteten “Klimaschutzstiftung” vorzuwerfen. Diese wurde hauptsächlich dazu erschaffen, um von den USA auferlegte Sanktionen bezüglich des Baus von Nord Stream 2 zu umgehen und die Pipeline schnellstmöglich fertigzustellen.

Deutschland und insbesondere die Sozialdemokratie müssen sich eingestehen, dass sie Russland nicht gut genug im Blick hatten. Es hätte angemessener auf die russischen Offensiven, die auf Transnistrien, Georgien, den Donbass und auch auf die ukrainische Halbinsel Krim durchgeführt wurden, reagiert werden müssen. Es gab genug Warnungen, doch keine wurde ernst genommen. Auch wir Jusos hätten lauter, deutlicher und klarer sein können. Heute fehlt das Netzwerk zur russischen Opposition, das so wichtig wäre im Kampf gegen Putin von innen heraus. Bei denjenigen, die uns jahrelang vor der politischen Lage in Russland gewarnt haben, bitten wir um Entschuldigung für die Nichtbeachtung, für das Wegwischen, für das Festhalten an einem Entgegenkommen gegenüber Putin. Das hätte nicht passieren dürfen.

Unsere Reaktion auf den Angriffskrieg

Was sich nach Berichten ausländischer Geheimdienste schon Wochen und Monate vor dem 24. Februar 2022 langsam abgezeichnet hatte, schockierte Europa und die Welt dennoch. Unsere unmittelbare Reaktion darauf war Solidarität und gleichzeitige Verurteilung des grausamen, vollumfänglichen Überfalls Russlands auf die Ukraine. Putins grenzenlose Aggression war der Welt nicht erst seit dem Überfall auf die Ukraine bekannt. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass der Krieg nicht der Krieg der russischen Zivilgesellschaft ist, sondern einzig und allein von einem Mann ausgeht. Unser oberstes Ziel lautete, lautet und wird lauten: Frieden.

Bei der Verfolgung dieses Ziels verabschiedete der Landesvorstand am 1. März 2022 jedoch ein Positionspapier, das für uns heute in einem wesentlichen Punkt nicht mehr tragbar ist. Wir stehen weiterhin zu den wirtschaftlichen Sanktionen, die von der Weltgemeinschaft auf Russland auferlegt wurden. Ein Punkt, zu dem wir heute jedoch nicht mehr stehen können, ist das Ablehnen von Waffenlieferungen an die Ukraine. Nach mehr als einem Jahr Krieg – und schon deutlich früher – wurde klar, dass die umfangreichen Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine nicht nur notwendig, sondern auch unterstützenswert sind. An dieser Stelle ist für uns klar: Anders als es einige “pazifistische” Bewegungen, wie die von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, behaupten, dienen diese Waffenlieferungen der Ukraine nicht zur Eskalation einer Konfliktspirale oder gar zu einem dritten Weltkrieg. Sie sind in jedem Fall notwendig, damit die ukrainische Bevölkerung ihre Souveränität, ihr Staatsgebiet, ihre Kultur und ihre Mitmenschen schützen und die Putinsche Aggression abwehren kann. Forderungen nach einem einseitigen Waffenstillstand oder einer Einstellung der westlichen Unterstützung sind hirnrissig und leugnen die wahren Gegebenheiten in diesem Konflikt: Die Aggression geht einzig und allein von Russland aus, und wenn die Ukraine diesen Aggressionen weicht, gibt es keine Ukraine mehr. Das einzige Friedensszenario ist ein Szenario, in dem die Ukraine ihr gesamtes Staatsgebiet inklusive der Krim wiedergewinnt. Auch wenn unklar ist, wann und auf welchem Wege das mit dem heutigen Russland möglich sein wird, ist ein Abrücken von diesem Ziel nicht vertretbar. Ein EU-Mitgliedschaft soll der Ukraine auch dann ermöglicht werden, wenn Teile des ukrainischen Territoriums besetzt sind. Für die daraus resultierenden Herausforderungen muss Europa eine Lösung finden, um dem Willen der Menschen in der Ukraine, Teil der EU zu werden, entgegenzukommen. Ein ähnliches Verfahren muss auch für Georgen möglich sein, solange es nicht zur Rückgabe von Abchasien und Südossetien kam.

Was außerdem klar ist: Bei Waffenlieferungen endet unsere Solidarität nicht. Vor und besonders seit Beginn des Krieges stehen wir im engen Austausch mit unseren Partner*innen- und Schwesterorganisationen in der Ukraine. Dazu gehört auch die SD Platform – am 16. Januar 2023 veröffentlichte diese eine Mitteilung zu aktuellen Raketenangriffen auf die Ukraine. Dort betont die Organisation, wie wichtig es ist, zu kommunizieren, dass einzig Russland für die aktuell hervortretende Krise in Europa zuständig ist. Sie stehen für eine “sozialdemokratische Agenda” mit internationaler Unterstützung und wir möchten sie und weitere uns nahestehende Gruppen dabei unterstützen.

Neben Waffenlieferungen und Partnerschaften in die Ukraine ist auch die humanitäre Hilfe ein essentieller Bestandteil der Bemühungen um einen Frieden. In der Ukraine wurde durch den russischen Angriffskrieg, durch Mord, Vergewaltigung und massiven Beschuss ziviler Infrastruktur eine humanitäre Krise von unvorstellbarem Ausmaß ausgelöst. Ganze Landstriche sind tagelang von der Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung abgetrennt. Dadurch ist es wichtig, dass die Staaten auf diplomatischer Ebene die Ukraine nicht mit notwendigen Materialien und finanziellen Mitteln versorgen, die sie benötigt, um die russische Aggression zu überstehen. Auch müssen alle Menschen – ganz gleich, welcher Herkunft oder Ethnizität – die sich dazu entscheiden, nach Deutschland zu flüchten, sofort und bürokratisch aufgenommen werden können. Wir begrüßen die Anstrengungen der Kommunen und der Bundesregierung, die in diese Richtung bislang getroffen worden sind. Weitere Hilfen sind hier jedoch gefragt, um die Situation für die Menschen vor Ort und in Deutschland so weit zu verbessern wie möglich.

Unsere Partner*innen und was wir erreichen wollen

Internationale Solidarität lebt vom Zuhören, vom Verständnis und dem Bilden von Zusammenhalt jenseits staatlicher Diplomatie. Wir leiten unsere politischen Konsequenzen nicht aus einer Beobachtung aus der Ferne, sondern aus dem aktiven Dialog mit Gleichgesinnten in den Regionen ab. Damit übernehmen wir nicht unreflektiert Positionen anderer Organisationen, sondern betonen unseren Anspruch, Forderungen der internationalen Politik stets auf den Prüfstand der Realität vor Ort zu stellen.

Sozialistisch-demokratische, progressive und sozialdemokratische Kräfte haben es in der Ukraine nicht leicht, doch wie in jedem anderen Land der Welt gibt es selbstredend organisierte junge Menschen mit linken politischen Ansichten. Die Jugend der SD Platform in der Ukraine ist uns als Schwesterorganisation über YES und IUSY die erste Ansprechstelle. Auch andere sozialistische Organisationen, wie zum Beispiel Sotzialistij Ruch, können eine relevante Anlauf- und Informationsstelle für eine sozialistische Perspektive aus der Ukraine sein.

Mit dieser Herangehensweise positionieren wir uns unmissverständlich gegen vermeintliche Friedensaktivist*innen, die ungeachtet linker Bewegungen in der Ukraine einen sofortigen Waffenstillstand fordern. Wir verurteilen diese Aufrufe, die zu oft lediglich dem Erregen von Aufmerksam durch künstliche Kontroverse dienen, auf das allerschärfste. Im Einklang mit Sozialist*innen und progressiven Jugendbewegungen vor Ort stellen wir fest, dass in den aktuell durch Russland besetzten und annektierten Gebieten ethno-nationalistische Gewalt und Unterdrückung drohen. Die Kriegsverbrechen von Butscha sind ein mahnendes Beispiel für die Enthemmtheit von Putins Kriegsführung. Daraus lässt sich nicht schließen, dass ein Entgegenkommen die Lage der Menschen verbessern würde.

Wir erklären es daher zu unserem Ziel, die Möglichkeit der Selbstverteidigung der überfallenen Menschen in der Ukraine sicherzustellen, Fluchtwege offen zu halten sowie umfassende humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Weder wir noch unsere Partner*innen möchten dabei einen Kriegseintritt von NATO-Staaten, um eine weitere Phantomdebatte aufzulösen. Die Annektierungen Russlands dürfen nicht anerkannt werden, ein Hinwirken auf die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine bleibt das Ziel. Dabei ist uns klar, dass dieses Ziel nicht in kurzer Zeit zu erfüllen ist und wir die Aufmerksamkeit nicht abwenden dürfen. Ein Waffenstillstand ist nur dann denkbar, wenn dies der Wille der Bevölkerung in den Kriegsgebieten ist und darf nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden werden.

Auch nach dem Krieg dürfen wir die Ukraine nicht vergessen. Den Wiederaufbau von Demokratie, Sozialismus und die Stärkung feministischer sowie antifaschistischer Kräfte in der Ukraine werden wir tatkräftig unterstützen. Insbesondere die langfristigen Folgen eines Krieges, die angerichteten Traumata und die aufgezwungene Militarisierung einer ganzen Gesellschaft zählen zu den größten Herausforderungen. Der zivilgesellschaftliche Dialog und Austausch muss etabliert werden, die Ressourcen unseres Verbandes müssen genutzt werden.

II. Wir sind Internationalist*innen

Internationalismus heißt Antimilitarismus

Antimilitarismus in unserer Bewegungsgeschichte

Als sich 1907 die “Sozialistische Jugendinternationale” (heute: IUSY) in Stuttgart gegründet hat, sah sie sich mit einer Welt des zunehmenden Nationalismus und der Aufrüstung konfrontiert, die im Ersten Weltkrieg mündete. So ist es gekommen, dass Antimilitarismus und der Einsatz für Abrüstung und Frieden ein Grundpfeiler der sozialistischen Jugendarbeit wurden. Die Kriegstreiberei Deutschlands, die im Naziterror gipfelte, festigte diese Haltung in der Lösung: Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus. Gerade die Flucht und Verfolgung von Sozialist*innen und Kommunist*innen, die von Nazi-Deutschland angerichteten Kriegsverbrechen, darunter die Shoa, der Überfall seiner Nachbarländer und das Anzetteln des Zweiten Weltkrieges, prägen unseren Kampf gegen Krieg, Waffen, Völkermord und Gewalt maßgeblich. Dass von Deutschland nie wieder Krieg ausgehen darf, weder als Beihilfe, noch als Aggressor, ist ein unverrückbarer Teil unserer Identität als Jungsozialist*innen und Antifaschist*innen.

Die antimilitaristische Jugend stand oft im Widerspruch zur Mehrheitssozialdemokratie: Die Zustimmung zu den Kriegskrediten, die Niederschlagung der Revolution von 1918 tauchen selbst heute noch häufig in der politischen Auseinandersetzung auf, sowie die schnelle Zustimmung der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, der NATO-Doppelbeschluss, die atomare Teilhabe oder die ersten Kriegseinsätze des deutschen Militärs nach 1945.

Unser Militarismusbegriff ist demnach tief in der Geschichte unserer Bewegung verwurzelt und stellt sich der Frage: Warum gibt es Krieg? Die Definition der Zweiten Internationalen, der auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zuzuordnen sind, spricht vom Krieg als die staatliche Durchsetzung der Interessen von Kapitalist*innen. Die Erschließung neuer Märkte, notfalls mit Gewalt, eine boomende Waffenindustrie und Rendite aus Wiederaufbaumaßnahmen sind Beispiele, wie aus Krieg Profit gezogen werden kann. Die Konkurrenz nationaler Kapitalist*innen entlädt sich nach Luxemburg stets im Krieg. Daraus folgt: Wer antimilitaristisch ist, muss auch antikapitalistisch sein. Militarismus sei nach Liebknecht die Summe aller friedensstörender Tendenzen des Kapitalismus, sowohl durch einer Überpräsenz des Militärs nach innen, zum Beispiel durch Einsätze gegen die eigene Bevölkerung oder höherer Präsenz bewaffneter Soldat*innen im öffentlichen Raum, sowie nach außen durch Angriffskriege und Besatzung.

Eng mit dem Verständnis von Militarismus verknüpft ist der Imperialismusbegriff, der auch seit dem Angriffskrieg Russlands häufiger verwendet wird, jedoch anders als in der Zweiten Internationalen. Als Imperialismus beschreibt die Zweite Internationale den Prozess, in dem der militärisch-industrielle Komplex als Vernetzung von Politik, Kapital und Rüstungsindustrie für den eigenen Profit erst Aufrüstung, und damit unausweichlich Krieg herbeiführt. Dies ist beispielsweise im 19. Jahrhundert massenhaft durch den Überfall und die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents durch europäische Großmächte oder in Form des Wettrüstens im frühen 20. Jahrhunderts, das in den Ersten Weltkrieg führte, geschehen. Damit können kapitalistisch organisierte Staaten gar nicht antiimperialistisch handeln, da sie diesen Mechanismus nicht aushebeln. Daraus folgt die Position: Je mehr Waffen, je mehr Aufrüstung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch eingesetzt werden und dass es zu Krieg kommt. Auch wir teilen diese Überzeugung nach wie vor und sprechen uns daher gegen das Sondervermögen für die Bundeswehr, das 2%-Ziel der NATO sowie eine massive Aufrüstung in Europa aus. Insbesondere unterstützen wir den Atomwaffenverbotsvertrag sowie die unverzügliche Vernichtung aller ABC-Waffen auf der Welt durch Abrüstungsabkommen.

Was bedeutet der historische Hintergrund für uns heute angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine? Aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte ziehen wir folgende Beobachtungen und Konsequenzen:

 

  • Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es zu militärischen Interventionen, die von Russland ausgegangen sind. Insbesondere seit der ersten Amtszeit Putins wurde das Militär häufiger und hemmungsloser auch gegen Nachbarländer eingesetzt. Unter anderem durch die Besetzung von Transnistrien (Moldau), Abchasien und Südossetien (Georgien) sowie der Krim und Teilen des Donbass (Ukraine) wurde Russland ein zunehmend aggressiver Akteur auf der Weltbühne.
  • Auch im Inneren kam es beispielsweise zu den zwei Tschetschenienkriegen und, insbesondere seit Putins Machtantritt, zur Repression ethnischer Minderheiten, von Journalist*innen, Demokrat*innen, Menschenrechtler*innen, der LGBTIQA+ community und vielen weiteren Menschen, oft wenig beachtet von den Zivilgesellschaften im Westen.
  • Kapitalist*innen im Westen haben jahrzehntelang Geschäfte mit denen gemacht, die diese aggressive Expansion vorangetrieben haben und von diesen maßgeblich profitiert haben. Putin; das ist vor allem auch ein System. Bis zuletzt hielt man an Projekten wie beispielsweise Nord Stream 2 fest. Auch wir müssen selbstkritisch auf die letzten Jahrzehnte zurückblicken und erkennen, was wir nicht erkannt haben. Dieser Krieg wurde und wird durch kapitalistische Interessen möglich gemacht.
  • Durch den Kriegsbeginn sind die Aktienkurse von Waffenproduzenten angestiegen. Krieg ist und bleibt lukrativ und im Interesse des Kapitalismus. Dem muss entschieden entgegengewirkt werden, kurzfristig kann dies durch eine Verstaatlichung der Rüstungsindustrie und eine Begrenzung der Militärausgaben gelingen.
  • Die Opposition in Russland wird seit Kriegsausbruch noch stärker unterdrückt. Die staatliche Verfolgung insbesondere von feministischen, sozialistischen und progressiven Kräften erreichte einen neuen Höhepunkt, der Einsatz militärischer Mittel im Inland wurde verstärkt. Der Krieg hilft Putin und seinem Regime, ihre Diktatur zu festigen.
  • In Westeuropa beobachten wir eine Diskursveränderung, die massive Investitionen in Militär und Waffen, den Ausbau atomarer Arsenale und der Demonstration militärischer Macht zur Abschreckung mehr und mehr als alternativlos darstellen.
  • Die Frage, ob und wer auch im Rahmen kapitalistischer Staaten durch Waffenlieferungen unterstützt werden kann, um das Recht auf Selbstverteidigung durchzusetzen, spaltet die Friedensbewegung tief.
  • Westliche Staaten und Kapitalist*innen selbst verwenden immer häufiger “Imperialismus” als Begriff, jedoch ausschließlich auf Russland angewandt. Der russische Überfall auf die Ukraine wird immer häufiger benutzt, um in alte Gut-Böse, West-Ost-Binaritäten zurückzufallen.

Militarismus seit dem Kriegsausbruch

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine tendiert der öffentliche und auch innerparteiliche Diskurs immer mehr in eine Richtung, die nicht nur beängstigend, sondern auch gefährlich ist. Die als “historisch” bezeichnete Zeitenwenden-Rede von Olaf Scholz vor dem Deutschen Bundestag am 27. Februar 2022 enthielt immerhin eine klare Positionierung der Bundesregierung und der SPD: Die Nachricht ist, dass wir an der Seite der Ukraine stehen und sie gegen die Aggression seitens Russlands unterstützen, wo immer es geht. Gleichzeitig müssen wir einige Abschnitte dieser Rede kritisieren, allem voran das damals angekündigte und einige Monate später beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro. Selbst einige Mitglieder der Fraktion waren überrascht, als Olaf Scholz die Maßnahme vor dem deutschen Parlament verkündete, da sie nicht im Vorhinein abgesprochen war und ihr kein Fraktions- oder Regierungsbeschluss zugrunde lag. Warum wir dieses Sondervermögen für die Bundeswehr angesichts der anderen, nicht übersehbaren Missstände in der Ampel-Haushaltspolitik ablehnen, haben wir bereits im Initiativantrag INI01 auf der Landeskonferenz im Mai 2022 ausführlich festgehalten. Auch das NATO-konforme 2%-Ziel ist in diesem Zusammenhang zu kritisieren.

Eine noch abstrusere Debatte war beim Thema Wehrpflicht zu verfolgen. Besonders aus der schwarzen und braunen Opposition im Bundestag, aber auch aus Teilen der SPD wurden im letzten Jahr wiederholt Stimmen für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht laut. Junge Menschen müssten gezwungen werden, ihr Land im Ernstfall zu verteidigen, da die Bundeswehr sonst nicht arbeitsfähig sei, hieß es. Es würde den jungen Menschen gut tun, wieder einen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu müssen, sagten sie. Diese Gedanken und Forderungen lehnen wir, passend zu unseren bisherigen und zu Bundesbeschlusslagen, weiterhin entschieden ab. Ebenso misslungen und gefährlich finden wir die Einschätzung des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, Deutschland müsse wieder eine “militärische Führungsmacht in Europa” werden. Und wenn Friedrich Merz bei Flucht von Menschen aus der Ukraine über eine “Einwanderung in die Sozialsysteme” spricht, ist das einfach nur widerlich. Solche menschenfeindlichen Äußerungen, wie sie eben nicht nur von der rechtsextremen AfD kommen, sondern auch bei der “bürgerlichen” CDU und CSU seit Monaten immer wieder zu hören sind, sind ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die in Deutschland auf ein besseres Leben hoffen und derer, die in der Ukraine für den Fortbestand ihres eigenen Landes kämpfen. Wir stehen solidarisch an der Seite aller Geflüchteten und unterstreichen unsere unmissverständliche Solidarität mit denen, die vor Krieg und Gewalt ihr Zuhause aufgeben müssen.

Unsere Leitlinien für antimilitaristische Politik heute

Dieser Verschiebung im aktuellen Diskurs möchten wir uns entschieden entgegenstellen und unsere antimilitaristischen Werte mit Nachdruck bekräftigen. Unsere Vision ist und bleibt eine Welt ohne Militär – Abrüstung muss der Kern militärischer Debatten sein. Das oberste Ziel in Konfliktfällen muss die gewaltfreie Lösung sein, sofern die Konflikte nicht bereits durch Präventivarbeit gar nicht aufkamen. Aus diesem Grund verurteilen wir die aktuelle Glorifizierung von Krieg, Tötung und Gewalt, wie sie sich beispielsweise in Memes (z.B. “NAFO”, “North Atlantic Fella Organization”) und durch das Verbreiten von Videos und Bildern aus dem Kriegsgebiet momentan äußert. Militarismus darf keinen solch ruhmreichen Platz in unserer Gesellschaft haben, denn eine solch positive Darstellung von Gewalt stiftet zu noch mehr Gewalt an, statt sie zu verhindern. Die Stellvertreterkriege zu Zeiten des Kalten Krieges haben uns gelehrt, dass Abschreckung durch Aufrüstung nicht ganzheitlich funktioniert. Mehr Waffen münden stets in mehr Gewalt.

Wir legen für unsere internationalistische Politik folgende Leitlinien fest:

  • Antimilitarismus bleibt einer der grundlegenden Werte für Jungsozialist*innen.
  • Wir lehnen die Wehrpflicht ab.
  • Wir lehnen Bundeswehreinsätze im Inneren ab. Der Katastrophenschutz muss aus zivilen Organisationen leistbar sein.
  • Wir lehnen Bundeswehreinsätze im Ausland ab. Diese sind nur in Einzelfällen und im Einvernehmen mit den Vereinten Nationen sowie den Betroffenen vor Ort vertretbar. Einsätze, die vordergründig der Sicherung kapitalistischer oder machtpolitischer Interessen dienen, lehnen wir klar ab.
  • Militärische Interventionen bei Völkermord, Kriegsverbrechen und Völkerrechtsverletzungen sind unter strengen Voraussetzungen möglich, müssen von Fall zu Fall jedoch individuell bewertet werden und sind nur im Einklang mit der internationalen Gemeinschaft denkbar.
  • Ausrüstung von Streitkräften darf nie zum Selbstzweck oder hypothetisch vorsorglich geschehen, sondern nur als Reaktion auf konkrete Bedrohung hin – damit lehnen wir die aktuellen Debatten über eine generelle Aufrüstung ab.
  • Es braucht eine stabile Friedensarchitektur inkl. der sogenannten Großmächte, aber ohne Sonderrechte für diese.
  • Die Bundeswehr muss zahlenmäßig begrenzt bleiben.
  • Die Bundeswehr hat an Schulen nichts verloren.
  • Wir fordern die Unterzeichnung und Umsetzung des Atomwaffenverbotsvertrags.
  • Wir stellen uns gegen Desinformation, Glorifizierung und Fälschung von und über Kriegsgeschehen.
  • Wir erklären uns solidarisch mit allen, die vor Kriegen fliehen und fordern die Schaffung von sicheren Fluchtwegen sowie von lebenswerten Unterkünften in Europa.
  • Es ist schnellstmöglich dafür zu sorgen, dass die Produktion und die Verbreitung von Waffen zu keinem Profit mehr führen kann. Dies ist nur durch eine Verstaatlichung und eine Verschärfung der Kontrolle der Ausfuhren möglich.

Gesellschaften sollen und dürfen nicht um ihr Militär herum aufgebaut sein. Friedliche und antimilitaristische Strukturen und Lösungen sind das erste Mittel der Wahl.

Internationalismus heißt Antikapitalismus

Kapitalismus lebt von Ausbeutung und Abhängigkeiten. Ausbeutung und wirtschaftliche und soziale Abhängigkeiten haben uns zu dem Punkt gebracht, in dem der wirtschaftliche Wohlstand weltweit ungleich verteilt ist.  Durch die protektionistische Handelspolitik der Länder des globalen Nordens wurden die wirtschaftliche Abhängigkeiten in den Ländern des globalen Südens erzwungen und dadurch große Disparitäten erschaffen. Weltweit beobachten wir große Ausbeutung, wie im Kongo, wo Kinder in Minen Kobalt für unsere Konsumzwecke abbauen, oder in Bangladesch, wo der Gebäudeeinsturz einer Fabrik zu über einem Tausend verlorener Menschenleben geführt hat. Es gibt Hunderte von Beispielen, die beweisen, dass die globale Ausbeutung eine für sehr viele Menschen furchtbare Realität und Alltag ist. Unser internationalistisches Ziel ist es, den Kapitalismus als das System zu überwinden, das auf Ausbeutung beruht.

Lieferketten in den Griff bekommen

Ein Weg, um gegen die kapitalistische Ausbeutung vorzugehen, ist ein starkes Lieferkettengesetz auf EU-Ebene zu verabschieden. Die aktuellen Maßnahmen sind lediglich kosmetisch und reichen lange nicht aus, um für Gerechtigkeit und Handel auf Augenhöhe zu sorgen. Viele Menschen und unsere Natur leiden unter unkontrollierten Wertschöpfungsketten westlicher Unternehmen. Wenn ein Lieferkettengesetz die Unternehmen nicht dazu verpflichtet, Verantwortung für die eigenen Prozesse zu übernehmen, Menschenrechte zu achten und Klima und Umweltstandards zu folgen, werden dieselben nicht eigenständig, und auf alle Fälle nicht in ausreichendem Maße Konsequenzen für das eigene Wirtschaften wahrnehmen. Die faktisch leeren Selbstverpflichtungen beweisen uns dies.

Mit der Corona-Pandemie und Russlands Krieg gegen die Ukraine kam es zu großen Beeinträchtigungen in den Lieferketten, die nochmals deutlich gemacht haben, dass wir ein EU-Lieferkettengesetz brauchen, das klare Klimapflichten in der Lieferkette definiert, das Geschädigten die Möglichkeit für eine Klage und Wiedergutmachung von Schäden zusichert und auch die gesamte Lieferkette der Unternehmen erfasst. Wir stehen klar gegen generelle Waffenexporte, aber in unserer aktuell noch von Waffen zersetzen Welt müssen auch jedwede Waffenexporte in einem solchen EU-Lieferkettengesetz miterfasst werden. Denn Kapitalismus und Waffengewalt sind lediglich zwei Seiten derselben Medaille: militärische Konflikte sind die höchste Stufe der imperialistischen Auseinandersetzungen in einer kapitalistischen Welt.

Die wirtschaftliche Ausbeutung ist aber nicht nur ein Phänomen auf der Nord-Süd Linie, sondern existiert auch innerhalb des europäischen Wirtschaftsrahmens. Ein Beispiel dafür sind die negativen Auswirkungen der Privatisierung vieler Sektoren in den ehemaligen Ostblock-Staaten. Die misslungene und intransparente Transition der Wirtschaft führte zur Plünderung der Sozialsysteme und des Industriekapitals dieser Länder. Wir sind der Überzeugung, dass die Einführung der kapitalistischen Wirtschaft mehr zur Ausbeutung durch übermächtige, westliche Investor*innen geführt hat, als zu dem von vielen erhofften Wohlstand. Mit Hinblick auf die möglichen Erweiterungsstaaten, die alle eine misslungene Transformation ihrer lokalen Wirtschaftskreisläufe hinter sich haben, ist eine Änderung des wirtschaftlichen Rahmens der EU dringend notwendig, damit die wirtschaftliche und soziale Sicherheit in allen Mitgliedstaaten erreicht wird.

Nur mit der Überwindung von neoliberaler Wirtschaftspolitik und ihrer kapitalistischen Auswüchse  können wir an den Punkt kommen, an dem kritische Abhängigkeiten aller Staaten – sei es in der Energieversorgung oder in Lieferketten – nicht mehr das Gewöhnliche sind oder als Notwendigkeit erachtet werden. Das wird nur gelingen, wenn nicht nur in einzelnen Staaten, sondern auf der ganzen Welt der Weg zu einer sozialistischen Wirtschaftsordnung hin geebnet wird und der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit aufgehoben werden kann. Bis dahin kämpfen wir für eine Wirtschaftspolitik, die Menschenrechtsbrüche und globale Ungleichheiten beseitigt.

Für einen echten wertebasierten Wirtschaftshandel statt Greenwashing!

Wirtschaftliche Abhängigkeiten sind jedoch nicht nur für geschwächte Staaten harte Realität. Auch wirtschaftlich starke Staaten geraten oder bringen sich selbst in solche Abhängigkeiten. Ein Beispiel hierfür ist Deutschlands gravierende Abhängigkeit von Energieimporten, bis vor Kurzem besonders von russischem Erdgas. Welche Konsequenzen diese deutsche Abhängigkeit hat, wurde in der aktuellen Lage des Angriffskrieges offenbart. Deutschland, in Sorge um seine auf russischem Gas basierte Energieversorgung, musste im Hinblick auf EU-Sanktionen gegen Russland zögern und zaudern, während andere Staaten gerne schneller und härter reagiert hätten – und konnten. Sie hatten sich nicht in kritischer Infrastruktur von Russland abhängig gemacht und sind deshalb in der Lage, freier und entsprechend(er) ihrer Werte zu agieren. Der erste Schritt zu wertebasiertem Handel ist folglich, sich in seiner Grundversorgung unabhängig zu machen, um als Land nicht bzw. deutlich weniger erpressbar zu sein in seinen politischen Aktivitäten und Entscheidungen. Deutschland stehen hierfür Mittel und Wege zur Verfügung, nicht nur in der Energieversorgung. Sie wurden aber die letzten Jahrzehnte vernachlässigt oder gar ausgebremst, statt zum eigenen Vorteil und damit zur eigenen Unabhängigkeit ausgebaut zu werden.

Innerhalb des Kapitalismus kann es nie zu einem vollständigen, ethisch vertretbaren Wirtschaften kommen. Und doch müssen wir heute die ersten Schritte gehen und Werte festlegen, die sich an sozialistischen und feministischen Standards messen lassen. Diese Werte, nach welchen wirtschaftlicher Handel betrieben werden soll, müssen sich von der aktuell hauptsächlich funktionalen Perspektive auf folgende verschieben:

  • Grundlage bilden freiheitlich-sozialistische Werte, die das menschliche Wohlergehen und gute Arbeit in den Mittelpunkt stellen.
  • Menschenrechte werden bedingungslos eingehalten.
  • Arbeiter*innen und das Gemeinwohl stehen im Vordergrund, keinesfalls der Profit.
  • Kampf gegen Ausbeutung: Handel nur auf Augenhöhe und wenn alle Seiten profitieren, dabei müssen insbesondere Verteilungsungerechtigkeiten innerhalb der beteiligten Länder berücksichtigt werden.

Wir fordern, dass Deutschland seine Handelspartner*innen in drei Kategorien einteilt, die sich an demokratischen und sozialistischen Standards messen. Länder, die alle Kriterien erfüllen, eignen sich auch in dieser Weltordnung als Handelspartner*innen auf Augenhöhe. Länder, die diese nur teilweise erfüllen oder bereits als autoritär definiert werden können, sollen nur noch sehr eingeschränkt als Handelspartner*innen in Frage kommen. Die drei Kategorien sollen lauten:

  1. Bevorzugte Parter*innen.
  2. Enge Partner*innen.
  3. Funktionale Partner*innen.

Langfristiges Ziel soll sein, alle Handelsbeziehungen nur noch mit Partner*innen der Gruppe 1 zu tätigen; nur wo dies im kritischen Einzelfall nicht möglich ist, auch mit Gruppe 2. Beziehungen mit Partner*innen der Gruppe 3 sollen kurzfristig vollständig eingestellt werden.

Bevorzugte Partner*innen sind demokratisch organisiert. Die Rechte von Individuen, insbesondere von Angehörigen von Minderheiten und marginalisierten Gruppen, sind effektiv einklagbar. Es gibt eine sozialstaatliche Verfassung und von dem Staat gehen keine friedensstörenden Aktivitäten aus. Diese, und weitere noch genauer zu definierende Kriterien, sollen unmissverständlich erfüllt werden.

Enge Partner*innen erfüllen diese Kriterien nach wie vor, jedoch kann es bei einzelnen Kategorien zur Diskussion stehen, ob demokratische und soziale Standards vollständig eingehalten werden. Hier muss insbesondere darauf geachtet werden, ob es zu einer Verbesserung oder zu einer Verschlechterung der Lage kommt.

Funktionale Partner*innen sind gelenkte Demokratien, Autokratien und Diktaturen sowie Staaten, in denen Menschen oder Menschengruppen eingeschränkt sind, grundlegende Rechte auch gegen Unternehmen oder Kapitalinteresse einzuklagen. Ebenso fallen in diese Kategorie Staaten, die aktiv den Weltfrieden stören oder manipulieren. Mit diesen Ländern darf kein Handel mehr betrieben werden und Sanktionen, gerichtet auf die wirtschaftliche Elite sowie das Regime, müssen in Kraft gesetzt werden. Auch präventive Sanktionen sind möglich.

Globaler Arbeiter*innenkampf

Einer unserer oben genannten Werte ist der Kampf gegen die Ausbeutung von Arbeiter*nnen. Diesen Wert haben wir Sozialist*innen seit jeher global verstanden – vor allem in einer globalisierten Welt kann er auch nicht auf Arbeiter*innen in Deutschland beschränkt sein. Wir verfolgen den Kampf gegen Ausbeutung international. Aus diesem Grund fordern wir zum einen eine radikale Verschärfung des beschriebenen EU-Lieferkettengesetzes in einer Form, die tatsächlich zu Konsequenzen für ausbeuterische Unternehmen führt. Zum Anderen fordern wir die Unterstützung von und Ausrichtung an globalen Gewerkschaftskämpfen. Arbeitskämpfe kennen keine nationalen Grenzen und internationale Zusammenarbeit muss es als seine Kernaufgabe begriffen, Arbeiter*innen Plattformen zur grenzüberschreitenden Organisation zu bieten und Arbeitskämpfe zusammenzuführen. Wir unterstützen globale gewerkschaftliche Zusammenschlüsse ausdrücklich und hoffen auf eine stärkere weltweite Organisation.  Denn außer an einigen wenigen Hauptknotenpunkten des globalen Handels haben nationale Arbeiter*innenkämpfe kaum die Schlagkraft der Vergangenheit – Unternehmen haben heute viel mehr weltweite Ausweichmöglichkeiten. Es ist also essentiell, internationale Arbeitskämpfe zu unterstützen sowie auch zu initiieren. Da weltweiter Handel auf einem funktionierenden Transport- und Logistikwesen fußt, sehen wir hier ein besonders effektives Potential für Arbeitskämpfe mit massivem Einfluss, der tatsächlich große Verbesserungen für die Arbeiter*innen schaffen könnte.

Welchen Preis sind wir bereit zu zahlen – und für was überhaupt?

Klar ist, dass wertebasierter Handel sowie weltweit tatsächlich faire Arbeitsbedingungen für alle Konsumgüter die aktuellen Dumping-Preise erhöhen werden, auf ihren echten Wert. Diese Punkte und damit das, was die Betriebswirtschaft “Externalitäten” (Kosten, die sich nicht auf den Verursachenden, sondern auf unbeteiligte Personen auswirken, z.B. Umweltschäden) nennt, würden endlich in den Preis miteinfließen. Doch viele Menschen, auch in unseren westlichen Gesellschaften, sind auf niedrige Preise angewiesen.

Internationalismus heißt Kampf dem Patriarchat

Unser jungsozialistischer erweiterter Sicherheitsbegriff umfasst in einer globalisierten Welt mehr als nur militärische und politische Sicherheit. Es geht nicht um den Schutz von Individuen und von Gewalt besonders betroffenen, vulnerablen Gruppen, sondern auch um den Kampf für Ernährungssicherheit und gegen Armut. Ebenso wichtig ist die Bekämpfung des Klimawandels, welcher gerade im Globalen Süden Lebensgrundlagen gefährdet. Auch muss durch globale Solidarität eine starke und demokratische Zivilgesellschaft gefördert werden, um diese in den jeweiligen Staaten mehr in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und militärischen Konflikten präventiv entgegenzuwirken.

Bisher spielt die Frage von internationaler Geschlechtergerechtigkeit und dem Streben nach dem Abbau von patriarchalen Strukturen eine viel zu geringe Rolle. Außen- und Sicherheitspolitik sind eng miteinander verbunden und haben für alle Staaten eine hohe Bedeutung. Die traditionelle Sicherheitspolitik wurde oft durch Dominanz und Repression, einschließlich militärischer Gewalt, geprägt, um nationale Interessen zu verteidigen. Feministische Außenpolitik hingegen legt den Fokus auf die menschliche Sicherheit, Geschlechtergerechtigkeit und den Abbau von patriarchalen Strukturen als zentrales Element für Frieden. Das Verständnis von Sicherheit geht über die staatliche Sicherheit hinaus und beinhaltet medizinische Versorgungssicherheit und Klimagerechtigkeit. Eine resilientere Gesellschaft ist eine sicherere Gesellschaft, und soziale Absicherung, wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt sowie eine starke Daseinsvorsorge sind notwendig.

Eine feministische Außenpolitik ist dringend notwendig – angesichts der Auswirkungen von Covid-19, der Klimakatastrophe, des Backlashes im Bereich des legalen Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen und sexualisierter Kriegsverbrechen an Frauen und Kindern.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass nachhaltiger Frieden eher gelingt, wenn auch Frauen an den Verhandlungen beteiligt sind. Frauen sollten stärker in Friedensverhandlungen einbezogen werden, da sie aufgrund ihrer Erfahrungen mit Diskriminierung im Patriarchat wichtige Perspektiven einbringen. Friedensprozesse, an denen Frauen beteiligt sind, rücken nicht nur militärische, sondern auch zivile Sicherheit und wirtschaftliche Erholung in den Fokus und können Radikalisierung entgegenwirken. Es ist jedoch immer noch unzureichende Finanzierung und Unterstützung für die Beteiligung von Frauen an Friedensverhandlungen vorhanden, wie das Beispiel Afghanistan zeigt.

Deshalb fordern wir:

  • Internationale Verbände feministisch aufstellen und mit zusätzlichen finanziellen Mitteln aus bundesweiten und internationale Fördertöpfen unterfüttern
  • Frauen auch in Internationalen Organisationen wie beispielsweise der UN stärken, um auch hier eine feministische Perspektive einfließen zu lassen
  • Feministische Organisationen stärker finanziell unterstützen, insbesondere NGOs, die sich für Gleichberechtigung und Teilhabe einsetzen
  • NGOs keinen Stempel des Globalen Nordens aufdrücken und keine euro- und westzentristischen Maßstäbe anlegen, hierfür ist insbesondere auf die Repräsentation der betroffenen Ländern in den INGOs zu achten
  • Gewalt an Frauen und Kindern, insbesondere Vergewaltigung als Kriegswaffe härter ahnden, Bewusstsein schaffen
  • Friedensverhandlungen dürfen keine elitäre Veranstaltung sein, eine Einbeziehung von zivilen Akteur*innen ist unbedingt notwendig
  • Frauen und andere marginalisierte Gruppen müssen ähnlich ihres Anteils an der Bevölkerung repräsentiert sein
  • Projekte vor Ort müssen auch immer die Stärkung der Frauenrechte und die Unterstützung von Frauen als Teil ihres Mandats definieren
  • Zwangsprostitution und Menschenhandel bekämpfen

Globale Feministische Gesundheitspolitik:

Die WHO definiert Gesundheit als einen Zustand von vollständigem körperlichem, seelischem und sozialem Wohlbefinden, der über das bloße Freisein von Krankheit oder Gebrechen hinausgeht. Der Zugang zu erschwinglicher, qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht, das eng mit anderen Menschenrechten verbunden ist. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist jedoch weltweit nicht gesichert, insbesondere für arme, marginalisierte und diskriminierte Bevölkerungsgruppen. Insbesondere FLINTA*s haben aufgrund geschlechtsbezogener Datenlücken und Vorurteile bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen. Koloniale Verhältnisse und Rassismus prägen weiterhin die Gesundheitsversorgung, insbesondere bei der Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen. So wird traditionelle Medizin selbst bei nachweislicher Wirkung nicht anerkannt, zahlreiche Erkrankungen zu den sogenannten neglected tropical diseases (NTDs; vernachlässigte tropische Krankheiten) gezählt und obwohl fast jeder Fünfte in der Welt unter ihnen leidet, sind sie für die Erforschung und Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen dennoch nicht von Bedeutung. Eine ungleiche Verteilung weltweit von Medikamenten und Impfstoffen wurde auch während der Covid-19-Pandemie sichtbar. Die WHO ist in ihrer Arbeit dem entgegenzutreten durch unzureichende finanzielle Mittel eingeschränkt.

Ziel einer globalen feministischen Gesundheitspolitik ist:

  • Keine Person darf negative Folgen bezüglich ihrer Gesundheit erleben, weil sie aufgrund von Faktoren wie Geschlecht, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Klasse oder Herkunft diskriminiert oder schlechter behandelt wird.
  • Der Ansatz globaler Gesundheitspolitik muss antirassistisch, feministisch und intersektional sein und bei allen Bestrebungen die Dekolonialisierung vorantreiben.

Deshalb fordern wir:

  • Die echte Anerkennung und Sicherstellung des Menschenrechts auf Gesundheit der internationalen Staatengemeinschaft.
  • Die Gewährleistung einer ausreichenden Finanzierung von Gesundheitsleistungen weltweit.
  • Stärkung und bessere finanzielle Ausstattung der WHO sowie Entkopplung der Gelder von einzelnen Projekten oder Themen, damit sie ihre Hauptaufgabe – die Bekämpfung von Erkrankungen und Förderung der allgemeinen Gesundheit aller Menschen – weltweit erfüllen kann.
  • Berücksichtigung von Gender und Feminismus in der globalen Gesundheitspolitik.
  • Die Freigabe von Patenten im Gesundheitswesen.

Hierzu zählt:

  • Dekolonialisierung der globalen Gesundheitspolitik
  • Die Versorgung und der reale Zugang zu Leistungen der reproduktiven Gesundheit muss gewährleistet sein, sodass eine adäquate Betreuung während der Schwangerschaft vorliegt und Schwangerschaftsabbrüche weltweit sicher und legal sind. Schwangerschaftsabbrüche müssen entkriminalisiert werden und als Menschenrecht gelten.
  • Behebung der geschlechtsbezogenen Datenlücke in der Erforschung von Krankheiten sowie in der Entwicklung von Medikamenten als auch in der Aufklärung über diese (Symptome)

Klimagerechtigkeit & Feminismus:

Bei einer feministischen Betrachtungsweise von Sicherheits- und Außenpolitik darf das Feld der Klimagerechtigkeit nicht fehlen. Der Begriff Klimagerechtigkeit beschreibt dabei die gemeinsame internationale Verantwortung, insbesondere der Hauptverursacher*innen von Klimaschäden, sich für Klimaschutz einzusetzen, durch ihr Handeln entstandene Schäden wiedergutzumachen und neue Schäden zu verhindern. Aus unserer internationalistischen, (jung)sozialistischen und feministischen Grundüberzeugung heraus ist es deshalb unsere Pflicht, Klimagerechtigkeit als intersektionalen Ansatz zu begreifen und als eine der Maximen unserer Außen- und Sicherheitspolitik zu bekräftigen. Bei unserem Kampf für mehr Klimagerechtigkeit liegt, genauso wie im Kampf gegen patriarchale und kapitalistische Strukturen, insbesondere ökonomische Ausbeutung, Unterdrückung und Zerstörung zugrunde.

Es ist Aufgabe von uns Jungsozialist*innen, die Abhängigkeiten und das auf den Nutzen und Verwendungszweck ausgerichtete System zu erkennen und Strategien zu dessen Überwindung zu entwickeln. Öl- und Energiekonzerne haben ihre Verantwortung für eine bessere Öko- und CO2-Bilanz auf Endverbraucher*innen verschoben, während Klimaleugner*innen und Misogynen oft dieselben sind. Die Auswirkungen der Klimakatastrophe treffen Frauen im globalen Süden besonders hart. 80% der Vertriebenen durch die Klimakatastrophe sind Frauen und sind auf ihrer Flucht geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Der Schutz von Frauen, die vor der Klimakatastrophe fliehen, ist nicht von der Genfer Konvention abgedeckt.

Eine nachhaltige Perspektive auf feministische Außenpolitik sollte nicht nur die Klimakatastrophe, sondern auch Fragen der energetischen Unabhängigkeit und autokratischer Regime berücksichtigen. Internationale Standards sollten als Kriterien für die Wahl von wirtschaftlichen Partner*innen etabliert werden, um das patriarchale, kapitalistische System von Abhängigkeiten zu überwinden. Der aktuelle russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt, dass die energetische Abhängigkeit von nicht-demokratisch geführten Staaten gefährlich ist und die Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik einschränkt. Es sollte keine neuen unbefristeten Verträge für fossile Energieträger mit autokratisch geführten Staaten geben, sondern eine wirkliche Perspektive zur Gewährleistung der energetischen Unabhängigkeit der Bundesrepublik.

Deshalb fordern wir:

  • Die Aufnahme der “Klimakrise” in den Katalog für Fluchtursachen der Genfer Konvention, damit insbesondere auch geschlechtsspezifische Gewalt auf der Flucht vor der Klimakrise anerkannt wird.
  • Weltweit geschlechtergerechte Bevölkerungs- und Katastrophenschutzpläne.
  • Die Internationale Zusammenarbeit sowohl an ökologische, feministische sowie Menschenrechtsstandards koppeln – Gerechtigkeit als klare Voraussetzung für ein friedliches, nachhaltiges weltweites Miteinander (gerade kritisch nach Gasverträgen mit Katar).
  • Eine wirtschaftliche Unabhängigkeit von autokratisch regierten Staaten – Frieden und Sicherheit hängen weltweit vom Ende der Zerstörung und Ausbeutung des Planeten ab (nicht zuletzt die Abhängigkeit von Russland als mahnendes Beispiel).
  • Die kontinuierliche Neubewertung von internationalen Bündnis- & Wirtschaftspartner*innen auf der Grundlage von feministischen, ökologischen und menschenrechtlichen Maßstäben – eine Zusammenarbeit mit autokratischen Staaten lehnen wir grundsätzlich ab (z. B. Katar, Aserbaidschan und Saudi-Arabien).
  • Verbindliche internationale Agenda feministischer Sicherheit bei Auswirkungen des Klimawandels (individuelle Sicherheit muss mit staatlicher und zwischenstaatlicher Sicherheit zusammengedacht werden, damit Machtdynamiken verstanden und hin zu mehr Gerechtigkeit verändert werden können.
  • Mehr Forschung im Bereich der (internationalen) Politik mit Schwerpunkten auf feministische Sicherheit, Frieden und Gerechtigkeit im Zusammenhang mit der Klimakatastrophe.
  • Lieferkettengesetze zur Stärkung von Arbeits-, Menschen- Umwelt und Frauenrechten.

Die Rechte von FLINTA*s sind Menschenrechte! Wir stehen solidarisch an der Seite der Protestierenden im Iran und verurteilen die Gewalt des Mullah-Regimes aufs Schärfste. Wir fordern:

  • Einen dauerhaften Abschiebestopp in den Iran.
  • Sichere Fluchtrouten und besseren Schutz für Exil-Iraner*innen.
  • Die Revolutionsgarde, die für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist, auf die EU-Terrorliste zu setzen.
  • Die Freilassung der politischen Gefangenen.
  • Verurteilung und Dokumentation der Verbrechen an der Menschlichkeit.
  • Das Ende der Diskriminierung von FLINTA*s im Iran.
  • Umfassende Sanktionen gegen den Iran und den Abbruch sämtlicher Kooperationen.
  • Eine aktive Unterstützung der Proteste.

Internationalismus heißt globale Solidarität

Hier “entwickelt” sich nichts mehr

Wir betreiben keine “Entwicklungshilfe”. Wir prangern die Macht des Globalen Nordens an, der noch immer vom Kolonialzeitalter profitiert. Mehr noch: das Kolonialzeitalter ist nie zu Ende gegangen. Die Interessen von Kapitalist*innen wiegen noch immer stärker als intakte Ökosysteme, das Verbot von Menschenhandel und Kinderarbeit oder die hemmungslose Ausbeutung wertvoller Ressourcen auf kosten lokaler Bevölkerungen. Antikolonialismus gibt es seit dem ersten Tag, an dem Europäer*innen Machtansprüche auf fremde Gebiete gestellt haben, Zeit, dass sich auch der europäische Sozialismus an die Seite antikolonialer Bewegungen stellt.

Wir verwenden den Begriff der Internationalen Zusammenarbeit (IZ). Zu einer IZ unter sozialistischen und feministischen Vorzeichen gehört das beharrliche Einfordern der Aufhebung des globalen Machtgefälles zu Gunsten der globalen Zentren. Es bedeutet, Eurozentrismus in den internationalen Institutionen sowie unseren Gesellschaften zu bekämpfen. Das umfasst wirtschaftliche sowie kulturelle Fragen.

Wir streben nach Solidarität mit den Menschen, die sich von der globalen Ungerechtigkeit befreien wollen. Wir müssen die Stimmen der Sozialist*innen und Feminist*innen, die sich gegen Kolonialismus organisieren, hörbar machen. Die Geschichte Europas wird oft aufgehübscht, doch sie ist vor allem auch Sklaverei, Völkermord, Besatzung, die Entmenschlichung der Bevölkerung ganzer Kontinente, Kulturraub, und unzählige weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Können Staaten im Kapitalismus gut zusammenarbeiten?

Die kurze und einfache Antwort lautet: Nein. Machtpolitische Interessen prägen das Geschehen und sind nicht auf eine solidarische Zusammenarbeit ausgerichtet, sondern den andauernden kapitalistischen Zwängen unterworfen. So stehen niedere Beweggründe wie Prestige für einzelne Länder, gutes Marketing und PR meist im Vordergrund. Das Ziel der Staaten im globalen Norden ist es, die Staaten im globalen Süden systemisch auszubeuten. Zwar fließen durch die sogenannte Entwicklungshilfe jährlich fast 170 Milliarden Euro von den reichen Ländern an strukturell schlechter gestellte Staaten, ca. 27 Milliarden kommen aus Deutschland [Zahlen aus 2020; ODA von privaten und staatlichen Träger*innen]. Dabei ist das Ziel jedoch nicht die Bekämpfung der Ursachen von Ungleichheit und Armut in den einzelnen Ländern, sondern erneut stehen kapitalistische Interessen im Mittelpunkt. Die Länder sollen so weit gestärkt werden, dass ein Handel mit den Ländern des globalen Norden möglich und lukrativ ist, das Leid wird oft nur auf das für westliche Gesellschaften erträgliche Maß reduziert.

Ein relevantes Beispiel hierfür ist die Corona-Pandemie seit 2020. Um die Herstellung des Impfstoffes weltweit voranzutreiben und die Folgen der Pandemie so einzudämmen, hatten die Entwickler*innen der verschiedenen Impfstoffe die Möglichkeit diese Patente freizugeben. Länder des globalen Südens hätten davon stark profitiert. Die Patente wurden aber nicht freigegeben, da sie mit Gewinneinbußen einhergegangen wären. Hinzu kam die fehlende Unterstützung zum Aufbau von Kapazitäten, Impfstoffe zu produzieren und Impfungen durchzuführen. Man entschied sich dazu, die Pandemie auf dem Rücken derer ausgetragen, die nicht nur unter Pandemie selbst, sondern beispielsweise auch unter den Folgen des Klimawandels am meisten zu leiden haben: Die Menschen im globalen Süden und insbesondere die Sicherheit von marginalisierten Gruppen sowie FLINTA*s.

Solidarität mit den indigenen Völkern dieser Welt!

Kolonialmächte plündern und zerstören das Hab und Gut indigener Bevölkerungen seit spätestens dem 14. Jahrhundert hemmungslos. Gerade das Industriezeitalter und Europas Machtposition in der Welt haben dazu geführt, dass kaum ein Quadratmeter nicht von einem Imperium kontrolliert wurde. Die ökologischen Grundlagen indigener Menschen wurden zerstört, Krankheiten eingeführt und Völkermorde begangen. Die Zerstörungswut ist weder vorbei, noch aufgearbeitet, noch ist eine Befreiung heute in Sicht. Wir Jusos bekennen uns daher zur Verantwortung, zu lernen, globale Solidarität aus der Perspektive indigener Völker leben zu können. Dabei betonen wir ausdrücklich die Vielfalt der mehr als 1.900 indigenen Völker und ihren gut 175 Millionen Angehörigen an und wissen, dass es meistens nicht eine Politik oder eine passende Solidaritätsform für alle geben kann.

Die Gier nach billigen Ressourcen zur Weiterverarbeitung in Europa treibt bis heute die Zerstörung der Lebensgrundlage von Menschen auf der ganzen Welt voran. Hier ein paar Beispiele:

  • Die Abholzung von Regenwäldern ist eine andauernde Bedrohung für seine Bewohner*innen. So führt zum Beispiel die Zerstörung des Peruanischen Regenwalds im Interesse kapitalistischer Ausbeutung, dass die ca. 350.000 Menschen in 1.786 “indigenen Dorfgemeinschaften” keinen Zugang mehr zu Nahrungs- und Heilmittel, Baumaterial und Schutzräumen haben.
  • Der Abbau von Gold, Uran, seltenen Erden, Eisen und weiteren für Industriegesellschaften relevanten Metallen und Mineralien geht oft mit Menschenhandel, Landraub und der Störung von Ökosystemen einher, die für indigene und isolierte Bevölkerungen überlebenswichtig sind.
  • Große Infrastrukturprojekte werden oft ungeachtet indigener Gebiete durchgeführt. Die demokratischen Rechte der lokalen Bevölkerung werden dabei übergangen.

 

Diese Beispiele zeigen, dass für Angehörige indigener Völker kein gleichberechtigtes Mitspracherecht zur Gestaltung ihrer eigenen Umwelt vorherrscht. Es sind die Interessen kapitalistischer Staaten und von Großunternehmen, die global operieren und billigend den millionenfachen Menschenrechtsbruch in Kauf nehmen, den sie durch ihre unternehmerischen Tätigkeiten begehen. Die zahlreichen Konventionen für die Rechte indigener Menschen, u.a. von den UN, der EU oder der ILO, bleiben überschaubar in ihrer Wirkung. Individualistische Aufrufe, durch das Kaufen und Nicht-Kaufen bestimmter Waren zur Förderung indigener Rechte beizutragen, betrachten wir als weitestgehend wirkungslose Augenwischerei.

Die Stimmen von indigenen Völkern, als Jugendverband insbesondere auch junger Stimmen, müssen daher mehr Raum in unserer internationalen Arbeit einnehmen. Gerade in Europa wirken diese Stimmen weit weg, doch sie sind es nicht, denn europäische Politik bestimmt deren Lebensgrundlagen. Wir können keine glaubwürdige und solidarische Politik der internationalen Zusammenarbeit führen, wenn unsere Handelspolitik darauf ausgerichtet ist, durch protektionistische Methoden die Lebensgrundlagen der Länder des globalen Südens zu zerstören. Wir stehen für eine Neuverhandlung der Verträge im Hinblick auf unsere feministischen und ökologischen Grundwerte.

Daher sind wir der festen Überzeugung, dass diejenigen, die in einer Region leben, auch maßgeblich darüber bestimmen müssen, was mit ihrer Umwelt geschieht. Kurzfristig fordern wir, dass Ressourcenabbau nur im Einvernehmen mit der betroffenen Bevölkerung geschieht, Lieferkettengesetze unternehmerische Tätigkeiten, die indigene Rechte unterwandern, schonungslos verbieten und dort, wo Abbau zugelassen wird, die lokale Bevölkerung maßgeblich davon profitieren kann. Langfristig darf globaler Handel kein Spiel von Profitinteressen sein, sondern von einem Austausch auf Augenhöhe zur Mehrung des Wohlstands aller Menschen auf der Welt.

Auch müssen wir dafür sorgen, dass auch für alle Völkerrechtsbrüche durch die Institutionen (nationalen oder supranationalen) für Gerechtigkeit gesorgt wird – in Form von Rückzahlungen bzw. Annullierung der illegalen Konzessionen von Grundstücken. Unsere Aufgabe muss es sein, die Indigenenverbände in dem rechtlichen Kampf solidarisch zu unterstützen, damit es endlich zur Gerechtigkeit durch die Institutionen kommt.

In Zukunft möchten wir uns insbesondere auch mit der Situation der europäischen indigenen Bevölkerungen auseinandersetzen. Hier sind insbesondere die Sami im Norden Norwegens, Schwedens, Finnlands sowie Russlands zu nennen. Das Gebiet Sápmi ist auf vier Staaten mit unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen aufgeteilt. Gemein haben alle die fehlende wirksame politische Repräsentation sowie die Bedrohung der für die Rentierjagd wichtigen Ökosysteme durch die Ausweitung des Abbaus von Eisen und ggf. bald seltener Erden sowie durch Tourismus.

Kolonialgeschichte aufarbeiten – Europa dekolonialisieren – Reparationen leisten

Bis heute ist es kaum im öffentlichen Bewusstsein etabliert, dass das Deutsche Kaiserreich zwischen 1873 und 1918 eine Kolonialmacht war. Bereits in den frühen Anfängen der Kolonialzeit im 14. Jahrhundert waren es oft Akteur*innen aus den deutschsprachigen Ländern, die von Kolonialisierung, Sklaverei und der Etablieren von Überseegebieten profitierten. Deutsche siedelten auf indigenem Land, Händler*innen machten Geschäfte mit Ausbeutung lange vor der Gründung eines deutschen Zentralstaates. Kleinere deutsche Staaten versuchten öfter, wenn auch oft erfolglos, eigene Territorien für sich zu beanspruchen. Nachfolgestaaten des deutschen Kolonialreiches sind heute in großen Teilen Togo, Kamerun, Namibia, Tansania, Ruanda, Benin, Papua-Neuguinea, Westsamoa, Mikronesien sowie zu kleineren Teilen die VR China (Qingdao) und Ghana.

Deutschland und Europa müssen ihre Kolonialverbrechen aufarbeiten. Der Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia sind immer häufiger in der Öffentlichkeit Diskussionsthema, doch das kann nur der erste Schritt sein. Erinnerungskultur, das muss auch heißen, diesen Teil der deutschen Geschichte zu betrachten: Von den Anfängen bis zu den noch heute bestehenden Netzwerken und Profiteur*innen. Die Dekolonialisierung findet in den Schulen, Verbänden und Vereinen, in den Medien sowie in Politik und Zivilgesellschaft statt. Die Leben und Geschichten deutscher BIPoC [Black and Indigenous People of Color] müssen sichtbar gemacht werden, der alltägliche Rassismus in Kultur und Öffentlichkeit muss offensiv adressiert werden. Es muss ein Ruck durch den ganzen Kontinent gehen, dieses Erbe imperialistischen Schaffens abzuwerfen.

Doch das alles wird nicht reichen, die globale Ungerechtigkeit tatsächlich aufzubrechen. Wir fordern Reparationszahlungen, die diejenigen möglichst direkt erreichen müssen, die noch heute von den negativen Folgen von Kolonialisierung betroffen sind. Wir wissen heute nicht, wie diese Reparationen aussehen können, wer die Entscheidungsmacht über die Verwendung der materiellen Ressourcen innehaben wird oder wie der Prozess ausgestaltet werden kann. Doch wir bekennen uns klar zur Bereitschaft, den globalen Wohlstand fair aufzuteilen auf Grundlage der Überzeugung, dass die wahren Grenzen dieser Welt zwischen Arm und Reich verlaufen und genug für das gute Leben für alle da ist!

III. Eine Welt ohne Waffen schaffen

Jede Politik muss zur Abrüstung führen

Wir wollen in einer Welt leben, in der Abrüstung durch gewaltfreie Konfliktlösung ermöglicht wird. Eine Welt, in der bilaterale Verträge wie der Atomwaffensperrvertrag, das New Start Abkommen oder der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa gemeinsam Sicherheit schaffen. Russlands Austritt aus letzteren beiden zeigt uns, dass bis dahin noch ein weiter Weg vor uns liegt. Unser Ziel bleibt eine Welt ohne Waffen, Armeen und Militärbündnisse mit einer globalen Friedensarchitektur. Gerade in Zeiten eines weiteren, brutalen Angriffskrieges bleibt unsere Forderung nach Abrüstung Kern unserer internationalen Politik.

Wir verurteilen, dass Deutschland einer der weltweit größten Waffenexporteure ist. Waffenlieferungen an Staaten, die Angriffskriege führen oder unterstützen, lehnen wir kategorisch ab. Staaten, die Menschenrechte mit Füßen treten und missachten, sind inakzeptabel. Das gilt insbesondere für die anhaltenden Waffenlieferungen an die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Ägypten mit ihrer Beteiligung am Krieg gegen den Jemen.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist ein weiterer Einschnitt im Versuch, auf dem ganzen europäischen Kontinent Frieden zu bewahren. Für uns ist klar: Diejenigen, die sich gegen Angriffskriege wehren und drohen, das Ziel von Kriegsverbrechen zu werden, haben ein Recht auf Selbstverteidigung. Dieses kann nicht immer unbewaffnet durchgesetzt werden. Wir können pauschale Ablehnungen jeder Art der Lieferung von Waffen zu Verteidigungszwecken nicht nachvollziehen und halten es für falsch, in der momentanen Welt ein kategorisches Nein dieser Art auszusprechen. Konflikte sind komplex und verdienen jeweils eine eigene Abwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der progressiven und sozialistischen Stimmen unter den Betroffenen. Unsere Ablehnung kapitalistischer Staaten und unsere Opposition zu Waffenexporten steht nicht im Widerspruch zu dieser Haltung, denn unser Ziel bleibt erhalten. Doch es sind nicht diejenigen, die angegriffen und verfolgt werden, die für dieses Ziel entwaffnet werden dürfen, sondern diejenigen, die Angriffskriege anzetteln.

Wir bekennen uns daher sowohl zum obersten Politikziel, Abrüstung herbeizuführen, wie auch zur Ausstattung der Menschen, die sich heute in der Ukraine gegen die russische Invasion verteidigen, mit Waffen, Munition und Rüstung zu Verteidigungszwecken. Wir evaluieren die Situation regelmäßig und bestehen darauf, dass der Dienst an der Waffe abgelehnt werden kann und Fluchtwege offengehalten werden. Niemand darf zum Kriegsdienst gezwungen werden, auch nicht in Kriegssituationen.

Die Unterscheidung von Waffenexporten und Waffenlieferungen beziehen wir auf monetäre Gegenleistungen bzw. deren Ausbleiben. Waffenlieferungen erfolgen als Unterstützung gegen Angriffe oder Bedrohungssituationen, Waffenexporte erwarten finanzielle Gegenleistungen und werden in der heutigen Zeit auch an kriegführende Staaten und Diktaturen geleistet, davon profitieren Einzelpersonen und Unternehmen. Diese Waffenexporte lehnen wir entschieden ab. Rüstungsindustrien müssen verstaatlicht und unter strenger Kontrolle gestellt werden. Kein Mensch darf finanziell von der Herstellung und der Verteilung von Waffen, Munition oder Rüstung profitieren, niemals und nirgendwo.

Wir Jusos stellen uns hinter die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, die Frieden sichern, Konflikte entschärfen und zur Abrüstung beitragen. Besonders hervorzuheben ist hierbei die NPT Konvention, welche die Proliferation von Nuklearwaffen unterbindet, sowie das Programme of Action to Prevent, Combat and Eradicate the Illicit Trade in Small Arms and Light Weapons in All Its Aspects (PoA), welche den Verkauf von Waffen an terroristische und verbrecherische Gruppierungen erschweren soll. Wir sprechen uns entschieden für die Einhaltung der Genfer Konvention aus, und fordern alle Staaten auf, diese einzuhalten. Dies gilt vor allem für den Schutz der Zivilbevölkerung in aktiven Kriegsgebieten, welche für uns allerdings nicht mit der Einstellung der Kampfhandlung enden. So zeigt die Gefahr durch Landminen, dass die Bevölkerung noch Jahre nach den Kriegen durch diese bedroht ist. Wir fordern daher alle Staaten auf, der Ottawa-Konvention beizutreten, sehen dies aber nur als ersten Schritt in der Sicherstellung lebenswerter und menschengerechter Zustände in ehemaligen Kriegsgebieten.

Waffenlieferungen

Wir sehen Waffenlieferungen immer als letztes Mittel an und setzen uns für eine friedliche Lösung von Konflikten ein. Waffenlieferungen sind wie schon beschrieben nicht kommerziell und werden meist an Bündnispartner*innen oder nahestehenden Nationen geleistet, wie im Beispiel des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine.

Befinden sich Bündnispartner*innen in einer bedrohlichen Lage, dann ist es die Aufgabe von Deutschland Waffenlieferungen für einen Kriegszustand zuzusichern, sollte ein Krieg ausbrechen und unsere Partner*innen auf diese Waffen angewiesen sein. Mit einer Zusicherung ist noch keine Lieferung verbunden. Diese erfolgt erst nach dem Kriegsausbruch. Hierbei müssen Wege geschaffen werden, zugesicherte Waffen schnell an die Partner*innen liefern zu können.

Werden Staaten angegriffen, die nicht im direkten Bündnisbeziehungen stehen, müssen ebenfalls unterstützende Lieferungen möglich sein, allerdings ebenfalls strenge Kriterien angewandt werden.

Wir fordern, dass nur Staaten Waffenlieferungen erhalten, die sich einem unrechtmäßigen Angriffskrieg eines anderen Staates ausgesetzt sehen. Durch die gelieferten Waffen darf nur die Landesverteidigung unterstützt werden, keine Gegenangriffe auf gegensätzliche oder dritte Staatsgebiete. Des Weiteren sollen nur Staaten beliefert werden, die stabile demokratische Strukturen und Rechtsstaatlichkeit aufweisen. Die Bewertung soll anhand transparenter Richtlinien und einer konkreten Einzelfallbewertung erstellt werden. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Waffen nicht unkontrolliert an Dritte weitergegeben werden, sondern stattdessen durch Verträge sichergestellt werden, dass die Waffen im Anschluss an die Beilegung des Konflikts zurückgegeben werden.

Präventive Waffenlieferungen bevor der Krieg ausbricht, lehnen wir ab. Würde Deutschland Waffen in alle Länder liefern, in denen ein Krieg droht, würde man so nur militärische Bestrebungen zur Lösung des Konflikts unterstützen. Außerdem kann nicht gesichert werden, dass die Waffen nicht in die falschen Hände geraten, sollte der Krieg nicht wie erwartet ausbrechen. Durch präventive Waffenlieferungen kann das oberste Ziel, die friedliche Lösung der Konflikte und die Vermeidung von Waffenlieferungen nicht erreicht werden.

Non-state actors sind in diese Kriterien explizit miteinbezogen. Verfasste Gruppen, die sich klar definieren lassen, aber keine anerkannten staatlichen Merkmale aufweisen, können Unterstützung gegen Angriffe und Repressionen erhalten. Auch müssen demokratische und rechtsstaatliche Kriterien angelegt werden und von Fall zu Fall unterschieden werden.

Wir beobachten weiterhin die Lage in Taiwan und erkennen an, dass wir uns unter Umständen im Kriegsfall einer Diskussion über Waffenlieferungen stellen müssen.

Waffenexporte

Innerhalb von Bündnissen sollen Waffenexporte an verbündete Staaten möglich sein, um eine Bündnisverteidigung zu ermöglichen. Auch wenn künftige Bündnisse an Kriterien wie Demokratie und Rechtsstaat ausgerichtet werden sollen, fordern wir, dass bei künftigen Exporten von Waffen die einzelnen Situationen betrachtet werden, um zu verhindern, dass verbündete Staaten bei völkerrechtswidrigen bewaffneten Aktionen unterstützt werden.

Zukünftig wollen wir Bündnisstrukturen, innerhalb derer nicht einzelne Staaten Waffen, Panzer und Flugzeuge herstellen und am Verkauf an andere Staaten, die selbst nicht herstellen, monetär profitieren. Stattdessen sollen gemeinsame Strukturen aufgebaut werden, die eine gemeinsame Finanzierung, Herstellung und Verteilung von Rüstungsgütern innerhalb des Bündnisses koordinieren. Diese Strukturen sollen Waffenexporte innerhalb des Bündnisses obsolet machen. Exporte an Staaten außerhalb des Bündnisses lehnen wir ab, sofern keine Assoziierung an das künftige Verteidigungsbündnis besteht. In diesem Fall muss eine Bedrohungslage vorliegen und es sollen dieselben Kriterien wie bei Waffenlieferungen gelten, diese aber noch strenger ausgelegt werden. Exporte in Kriegsgebiete lehnen wir ab.

Wir setzen uns dennoch dafür ein, dass langfristig eine globale Abrüstung stattfindet, um Konflikte auf friedliche Art und Weise lösen zu können. Wir glauben, dass die Welt sicherer und stabiler wird, wenn weniger Waffen vorhanden sind und stattdessen auf Verhandlungen, Diplomatie und internationale Zusammenarbeit gesetzt wird. Daher ist es unser Ziel, Waffenlieferungen und Exporte auf ein Minimum zu beschränken und langfristig eine friedliche Welt ohne militärische Konflikte zu erreichen.

Leider ist Deutschland ein großer Waffenexporteur in instabile Regionen und stützt damit autoritäre Regime zum Leid anderer und für den Profit der eigenen Rüstungsindustrie. Für uns bleibt aber klar, dass mit Waffen, militärischem Equipment und der Ausstattung für Sicherheitsbehörden keine Profite gemacht werden dürfen. Dazu muss die Rüstungsindustrie verstaatlicht und klare Regeln für ausländische Unternehmen mit Fertigung in Deutschland geschaffen werden. Diese müssen unter parlamentarische Kontrolle gestellt werden und für sie müssen dieselben Kriterien wie für die deutsche Industrie gelten.

Wir kritisieren, dass besonders sensible Entscheidungen über Rüstungsexporte nur der Bundessicherheitsrat, dessen Sitzungen geheim stattfinden, trifft. Der Export sowie die Lieferung von Waffen muss vielmehr von dem Willen der Bürger*innen legitimiert sein und bedarf somit der Genehmigung des Parlaments.

Unsere Forderungen für eine Welt ohne Waffen:

  • langfristiges Ziel: eine Welt ohne Waffen, Armeen und Militärbündnisse mit einer globalen Friedensarchitektur
  • Es soll nur Staaten Waffenlieferungen erhalten, die sich einem unrechtmäßigen Angriffskrieg eines anderen Staates ausgesetzt sehen
  • Waffenlieferungen und Exporte nur als letztes Mittel
  • Keine Profite mit Waffen! Rüstungsindustrie verstaatlichen
  • Keine präventiven Waffenlieferungen
  • Lieferung von Waffen bedarf legitimierung durch das Parlament

IV. Europa & Militärallianzen

Die NATO auflösen – niemals auf Kosten Ost- & Mitteleuropas!

Aktuell stehen wir vor einer Welt, in der einzelne Staaten ihre Interessen mit Waffengewalt durchsetzen wollen und Autokraten durch imperiales Großmachtstreben andere Staaten von der Landkarte tilgen wollen. Damit einher gehen massive Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, Mord und Verschleppung und nukleare Bedrohung.

Der globale Kapitalismus ergibt in seiner Natur eine Gefahr für den Frieden und großes Potential, wenn nicht Zwang zum bewaffneten Krieg und militärische Auseinandersetzungen. Der sich immer weiter radikalisierende Markt jagt um den Globus, immer auf der Suche nach neuen Märkten, auf der Suche nach neuem “Potential” und auf der Suche nach Systemen, die er zerstören kann, die er von sich abhängig machen kann. Dieser Drang des Kapitalismus wird immer Leid und Elend, immer Ungleichheit und immer Perspektivlosigkeit erzeugen und somit immer zu bewaffneten Konflikten führen.

Imperiales Großmachtstreben ist zudem in weit mehr Köpfen verhaftet, als wir uns das eingestehen wollen. Nationalismus ist der letzte Schlupfwinkel, in den die politische Rechte immer flüchten werden und ihre größte Motivation für Hass auf andere Nationen und Völker. Im 21. Jahrhundert berufen sich Staatschefs in Russland, Ungarn, China und weitere Autokratien auf ihrer Meinung nach unberechtigte Teilungen aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts und vermeintlichen Berechtigungen aus noch weiter vergangen Tagen. Der Imperialismus feiert in Zeiten der erstarkenden extremen Rechten ein Comeback.

Ausufernder Kapitalismus und erstarkender Imperialismus üben immense Gefahren für Staaten aus, die sich den kapitalistischen Zwängen des weltweiten Kapitals oder imperialen Bestrebungen ihrer Nachbarn nicht beugen wollen. Russlands brutaler Krieg gegen die Zivilbevölkerung der Ukraine zeigt das einmal mehr.

In solchen Zeiten müssen souveräne Staaten sich und ihre freiheitliche Grundordnung verteidigen können. Eine demilitarisierte Welt, die immer unsere Vision war und auch bleiben muss, ist damit ein Stück weiter in die Ferne gerückt. Verteidigungsfähigkeit ist wichtig und im Sinne einer antimilitaristischen Sichtweise ist es essentiell, militärischer Gewalt nicht schutzlos entgegenzutreten, sondern immens wichtig sich und freiheitliche Werte zu verteidigen.

Damit dabei das Recht des Stärkeren nicht siegt, sind Militärbündnisse leider notwendig. Auch wenn es paradox anmutet: Antimilitarismus bedingt in Zeiten eines erstarkenden Imperialismus die Notwendigkeit für Militärbündnisse.

Es bleibt allerdings dabei: Die NATO in ihrer heutigen Form lehnen wir ab. Wir lehnen die aktuellen Strukturen, die undurchsichtig und wenig demokratisch sind, ab. Sie wurde als kollektives Verteidigungsbündnis begründet und sollte eine Vereinigung demokratischer, marktwirtschaftlich organisierter Systeme sein. Die Scheinheiligkeit hinter dieser Aussage vor allem im Bezug auf die türkische NATO-Politik ergibt für uns eine klare Ablehnung der Nato in ihrer jetzigen Form.

Autokratisch geführte Staaten sollten nicht Teil eines Bündnisses sein, das für die freiheitliche Grundordnung und Demokratie eintreten soll. Die Türkei befindet sich seit 2005 im freien Fall in Bezug auf Menschenrechte, Pressefreiheit und Frauenrechte, zusätzlich schränkt die Erdoğan Regierung die politische Opposition massiv ein. Trotzdem ist die Türkei immer noch Teil der NATO und blockiert den Beitritt Schwedens und Finnlands, die Sicherheit vor Russland suchen. Er erpresst die westliche Welt, um Unterstützung für ihren völkerrechtswidrigen Kampf gegen Kurdinnen in der Türkei und der Autonomieregion Rojava in Nordsyrien und dem Nordirak zu erhalten. Dabei wurde in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen und kurdische Truppen angegriffen, die als Verbündete der NATO gegen den sogenannten Islamischen Staat kämpften. Kurdinnen werden in der Türkei beständig unterdrückt und ihre Gebiete brutal bombardiert. Die Türkei versucht auch, politisch geflüchtete Kurd*innen aus NATO-Staaten auszuliefern. Zudem versucht Erdoğan beständig, geopolitische Vorteile durch Waffengewalt durchzusetzen. Gerade durch die massiven Drohungen gegen Griechenland und die De-facto Besetzung Nordzyperns versucht die Türkei beständig geopolitische Vorteile durch Waffengewalt durchzusetzen. Dies ist als illegitim anzusehen und könnte einen Bündnisfall auslösen. Solch aggressives Verhalten, wie das des türkischen Diktators Erdogan ist nachweislich deutlich öfter von autokratischen Regimen zu beobachten. Demokratien führen deutlich seltener Kriege und noch seltener lösen sie Kriege durch eigenes Handeln aus. Kein Staat, der bewaffneten Kampf als legitimes Mittel ansieht, darf ein vollwertiges Nato-Mitglied sein. Deswegen muss klar gelten: Autokratien dürfen nicht Teil von freiheitlichen Verteidigungsbündnissen werden.

Doch nicht nur im Umgang mit Autokratien handelt die NATO entgegen ihrer eigenen Werte, in der 2022 beschlossenen Madrid Summit Declaration werden weitere Punkte deutlich, bei der die Beschlüsse weit weg von der Realität des Militärbündnisses liegen.  Hier gilt vor allem der eigene Anspruch an den Umgang mit der Klimakrise. Es wird festgehalten, dass zwar die CO2-Emissionen gesenkt und die Energieeffizienz gesteigert werden soll, jedoch mit Beibehaltung der Abschreckungspolitik. In Zusammenhang mit Armeen als großen Emittenten und ohne Erfassung der CO2-Emissionen scheint dieses Ziel aber nichts weiter als Greenwashing.

Ein weiterer Punkt, den wir in der momentanen Sicherheitsstruktur ablehnen, ist die Polarisierung und Viktimisierung von Geflüchteten als Sicherheitsrisiko für die alliierten Staaten. Militäreinsätze allein zum Schutz von Grenzlinien lehnen wir mit aller Härte ab. Vor allem dann, wenn Menschenleben vorsätzlich gefährdet werden, um die eigenen Interessen der Abschottungspolitik zu verfestigen, stellen wir uns klar gegen die Doppelmoral hinter diesen NATO Beschlüssen.

Die generelle Struktur der NATO, die auf undemokratischen Beschlüssen hinter verschlossenen Türen stattfindet, lehnen wir ab. Wenn es um das elementarste Bedürfnis nach Sicherheit geht, dürfen Einzelstaaten die Bühne des Militärbündnisses nicht für ihre eigenen machtpolitischen Interessen nutzen, wie es momentan der Fall ist. In diesem Zusammenhang lehnen wir vor allem das Vetorecht einzelner Mitglieder und die Entscheidungsfindung in nicht-gewählten, rein von Regierungsvertreter*innen besetzten Gremien ab.

Aus dieser Analyse leiten wir Forderungen ab, die wir im folgenden Teil in kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele einordnen und dementsprechend zunehmend weniger realpolitisch formuliert sind.

Unsere kurzfristige Bündnispolitik hier & jetzt

Kurzfristig fordern wir, dass die Machtpolitik innerhalb der NATO keine übergeordnete Rolle spielen darf. Uns sind die Zusammenhänge der momentanen Weltordnung und realpolitischen Zwängen bekannt, fordern aber dennoch, dass die Sicherheit der vielen über strategische und machtpolitische Spiele von einzelnen Akteur*innen gestellt wird.

Zudem fordern wir eine Demokratisierung der NATO-Strukturen auf allen Ebenen. Ein solcher Demokratisierungsprozess muss umgehend eingesetzt werden und kann nur im Einklang mit einer breiten Sicherheitsdefinition und entgegen nationalen oder eurozentristischen Sicherheitsinteressen erfolgen.

In diesem Zusammenhang fordern wir auch einen konsequenten Umgang mit Autokratien innerhalb des Bündnisses ein. Konsequenzen können hier unter anderem eine Übergangsregelung mit Ansprüchen lediglich Mindestmaß an Schutz und Kooperation bedeuten, hin zu einem permanenten Ausschluss aus der NATO.  Im Fall der Türkei fordern wir deshalb: Die Bundesregierung und die Nato-Partner müssen alle militärischen Unterstützungen an die Türkei einfrieren, mittels Sanktionen erreichen, dass die türkischen Angriffe auf Kurdistan gestoppt werden und die Türkei muss bis zu einem Einlenken und einer Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit und friedlicher Außenpolitik in einen Schwebezustand versetzt werden, der sie von Abstimmungen ausschließt und ihnen nicht die Unterstützung-Zusicherungen einer vollwertigen Mitgliedschaft ermöglicht.

Kurzfristig, das heißt während des aktiven Kriegs Russlands gegen die Ukraine, wollen wir die Aufnahme von weiteren Staaten nicht ausschließen. Die Ausnahmesituation hat reelle Folgen für das Sicherheitsbedürfnis der Menschen vor allem in den Nachbarländern Russlands. Ihnen den Schutz zu verwehren, sehen wir als nicht gerechtfertigt an, betonen aber weiterhin, dass dies lediglich eine kurzfristige Maßnahme im Sinne der dramatischen Umstände ist und darüber hinaus nicht angewandt werden darf.

Wir streben zudem umgehend eine Reform des UN-Sicherheitsrates an. Wie auch innerhalb der NATO sprechen wir uns gegen ein Vetorecht aus und fordern eine Abkehr von der momentanen, zwei-klassen Mitgliederstruktur, da diese die Effektivität des Rates einschränkt und damit auch einen negativen Effekt auf die Seriosität der UN hat.

Mittelfristig zu einer echten, demokratischen Verteidigungsallianz

Wir fordern daher, dass die Nato mittelfristig durch ein Verteidigungsbündnis abgelöst wird, innerhalb dessen sich liberale und rechtsstaatlich organisierte Demokratien zusammenschließen, abgelöst werden soll. Das Bündnis soll die Verteidigung der Mitgliedstaaten sicherstellen und sich für die Herstellung einer globalen Friedens-Architektur und (atomare) Abrüstung einsetzen.

Das Bündnis soll demokratisch organisiert werden und demokratische Beschlüsse nicht durch Vetorechte eingeschränkt werden. Die demokratische Verfasstheit und Zustände der Mitgliedstaaten sollen durch die Organisation gemonitort werden. Staaten, die Autokratisierungstendenzen zeigen, sollen in einen Schwebezustand versetzt und bei anhaltender Entwicklung auch ausgeschlossen werden.

Das Bündnis soll Verteidigungsfähigkeit sicherstellen und gemeinsam die angemessene Versorgung von Rüstungsgütern organisieren. Dazu braucht es gemeinsame Herstellung und Konzeptionierung der Rüstungsgüter statt Waffenexporte verschiedener Systeme untereinander. Zahlreiche unzureichend ausgestattete nationale Armeen sind nicht nur wenig sinnvoll – sie sind auch zu teuer. Es sollte auf redundante Waffen- und Ausrüstungssysteme verzichtet, Technik besser aufeinander abgestimmt und Ressourcen und Fähigkeiten besser koordiniert und gebündelt werden.

Staaten, die Mitglieder werden wollen, müssen demokratische und rechtsstaatliche Kriterien erfüllen. Dazu zählen freie Wahlen, umfassende Rechte für LGBTIQ+ Personen, keine systematische Unterdrückung von Frauen, Möglichkeit zum demokratischen Machtwechsel, freie Presse- und Meinungsfreiheit und Korruptionsbekämpfung.

Staaten können bei unzureichender Erfüllung der Kriterien Assoziierungsmitglieder werden, müssen damit einhergehend Fortschritte in den verletzten Kriterien vorweisen und können eingeschränkten Schutz erhalten. Dieser kann beinhalten, dass das Bündnis sich entscheidet, im Angriffsfall unterstützend einzugreifen oder Waffen zur Unterstützung zu liefern, jedoch keinen pauschalen Bündnisfall auslöst.

Das Bündnis muss klare und enge Grenzen ihrer Befugnisse haben. Entsprechend lehnen wir jegliche Art der Angriffskriege oder sonstigen Aggressionen gegenüber Drittstaaten ab. Eine territoriale Ausweitung der Mitgliedstaaten lehnen wir ebenso ab.

Im Fall einer Bedrohungslage sollen betroffene Staaten durch Waffenlieferungen und Truppenstationierungen gestärkt werden und im Falle eines Angriffs soll ein verpflichtender Bündnisfall greifen, um die Staaten bestmöglich zu verteidigen. In Folge von Angriffen sollen humanitäre Hilfen für die Zivilbevölkerung organisiert werden und im Hinblick auf eine feministische Außenpolitik ein besonderer Fokus auf den Schutz von Frauen und Inter-Personen gelegt werden. Gerade in der aktuellen Zeit, in der, wie u.a. durch den russischen Angriffskrieg sichtbar, sexuelle Gewalt zur Demoralisierung der Gegner eingesetzt wird, bedürfen Frauen und Inter-Personen besonderen Schutz. Die Verteidigungspolitik des Bündnis muss deshalb feministisch gedacht werden. Nach einer bewaffneten Auseinandersetzung muss das Bündnis den Wiederaufbau unterstützen.

Friedensmissionen, humanitäre Missionen sollen nur im engen Rahmen und nach strengen Kriterien bei Genozid, ethnischer Säuberung, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschheit, erfolgen. Da die humanitäre Intervention aus den Gräueltaten des Holocaust hervorging, sehen wir die Legitimität im momentanen Staatensystem zum Schutz der Bevölkerung gegen die Interessen der Herrschenden zumindest teilweise begründet, sehen aber auch die ständige Gefahr der eurozentristischen und hypokritischen Anwendung gegeben. Die bisherige Anwendung von humanitären Interventionen, die immer auch im Zusammenspiel mit westlichen ökonomischen oder machtpolitischen Interessen einhergingen, lehnen wir ab.

Non-state-actors können keine vollwertigen Mitglieder werden, aber als Assoziierungsmitglieder Schutz und Garantien erhalten. Dazu müssen sie ebenso Kriterien wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie erfüllen. Non-state-actors, die Staatlichkeit anstreben, befinden sich in den meisten Fällen in Konflikten mit den Staaten, die Ansprüche auf ihr Gebiet erheben. Eine direkte Einbeziehung der Akteure nach strengen Kriterien, wie an Staaten, ist deshalb kaum möglich und würde Konfliktlinien öffnen. Allerdings sollen non-state-actors als assoziierte Partner an das Bündnis gebunden werden, um ihre Bestrebungen zu unterstützen und ihrer Bevölkerung Schutz zu gewähren. Beispiel für eine solche Mitgliedschaft wäre die kurdische Autonomieregion Rojava, die beispielsweise zu Recht auch schon bei noch nicht ausreichender Erfüllung der Kriterien der Staatlichkeit gegen den IS und den syrischen Diktator Assad unterstützt wurde, auch ohne Teil der Nato zu sein. Das Bündnis sollte künftig in solchen Fällen allerdings zügiger autonomiebestrebten Regionen, die eigene Staatlichkeit schaffen, anerkennen und sie als vollwertige Mitglieder behandeln. Mittlerweile erfüllt beispielsweise Rojava einige Kriterien der Staatlichkeit und sollte durch Deutschland als Staat anerkannt werden.

Innerhalb des Bündnisses fordern wir die Schaffung eines appellativen Gerichtshofs. Dieser soll Konflikte zwischen den Staaten lösen, Verstöße gegen die Grundsätze innerhalb von Bündnisstaaten verurteilen und globale Verstöße anprangern.

Trotz allem: Wir kämpfen für die globale Friedensarchitektur

Unserer langfristiger Entwurf einer globalen Friedensarchitektur steht im Widerspruch zur momentan allgegenwärtigen Abschreckungspolitik. Eine solche Weltordnung kann nur von der globalen arbeitenden Klasse erfolgen, muss feministischen Grundsätzen folgen und darf nicht von Staaten diktiert werden oder von Grenzen und nationalistischen Ressentiments eingeschränkt werden. Eine Abkehr vom Kapitalismus und dem damit einhergehenden Imperialismus betrachten wir hierfür genauso notwendig, als das Ziel einer weltweiten totalen (atomaren) Abrüstung. Dazu braucht es eine globale Organisation für Frieden und Verständigung, die demokratisch organisiert bei Konflikten einschreitet und den Frieden sicherstellen kann. Auch ein kurzfristig notwendiges und optimiertes oder mittelfristig notwendiges und neu aufgebautes Bündnis müssen dann in einer globalen Ordnung aufgehen und von einer nachhaltigen Friedens-Architektur abgelöst werden. Wie genau wir uns dies vorstellen, soll im nächsten Schritt erarbeitet werden. Fest steht: unsere Utopie bleibt eine Welt ohne Waffen, Armeen und Militärbündnisse!

Keine EU-Integration über eine Armee

Grundsätzlich setzen wir uns für eine stärkere EU Integration ein, sehen aber in einer europäischen Armee, die zu dieser beitragen soll, einen klaren Widerspruch zu unserer antimilitaristischen Grundhaltung. Denn eine europäische Integration mit einer gemeinsamen Armee zu fordern würde eine Naturalisierung und Legitimation auch auf dieser Ebene bedeuten. Die EU als sog. Friedensprojekt durch die Forderung einer europäischen Armee einen militärischen Unterbau zu verleihen, ist konträr zu unserem Verständnis von Friedenspolitik. Wenn eine europäische Integration gelingen soll, muss diese über verbindende und inklusive Werte erfolgen und darf nicht auf Waffengewalt begründet sein. Wir setzen uns weiterhin für ein Europa der Regionen und den Aufbau föderaler Strukturen innerhalb der EU ein.

Auch im Hinblick auf eine feministische Außenpolitik müssen wir statt einer weiteren militärischen Ebene, egal wie diese ausgestaltet werden würde, eine grundsätzliche Neuorientierung der Außenpolitik schaffen. Armeen und dahingehend auch militärische Konflikte sind die höchste Stufe der imperialistischen Auseinandersetzungen in einer kapitalistischen Welt. Sehen wir also den Kapitalismus als Folge des Patriarchats, können wir unsere feministische Außenpolitik nicht mit Waffengewalt begründen. Die EU – besonders im Hinblick auf ihre unrühmliche und menschenverachtende Politik an ihren Außengrenzen durch Frontex und die Billigung tausender Toter durch unterlassene Hilfeleistung auf dem Mittelmeer – muss sich zuallererst auf gemeinsame liberale Werte einigen und verpflichten, bevor sie überhaupt glaubwürdig sicherheitspolitisch tätig werden kann, geschweige denn militärisch koordiniert agieren sollte.

Darüber hinaus ist die Bildung einer europäischen Armee nicht in einem notwendigen Zeitrahmen, der ein solches Vorhaben rechtfertigen würde, umsetzbar und langfristig läuft sie der Zielsetzung “EU als Friedensprojekt” entgegen.

Kurzfristig ist die Umsetzung nicht stemmbar. Zu viele verschiedene Standards, Organisationsweisen und nationale Interessen würden eine Zusammenarbeit und einen Zusammenschluss auf Jahre verzögern. Die EU ist aktuell gespalten wie nie, Großbritannien ausgetreten, Polen und Ungarn verstoßen gegen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, der Verwaltungsapparat in Brüssel arbeitet ineffizient und die politischen Entscheidungsträger*innen werden weniger durch Europawahlen als durch Machtspiele zwischen Paris und Berlin geregelt. Der EU fehlt jede Legitimität, um ein Verteidigungsbündnis zu bilden, schon gar nicht um eine gemeinsame Armee zu organisieren: Wir bekennen uns zur demokratischen Kontrolle der Bundeswehr durch den Bundestag. Eine europäische Armee müsste diesem Verständnis nach auch durch ein europäisches Parlament kontrolliert werden. Wie aber kann das gelingen, wenn das Parlament in wichtigen Fragen unmündig ist, die Regierungsstrukturen undemokratisch und mit Polen und Ungarn zumindest zwei Staaten enthalten sind, die mindestens starke Autokratisierung zeigen, wenn nicht schon in Teilen stabile Autokratien sind. Zuerst muss eine europäische Einheit hergestellt werden, bevor Überlegungen nach einer gemeinsamen Armee angestrengt werden sollten. Diese Einigkeit ist aktuell noch weit entfernt!

Den russischen Aggressionen kann darüber hinaus nur ein Bündnis unter Beteiligung der USA und in Verständigung mit außereuropäischen Partner*innen etwas entgegensetzt werden. Die NATO ist dabei allerdings wie gezeigt reformbedürftig – darauf müssen die Anstrengungen verwendet werden, um europäische Sicherheit zu erreichen.

Mittelfristig, in einer Zeit, in der Bündnisse notwendig bleiben, gibt es keine Rechtfertigung, warum sich die europäischen Staaten nur eurozentristisch untereinander schützen sollten und mit Autokraten vor der eigenen Haustüre lieber zusammenarbeiten sollten, als mit weiter entfernt liegenden, aber dafür politisch deutlich näher stehenden liberalen Demokratien. Mittelfristig streben wir ein Bündnis der Demokratien an, das nationale Armeen weniger bedeutend werden lassen soll. Innerhalb dieser Strukturen kann sich die EU stark beteiligen, sollte aber in keinem Fall eine Konkurrenz dazu aufbauen.

Langfristig streben wir eine globale Architektur des Friedens an, die Verteidigungsbündnisse obsolet machen soll. So auch eine potentielle europäische Armee, wie auch die nationalen Armeen.

AP1 Arbeitsprogramm 2023/24

21.03.2023

1. Standortbestimmung

Die Jusos Bayern haben den Auftrag aus dem letzten Arbeitsprogramm umgesetzt und sich nach den Wahlkämpfen der letzten Jahre wieder verstärkt der inhaltlichen Arbeit gewidmet. Der für uns als jugendpolitischer Verband schwierige Übergang, nach der Corona-Zeit wieder präsenter zu werden und vermehrt Veranstaltungen anzubieten, ist uns gelungen, aber wir müssen auch weiter anpacken und diesen Kurs fortsetzen. Wir wollen die Phase der strukturellen Erneuerung fortsetzen, die zum Ziel hat, durch inhaltlichen Input und konkrete politische Ansätze mehr junge Menschen für die Mitarbeit in unserem Verband zu begeistern und uns strukturell für die nächsten Jahre gut aufzustellen. Dazu wollen wir den Diskurs über das Impulspapier “Thesen unserer Generation” breit im Verband führen und Möglichkeiten schaffen, die Fragen sowohl in der Breite als auch vor Ort zu diskutieren. Wir werden unseren klaren Kurs der Veränderung der bestehenden Machtverhältnisse zugunsten einer Demokratisierung aller Lebensbereiche in unserer Gesellschaft fortsetzen.

Wir Jusos Bayern verstehen uns als eigenständiger politischer Jugendverband. Wir wollen den Kapitalismus überwinden und für eine bessere Welt kämpfen. Dazu wollen wir politische Veränderungen herbeiführen und Seite an Seite mit linken Kräften kämpfen. Unsere Überzeugung als linker Richtungsverband ist eine sozialistische, feministische und internationalistische, die für eine freie, solidarische und gleichberechtigte Gesellschaft kämpft. Unser Anspruch ist es, in der Diskussion eigene Vorstellungen und Ideen für ein besseres Zusammenleben zu entwickeln und gleichzeitig die aktuelle Politik aktiv mitzugestalten. Dabei verstehen wir unseren Verband sowohl als Ideenschmiede als auch als Motor für gesellschaftliche Veränderungen. Wir sind Teil der Arbeiter*innenbewegung und Teil der Sozialdemokratie. Für unseren politischen und gesellschaftlichen Veränderungswillen ist die SPD unsere zentrale Plattform.

Vor uns liegt ein Wahlkampfjahr in Bayern, in dem wir zeigen wollen, dass wir die verändernde Kraft in der Gesellschaft sind. Damit wir das umsetzen können, wollen wir die Genoss*innen aus unserem Verband unterstützen und sie erfolgreich in den Landtag führen.

Wir Jusos Bayern gehen mit dem Motto „Für ein Rotes Bayern“ ins Wahljahr 2023. Unser Ziel ist es, die Mehrheitsverhältnisse in Bayern zu verändern.  Dafür stellen wir einen eigenen Jugendwahlkampf auf die Beine, der sich vor allem auf die Themen Bildung, Mobilität und Wohnen konzentriert. Unser eigenes Jugendwahlprogramm bringen wir aktiv in die BayernSPD ein und gestalten den Programmprozess mit.

Unsere Kampagne hat einen positiven Grundton, ist nach vorne gerichtet und zeichnet das Bild eines fortschrittlichen Bayerns. Freiheit, Solidarität, Offenheit und Gerechtigkeit in allen Lebenswelten und Lebensräumen sind unsere Ziele. Wir wollen wieder mit einem Bus durch Bayern touren. Dazu wird ein Bus gemietet und mit unserem Design beklebt. Zusätzlich wird der Bus immer mit Give-Aways im Kampagnendesign ausgestattet, um den Gliederungen vor Ort die Möglichkeit zu geben, unsere Kampagne breit zu streuen. Besonderes Augenmerk legen wir auf die Unterstützung unserer Juso-Kandidat*innen. Dabei muss klar sein, dass nicht jede Kandidatur unter 35 automatisch eine Juso-Kandidatur ist. Wir werden aktive Jusos, die sich bei uns engagieren und unsere Inhalte teilen, besonders unterstützen. Um den Austausch unter den Kandidierenden zu gewährleisten, werden wir eine Vernetzungsgruppe einrichten.

2. Themenwerkstätten

In den Themenwerkstätten wollen wir Wege finden, den Kapitalismus zu überwinden, das Patriarchat zu bekämpfen und alle Lebensbereiche zu demokratisieren. Unsere grundsätzliche Bestrebung ist es daher, mehr direkte Mitbestimmung auch innerhalb der Partei und des Verbandes zu erreichen. Wir wollen unseren Mitgliedern ein breites Bildungsangebot zur Verfügung stellen, damit sie sich aktiv an der Ausrichtung der Jusos Bayern beteiligen können und so auch Input für den Juso-Bundesverband und die BayernSPD erarbeiten.          

Unter den Themenwerkstätten wird eine übergreifende Arbeit angestrebt. Dazu gehören Themen wie “Warum sind FLINTA*s besonders von der Klimakrise betroffen” oder “Das Zusammentreffen von Aktivismus und Polizei beim Klimastreik”. Um unsere Themenwerkstattsleitungen zu stärken und die Zusammenarbeit zu vertiefen, wollen wir uns einmal im Quartal zu einem Vernetzungstreffen der Leitungen treffen.

Darüber hinaus ist es unser Ziel, die Arbeit außerhalb der Seminarwochenenden durch aktivere Infokanäle zu vertiefen, die perspektivisch auch tagesaktuelle Informationen zu bestimmten Themen an die Mitglieder weitergeben. Zur Aktivierung der Mitglieder soll auch mehr Werbung gemacht werden, damit auch weniger angebundene Mitglieder von Veranstaltungen erfahren. Unser Ziel ist es, langfristig in jedem Themenbereich aktive Mitglieder aus allen Bezirken vertreten zu sehen und insbesondere mehr FLINTA*s zur Teilnahme zu motivieren.

Im Folgenden werden die politischen Themen dargelegt, mit welchen sich die Themenwerkstätten im kommenden Jahr beschäftigen werden. Weiterhin werden die Themenwerkstätten im Laufe des Jahres über neue Projekte entscheiden, die zukünftig relevant für sie werden.

a.       Feminismus

Es gilt auch weiter feministisch und intersektional zu kämpfen. Die weitere Einschränkung des Rechts auf reproduktive Selbstbestimmung schockieren und verdeutlichen die Notwendigkeit eines internationalistischen Zusammenschlusses aller Feminist*innen. 2021 in Polen oder 2022 in den USA oder direkt hier vor unserer Haustüre in Niederbayern, der Oberpfalz, durch den weiterhin aufrechterhaltenen §218 StGB oder die wachsende Anti-Choice Bewegung.

Fast überall auf der Welt haben in den letzten Jahren große feministische Mobilisierungen an patriarchalen gesellschaftlichen Verhältnissen und repressiven Gesetzgebungen gerüttelt, wie die feministische Revolution im Iran oder die Erfolge in Mexiko oder Argentinien beweisen. Diese feministische Internationale gilt es zu nutzen und auch bei uns weiter zu mobilisieren, um in weltweiten FLINTA*streiks ihren Höhepunkt zu finden und damit sowohl die neoliberale Herrschaft als auch die konservative Gegenoffensive frontal herauszufordern.

Vor allem in Bezug auf TIN*-Feindlichkeit konnten vermehrt Angriffe gegen die gesamte queerfeministische Bewegung festgestellt werden. Diesen wollen wir entschlossen begegnen und dabei vor allem durch Nicht-betroffene Aufklärungsarbeit gegen neurechte Narrative leisten.

Ein Feminismus, welcher hauptsächlich in einem weißen urbanen Akademiker*innenmilieu positiv konnotiert wird, verfehlt den Zugang zu Frauen, die besonders stark an patriarchalen Strukturen leiden. Mitschuldig an dieser Entwicklung ist u. a. der poststrukturalistische Feminismus. Als Jungsozialist*innen dürfen wir auch nicht Altersarmut, welche überproportional FLINTA*s betrifft, aus dem Blick lassen.

Leider bleiben Themen in der Gesundheit wie der kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln, eine Endometriosestrategie, Zugang zu kostenloser Monatshygiene, gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten oder einfache Übernahme von Kosten bei Geschlechtsangleichungen aktuell.

In unseren Bildungsangeboten werden wir uns in diesem Jahr hauptsächlich damit beschäftigen, warum es allen FLINTA*s im Sozialismus besser gehen könnte und welche aktuellen Bewegungen wir für uns nutzen können und werden.

Wir wollen ein Feminismus-Projekt anstoßen, welches einen breiten Diskurs zu aktuellen feministischen und intersektionalen Fragen und Positionierungen im Verband ermöglicht.  Wir wollen im Verband weiterhin die Vernetzung von FLINTA*s fördern und diese empowern. Dazu wollen wir auch in diesem Jahr wieder die FLINTA* Konferenz unter dem Motto “FLINTA*s im Sozialismus” stattfinden lassen.

b.    Umwelt & Energie

Im Hinblick auf aktuelle klimapolitische Ereignisse und unserem Verständnis als Jungsozialist*innen, wie die Klimakrise eingedämmt werden muss, setzen wir uns im kommenden Jahr folgende Schwerpunkte:

Die Klimakrise wird Maßnahmen erfordern, die Einschnitte in die Lebensrealitäten der Menschen bedeuten werden. Gerade weniger vermögende Menschen sind von diesen Einschnitten besonders betroffen. Deshalb gehen für uns der Kampf gegen den Klimawandel und der Kampf für soziale Gerechtigkeit Hand in Hand. Wir brauchen einen Systemwandel, damit diese Maßnahmen die weniger vermögenden 98 Prozent nicht unverhältnismäßig belasten. Dafür wollen wir konkrete Forderungen entwickeln.

Die sozialökologische Transformation ist für uns ein radikaler Wandel, der an die Wurzeln gesellschaftlicher Macht- und Eigentumsverhältnisse geht. Wichtige Bestandteile für eine radikale sozialökologische Transformation sind zum einen die Macht- und Eigentumsfragen zu beantworten und zu hinterfragen, wie staatliche Politik wirken kann. Damit wollen wir uns im kommenden Jahr tiefer auseinandersetzen.

Fridays for Future, #lützibleibt, die Letzte Generation – diese Bündnisse haben im vergangenen Jahr Schlagzeilen hervorgebracht. Mit verschiedenen Mitteln verfolgen sie dasselbe Ziel: Sie wollen Regierungen zwingen, Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen. Im kommenden Jahr überlegen wir uns, welchen Platz wir an der Seite der Klimabewegungen einnehmen wollen. Gemeinsam mit der Themenwerkstatt Inneres, Demokratie und Antifaschismus wollen wir dabei eigene Ziele entwickeln und Gespräche mit Vertreter*innen der Klimabewegungen führen.

“So wie einst die Arbeiterklasse den sozialen Fortschritt erkämpfte, bedarf es heute einer ökologischen Klasse, um den Klimawandel aufzuhalten. […] Die Geschichte der Menschen, hieß es bei Marx und Engels, sei die Geschichte von Klassenkämpfen. Kommt es nicht zur Entstehung einer ökologischen Klasse […] wird die Menschheit keine Zukunft haben.“ Latour und Schultz haben den Aufschlag zur Diskussion einer ökologischen Klasse gemacht. Diese Diskussion wollen wir im kommenden Jahr führen.

c.     Internationales

Internationale Politik war, ist und bleibt Kern der politischen Arbeit der Jusos Bayern. Unser Ziel – eine sozialistische, demokratische und friedliche Gesellschaft – können wir nie erreichen, wenn wir allein auf Deutschland oder Europa blicken. All unsere Bestreben müssen international betrachtet werden.

Delegationsreisen und Bündnisarbeit

Im Jahr 2023 führen wir eine Delegationsreise in Form eines Jugendaustausches nach Polen durch. Dafür steht die Themenwerkstatt im engen Austausch mit unseren beiden Schwesterorganisationen im Land – der Młoda Lewica sowie der Federacja Młodych Socjaldemokratów. Mit den Teilnehmer*innen wird eine Publikation zur Delegationsreise ausgearbeitet. Auch 2024 wollen wir eine Delegationsreise für unsere Mitglieder anbieten. Die Möglichkeiten dazu werden im Vorstandsjahr sondiert.

Die Bündnisarbeit ist ein wichtiger Bestandteil unseres Verbands. Dafür wollen wir nicht nur Genoss*innen aus anderen Ländern und Organisationen zu unseren Veranstaltungen einladen, sondern auch den aktiven Kontakt suchen. Dafür werden die Jusos Bayern unter anderem für alle international relevanten Veranstaltungen in der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein bei Berlin eine Delegation entsenden. Es soll darauf hingearbeitet werden, die Teilnahmegebühren dafür aus dem Haushalt der Jusos Bayern zu erstatten.

Die Jusos Bayern sollen auch mit anderen Partner*innen in den internationalen Austausch treten. Hierbei soll ein Fokus auf die Weiterführung der Alpen*internationale gelegt werden. Zu diesem Zweck soll mit unseren Schwesterorganisationen gemeinsam eine Veranstaltung ausgerichtet werden

Projektarbeit – unser Start in die Europawahl 2024

Die Themenwerkstatt widmet sich einem neuen Projekt mit dem Titel “Unsere Vorstellung für ein sozialistisches Europa“. Dieses soll sich am Aufbau des “Solidaritätsprojekts Ukraine” orientieren. Das Projekt soll die bestehenden europapolitischen Beschlüsse erweitern, überdenken und einen Grundsatzantrag zu den folgenden Themenbereichen erarbeiten:

  • Auseinandersetzung mit den Herausforderungen, die der aktuelle Zustand der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere der Europäischen Union aufbringt: Militarisierung, wachsender Einfluss rechter Strukturen, etc.
  • Unsere Vision für ein sozialistisches Europa: Wie müssen die europäischen Strukturen umgebaut werden? Wie können die Probleme in Europa effektiv bekämpft werden? Wie können wir gemeinsam auf ein Europa hinarbeiten, das unserem Sozialismusverständnis entspricht?

Gleichzeitig ist es schon jetzt wichtig, mögliche Kandidat*innen in den sieben Bezirken aus den Reihen der Jusos zu positionieren, die Delegiertenwahlen in den Ortsvereinen, Unterbezirken sowie Bezirken vorzubereiten und uns strategisch bestmöglich zu positionieren. Eine Jugendkampagne wird nur möglich sein mit jungen Kandidat*innen, die die Werte der Jusos Bayern in den Wahlkampf tragen.

d.    Bildung

Die gegenwärtige Bildungspolitik wollen wir nicht an einzelnen Stellen anpassen, sondern mit systemischen Veränderungen für alle verbessern. Wir kämpfen und stehen wir radikale Chancengerechtigkeit ein!

Wir begrüßen die zunehmenden öffentlichen Debatten über das Bildungssystem und wollen diese mit unseren Ideen und Vorstellungen prägen. Dazu wollen wir Strategien für die öffentlichkeitswirksame Darstellung und Werbung unserer Inhalte erarbeiten. Ziel ist es, dass die Jusos Bayern als der Verband für gute Bildungspolitik in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Ein grundsätzliches Anliegen ist uns als Jungsozialist*innen aus der Tradition der Arbeiter*innenbewegung heraus die Gleichstellung von Ausbildung und Studium. Diese wollen wir inhaltlich radikal vorantreiben, sowohl im ganzen Verband als auch in der Mutterpartei.

In der Vergangenheit konnten wir bereits viele wichtige Beschlusslagen zur Bewältigung von Problemen im Bildungsbereich fassen. Besonders hervorzuheben ist der Bildungsteil im Jugendwahlprogramm, der eine mutige und progressive Perspektive für die Bildung in Bayern aufzeigt. Auch in Zukunft wollen wir uns mit spezifischen Fragen und Veränderungen von Bildungspolitik befassen. Hierbei soll dem technologischen Wandel in Form von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz eine besondere Beachtung geschenkt werden. Aber auch die frühkindliche Bildung soll in Zukunft einen höheren Stellenwert haben. Darüber hinaus wollen wir uns in Zukunft über die alltäglichen Probleme hinaus mit Bildung aus einer theoretischen Sicht beschäftigen und eine jungsozialistische Vision von Bildung schaffen.

Ein übergeordnetes Anliegen im Bereich Bildung ist für uns die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Ausbildung. Dazu möchten wir mit allen Kräften Druck auf die Bundesregierung und speziell auf unsere Mutterpartei ausüben, damit unsere Forderung, die im Koalitionsvertrag festgehalten ist, endlich realisiert wird.

Die Themenwerkstatt Bildung soll ein offener und pädagogischer Raum für alle sein, die sich mit dem Thema Bildung auseinandersetzen wollen. Dabei wollen wir möglichst viele Personen aus dem Verband auch ohne Funktionen ansprechen und für die TW anwerben.

e.     Innen, Demokratie und Antifa

Die Themenwerkstatt für Innenpolitik, Demokratie und Antifaschismus erarbeitet weiter dringend notwendige Lösungen in diesen drei Bereichen.

In der Innenpolitik sehen wir den mit Abstand größten Reformbedarf bei der Polizei. Wir betrachten die Probleme wie Racial Profiling, rechte Netzwerke, unrechtmäßige Polizeigewalt, fehlende Kontrolle und vieles mehr nicht nur isoliert, sondern hinterfragen die Arbeit der Polizei grundlegend.

Gemeinsam mit der Themenwerkstatt Umwelt und Energie gehen wir besonders auf den polizeilichen Umgang mit Klimaaktivismus ein.

Zudem erörtern wir das Entstehen von Kriminalität und analysieren dabei gemeinsam mit der Themenwerkstatt Wirtschaft und Soziales besonders die Rolle des Kapitalismus.

Unsere Demokratie wird weiter täglich auf verschiedenste Weise von Rechts bedroht. Neben Rechtsradikalen in der Gesellschaft und auch im Staatsdienst besteht das Problem auch durch rechten Populismus, der es regelmäßig in unsere Parlamente schafft – nicht nur durch die AfD, sondern auch durch CSU und Freie Wähler*innen. Wir erarbeiten Lösungen, um all dies effektiv einzudämmen.

Wir vernetzen unsere antifaschistische Arbeit bayernweit und darüber hinaus. Wir stellen uns rechten Einstellungen überall entschlossen entgegen.

Auch weitere Gefahren für unsere Demokratie werden wir angehen. Wir erarbeiten Abwehr- mechanismen gegen Fake-News, Intransparenz und Korruption. Unser Ziel ist demokratische Teilhabe durch alle.

f.      Wirtschaft & Soziales

Wie bereits an vielen Stellen erwähnt, sind das Patriarchat und der Kapitalismus als seine wirtschaftlichen Auswüchse die Ursache der großen und kleinen Probleme in unserer Gesellschaft. Die diversen Krisen, die nun im Jahres-, fast im Monatstakt auftreten, zeigen, dass wir am Kipppunkt des aktuellen Systems angekommen sind. Das kapitalistische Versprechen des “Wohlstands für alle – besseres Leben für alle” wurde in den aktuellen Krisen zum wiederholten Male als Lüge enttarnt: Gewinnmaximierende Konzerne profitierten in der Corona-Krise, Energieversorger profitieren aktuell von der durch den Ukraine-Krieg getriebenen Energiekrise, während immer mehr Menschen von der Sorge geplagt werden, ihr Leben existenziell zu bewältigen.

Aus diesem Grund wird unser Fokus im kommenden Jahr sein, ein gerechtes und fortschrittliches Wirtschaftssystem zu entwickeln, das unseren jungsozialistischen Werten entspricht und das anzustrebende Ziel der notwendigen sozialökologischen Transformation darstellt. Durch Zusammenarbeit mit den Themenwerkstätten Feminismus sowie Umwelt & Energie sollen Inklusivität und Nachhaltigkeit unseres Konzeptes sichergestellt werden. Wir möchten unserem Motto “System Change – not Climate Change” ein ernsthaftes Bild geben und die daraus entstehenden Forderungen in die Partei und in die Fraktionen tragen, sodass die Transformation die Schritte in die richtige Richtung geht, in der das Wirtschaftssystem den Menschen dient und nicht die Menschen dem Wirtschaftssystem.

Da wir in einer globalisierten Welt leben, in der Konzerne weltweit tätig sind, müssen auch wir global denken. Deshalb wollen wir im gemeinsamen Austausch mit den Gewerkschaften über neue Perspektiven diskutieren. Gemeinsam wollen wir mit der Themenwerkstatt Internationales und vor allem im Dialog mit internationalen Gewerkschaftsorganisationen, insbesondere im europäischen Rahmen, neue Forderungen erarbeiten und neue Organisationsformen der Arbeiter*innenbewegung stärken und diese im Verband nach vorne bringen sowie gegenüber der SPD zu erstreiten.

3. Die organisationspolitische Lage

Wir starten unser Amtsjahr mit gut 5.900 Mitgliedern. Erstmals seit Jahrzehnten sind wir weniger als 6.000 Genoss*innen in Bayern. Binnen eines Jahrzehnts wurden wir mehr als 2.000 Jungsozialist*innen weniger im Freistaat. Unter den Folgen der Covid19-Pandemie leidet die Jugendverbandsarbeit noch immer – strukturell, personell, finanziell. Doch viele Jugendliche haben auch individuell Perspektiven im Bildungssystem oder auf dem Arbeitsmarkt verloren, sind in materielle Not geraten, leiden unter psychischen Erkrankungen, Einsamkeit, sozialen Ängsten oder haben Angehörige verloren. Selten war eine Standortbestimmung von so großen Herausforderungen geprägt, die uns alle auf einmal treffen.

Lasst uns den oft geforderten Wiederaufbau in eine andere Richtung nach der Pandemie nutzen. Lasst uns nicht einfach so zurück zum alten “Normal”, brechen wir das “Weiter So!” Schaffen wir einen neuen, besseren Verband. Lasst uns diese Landtagswahl nutzen, um über uns hinauszuwachsen. Und vor allem: Lasst uns alle mitnehmen in der Schaffung eines gemeinsamen sozialistisch-demokratischen Zuhauses in Bayern!

Mit diesem Arbeitsprogramm beginnt eine Renaissance des Verbandes mit einem Sofortprogramm, das in diesem Programm ausformuliert wird. Dazu gehört auch die Schaffung eines strategisch-organisatorischen Fünfjahresplans. Dieser soll aufzeigen, wie wir unseren Verband zu einer lebendigen, professionellen und schlagkräftigen Bewegung transformieren, die für Sozialismus, Feminismus, Internationalismus und Antifaschismus kämpft. Auch soll dort unsere Strategie gegenüber der Sozialdemokratie in Bayern sowie den vielen Bewegungen und Organisationen der politischen Linken im Freistaat ausformuliert werden.

Sofortprogramm – Renaissance des Verbandes

(1) DIE JUSOS BAYERN WERDEN ZUM GRASWURZELVERBAND

Die Distanz zwischen Landesverband und Untergliederungen ist zu groß. In der Fläche wollen wir präsent sein und mit einheitlichen, politischen Botschaften auftreten. Wir wollen uns an der Basis und den Bedürfnissen der Verbände vor Ort orientieren. Der Landesverband wird durch mehrere Kommunikationskanäle, Veranstaltungen (nach Möglichkeit auch außerhalb der Zentren) sowie durch das Revival der Rufseminare Präsenz zeigen. Die Anbindung der eigenen Mitglieder an die Ziele und Kampagnen des Landesverbands wird Kern unserer Arbeit werden.

(2) KAPAZITÄTEN MIT BILDUNGSARBEIT AUFBAUEN

Momentan gibt es zu wenig Kapazitäten auf allen Ebenen. Unsere Aktiven sind zu oft in Doppel-, oder Mehrfachämtern und haben zu viele Aufgaben, um ihren Aufgaben sinnvoll nachzukommen. Wir denken daher in jeder Handlung die Neumitgliederwerbung mit, insbesondere der Landtagswahlkampagne. Zum Kapazitätenaufbau gehört auch, Trainings zu organisieren, wie linke Verbandsarbeit funktioniert und Neumitglieder für uns dauerhaft begeistert werden: Medienarbeit, Aktionsformen, Protest, Bündnisarbeit, Handwerkszeug, Rhetorik – das alles muss in das Bildungsprogramm. Unser Ziel ist es, die Anzahl an Aktiven auf Landesebene deutlich zu erhöhen.

(3) SOZIALISMUS AN JEDEM MILCHKANDL

In Bayern gibt es 96 Landkreise und kreisfreie Städte. Handlungsfähig sind wir jedoch nur in wenigen davon, meist Großstädte, selten in ländlichen Räumen. Unser Anspruch ist es, unsere Kampagnen in der Fläche durchzusetzen und jungen Menschen im ganzen Land ein alternatives, linkes Zuhause geben zu können. Unser Ziel ist es, in allen 96 Landkreisen und kreisfreien Städten einen aktiven Kreisverbands- bzw. Unterbezirksvorstand zu haben. Die Reaktivierung, Anbindung an die Landesverbandsarbeit und Politisierung von Unterbezirken, insbesondere im ländlichen Raum, werden Priorität.

(4) FEMINISTISCHES & ANTIRASSISTISCHES MAINSTREAMING

Unser Ziel ist es, den FLINTA*-Anteil in allen Vorständen im gesamten Landesverband auf 50% oder höher zu erhöhen. Es darf kein Vorstand unquotiert bleiben, die Bezirksvorstände und die SPD-Geschäftsstellen müssen die harte Quotierungsregel der Jusos durchsetzen. Der Anteil von BIPoC und Menschen mit Migrationserfahrung bzw. Migrationserfahrung in der Familie sowie derer aus nicht-wohlhabender Haushalte muss flächendeckend erhöht werden. Wir richten unsere Kommunikation, Neumitgliederwerbung und Politik noch stärker auf marginalisierte und diskriminierte Gruppen in der Bevölkerung aus. Für FLINTA*s, BIPoC und queere Mitglieder organisieren wir safer spaces zur Vernetzung und zum Empowerment. Unsere Veranstaltungen müssen barrierefrei zugänglich sein und individuelle Unterstützung für Genoss*innen mit Behinderung gewährleistet werden, wo nötig.

(5) SATZUNGSREFORM

Wir werden in diesem Vorstandsjahr eine Satzungserneuerung in die Wege leiten, die insbesondere uns die nötige Flexibilität gibt, uns optimal selbst zu organisieren. Die Struktur soll so einfach wie möglich werden, demokratische Vorgänge sollen gestärkt werden und alles soll auch für Neumitglieder nachvollziehbar sein. Wir werden uns insbesondere best-practices von neuen, jungen politischen Bewegungen und internationalen Schwesterverbänden anschauen. Unser Ziel ist es, im Frühjahr 2024 eine Satzung zu verabschieden, die wegweisend für linke Organisationen sein kann und sich an den Bedürfnissen unserer jüngsten Mitglieder orientiert

(6) AUẞENWIRKUNG IN DEN MITTELPUNKT STELLEN

Als politische Organisation ist es zwar wichtig, nach innen in die Partei hinein Lobbyarbeit zu leisten, doch unsere Forderungen und Kampagnen müssen draußen auf der Straße gehört werden, bei unseren Bündnispartner*innen präsent sein und damit eine sichtbare Alternative zum sozialdemokratischen Mainstream darstellen. Unser Ziel ist es, unsere Follower*innen auf den Onlinekanälen deutlich zu erhöhen und in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt Bayerns mindestens eine öffentlichkeitswirksame Aktion durchgeführt zu haben.

(7) NEUE MITGLIEDER BRAUCHT DER SOZIALISMUS!

Seit Jahren leiden wir unter Mitgliederschwund und der Auflösung von Unterbezirken und Kreisverbänden. Wir müssen uns klarmachen: Wen sprechen wir überhaupt an als sozialistische und feministische Jugendorganisation in Bayern? Wer ist unsere Zielgruppe, und wie erreichen wir sie? Unser Ziel ist es, wieder über 6.000 Mitglieder zu haben sowie den FLINTA*-Anteil unter den Mitgliedern zu erhöhen. Dabei wollen wir insbesondere diejenigen ansprechen, die von unserer Politik ganz besonders profitieren: Jugendliche aus Arbeiter*innen-Familien, Schüler*innen, Auszubildende, FLINTA*s und queere Menschen sowie PoC.

(8) DIGITALISIERUNG? HÖCHSTE ZEIT!

Wie bei vielen Verbänden und Institutionen in Deutschland lässt sich auch bei uns eine gewisse Abwehrhaltung gegenüber dem Einsatz digitaler Möglichkeiten wahrnehmen, obwohl diese viele Abläufe vereinfachen können. Unser Ziel ist es, die Verbandskommunikation, das Speichern und Weitergeben von Informationen und Daten, das Veranstaltungsmanagement sowie das Material für Bildungsarbeit online zu verwalten. Alle Stränge sollen auf einer neuen Homepage mit einem Bereich für Mitglieder und Aktive zusammenlaufen. Das Nutzen und die Schulung unserer Mitglieder in digitalen Methoden zur Vereinfachung der Verbandsarbeit sowie die Unterstützung der Hauptamtlichkeit bei der Digitalisierung ihrer Arbeit ist zentral.

Umsetzung – Renaissance des Verbandes

Pressearbeit

Ziel der Pressearbeit ist es, als relevante, linke Stimme in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden – sowohl bei Fragen, die die Landespolitik betreffen, als auch bei in der Öffentlichkeit stattfindenden Diskussionen, die die Partei betreffen. Dafür müssen uns die wichtigen Journalist*innen der Landespresse kennen, und uns als Ansprechpartner*innen wahrnehmen. Unser Ziel muss es sein, bei landespolitischen Themen gefragte Gesprächspartner*innen zu werden, aber mittelfristig auch in der Lage zu sein, eigenständig Themen zu setzen. Aufgabe des*der Sprechers*Sprecherin ist es, für diese Aufmerksamkeit bei der Landespresse zu sorgen und zu den relevanten Themen der Jusos Bayern kommunikationsfähig zu sein.

Onlinekommunikation

Der Kern der Onlinekommunikation ist es, die Positionen, Forderungen und Veranstaltungen der Jusos Bayern – auf den Punkt gebracht – digital an die Menschen innerhalb sowie außerhalb unseres Verbandes zu bringen.

Um diese Aufgabe zu erfüllen, ist es essenziell, im ständigen Austausch mit anderen Arbeitsbereichen, den Vorsitzenden und den Themenwerkstätten zu stehen.

In erster Linie müssen Kampagnen und Posts zu den Landtagswahlen miteinander harmonisieren und mit kritischem Blick auf die Landespolitik und starken Aussagen den Status der Jusos als linke Kraft in Bayern und in der SPD stärken und wahren.

Unser Ziel ist es, den Juso-Landesvorstand mithilfe der Digitalisierung zu einem Ort der Mitbestimmung zu gestalten. Mit so wenigen Mitgliedern wie schon lange nicht ist es für einen funktionierenden Landesvorstand wichtig, dass eine starke Onlinekommunikation jeden über Neuigkeiten, Veranstaltungen und Forderungen informiert und Bezirke und Unterbezirke in Aktionen und Kampagnen einbindet. So kann der Landesvorstand transparente, strukturenübergreifende Politik betreiben, damit sich alle bayerischen Jungsozialist*innen bestmöglich repräsentiert fühlen.

Kampagnenarbeit und Publikationen

Die Aufgabe der*des Sprecher*in für Kampagne wird es sein, die Landtagswahlkampagne zügig aufzubauen und umzusetzen. Mit ihr wollen wir sowohl unsere Kandidierenden als auch unsere Inhalte stärken. In der gesamten Legislatur liegt der Schwerpunkt auf dem Ziel, die Jusos als relevante linke Stimme zu etablieren.

Wir wollen inhaltliche Kampagnen organisieren, um unser Profil nach innen klar zu machen und nach außen zu schärfen. Dazu wollen wir materialistische Fragen in den Vordergrund rücken und als klare Forderungen in die Öffentlichkeit kommunizieren. Wir wollen uns auf unser Wahlprogramm berufen, klar plakative Forderungen formulieren und auf verschiedenen Ebenen, wie Social Media, aber auch im Guerillawahlkampf und mit verschiedenen Aktionen kommunizieren.

Vor der Wahl wollen wir im Wahlkampf besonders für unsere Inhalte und unsere Juso-Kandidierenden eine starke Stimme sein.

Mit unserer Kampagne zur Landtagswahl wollen wir die Kandidierenden vor Ort mit gezielten Veranstaltungsformaten und in ihren Aktionen mit Konzepten, Material und Personalstärke unterstützen. Zusätzlich wollen wir uns als Verband geeint nach außen zeigen und unsere Inhalte setzen.

Insgesamt wollen wir uns besser mit den Bezirken und Unterbezirken vernetzen, gemeinsam nach vorne arbeiten und Doppelstrukturen vermeiden. Im Zuge der Kampagne wird eine neue Serie von Publikationen der Jusos Bayern entwickelt und den Untergliederungen zur Verfügung gestellt.

Bündnisarbeit

Als Jusos möchten wir mit anderen Menschen, Organisationen und Institutionen ins Gespräch kommen. Um für eine solidarische und gerechtere Gesellschaft zu kämpfen, brauchen wir viele, die zusammen kämpfen. Verbandsintern wollen wir weiterhin die Kommunikation mit anderen Ebenen  stärken. Wir wollen nicht nur mit anderen Juso-Strukturen zusammenarbeiten, sondern auch in unserer Mutterpartei wirken. Gerade im Hinblick auf die Landtags- und Bezirkstagswahlen wollen wir unseren Wirkungsradius in unserer Partei weiterführen und andere Juso-Ebenen unterstützen. Die Arbeit mit anderen Arbeitsgemeinschaften wollen wir intensivieren. Die Zusammenarbeit mit unseren Genoss*innen müssen wir erneut fokussieren, um unsere Perspektiven in der Breite kommunizieren zu können.

Wir wollen mit unseren  natürlichen Bündnispartner*innen aus den Gewerkschaften, deren Untergliederungen, der AWO, den Falken, den Naturfreunden und mit Organisationen aus dem progressiv-linken Spektrum zusammenarbeiten. Die neue Zusammenarbeit mit BDKJ, dem Bündnis für BNE, Naturfreundejugend, KLJB und junge Ökolog*innen soll intensiviert werden. Vor allem das Bündnis „vote16“ und ihr Ziel eines Bürger*innenbegehrens wollen wir mit Kapazitäten und unseren Möglichkeiten unterstützen. Hierzu werden wir unsere Kontakte weiterführen und noch weiter ausbauen und vorantreiben. Die  linken Jugendorganisationen Grüne Jugend und solid sind weiterhin Partner*innen für den Wandel der Gesellschaft, wobei wir vor allem dieses Jahr auch die Unterschiede klarstellen möchten. Für das Einwirken in die Fraktionen werden verstärkt auf die Vertreter*innen der Themen im Bayerischen Landtag beziehungsweise Bundestag zugegangen, um unsere Positionen und Kritikpunkte voranzubringen. Die Vernetzung zwischen Mandatsträger*innen und den inhaltlich Interessierten wollen wir aufbauen. Dabei werden neue Bündnispartner*innen gesucht und ein Gesprächsangebot gegeben, um gemeinsam politische Forderungen in die Gesellschaft, aber auch auf politischen Ebenen einzubringen. Durch eine weite Vernetzung können wir Forderungen in die Gesellschaft einbringen und unsere Ziele verbreiten.

Politische Bildungsarbeit

Politische Bildung ist für uns als Jusos Bayern die Grundlage für unsere politische Arbeit. Mit unseren Seminaren sorgen wir dafür, unsere Mitglieder sprachfähig zu vielfältigen politischen Themen zu machen und sie für Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner, aber auch innerhalb des Verbandes und der Partei vorzubereiten. In den letzten Jahren haben wir hierbei ein sehr vielfältiges Angebot für unsere Mitglieder bereitgestellt. Vor allem die finanzielle Situation legt uns hierbei aktuell aber Steine in den Weg und wir können nicht alle unsere Ideen so umsetzen, wie wir es gerne wollen. Deshalb sind neue Wege gefragt, um unser Bildungsprogramm zu ergänzen und auszubauen und es somit zukunftsfähig zu gestalten. Neben weiterhin stattfindenden Seminarwochenenden sowie Themenwerkstattswochenenden werden wir in Zukunft Selbstlernangebote sowie Rufseminare schaffen. Die Selbstlernangebote sollen zum Beispiel Reader umfassen, die u.a. in Zusammenarbeit mit den Sprecher*innen für die einzelnen Bereiche erstellt werden sollen. Nach Möglichkeit sollen Personen, die diese Angebote nutzen, auf Expert*innen zurückgreifen können, um beim Lernen entstandene Fragen zu klären.

Die Rufseminare sind neben der Möglichkeit, unser Bildungsangebot den Bezirken und Unterbezirken anzubieten, auch eine sehr gute Gelegenheit, um die Anbindung der Basis an den Landesvorstand zu erhöhen und die wahrgenommene Distanz abzubauen.

Wir wollen im nächsten Jahr das Thema psychische Gesundheit aus jungsozialistische Perspektive in unterschiedlichen Formaten beleuchten und weiter entwickeln.

Neben der Vermittlung von Wissen an unsere Mitglieder ist uns bei unserem Bildungsprogramm wichtig, dort einen sicheren Raum für FLINTA*-Personen zu schaffen.

Dies gelingt uns, indem wir weiterhin bei allen Seminaren feste FLINTA*-Vernetzung und Männerreflektionen durchführen.

Das Vermitteln unseres demokratisch-sozialistischen Grundverständnisses bleibt Priorität 1.

Strukturarbeit

Die Strukturarbeit beschäftigt sich mit der Stärkung des Verbands auf allen Ebenen. Das heißt: Wir brauchen alle und jeden – in jedem Bezirk, Unterbezirk, Kreisverband, kurzum: einfach jedes Mitglied, um unsere in diesem Arbeitsprogramm gesetzten Ziele umsetzen zu können.

Die Materialien und Unterlagen von unseren Konferenzen sollen aktualisiert und allen aktiven Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Es sollen wichtige neue, leicht verständliche Leitfäden für die wichtigsten Dinge aller Ebenen, zum Beispiel zur Planung einer Jahreshauptversammlung, erstellt werden.

Um die Identifizierung der Mitglieder mit dem Landesverband zu verbessern, müssen wir die Bande zwischen allen Ebenen enger knüpfen. Große Seminare und Konferenzen sind sehr schwierig zu planen und die Hürde teilzunehmen ist für Neumitglieder sehr hoch. Deshalb sollen den Bezirken und Unterbezirken zusätzlich die Möglichkeit von Rufseminaren zur Verfügung gestellt werden. Rufseminare sind leichter zu planen und günstiger in der Umsetzung, außerdem können sie an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden.  Dies ist essenziel,l um als Verband enger zusammenzuarbeiten, zukünftige Generationen gut vorzubereiten und schneller zu reagieren. 

Ein großes Neumitgliederseminar soll angestrebt werden und eine erneute Strukturkonferenz, nachdem der Erfolg der diesjährigen evaluiert wurde.

Organisationspolitische Werkstätten

Wir werden nach dem Vorbild der politischen Themenwerkstätten auch organisationspolitische Arbeitsgruppen einrichten, die die Anbindung der Verbandsmitglieder sowie die Weiterentwicklung der Kampagnen- und Organisationsfähigkeit dienen werden:

Redaktionswerkstatt

Zentrale Stelle unserer Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere zur Betreuung der Social Media Kanäle, dem Erstellen von Publikationen sowie der konstanten Pressearbeit. Hauptverantwortlich betreut von den Sprecher*innen für Onlinekommunikation sowie Presse. Es soll insbesondere durch interne Bildungsarbeit die Qualität und Reichweite unserer Öffentlichkeitsarbeit gestärkt sowie in die Untergliederungen hineingeführt werden, um einen einheitlichen Auftritt zu gewährleisten.

Kampa LTW 2023

Hauptverantwortlich in den Händen der*des Sprecher*in für Kampagne. Hier wird in enger Zusammenarbeit mit der Redaktionswerkstatt die Landtagswahlkampagne entwickelt, durchgeführt und kommuniziert. Aus allen Bezirken sollen mindestens zwei Personen quotiert in der Kampa mitwirken und ihre UBs/KVs anbinden. Gemeinsame koordinierte Aktionen werden so möglich sein. Unser Ziel ist es, die Kandidierenden und Aktionen vor Ort zu unterstützen. Bei eigenen Veranstaltungen und im Social-Media-Wahlkampf wollen wir unsere Inhalte klar nach außen kommunizieren und unser Profil schärfen.

Folgende organisationspolitischen Themenwerkstätten möchten wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt neu einrichten:

Teamendenwerkstatt

Zur Organisation der politischen Bildungsprogramme wird sich eine Teamendenwerkstatt gründen (in anderen Organisationen manchmal auch Teamendenpool oder Pool of Trainers genannt). Hier sollen sich die Teamer*innen, die bei unseren Seminaren eingesetzt werden, vernetzen, weiterbilden und absprechen. So soll auch Grundlagenwissen zum Organisieren von Veranstaltungen bei den Jusos Bayern kommuniziert werden, ebenso wie tiefer in die Grundsätze und Methoden sozialistischer Bildung eingestiegen werden.

Strukturwerkstatt

Zur Reaktivierung unserer Untergliederungen müssen wir gemeinsam mit den Bezirken handeln, dazu soll eine Strukturwerkstatt gegründet werden, die aus mindestens einem Mitglied aus jedem Bezirk und dem/der Sprecher*in besteht. Zur Stärkung unserer Kampagnenfähigkeit wollen wir die sporadisch stattfindenden Treffen der UBs & KVs in einer Strukturwerkstatt verstetigen, die sich regelmäßig austauscht, vernetzt und Ruf-Seminare im Zuge der LTW-Kampagne und weiteren Themen nach Bedarf organisiert.

Bündniswerkstatt / Linker Runder Tisch Bayern

Wir werden bei vorhandenen Ressourcen einen “Runden Tisch” als Treffpunkt für linke, progressive, feministische und queere Jugendorganisationen in Bayern ins Leben rufen. Dadurch sollen gemeinsame Kampagnen, Statements und eine enger zusammenwachsende politische Bewegung links der Mitte in Bayern entstehen. Wir richten uns dabei insbesondere an Gewerkschaften, die Organisationen der Arbeiter*innenbewegung sowie weitere geeignete Vereine & Verbände links der Mitte. Auch Verbandsmitglieder mit großem Netzwerk oder solche, die selbst bei uns nahestehenden Verbänden und Gewerkschaften aktiv sind, sollen sich hier einbringen können.

4. Große Veranstaltungen

Sommerschule 30.7. – 5.8.2023

Vom 30.07. – 05.08.2023 findet die Sommerschule der Jusos Bayern statt. Mit 65 Teilnehmer*innen und 15 Teamer*innen werden wir dort eine Woche lang Workshops, Seminare und Freizeitprogramm anbieten. Alle Informationen wurden bereits auf der Homepage veröffentlicht. Sie soll den Wahlkampf-Endspurt einläuten und uns für die letzten Wochen des Wahlkampfes stärken und vernetzen.

Arbeitsmarktpolitischer Kongress (AmpK) 09.07.2023

Der AmpK wird dieses Jahr am 09.07.2023 im Lichte der an vielen Stellen geforderten sozialökologischen Transformation hin zu einem Wirtschaftssystem, das unseren jungsozialistischen Werten entspricht, stehen.

Themenfelder, die hierfür infrage kommen, sind vielfältig. In Betracht gezogen wird zum einen, Unternehmensformen zu beleuchten, die unserem Wirtschaftssystem dienen könnten. Genossenschaften sind uns allen ein Begriff, doch entwickeln sich in anderen Ländern bereits nicht-gewinnmaximierende, sondern soziale/ökologische Wertschöpfung maximierende Unternehmensformen, die eben das Ziel verfolgen, das Beste für die Allgemeinheit und nicht für eine privilegierten Minderheit zu erzielen. Zum anderen ist es zweckdienlich, dass wir uns mit der “Arbeit der Zukunft” beschäftigen. Algorithmen und Künstliche Intelligenz – wie aktuell der Chatbot ChatGPT – nehmen immer mehr Einzug in unser (Alltags-)Leben und lenken es. Diese und weitere Einflüsse müssen beleuchtet werden bei der Gestaltung der Arbeitswelt von morgen. 

Basiskongress

Wir wollen auch 2024 wieder eine Basiskongress veranstalten. Er soll wieder die Möglichkeit bieten, außerhalb der formalen Strukturen inhaltliche Diskussionen zu führen und Anstöße für die Arbeit vor Ort zu liefern. Der nächste Basiskongress wird nach der Landtagswahl  und vor der Europawahl stattfinden. Der Landesvorstand wird außerdem prüfen, ob nach den Wahlen im Herbst  ein „kleiner Basiskongress“ zur Diskussion der Wahlergebnisse sinnvoll ist – möglicherweise verbunden mit der Herbst-Landeskonferenz.

FLINTA*-Konferenz

Unsere jährlich stattfindende FLINTA*-Konferenz bietet unseren Mitgliedern den idealen Raum für Vernetzung und Empowerment. Neben diesen sehr wichtigen Aspekten werden wir auch dieses Jahr wieder ein spannendes sowie lehrreiches Programm ausarbeiten, um uns weiterzubilden und so optimal auf die Debatten unserer Zeit vorbereitet zu sein. Die FLINTA*-Konferenz kann zurecht als eines der Highlights im Jahreskalender der Jusos Bayern bezeichnet werden und diesem Anspruch werden wir auch 2023 wieder gerecht werden.

5. JSAG/HSG

Mit der geplanten Wiederbelebung der JSAG und der Neuauflage Juso Hochschulgruppen Koordinierung in Bayern wollen wir wieder verstärkt Institutionen in bzw. für Bildungsinstitutionen und deren Mitglieder schaffen. Dabei ist uns der persönliche Austausch und die Meinungsbildung mit den direkt betroffenen wichtig; diesen Dialog wollen wir im nächsten Jahr etablieren und ausbauen.

6.  BayernSPD

Wir Jusos sind eine Arbeitsgemeinschaft in der SPD. Wir bleiben der Mutterpartei in kritischer Solidarität verbunden. Wir wollen die linken Kräfte in der Partei weiter bündeln und gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir wollen den Zusammenhalt in der Partei stärken und vor allem ein Ankerpunkt für linke Genoss*innen aller Altersklassen sein. Wir werden unsere Überzeugungen und Positionen weiterhin vehement in die SPD tragen und für ihre Umsetzung kämpfen!

7. Bundesebene

Die Jusos Bayern werden sich weiterhin kritisch solidarisch in bundespolitische Fragen und die Frage der Verbandsstrategie der Jusos einbringen. Dies tun wir durch unsere Vertreter*innen im Bundesvorstand genauso wie durch eine starke inhaltliche Arbeit auf dem Juso-Bundeskongress.

F6 Sexualkunde reformieren, „Tag des Lebens“ abschaffen!

21.03.2023

Die neue Rechte hat es sich zur Aufgabe gemacht, den fortschreitenden Kampf für
Gleichberechtigung der LGBTIQA+-Community zum Ziel ihres Hasses und ihrer Hetze zu
machen. Jegliche Form der sexuellen Aufklärung wird tabuisiert und als Gefahr für das
Kindswohl gebrandmarkt. Dies ist nicht nur queerfeindlich, sexistisch und homophob –
sondern auch eine Gefahr für die körperliche und psychische Gesundheit vieler Menschen.
Eine frühe Aufklärung und Sensibilisierung ist für Schüler*innen von zentraler Bedeutung,
dafür muss diesem wichtigen Thema auch ausreichend Raum in der Lehrer*innenausbildung
gegeben werden.

Auch in den Schulen und dem Sexualkundeunterricht spiegelt sich dieser Stellenwert
gegenwärtig kaum wider. Es braucht eine Abkehr von Sexualität als Tabu-Thema und ein
reflektiertes Auseinandersetzen mit und Aufbrechen von Sexualisierung in unserer
gegenwärtigen patriarchalen Gesellschaft.

Die bayerische Staatsregierung hat mit der Einführung des „Tag des Lebens“ ein Format ins
Leben gerufen, das religiöser und sexistischer Propaganda gegen das Recht auf
Schwangerschaftsabbrüche eine Bühne in den Klassenzimmern des Landes bietet.
Sprecher*innen mit religiösem Hintergrund, in den allermeisten Fällen Gegner*innen des
Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche, wird eine Bühne geboten, anstatt dass die Schulen
ihrem ausgewogenen Informations- und Aufklärungsauftrag nachgehen. Weltweit zeigt sich,
wie fragil die Rechte von FLINTA*s und LGBTQIA* Menschen sind – und Bayern steht
ebenfalls seit jeher in der ersten Reihe, diese Rechte klein zu halten. Für uns ist klar: Der
„Tag des Lebens“ muss unverzüglich abgeschafft werden!

Statt religiösem Fundamentalismus und einseitiger Einflussnahme auf Kinder und
Jugendliche fordern wir eine radikale Veränderung in der Sexualkunde in Bayern. Die Schule
hat einen Bildungs- und Erziehungsauftrag und ist daher dazu verpflichtet, Aufklärungsarbeit
zu leisten – unabhängig vom Standpunkt der Eltern zum Thema. Wir fordern einen
Sexualkundeunterricht aus einer feministischen Perspektive, der folgende Themen umfasst:
● Enttabuisierung von Sex, Sexualität, Gender, Geschlecht und Menstruation,
● Gleichwertigkeit aller LGBTQIA* Menschen, Menschen aller Geschlechter und
verschiedenen non-konformen Äußerungen von Sexualität und Geschlecht,
● Kritisches Hinterfragen des patriarchalen Familienbildes, Heteronormativität und
binärer Geschlechtsvorstellungen,
● Sensibilisierung für erlernte Geschlechterrollenbilder in einer patriarchalen
Gesellschaft, insbesondere die Rolle und Verantwortung von Männern in dieser und
Aufklärung über toxische Maskulinität
● Lernen über den menschlichen Körper, biologische Aspekte der Menstruation, sowie
biologische Reproduktionssysteme, deren spezifische Krankheitsbilder und
Gesunderhaltung,
● Prävention von sexualisierter Gewalt,
● Die Unabdingbarkeit und Etablierung von Consent („Ja heißt Ja“) bei
zwischenmenschlichen Handlungen.

Es müssen pädagogische Konzepte ernst genommen und weiterentwickelt werden, die
frühzeitig altersgerechte Sexualpädagogik in verschiedenen Schulfächern implementieren.
Eine Thematisierung im Religionsunterricht
1 oder durch Vertreter*innen religiöser Gruppen
lehnen wir entschieden ab. Es muss klar sein, dass die persönliche Entscheidung über einen
Schwangerschaftsabbruch nur betroffenen Personen obliegt und keine
Diskussionsgrundlage für andere darstellt.

Im Zuge der Enttabuisierung von Sexualität fordern wir, dass öffentliche Einrichtungen,
insbesondere Bildungsinstitutionenmenstruierende Personen unterstützen indem sie sowohl
eine erleichterte Krankschreibung ermöglichen als auch kostenlose Menstruationshilfsmittel
wie Wärmflaschen, Menstruationsprodukte, Wärmekissen, Wärmepads und Tapes, zur
Verfügung stellen.

Schulen sollen zudem Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt leisten und Betroffenen
mit Anlaufstellen zur Seite stehen können. Dafür soll an allen Schulen geschaffen werden:
● Safer Spaces für Frauen, Lesben, Inter, nicht binäre und trans (FLINTA*) Personen
sowie für queere Schüler*innen,
● Eine Anlaufstelle für betroffene Schüler*innen, die sexualisierte Gewalt, Mobbing,
Exklusion und sexistischer Sprüche in oder außerhalb der Schule durch
Mitschüler*innen, Eltern oder Lehrkräfte erleben mussten,
● Eine Integration der bewussten Auseinandersetzung mit geschlechterspezifischen
Rollenbildern, insbesondere die kritische Reflexion von Männlichkeitsbildern und
-dynamiken fächerübergreifend in den Unterricht.

Darüber hinaus fordern wir die Aufsetzung eines „Wehrhafte FLINTA*s” Programms. Den
FLINTA*-Schüler*innen soll ermöglicht werden zu lernen, wie man sich in verschiedenen
Bereichen wie Kampfsport, Rhetorik, etc. selbst verteidigen kann. Dabei soll auch dafür
sensibilisiert und herausgearbeitet werden, wie wichtig Solidarität untereinander für FLINTA*s ist.

W7 Thesen unserer Generation - Ein Impulspapier für den Sozialismus

21.03.2023

Nur, wenn wir wissen, wo wir stehen und wohin wir wollen, können wir unserem Ziel näherkommen.
Unsere Generation wächst in einer Zeit multipler Krisen auf. Wir müssen uns deshalb als progressive und sozialistische Bewegungen wieder grundsätzliche Fragen stellen. Die folgenden Beobachtungen, Thesen und aufgeworfenen Fragen sollen die Grundlage für eine Positionsbestimmung der Jusos in den frühen 20er Jahren des 21. Jahrhunderts bieten.

Wir nehmen dabei unser Verhältnis zum Staat, zur Partei, zu Gewerkschaften und zu linken Bewegungen in den Blick. Weiter beschäftigen wir uns kritisch mit dem Verhältnis von materiellen und individuellen Fragen in der politischen Debatte.

Wir wollen eine möglichst breite Debatte anregen. Deshalb haben wir explizit Thesen formuliert und daraus Fragen abgeleitet. Erste Antworten aus unseren Diskussionen haben wir als Diskussionsimpulse festgehalten. Um einen guten Diskurs zu ermöglichen, werden wir die Thesen, die im Sozialismusprojekt der Jusos Bayern erarbeitet wurden, nicht beschließen, sondern als Impulse in die Begründung einbringen. Damit wollen wir einen langfristigen Diskurs anregen, der nicht mit der Beschlussfassung auf der Landeskonferenz endet. Um den Diskurs weiterzuführen, werden wir als Jusos Bayern eine Bezirks- und Unterbezirkstour mit den Beteiligten des Sozialismusprojektes anbieten. Jeder Unterbezirk, der die “Thesen unserer Generation” diskutieren und mehr über den Entstehungsprozess erfahren möchte, kann sich melden und bekommt die Möglichkeit mit den Beteiligten in den Diskurs zu treten. Darüber hinaus wollen wir auf unseren Veranstaltungen Workshops anbieten und die Untergliederungen ermutigen, dies auch bei sich zu tun. Ziel ist es nicht, fertige Ergebnisse im Verband zu verbreiten, sondern gemeinsam die Fragen für uns als Jungsozialist*innen und unsere Vorstellungen von Sozialismus in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts zu diskutieren.

Darüber hinaus setzen wir uns als Jusos Bayern dafür ein, dass auf Bundesebene ein Sozialismusprojekt gestartet wird. Unsere Thesen wollen wir auch im gesamten Bundesverband diskutieren.

LAT1 Sozial-ökologische Transformation

21.03.2023

Unser Transformationsbegriff

Der sozial-ökologische Transformatin unserer Gesellschaft und insbesondere der Industrie ist eine der wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts. Im Spannungsfeld zwischen der sich abzeichnenden Klimakatastrophe einerseits und einer möglichen Deindustrialisierung – mit enormen Wohlstands- und Arbeitsplatzverlusten vor allem für Menschen ohne Vermögen – andererseits sind wir die einzige Kraft, mit der dieses Projekt gelingen kann.

Transformation bedeutet Veränderung. Damit gibt es keine Entscheidung zwischen Veränderung oder Weiter-so. Es gibt nur die Entscheidung zwischen organisierter Veränderung in unserem Sinne oder ungesteuerter Veränderungen im Sinne derjenigen, die weiter von der Klimakrise und der Ausbeutung der Umwelt und Natur profitieren.

Transformation erfordert aktives staatliches und zivilgesellschaftliches Handeln: Solange es fossile Energieträger gibt, wird es auch ein kapitalistisches Interesse an ihrer Ausbeutung geben. Nur wenn wir uns mit einer linken Bewegung an die Spitze der Weltgemeinschaft gegen die Ausbeutung der Natur stellen, können wir einen lebenswerten Planeten erhalten.

Der Begriff der Transformation beinhaltet unterschiedliche zeitliche Perspektiven: Während wir langfristig nicht nur einen Umbau der Produktionsweise, sondern vor allem auch der Eigentumsverhältnisse in der Industrie anstreben und unsere sozialistische Vorstellung einer Industrie in den Händen der Arbeiter*innen Realität werden lassen, müssen wir mittelfristig mit den Mitteln der staatlichen Souveränität entscheidende Weichen stellen.

Dem Staat kommt dabei eine wichtige Rolle zu: Einerseits braucht es ordnungspolitische Rahmenbedingungen und klare gesetzliche Vorgaben, die den notwendigen Druck auf die Unternehmen erzeugen. Zum anderen muss der Staat die Unternehmen mit Förderprogrammen bei ihren Anstrengungen unterstützen. Zudem muss er endlich seine eigenen Hausaufgaben besser machen und die notwendige Infrastruktur konsequenter und schneller modernisieren und ausbauen.

Dafür brauchen wir kurzfristige Weichenstellungen und vor allem eine ausreichende Finanzierung. Die Schuldenbremse darf uns dabei nicht aufhalten: Investitionen, die heute nicht getätigt werden, gefährden unseren Wohlstand von morgen.

Unser Transformationsbegriff muss eine globale Perspektive beinhalten: Wir müssen in unserem Handeln mit gutem Beispiel vorangehen und alles tun, was in unseren Möglichkeiten liegt. Technologien, die für die klimaneutrale Industrie notwendigerweise entstehen müssen, sollen in globaler Kooperation und unter Einbeziehung verschiedenster internationaler Akteur*innen entwickelt werden. Gleichzeitig wollen wir demokratische Souveränität Europas erhalten und die Abhängigkeit von autokratischen Staaten minimieren. Deutschland soll international eine verantwortungsvolle und treibende Kraft des Fortschritts sein.

Zur globalen Perspektive gehört es auch, internationale Mechanismen zu etablieren, die faire Bedingungen sicherstellen. Findet Außenhandel mit Akteur*innen einer Volkswirtschaft statt, die selbst keine CO2-Bepreisung vorsieht, so wollen wir beispielsweise mit einer CO2-Einfuhrsteuer sicherstellen, dass klimafreundliche und emissionsarme Produkte auch wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleiben.

Der Degrowth-Bewegung und der Forderung nach Deindustrialisierung erteilen wir eine klare Absage: Dieser Antrag bezieht explizit keine Position zur Frage des weiteren Wirtschaftswachstums.

Arbeit und Qualifikation als tragende Säule der Transformation

Arbeit und qualifizierte Arbeitskräfte sind für die Transformation von entscheidender Bedeutung. Mit ihren Händen und Köpfen erwirtschaften die Arbeiter*innen den Wohlstand unserer Gesellschaft. Es ist daher nur logisch, dass sie im Zentrum der Transformation stehen müssen. Damit die Transformation gelingt, braucht es zunächst den Blick auf die Arbeiter*innen.

Das größte Risiko für das Gelingen der Transformation ist der Fachkräftemangel. Egal wie ambitioniert die Ausbauziele in den Parlamenten beschlossen werden: Solange die Facharbeiter*innen fehlen, die Solaranlagen aufs Dach schrauben oder Leitungen verlegen, und solange die Ingenieur*innen fehlen, die Zukunftstechnologien entwickeln, wird nichts passieren. Der Qualifizierungsbedarf geht einher mit einem massiven Investitionsbedarf.

Es braucht also ein Recht auf Arbeit. Die arbeits- und wirtschaftspolitische Herausforderung besteht darin, das Recht auf Arbeit so auszufüllen, dass es mehr ist als ein Recht auf freie Berufswahl. Es muss ein echter Anspruch des Individuums an die Gesellschaft sein, jederzeit eine Beschäftigung aufnehmen zu können, wenn es dies wünscht. Dazu bedarf es einer staatlichen Jobgarantie in Form eines Rechtsanspruchs für alle hier lebenden Menschen. Diese beinhaltet eine Entlohnung in Höhe des jeweiligen Tariflohns bzw. eines fairen, armuts- und alterssichernden Mindestlohns.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und eine gute Ausbildung für alle zu gewährleisten, fordern wir weiterhin eine echte Ausbildungsgarantie. Wer unter 27 Jahre alt ist, soll einen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz haben. Dazu wollen wir eine Umlagefinanzierung schaffen, die den ausbildenden Betrieben die Kosten erstattet und die nicht ausbildenden Betriebe an der Finanzierung der Ausbildungskosten beteiligt. Die außerbetriebliche Ausbildung für marktbenachteiligte Jugendliche muss die Ultima Ratio sein und darf nur die Ausnahme bleiben. Deshalb müssen auch diese Kosten über die Umlage der Betriebe finanziert werden. Damit werden Mitnahmeeffekte der Betriebe vermieden.

Es ist an der Zeit, das Recht auf eine 25-Stunden-Woche einzuführen, um den Bedürfnissen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden. Unsere Arbeitskultur hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, und es ist wichtig, dass Arbeit*innen die Möglichkeit haben, eine bessere Work-Life-Balance zu erreichen. Eine 25-Stunden-Woche würde es den Menschen ermöglichen, mehr Zeit für ihre Familie, ihre Freunde, ihre Hobbys und ihre persönliche Entwicklung zu haben. Es würde auch die Produktivität am Arbeitsplatz verbessern, indem es die Mitarbeiter*innen ausgeruhter und motivierter macht. Es ist an der Zeit, dass Betriebe und Regierungen die Bedürfnisse der Arbeiter*innen ernst nehmen und das Recht auf eine 25-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich einführen.

Im Zuge der Transformation werden sich Berufsbilder verändern und neue Tätigkeitsprofile entstehen. Damit verbunden ist ein enormer Qualifizierungsbedarf. Diese Qualifizierung ist nicht allein Aufgabe der Beschäftigten im Rahmen ihrer Bildungsbiographie, sondern muss als staatliche Aufgabe unter Einbeziehung und Verpflichtung der Unternehmen verstanden werden.

Der Erwerb neuer Qualifikationen braucht Zeit: Die Bildungszeit oder auch Teilzeit mit berufsbegleitender Qualifizierung muss daher bis zu vier Jahre betragen können. Damit wird sichergestellt, dass eine berufliche Neuorientierung tatsächlich möglich ist.

Notwendig ist ein staatliches Qualifizierungsgelds in Anlehnung an das Kurzarbeitergeld. Dieses soll einen Entgeltersatz in Höhe von 70 Prozent des durch die Weiterbildung ausfallenden Nettoentgelts unabhängig von Betriebsgröße, Alter und Qualifikation der Beschäftigten leisten. Neben dem Qualifizierungszuschuss ist auch die tarifliche Aufstockung des Bildungszeitzuschusses zu regeln. Die Höhe des Entgeltersatzes soll auf 80 bzw. 87 Prozent erhöht werden, wenn der Betrieb während der Qualifizierungsphase Auszubildende übernimmt bzw. Neueinstellungen vornimmt und für die Beschäftigten eine Beschäftigungssicherung über die Weiterbildungszeit hinaus betrieblich oder tariflich geregelt ist. Die Weiterbildungskosten sollen über den Qualifizierungszuschuss gefördert werden. Die Arbeiter*innen dürfen nicht auf den Kosten für die Weiterbildung sitzen bleiben.

Mitbestimmung ist ein entscheidender Hebel für die Transformation der Betriebe. Die Arbeiter*innen haben nicht nur ein Interesse am Erhalt ihrer Arbeitsplätze, sondern vor allem auch am Erhalt eines bewohnbaren Planeten für ihre Kinder und nachfolgende Generationen. Deshalb braucht es dringend vermehrt die Mitbestimmung der Arbeiter*innen bei betrieblichen und unternehmerischen Entscheidungen. Solange nur Manager*innen über die Ausrichtung der Unternehmen, ihrer Produkte und ihre Produktionsweise entscheiden, werden weiterhin kurzfristige Gewinne und die Zufriedenstellung der Shareholder ausschlaggebend für die Entscheidung sein. Dabei geht die Transformation nicht nur mit der Gestaltung der unternehmerischen und betrieblichen Bereiche einher, sondern auch mit dem Verlust von spezifischen und beruflichen Arbeitsplätzen. Den Verlust von Menschen gilt es, in Form von Weiterbildungen und finanziellen Hilfen sozial abzufedern. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass dies nur in ausreichendem Maße passiert, wenn Beschäftigte und Gewerkschaften mit am Tisch sitzen. Deshalb fordern wir jegliche Formen der Unternehmensmitbestimmung durch das Modell der Montanmitbestimmung zu ersetzen, welches eine vollparitätische Mitbestimmung für die Beschäftigten garantiert.

Wir fordern konkret: 

        Ein gesetzlich festgeschriebenes und garantiertes Recht auf Arbeit

        Ein gesetzlich festgeschriebenes Recht auf einen Ausbildungsplatz mit entsprechender Umlagefinanzierung

        Ein Recht auf Bildungszeit und den Anspruch auf Qualifizierungsgeld

        Die Ausweitung der Mitbestimmung auf betriebliche Entscheidungen

        Einführung der Montanmitbestimmung in allen Unternehmen mit Drittelparität und paritätischer Mitbestimmung

Wie wir die Transformation organisieren und fördern wollen

Um die ehrgeizigen Ziele der Transformation der Industrie einhalten zu können, sind unterschiedliche Maßnahmen und Institutionalisierungen notwendig. Unsere Vorschläge dafür sind im Folgenden beschrieben.

Ein Staatsfonds als zentrales Instrument der Transformation

Wir wollen einen staatlichen Transformationsfonds auf Bundesebene in Höhe von 500 Milliarden Euro. Er sollte von vornherein so groß dimensioniert sein, dass er die für die Industrie entscheidenden Großinvestitionen mit entsprechend ausgeprägten Lock-in-Effekten abdecken kann. Die Höhe ist auch vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass Industrie und Energiewirtschaft zusammen für mehr als die Hälfte der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich sind und in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen zur Bewältigung der Herausforderungen anstehen.

Dazu soll die Grundlage des Fonds aus staatlichen Schulden finanziert werden, hinzu kommen Einlagen von Privatpersonen, institutionellen Investor*innen und Förderbanken wie der KfW und der EIB. Solange die Schuldenbremse nicht überwunden ist, soll die Finanzierung über ein Sondervermögen erfolgen. Neben dem Bund sollen auch die Länder in die Finanzierung einbezogen werden, da auch sie von der Stärkung der Industrie in ihren Regionen profitieren.

Der Transformationsfonds unterscheidet sich deutlich von anderen staatlichen „Fonds“ wie dem Energie- und Klimafonds oder dem Kommunalen Investitionsfonds, da er kein reines Förderinstrument ist. Diese Fonds sind heute in der Regel Sondervermögen des Bundes, die keine Rendite erwirtschaften, sondern ein festgelegtes Finanzvolumen zweckgebunden vergeben. Dabei fließen weder Mittel an den Bund zurück, noch wird der Bund Miteigentümer der geförderten Strukturen. Der Transformationsfonds dient demgegenüber nicht nur der Förderung oder Bereitstellung von Mitteln, sondern soll die direkte Beteiligung oder Finanzierung des Bundes in Schlüsselindustrien umsetzen, um Gestaltungsspielräume im Sinne der Transformation zu ermöglichen. Der Transformationsfonds besteht daher aus zwei Komponenten. Die erste Komponente dient der Förderung der Transformation durch die Bereitstellung von Kapital für bestimmte Förderzwecke, die zweite Komponente zielt darauf ab, dass sich der Staat an Unternehmen beteiligt und damit generell im Sinne der Transformation tätig wird.

Der Fonds richtet sich sowohl an börsennotierte Industrieunternehmen als auch an mittelständische Unternehmen, deren Aktivitäten als sozial-ökologisch nachhaltig gelten. Durch die Beteiligung soll direkt Einfluss auf die Umsetzung von Klima- und Nachhaltigkeitszielen in den Unternehmen genommen werden.

Darüber hinaus soll die aktive Beteiligung der Gewerkschaften bei der Vergabe und Verwendung der Mittel sichergestellt werden. Neben der Bereitstellung von Kapital für Investitionen in klimafreundliche Technologien, Prozesse und Produkte soll der Fonds auch gezielt eingesetzt werden, um Übernahmen aus Nicht-EU-Ländern in Schlüsselbereichen zu verhindern. Der Vorteil einer staatlichen Beteiligung gegenüber Subventionen besteht darin, dass eine Sozialisierung der Kosten bei gleichzeitiger Privatisierung der Gewinne vermieden wird.

Unternehmen, die Förderung und Unterstützung aus dem Transformationsfonds erhalten, verpflichten sich im Gegenzug, je nach Höhe, für bestimmte Zeiträume auf Dividendenausschüttungen zu verzichten und Gewinne im sozial-ökologischen Sinne zu reinvestieren. Darüber hinaus wollen wir die Verwendung der Mittel aus dem Transformationsfonds an sozial-ökologische Kriterien knüpfen, zu denen beispielsweise Tariftreue oder die Einhaltung von Standards entlang der Lieferkette gehören.

Wir fordern konkret:

  • Die Einrichtung eines Transformationsfonds auf Bundesebene in Höhe von 250 Milliarden Euro.
  • Die Verwendung der Mittel durch Förderprogramme und Unternehmensbeteiligungen durch den Bund.
  • Die Beteiligung von Gewerkschaften bei der Vergabe und Verwendung der Mittel.
  • Verpflichtende knüpfung von Förderungen an Sozialstandards

Förderale Transformationsagenturen: Beratung, Angebote, Vernetzung

Der Freistaat Bayern und die anderen Bundesländer, die noch nicht über eine solche Einrichtung verfügen, sollen eigene Transformationsagenturen einrichten, die den Transformationsclustern angegliedert sind. Ihre Aufgabe ist die Beratung von Betriebsräten, Unternehmen und Regionen.

Die Transformationsagentur übernimmt zum einen eine Lotsenfunktion für Qualifizierungsmöglichkeiten. Zum anderen bündelt sie die Fördermöglichkeiten und schafft in beiden Fällen einen schnellen und leicht zugänglichen Überblick für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Außerdem hat die Transformationsagentur die Aufgabe, zukünftige Entwicklungen im Auge zu behalten und in die Regionen zu übersetzen. Dazu erarbeitet sie Analysen, stellt Hintergrundinformationen zur Verfügung und unterstützt die Weiterentwicklung der Transformationspolitik vor Ort. Eine weitere zentrale Aufgabe liegt in der Vernetzung von Partner*innen der regionalen Arbeitsmarktpolitik.

Wir fordern konkret:

  • Die Einrichtung von Transformationsagenturen, sofern diese noch nicht existieren

Regionale Transformationscluster zur Umsetzung vor Ort

Regionale Transformationscluster sollen die nationale Strategie in regionales Handeln übersetzen. Die Folgen der Transformation betreffen auch Regionen, die heute wirtschaftlich gut dastehen, wie z.B. Franken, die Region München oder Weiden in der Oberpfalz.

Viele Förderungen ignorieren aktuell die regionalpolitischen Herausforderungen der Transformation und erreichen viele Unternehmen und Regionen deshalb nicht. Daher sollen Transformationscluster den strukturellen Wandels in den Regionen abfangen. Im Transformationscluster sollen auch die oben genannten Transformationsräte eine wichtige Rolle spielen.

Die Transformationscluster sollen regionale Zukunftskonzepte entwickelt werden. Diese sollen in Zukunftsvereinbarungen in den Unternehmen, die von der Transformation betroffen sind, übersetzt werden. Dazu müssen in Betrieben gemeinsam von allen, das heißt von Geschäftsführung bis zu den Betriebsräten Lösungen entwickelt werden, um Standorte so auszurichten, dass sie die Anforderungen der Transformation bewältigen können und den Beschäftigten Wege in neue oder veränderte berufliche Qualifikationen und Tätigkeiten eröffnen.

Die Transformationscluster übernehmen auch die Aufgabe, die Mittel aus dem Transformationsfonds vor dem Hintergrund der regionalen Gegebenheiten, zu verteilen. Außerdem sollen sie bei der Ansiedlung und Gründung von Unternehmen unterstützen, die Zukunftstechnologien entwickeln wollen. Ziel ist es dort technologische Entwicklungskonzepte zu schaffen, wo die Entwicklung neuer Technologien zum Erhalt der industriellen Produktion konkret notwendig ist.

Regionalpolitisch wollen wir betriebliche Prozesse unterstützen. Wichtig für uns ist es, vorhandene industrielle Strukturen zu sichern. Diese sollen nicht abgebaut oder ausgelagert werden. Ziel ist die Weiterentwicklung hin zu technologisch CO2 neutralen Technologien und guten Arbeitsplätzen mit Tarifbindung. Dazu braucht es über die Transformationscluster regionale Präventionskonzepte, die die Sicherung der vorhandenen industriellen Strukturen sicherstellen.

Wir fordern konkret:

  • Die Einführung von Transformationscluster in den Regionen
  • Zukunftsvereinbarungen für die Regionen und in den Betrieben
  • Präventionskonzepte in den Regionen

Lokale Transformationsräte

Die politischen Entscheidungen, die auch auf lokaler Ebene notwendig sind, wollen wir durch die Einführung von Transformationsräten verbessern. Diese Transformationsräte tagen regelmäßig und setzen sich aus unterschiedlichen Akteur*innen aus Betriebsräten, Gewerkschaften, Industriebetrieben, Wirtschaftsverbänden, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik zusammen und sorgen für ein besseres gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Perspektiven. Sie brauchen klare Kompetenzen und ein verbindliches Antrags- und Vorschlagsrecht in kommunalen Parlamenten und Entscheidungsgremien.

Wir fordern konkret:

  • Die Einführung von lokalen Transformationsräten mit klar definierten Rechten und diverser Zusammensetzung

Wie wir die Energie für die Industrie erzeugen wollen

Industrielle Produktion ist enorm energieintensiv. Die Transformation bezieht sich einerseits auf die Produkte und Prozesse in der Industrie, andererseits aber auch auf die Gewinnung der Energie, die für die Produktion notwendig ist. Einerseits braucht es eine Elektrifizierung, die auf erneuerbaren Energien fußt. Bereiche, die nicht elektrifiziert werden können, können durch grünen Wasserstoff dekarbonisiert werden.

Erneuerbaren Energien

Der Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Wasserkraft ist grundlegend für eine tragfähige Industriepolitik. Wir fordern hier explizit den Abbau von Hürden für den Ausbau und die schnellstmögliche Umstellung der Stromgewinnung auf 100% erneuerbar. Diese muss unter Bürger*innenbeteiligung und Mitbestimmung von Arbeiter*innen an betrieblichen Entscheidungen geschehen.

Wir fordern konkret:

  • Subventionen für fossile Energieträger müssen bei gleichzeitigem Ausbau der erneuerbaren Energien stufenweise abgeschafft werden.
  • Der Ausbau erneuerbarer Energien muss schleunigst und mit dem notwendigen Ehrgeiz vorangetrieben werden.

Grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff ist eine CO2-freie Technologie zur Dekarbonisierung von Sektoren und Teilsektoren, die nicht elektrifiziert werden können. Er wird durch die Elektrolyse von Wasser erzeugt, wobei der Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Seine Transportfähigkeit ermöglicht zudem die Entkopplung und Flexibilisierung von Energieerzeugung und -verbrauch.

Haupteinsatzgebiet für grünen Wasserstoff ist die chemische Industrie. Darüber hinaus kann Wasserstoff in der Stahlindustrie eingesetzt werden, um Kohle zu ersetzen. Nicht zuletzt ist Wasserstoff als Brennstoff eine Alternative zum Befeuern von Öfen.

Grüner Wasserstoff kann als Kraftstoff im Verkehr eingesetzt werden – insbesondere dort, wo eine Elektrifizierung nicht sinnvoll oder möglich ist. Zusammen mit CO2 kann er auch in andere klimafreundliche Kraftstoffe umgewandelt werden, die Lkw, Schiffe und Flugzeuge antreiben. Durch die Umstellung auf Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie können Industriestandorte gesichert werden.

Wir fordern konkret:

  • Die Unterstützung der Wasserstoffproduktion in Gebieten, in denen reichlich erneuerbare Energie verfügbar ist. Die Bedeutung der Wasserstoffproduktion im globalen Kontext muss durch angemessene Beteiligung an den Gewinnen der Produktion deutlich werden.
  • Eine Erhöhung der Förderung von grünem Wasserstoff im Rahmen des Transformationsfonds und die Unterstützung von Unternehmen, die auf Wasserstoff als Alternative zu fossilen Energien setzen.
  • Die alte Gasnetz-Infrastruktur muss schnellstmöglich auf die Beimischung von Wasserstoff eingestellt werden. Dafür braucht es feste Beimischungsquoten.
  • Ein massiver Ausbau des Wasserstoffpipelinenetzes und Umbau der Gaspipelines für den Wasserstofftransport.
  • Die Industrie muss schnellstmöglich umgebaut werden, hin zur CO2-Neutralität durch die Nutzung von Wasserstoff.
  • Der Einsatz von Wasserstoff muss verpflichtend gemacht werden.

Kreislaufwirtschaft als langfristiges Ziel

Ressourcen und Rohstoffe sind auf dieser Welt nur endlich vorhanden. Die Wiederverwendung und das Recycling von Produkten verlangsamt die Reduktion natürlicher Ressourcen, verringert die Zerstörung von Landschaften und Lebensräumen und trägt dazu bei, den Verlust der biologischen Vielfalt zu begrenzen. Wir müssen ein Gleichgewicht schaffen, zwischen Verbrauch und natürlicher Regeneration von Ressourcen. Die Endlichkeit von Ressourcen fordert die Wiederverwendung ebendieser.

Viele Ressourcen, die in modernen Technologien Verwendung finden, werden unter miserablen Bedingungen gefördert und abgebaut. Kinderarbeit, Ausbeutung und gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen sind keine Seltenheit. Diesen Missständen wird durch Recycling und Wiederverwendung von Produkten und Rohstoffen die Grundlage entzogen.

Die Verantwortung für Recycling kann dabei nicht nur bei den Konsument*innen liegen, sondern muss im Design und in der Herstellung der Produkte durch die Unternehmen angelegt sein. Dafür braucht es klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Unternehmen dazu verpflichten, verantwortungsvoll mit Rohstoffen umzugehen.

Wir fordern konkret:

  • Verbindliche kontinuierlich steigende Recyclatquoten bei allen Produkten.
  • Prozesse müssen so ausgestaltet werden, dass Abfälle unternehmensübergreifend anders genutzt werden können.
  • Bevor Produkte produziert werden, müssen zuvor Recyclingpläne für diese ausgearbeitet werden.
  • Gebrauchsgüter müssen auf lange Zeit produziert werden können, um möglichst lang nutzbar zu sein. Teile des Produkts müssen für diesen Zweck bei der Weiterentwicklung austauschbar sein.
  • Sollbruchstellen/ geplanter Verschleiß bei Produkten müssen verboten und zurückgedrängt werden.
  • Right to repair: Produkte müssen reparierbar sein. Unser Ziel sind Produkte, die in ihre Bestandteile zerlegbar sind.
  • Der Staat muss Reparatur als Dienstleistung fördern.
  • Unternehmen müssen ihre bestehenden, teilweise nicht zukunftsfähigen Geschäftsfelder durch konsequente Digitalisierung transformieren.

Ohne Infrastruktur keine Transformation

Die Versorgung mit klimaneutraler Energie, der klimaneutrale Transport von Gütern auf elektrifizierten Schienenverbindungen und vieles mehr erfordern eine gute Infrastruktur. Hier haben wir in Deutschland in den vergangenen Jahren einen immer stärkeren Investitionsstau angehäuft. Ohne diese Infrastruktur und vor allem ohne verbindlich gesetzlich geregelte Ausbauziele für diese Infrastruktur (Infrastrukturgarantien) werden Unternehmen nicht bereit sein, ihrerseits notwendige Investitionen zu tätigen.

Zusätzlich zum politischen Willen und Beschlüssen in Parlamenten, ist es gleichzeitig notwendig, den Ausbau auch operativ zu beschleunigen und zu priorisieren. Hierfür braucht es eine Modernisierung von Planungsverfahren, eine ehrliche Überprüfung von Bürokratie und Vorgaben sowie deutlichen politischen Widerstand gegen Not-in-my-backyard-Initiativen, die mit hanebüchenen Argumentationen wichtige Projekte blockieren.

Bestehende Infrastruktur fossiler Energieträger soll umgebaut und umgerüstet werden, um perspektivisch CO2-freie Energie zu transportieren, zu erzeugen, zu speichern und zu verbrauchen.

Konkret fordern wir:

  • Einen schnellen und konsequenten Ausbau der Infrastruktur im Bereich der erneuerbaren Energien (Energiequellen und -Netze), Transport (Schiene), Kommunikation (Glasfaser).
  • Mehr Geld und höhere Mittel für den Infrastrukturausbau.
  • Beschleunigung von Planungsverfahren durch eine kritische und ehrliche Überprüfung von bürokratischen Prozessen.
  • Politischer Widerstand zu NIMBY-Initiativen.
  • Infrastruktur ist zu wichtig, um das zugehörige Ministerium der FDP zu überlassen.

Was es sonst noch braucht

Wir wollen in diesem Antrag viele der bestehenden Beschlusslagen nicht wiederholen, sondern lediglich bekräftigen. Dazu gehören unsere grundsätzlichen Positionen zu notwendigen Reformen des Steuersystems in Bezug auf hohe Einkommen und Vermögen hin zu mehr globaler Steuergerechtigkeit und Steuervermeidung. Auch umfangreiche Positionierungen im Kontext von betrieblicher Mitbestimmung oder der Bedeutung von Arbeit und der Organisation der arbeitenden Klasse sind essentiell. Auch Wege des Ausbaus erneuerbarer Energien wurden an anderer Stelle aufgezeigt. Der Ausbau dieser ist weiterhin essentiell für eine Transformation.

B6 Resolution - ChatGPT und KI in der Bildung

21.03.2023

Allgemein

Mit dem Erscheinen von ChatGPT als Chat-Bot ist das Thema der künstlichen Intelligenz
(KI) Gegenstand der öffentlichen Debatte geworden. So kann man anhand dieser KI
erahnen, dass künstliche Intelligenz in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen wird, auch in
der Bildung. Vor allem Chat-KI’s wie ChatGPT lassen sich jetzt schon vielfältig in der Schule
nutzen.
Dabei nutzt die KI ChatGPT maschinelles Lernen, um mit einer riesigen Datenmenge an
einer Vielzahl an Themen trainiert zu werden. Damit ist es möglich, kontextbezogene und
fundierte Konversationen zu führen.
Kritisch ist zu betrachten, dass KI’s Fehler machen und auf Grundlage ihrer
zugrundeliegenden Datenbanken auch falsche Informationen bereitstellen können. So
können KIs auch unbewusst in Form von Bias oder Fake News manipuliert werden. Dazu
kommt, dass durch die Fütterung von Daten mit damit einhergehenden Sichtweisen,
Diskriminierungen jeglicher Art seitens der jeweiligen KI ausgeübt und reproduziert werden
können. Auch besteht die Gefahr, dass die Technologie der KI nach kapitalistischen
Maßstäben zu einer Ware wird, welche nach den Regeln der Profitmaximierung ausgerichtet
und nicht nach Maßstäben des Allgemeinwohls gehandhabt wird. Wir stellen uns dem klar
entgegen und fordern, dass jegliche KI-Technologie nach Maßstäben des Gemeinwohls
ausgerichtet wird. Hierbei ist uns auch die Kontrolle ethischer, moralischer und
datenschutzrechtlicher Kriterien wichtig. KI soll den Interessen vieler Menschen dienen, nicht
den Profiten weniger.

Schule
Auch auf die Schule hat und wird die KI massive Auswirkungen haben. So bedarf es eines
reflektierten Umgangs auch im Unterricht. Dazu müssen Lehrkräfte durch Fort- und
Weiterbildungen in der Lage sein, KI in didaktische Konzepte zu integrieren. Selbige
Anforderungen gilt es für die zukünftige Lehrkräfteausbildung zu berücksichtigen. Dabei ist
es wichtig den Schüler*innen umfangreiche Medienkompetenzen zu vermitteln. Hierbei
muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass KI von Menschen instruiert wurde und
dementsprechend auch Fehler bzw. bewusst falsche Informationen reproduziert. Außerdem
sollte betrachtet werden, wozu KI imstande ist – und wozu nicht. So ist KI nicht im
menschlichen Sinn intelligent und nicht in der Lage, unbegrenzt kreativ zu sein, sondern ist
immer durch die Grenzen der zugrundeliegenden Datensätze limitiert. Auch grundlegendes
Wissen über Datenschutz und den verantwortungsvollen und ethischen Umgang mit eigenen
Daten muss den Schüler*innen vermittelt werden.
Die Einsetzbarkeit von KI im Unterricht ist stets im Wandel, weshalb es ein dauerhafter
Auftrag sein muss zu erörtern, inwieweit sich mit dem Einsatz von KI im Unterricht Wissen
und Kompetenzen fördern lassen. So kann KI beispielsweise ein Recherchetool darstellen
und Projektunterricht ermöglichen. Außerdem kann die KI als digitale Lehrkraft
Übungsaufgaben von Schüler*innen korrigieren und Vergleichswerte generieren.
Auch kann KI viele bisherige Probleme und Hürden abbauen. So können mit KI
Sprachbarrieren auf verschiedenste Art und Weise überwunden werden. Wie bereits
erwähnt, befindet sich die KI und deren Nutzung durch ständige Forschung im Wandel. Es
gilt dabei weiter zu erörtern, inwieweit KI Lehrkräfte bei ihren Aufgaben entlasten kann. So
gibt es viel Potential insbesondere bei der Individualisierung und Anpassung des Unterrichts
an die Bedürfnisse der Schüler*innen. Hierbei setzen wir uns für eine Weiterentwicklung
rund um das Thema Nachteilsausgleich ein, um einen inklusiveren Unterricht in Zukunft
leichter gewährleisten zu können. Um die KI einsetzen zu können, muss neben der
didaktischen Notwendigkeit die Kompetenz bei den Lehrkräfte für den Einsatz vorliegen.
Dazu braucht es fortschreitende Entwicklungen der KI für die Schulen auf der einen Seite
und Fortbildungen für Lehrkräfte in dem Bereich auf der anderen Seite.
Ebenfalls stellt KI die bisherigen Leistungsnachweise grundsätzlich in Frage. So gilt es
generell das Prinzip der Leistungszielorientierung hin zu einer Lernziel- und
Kompetenzorientierung zu transformieren. Es gilt zu erörtern, inwieweit Leistungsnachweise
in Form von Abgaben künftig zu stellen sind, um sicherzustellen, dass es sich auch
tatsächlich um die individuelle Leistung des*r Schüler*in handelt. Aber auch einfache
Hausaufgaben, so die Befürchtung, können in Zukunft von der KI verrichtet werden, sodass
die Übung für viele wegfällt. Die Aufgaben, die nun zwangsläufig eine KI machen kann,
wurden auch davor von Akademiker*inneneltern gemacht. Jetzt steht dieser Weg auch
Kindern ohne Akademiker*inneneltern zur Verfügung, woraufhin eine Debatte entbrennt. Die
Antwort auf derartige Ungleichheiten und die neuen Herausforderungen im Rahmen der KI
ist und bleibt die Verlagerung des Lernprozesses und der Hausaufgaben vom privaten ins
öffentliche mit einem Ganztag für alle.

Künstliche Intelligenz im Hochschulbereich
Hochschulen leisteten durch vertiefte Forschung initiale Pionier*innen-Arbeit, um KIgestützte Anwendungen auf den Stand zu versetzen, der heute Tools wie ChatGPT möglich
macht. Die zunehmende Popularität KI-gestützter Anwendungen bringt auch für den
Hochschulalltag gleichermaßen Herausforderungen und Chancen mit sich.
Wir fordern einen reflektierten und verantwortungsvollen Umgang mit KI-gestützter
AnalyseTextverarbeitungs- und Texterzeugungstechnologie. Im Kontext wissenschaftlicher
Arbeiten kann Software wie ChatGPT als Inspiration für Form und Stil dienen, eine direkte
Verwendung von KI-generierten Texten wird den Standards wissenschaftlicher Arbeit aber
zum heutigen Stand nicht gerecht. Anders sieht es bei KI-gestützter Datenverarbeitung aus.
Schon heute bieten beispielsweise KI-gestützte Mustererkennungsverfahren einen
immensen Mehrwert bei der Auswertung großer Datensätze. Durch die steigende Popularität
von KI und die Etablierung KI-gestützter Applikationen wird sich der Anwendungsbereich in
vielen Bereichen der Hochschule weiter ausweiten. Dem begegnen wir offen und
konstruktiv.
Kritisch betrachten wir die Etablierung KI-gestützter Analysetools zur Leistungsbewertung
von Studierenden. Zwar bringt mehr Kontinuität in der Beurteilung des aktuellen
Leistungsstandes durchaus auch für Studierende Vorteile mit sich, dies darf aber nicht zu
einer abermaligen Steigerung des Leistungsdrucks auf Studierende führen. Zudem dürfen
Datenschutzstandards nicht untergraben werden. Eine direkte, empathische Interaktion
zwischen Lehrenden und Studierenden kann durch digitale Lösungen ohnehin nicht
gleichwertig ersetzt werden, daher sollte KI-gestützte Lernunterstützung stets ergänzend
und nicht als Ersatz konventioneller Lehre zur Anwendung kommen.
Bei zunehmender Digitalisierung der Leistungsauswertung ist es zudem umso wichtiger,
zugrundeliegende Rechtsordnungen aller Ebenen von Prüfungsordnungen bis hin zum
Hochschulgesetz studierendenfreundlich auszuarbeiten und die Rechte Studierender zu stärken.

D11 Verfassungsschutz abschaffen - und dann?

21.03.2023

Der Verfassungsschutz muss abgeschafft werden. Zahlreiche Anschläge von rechts werden nicht nur nicht verhindert, wie etwa in Halle oder Hanau, im Gegenteil, sie werden wohl gerade gefördert. So zeigt der NSU Komplex beispielhaft auf, dass eingeschleust oder angeworben V- Personen den NSU mit aufgebaut haben – mit Mitteln des Verfassungsschutzes. Gesammelte Informationen dieser V-Personen wurden nur ungenügend ausgewertet. Auch die NPD konnte letztendlich nicht verboten werden, weil V-Personen im Führungskader waren.

Doch das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem behördlichen Totalversagen. Auch das ideologische Festhalten an der Hufeisentheorie und der übermäßige Fokus auf vermeintlichen “Linksextremismus” zählt hier dazu. Zudem sind zahlreiche Mitarbeitende gesichert rechtsradikal, gerade in der Anfangszeit wurde der Verfassungsschutz von Alt-Nazis besetzt.

Die Methoden des Verfassungsschutzes sind undurchsichtig, Betroffene von Abhörmaßnahmen erfahren meist nie etwas davon. Außerdem gibt es kaum Kontrolle, weder von der G10 Kommission noch von Richter*innen, weil diese den Maßnahmen nicht zustimmen müssen.

Der Verfassungsschutz ist nicht reformierbar. Er muss als solcher abgeschafft werden.

I. Verfassungsschutz abschaffen

Wir sehen es als Notwendigkeit, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz abzuschaffen und den Demokratieschutz in die Hände öffentlich besser kontrollierbarer und transparenterer Institutionen zu legen, in ein Demokratieinstitut.

Zudem bedarf es einer institutionellen Trennung zwischen einem Demokratieinstitut und dem polizeilichen Staatsschutz, welcher dann gerade nicht als Verfassungsschutz 2.0 fungieren soll. Beide sind in ihrer Arbeit voneinander unabhängig und die Arbeit der einen wird nicht von der Arbeit der anderen Stelle übernommen (Neues Trennungsprinzip).

Zu demokratiefeindlichen Bestrebungen zählen für uns insbesondere solche, die die Mitbestimmung aller Menschen in unserer Gesellschaft und somit auch die Gleichheit aller Menschen in Frage stellen. Dazu zählen für uns einzelne Einstellungen, Personen, aber auch Gruppen und Organisationen sowie gesamte gesellschaftliche Phänomene. Darüber hinaus gefährdet der Kapitalismus als System unsere Demokratie. Freiheit, Würde und Gleichheit sind unverrückbare Prinzipien einer solidarischen und demokratischen Gesellschaft.

II. Demokratieinstitut

Um den Schutz der Demokratie und die Bekämpfung antidemokratischer Strukturen weiterhin gewährleisten zu können, fordern wir die Schaffung eines Demokratieinstituts, sowie die Auslagerung übrig gebliebener Kompetenzen an den polizeilichen Staatsschutz.

Beim Demokratieinstitut handelt es sich um ein wissenschaftliches Forschungsinstitut, dass durch die Sammlung und Auswertung öffentlicher Quellen Erkenntnisse zusammenträgt. Diese sollen analysiert werden, um sie auf eine mögliche Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung, beispielsweise durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, zu überprüfen.

Es ist ganz klar getrennt vom polizeilichen Staatsschutz. Das Demokratieinstitut, welches keinerlei Handlungskompetenzen hat, ist für die Sammlung, Auswertung und Systematisierung von Informationen zuständig. Der polizeiliche Staatsschutz handelt ausschließlich auf Grundlage der ihm vorliegenden Informationen und darf selbst keine derartigen analytischen Kompetenzen wahrnehmen.

Hauptaufgabe des Instituts ist das Sammeln und Auswerten von öffentlich zugänglichen Informationen. Darunter fallen sozialwissenschaftliche, politikwissenschaftliche, historische und psychologische Forschungen. Das Institut arbeitet also eng zusammen mit Universitäten und wissenschaftlichen Forschungsstellen.

Auf Grundlage der gesammelten Informationen werden anschließend wissenschaftliche Analysen erstellt. Diese können einen „Ist- Zustand“ zusammengefasst beschreiben, sie können Probleme und Gefahren erkennen und sie können konkrete Handlungsempfehlungen geben. Insgesamt dienen die Analysen als Grundlage für konkrete Maßnahmen seitens der Politik und der Zivilgesellschaft um gegen antidemokratische und menschenfeindliche Tendenzen vorzugehen. Hierbei sollen sowohl gesamtgesellschaftliche Entwicklungen als auch konkrete Organisationen und Einzelpersonen betrachtet werden.

Hierbei ist wichtig, dass die gesammelten Informationen öffentlich zugänglich sind, auch muss über die Beschaffungswege Transparenz gewahrt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass Betroffene gegen Publikationen juristisch vorgehen können.

Um wissenschaftliche, qualitative Standards zu bewahren, soll das Institut ein Budget erhalten, durch welches Forschung sowie geplante Projekte finanziert werden können.

Das Demokratieinstitut soll zusätzlich einen Beirat bekommen, in welchem antifaschistische und zivilgesellschaftliche Bündnisse und Organisationen vertreten sind. Dieser hat die Aufgabe, das Institut zu beraten und zu kontrollieren. Essentiell ist, dass das Demokratieinstitut unabhängig von der Exekutive ist. Weder Politiker*innen, noch die Polizei haben zu bestimmen, was menschen- oder demokratiefeindlich ist. Dies obliegt in diesem Sinne dem Demokratienistitut und auf anderer Ebene der Judikative.

Zudem hat das Demokratieinstitut eine Kontaktstelle, an die sich Bürger*innen, sowie NGOs und weitere demokratische Verbände und Organisationen wenden können, um dem Institut nähere Informationen zu beschaffen. Diese Informant*innen werden nicht wie im V-Personen System des Verfassungsschutz bezahlt. Wir wollen, dass Demokrat*innen aufgrund ihrer demokratischen Überzeugung die Verfassung schützen und nicht, dass Extremist*innen wenig Informationen für viel Geld verkaufen. Extremist*innen, die aus einer Szene aussteigen wollen, können sich ebenfalls an diese Kontaktstelle wenden. Sie sollen dann durch das Institut an ein entsprechendes Aussteigerprogramm o.ä. vermittelt werden und so zusätzlich bei der Reintegration in die Demokratische Gesellschaft unterstützt werden.

III. polizeilicher Staatsschutz

Der polizeiliche Staatsschutz befasst sich mit gegen den Staat gerichteten Bestrebungen, sobald diese polizeilich relevant werden. Dabei wird er in der Regel durch eigene Abteilungen in den Polizeibehörden organisiert. Für ihn gibt es daher keine gesonderten Rechtsgrundlagen. Es gelten die jeweiligen allgemeinen Vorschriften für die Polizei. Er soll entsprechend präventive wie repressive Aufgaben wahrnehmen. Dazu zählen das Befassen mit “politisch motivierter Kriminalität”, terroristischen Straftaten sowie mit Spionageabwehr.

Jene Kompetenzen der aktuell noch bestehenden Verfassungsschutzbehörden, die wir für sinnvoll halten und Aufgaben, die weiterhin wahrgenommen werden müssen, sollen ausgelagert und an eben jenen polizeilichen Staatsschutz eingelagert werden. Beim polizeilichen Staatsschutz handelt es sich um eine Abteilung der Polizeibehörden, die sich mit bereits geschehenen, aber auch kurz vor der Verwirklichung stehenden Straftaten gegen den demokratischen Staat, der sogenannten „politisch motivierter Kriminalität“, beschäftigt. Die Arbeit des Staatsschutzes unterliegt dabei bestimmten Eingriffsschwellen, die sich an der Konkretheit und der Schwere einer möglichen Gefahr orientieren. Die jeweiligen Eingriffsschwellen erlauben damit dem Staatsschutz, schon vor der Begehung einer Straftat einzugreifen.

Wir sind uns der strukturellen Probleme der Polizeibehörden – von Rassismus- und Antisemitismus-Skandalen über Reichsbürgerstrukturen bis zur Rolle in den NSU-Morden – bewusst. Der Polizei die Verantwortung für den Schutz der Demokratie zu übertragen, birgt Gefahren und linke Bewegungen lagen mit ihre Warnungen in diesem Bezug in der Vergangenheit richtig.
Gleichzeitig ist es, zumindest für die Zwischenzeit, notwendig, mithilfe staatlicher Behörden rechte und faschistische Gefahren abzuwehren, weil sie die notwendigen Mittel besitzen. Auch wenn der Staat in seiner aktuellen Form nicht unserem Ideal entspricht, ist er doch die derzeit beste Grundlage dafür, diese Ideale umzusetzen. Ein Staat, wie ihn sich unsere politischen Gegner*innen erträumen, versperrt uns diesen Weg im besten Fall. Aus diesem Zwiespalt heraus ist es auch notwendig, die Maßnahmen und Wege zu betrachten, mit denen diese Gefahren abgewehrt werden sollen. Wir müssen die Polizei daher endlich grundlegend reformieren und so demokratisch und menschenfreundlich gestalten. Dafür halten wir an den bisherigen Beschlusslagen zur Polizei fest. Insbesondere unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstellen müssen dringend eingeführt werden, um die gesamte Polizei und so auch den hier beschrieben polizeilichen Staatsschutz zu kontrollieren.

Aus diesem Grund betonen wir die Notwendigkeit der Trennung des Demokratieinstituts und des Staatsschutzes. Erkenntnisse zu demokratiefeindlichen Bestrebungen sammelt und wertet das Demokratieinstitut aus öffentlichen Quellen und in der Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Forschungsstellen aus. Dabei nutzt es keine polizeilichen Mittel. Der Staatsschutz nimmt keine demokratiewissenschaftliche Auswertung wie das Demokratieinstitut vor. Die Basis seiner Arbeitsweise muss wissenschaftlich sein, statt durch das Innenministerium gesteuert. Daher wird auch die Kategorie “politisch motivierte Kriminalität” abgeschafft. Der Fokus liegt auf Gefahren und Straftaten, welche die Demokratie gefährden oder auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit basieren. Er ist darauf beschränkt, konkrete Gefahren abzuwehren und Straftaten zu verfolgen, gerade auf der Grundlage der gesammelten Infos.

A. Eingriffsschwellen

Die Maßnahmen der Polizei in der Strafverfolgung und der Prävention von Straftaten sind umfangreich. Jede Maßnahme greift dabei in die Grundrechte von Personen ein, z.B. durch eine Festnahme in das Grundrecht auf Freiheit. Deshalb müssen für jeden Eingriff eigens festgelegte Voraussetzungen erfüllt sein. In der Strafverfolgung sind diese durch die StPO bundesweit einheitlich geregelt.
Im präventiven Bereich, also zur Gefahrenabwehr, ergeben sich die Maßnahmen und ihre Eingriffsschwellen aus den jeweiligen Gesetzen für Landes- und Bundespolizei. Hierbei ist festzustellen, dass sich die möglichen Maßnahmen selbst und auch die jeweiligen Eingriffsschwellen bundesweit unterscheiden. Länder, die von einer konsequenten Law-and-Order-Praxis schwärmen, geben ihrer Polizei dabei deutlich mehr Befugnisse und niedrigere Eingriffsschwellen, bspw. durch das Weglassen einer gerichtlichen Anordnung. So wird Missbrauch einfacher und Kontrolle schwieriger. Das gilt für die Polizeigesetze allgemein, aber auch für den polizeilichen Staatsschutz, der nach denselben Gesetzen handelt.
Weiter ist festzustellen, dass ähnlich schwere Grundrechtseingriffe im präventiven Bereich deutlich geringere Schwellen haben, als im strafprozessualen Bereich. Häufig wird mit rechtlich schwammigen Begriffen wie “drohende Gefahr” oder der “öffentlichen Ordnung” gearbeitet. Zudem können Personen in einigen Bundesländern für die Abwehr einer Straftat, deren eigener Strafrahmen selten zu einer Haftstrafe führen würde, Tage- bis Wochen in Präventivhaft genommen werden.
Wir fordern daher ein Musterpolizeigesetz unter Wahrung der Menschenrechte, um bundeseinheitliche Eingriffsschwellen festzulegen und hoch anzusiedeln.

B. Rechtsschutz

Die Maßnahmen des polizeilichen Staatsschutzes dienen häufig der weiteren Informationsgewinnung, um konkrete Straftaten rechtzeitig abwehren oder nach Vollendung umfänglich aufklären zu können. Um die Maßnahmen selbst nicht zu gefährden, wird dabei häufig verdeckt vorgegangen, also ohne dass die betroffene Person zu diesem Zeitpunkt weiß, dass sie einer polizeilichen Maßnahme unterzogen wird. Das halten wir unter Beachtung der rechtlichen Hürden und der Verhältnismäßigkeit auch weiterhin für sinnvoll, um menschenverachtende Straftaten effektiv zu verhindern oder aufzuklären.
Um Grundrechte und die Verhältnismäßigkeit strikt zu schützen und sicherzustellen, fordern wir gerichtliche Anordnungen bei allen verdeckten Maßnahmen. Die Entscheidung sollen dann spezialisierte Richter*innen treffen, die sich bestens mit den möglichen Maßnahmen und den besonderen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit auskennen. Umfassende und regelmäßige Fortbildungen in Bezug auf diese Maßnahmen müssen vorgeschrieben sein. Diese Kurse sollen auch den Austausch mit Initiativen umfassen, die sich zivilgesellschaftlich für den Schutz vor Überwachung und der Privatsphäre einsetzen. Die Richter*innen sollen in Kammern bei den Oberlandesgerichten arbeiten, Rechtsmittel müssen umfassend ermöglicht werden.

Weiterhin ist es in diesen Fällen nicht möglich, dass sich die betroffene Person selbst gegen diese Maßnahme verteidigt. Um ihre Rechte dennoch in der Entscheidungsfindung zu vertreten, fordern wir die Einrichtung eines Verteidigungssystem. Pflichtverteidiger*innen sollen die Betroffenen auch ohne deren Wissen nach zufälliger Zuordnung vertreten.

C. Kontrollmöglichkeiten

Der polizeiliche Staatsschutz dringt durch seine Maßnahmen häufig in den engsten privaten Lebensbereich ein. Daher bedarf es für ihn neben einem ohnehin geforderten Beschwerde- und Ermittlungsstellen für die Polizei weitere gesonderte Kontrollmöglichkeiten.
Der polizeiliche Staatsschutz soll daher von einem parlamentarischen Kontrollgremium kontrolliert werden. Zudem soll es eine*n eigene*n Staatsschutzbeauftragte*n geben, der*die durch den Bundestag bestimmt wird.

Für die Erhaltung der Demokratie ist es wichtig, wie effektiv der polizeiliche Staatsschutz agiert. Die Arbeit des polizeilichen Staatsschutz muss daher ständig wissenschaftlich begleitet und analysiert werden. Durch wissenschaftliche Erhebungen kann kontrolliert werden, ob die Maßnahmen effektiv und die damit einhergehenden Grundrechtseingriffe noch verhältnismäßig sind. Die Verantwortung für diese Kontrolle trägt das parlamentarische Kontrollgremium.

Damit eine Straftat in die Kategorie der demokratiefeindlichen Kriminalität fällt, muss sie als solche erkannt werden. Hierfür werden Polizist*innen in Kooperation mit dem Demokratieinstitut gesondert geschult, um rassistische und demokratiefeindliche Phänomene gezielt zu erkennen. Zudem wird durch verpflichtende Fortbildungen gewährleistet, dass die Polizist*innen selbst weiterhin auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen.

IV. Schnittstellen

Ein regelmäßiger Austausch soll gewahrt werden. Dabei muss die Kompetenzverteilung allerdings zwingend gewahrt werden.

Das Demokratieinstitut und der polizeiliche Staatsschutz sind in gewissem Maße voneinander abhängig und brauchen daher einen festgelegten Weg der Kooperation. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit führt regelmäßig zur Gefährdung der Demokratie und zu konkreten Straftaten, teils kostet sie sogar Menschenleben. Um dies im Vorfeld durch den polizeilichen Staatsschutz abzuwehren, ist er auf die Datensammlungen und Analysen des Demokratieinstituts angewiesen.
Umgekehrt ist es für die Analysen des Demokratieinstituts unerlässlich, über geschehene demokratiegefährdende Kriminalität informiert zu sein, um Tatmotive, Anstiftung, vorherige Radikalisierungsprozesse sowie Qualität und Quantität in umfassende wissenschaftliche Lagebilder mit einzubeziehen. Gleiches gilt jedoch für die Fälle, in denen das Demokratieinstitut auf bestimmte Personen oder Gruppen aufmerksam machte und so Straftaten verhindert werden konnten.

Um diesen entstehenden Aufgaben nachzukommen, bedarf es Schnittstellen zwischen Demokratieinstitut und politischem Staatsschutz auf verschiedenen Ebenen.
In konkreten Fällen und durch das Demokratieinstitut analysierten Gefahren ist ein direkter Kontakt zwischen Sacharbeiter*innen beider Institutionen hinnehmbar und zudem nötig, da sie die jeweiligen Experten in ihrem Bereich sind. Es muss die Möglichkeit geben, die jeweiligen wissenschaftlichen und rechtlichen Bewertungen rückzumelden, um auszutarieren, ob es sich um einen Fall für den polizeilichen Staatsschutz handelt, oder (noch) nicht. Hierbei gilt aber weiterhin, dass der polizeiliche Staatsschutz nicht selbst Daten sammeln darf, jedoch darüber hinaus auch nicht als Auftraggeber für das Demokratieinstitut auftritt. Es besteht keinerlei Machtbeziehung oder Anordnungsbefugnis.
Um dem Ziel der Bekämpfung antidemokratischer Bestrebungen zielgerichtet nachkommen zu können, soll der polizeiliche Staatsschutz einer besonderen Auskunftspflicht gegenüber dem Demokratieinstitut unterliegen.

Eine Zusammenarbeit ist unerlässlich, die getrennten Aufgabenbereiche müssen jedoch gewahrt werden.

P2 Keine Bühne für rechte Hetze – keine Teilnahme an Podiumsdiskussionen mit der AfD

21.03.2023

Wir bekräftigen unsere Position und fordern alle Kandidat*innen für den Land- und Bezirkstag der Jusos und SPD sowie den Spitzenkandidaten der SPD auf, nicht an Podiumsdiskussionen teilzunehmen, zu denen die AfD eingeladen ist. Gemeinsam mit den Vertreter*innen der anderen demokratischen Parteien sollen unsere Kandidat*innen darauf hinwirken, dass die AfD ausgeladen wird oder selbst der Diskussion fernbleiben.